Urteil des AG Duisburg vom 31.07.2002

AG Duisburg: vertrag zugunsten dritter, auflage, mangel, ausdehnung, beendigung, familie, pauschalreisevertrag, zivilgericht, rückforderung, vollstreckbarkeit

Amtsgericht Duisburg, 53 C 3211/02
Datum:
31.07.2002
Gericht:
Amtsgericht Duisburg
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
53 C 3211/02
Tenor:
Die Mehrkosten des Rechtsstreits, die durch die Anrufung des
unzuständigen Gerichts entstanden sind, trägt der Kläger. Die übrigen
Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
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Dem Kläger steht ein Rückforderungsanspruch in der festgestellten Höhe gem. § 812
Abs. 1 S. 1 1.Alt.BGB zu, weil es zum einen für den nach Vertragsschluss verlangten
Treibstoffzuschlag keinen Rechtsgrund gibt. Zum anderen kann sich die Beklagte nicht
auf die Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB berufen, weil diese Vorschrift sich nicht
auf bereicherungsrechtliche Ansprüche bezieht.
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1. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten
Treibstoffzuschläge in Höhe von 69,54 Euro gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.
Mangels entsprechender Rechtsgrundlage war der Kläger zur Begleichung der
Forderung nicht verpflichtet. Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses hinsichtlich
der Pauschalflugreise des Klägers vom 26.6. bis 10.7.2000 auf die Kanarische
Insel Fuerteventura für 2 Personen im November 1999 war ein Treibstoffzuschlag
nicht Vertragsgegenstand. Erst mit der Rechnung vom 23.1.2000 verlangte die
Beklagte den Zuschlag in Höhe von 69,54 Euro mit Hinweis auf die gestiegenen
Kerosinpreise. Weil der Kläger dieser Forderung nicht zugestimmt hat, ist sie nicht
Vertragsinhalt geworden. Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
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Eine Einbeziehung der nachträglichen Forderung gem. § 651 a Abs. 4 BGB ist
entgegen der Ansicht der Beklagten nicht erfolgt, weil hiernach nicht jede
nachträgliche Preiserhöhung möglich ist. Eine solche kommt nur in Betracht, wenn
die Parteien bereits im Reisevertrag diese Option vereinbaren. Eine solche
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Vereinbarung hat die Beklagte indes nicht vorgetragen.
2. Der Kläger ist zudem berechtigt, auch zwei Jahre nach Beendigung seiner Reise
seinen Anspruch gegenüber der Beklagten geltend zu machen, weil insoweit die
Ausschlussfrist des § 651 g Abs. 1 BGB nicht einschlägig ist.
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Gem. § 651 g Abs. 1 BGB ist der Reisende verpflichtet, seine Ansprüche gem. §§ 651
c bis f BGB binnen eines Monats nach Beendigung der Reise gegenüber der
Reiseveranstalterin geltend zu machen. Diese Ausschlussfrist betrifft indes nicht den
bereicherungsrechtlichen Anspruch des Klägers.
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Denn die Ausschlussfrist betrifft lediglich Gewährleistungsansprüche gem. §§ 651 c
bis f und j, aber wegen des Ausnahmecharakters keine anderen Ansprüche,
insbesondere keine bereicherungsrechtlichen oder deliktischen Ansprüche (vgl.
Palandt, BGB, 61. Auflage, § 651 g Rn. 1, AG Kleve NJW RR 2001, 1062). Die
Monatsfrist betrifft nur die Ansprüche, die im Reiserecht selbst geregelt sind (Tonner,
Der Reisevertrag, 4. Auflage, § 651 g Rn. 18).
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Eine Ausdehnung der Geltung des § 651 g Abs. 1 BGB auch auf andere
bereicherungsrechtliche, deliktische Ansprüche oder Ansprüche aus PVV des
Reisevertrags ist nicht angezeigt, weil sich zum einen die gesetzliche Regelung
ausdrücklich auf die Ansprüche gem. § 651 c bis f beschränkt, und zum anderen ist
auch nach Auslegung eine Ausdehnung nicht angezeigt.
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Der Anwendungsbereich des § 651 g Abs. 1 BGB ist auf die reiserechtlichen
Ansprüche gegen die Reiseveranstalterin beschränkt, die wegen der
Beeinträchtigung der Reise durch einen Mangel aus dem Gefahrenbereich der
Reiseveranstalterin geltend gemacht werden oder im Zusammenhang mit einem
Mangel iSd § 651 c BGB stehen, um eine schnelle Klärung der Situation zu erreichen.
Die Reisenden sollen ihre Gewährleistungsansprüche möglichst schnell geltend
machen, um der Reiseveranstalterin die Nachprüfung der Behauptungen vor Ort zu
erleichtern und somit die Beweislage nicht zu erschweren. Ansprüche gem. §§ 812 ff
BGB bzw. Ansprüche wegen Leistungsstörungen beziehen sich meist nicht auf den
Nutzen der Reise, so dass eine zügige Abwicklung gem. § 651 g Abs. 1 BGB nicht
erforderlich ist.
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3. Der Kläger ist auch berechtigt, die bereicherungsrechtlichen Ansprüche für sich
und seine Reisebegleiter geltend zu machen, weil nur er mit der Beklagten einen
Pauschalreisevertrag abgeschlossen hat und die Reisebegleiter, die Zeugin A
nebst Kindern, als Dritte im Sinne des § 328 BGB analog mit einbezogen wurden.
Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger den Reisevertrag für sich uns
seine Reisebegleiter abgeschlossen hat, so dass er als Anmeldender
Vertragspartner der Reiseveranstalterin wird (vgl. Martis, Aktuelle Entwicklung im
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Reiserecht, MDR 2001, 901). Auch wenn aufgrund der Namensverschiedenheit
eine Art Familie nicht erkennbar war, deutet die Buchung des Familienzimmers auf
eine "gewisse familienähnliche Vertrautheit" hin, so dass davon auszugehen ist,
dass er auch seine Reisebegleiter mit in den Reisevertrag einbeziehen wollte und
dass daher ein Vertrag zugunsten Dritter hinsichtlich der Reisebegleiter
abgeschlossen wurde. Er ist daher berechtigt, im eigenen Namen den
bereicherungsrechtlichen Anspruch geltend zu machen. Zudem hat unstreitig der
Kläger den Betrag in Höhe von 69,54 Euro geleistet, so dass er auch zur
Rückforderung berechtigt ist.
4. Die Zinsentscheidung beruht auf § 288 BGB.
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5. Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 281 Abs. 3 S. 2 ZPO. Die
Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 709
Nr. 11, 711, 713 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der Nichtzulassung der
Berufung beruht auf § 511 Abs. 4 ZPO.
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