Urteil des AG Duisburg vom 27.04.2003

AG Duisburg: öffentliche bekanntmachung, verwalter, vergütung, buchhaltung, anzeige, eigene mittel, erfüllung, verfahrenskosten, stundung, erstellung

Amtsgericht Duisburg, 62 IN 241/02
Datum:
27.04.2003
Gericht:
Amtsgericht Duisburg
Spruchkörper:
Insolvenzgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
62 IN 241/02
Normen:
InsO § 4a, § 54, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 63 Abs. 2; § 155, § 208, § 209; InsW
§ 4 Abs. 1 Satz 3, § 5; AO § 34 Abs. 3
Leitsätze:
Die Kosten für die Nacherstellung der schuldnerischen Buchhaltung
oder der erforderlichen Steuererklärungen sind dem Insolvenzverwalter
nach Stundung der Verfahrenskosten nicht aus der Staatskasse zu
erstatten.
Ist zur ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten des
Insolvenzverwalters der Einsatz besonderer Sachkunde erforderlich, so
kann die Finanzbehörde ab Anzeige der Masseunzulänglichkeit (§ 208
InsO) die Erfüllung der Pflichten durch den Verwalter nicht mehr
zwangsweise durchsetzen, wenn die Insolvenzmasse unter
Berücksichtigung der Rangordnung des § 209 InsO nicht ausreicht, um
den hierfür notwendigen finanziellen Aufwand (§ 4 Abs. 1 Satz 3, § 5
InsVV) zu decken.
Mit der Stundung der Verfahrenskosten (§ 4a InsO) steht zugleich fest,
dass Masseunzulänglichkeit vorliegt. Dies kann das Insolvenzgericht
bereits im Eröffnungsbeschluß feststellen. Die Feststellung und ihre
Veröffentlichung haben die selbe rechtliche Wirkung wie die Anzeige
der Masseunzulänglichkeit und deren Veröffentlichung nach § 208 InsO.
Eine zusätzliche Anzeige des Verwalters ist nicht erforderlich.
Amtsgericht Duisburg, Beschluss vom 27.04.2003 - 62 IN 241/02
Tenor:
Die Anträge des Insolvenzverwalters vom 19.03.2003 werden
zurückgewiesen.
I.
Fachgeschäft für Dekorationsbedarf betrieben hatte, die Verfahrenskosten und eröffnete
das Insolvenzverfahren. Der Wert der freien Masse betrug laut Eröffnungsgutachten des
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späteren Insolvenzverwalters ca. 143,00 EUR und laut Bericht zur ersten
Gläubigerversammlung ca. 450,00 EUR. Im Berichts- und Prüfungstermin vom
08.01.2003 wurden Forderungen von ca. 70 Gläubigern geprüft. Darunter befanden sich
Forderungen des Finanzamts Mülheim an der Ruhr aus Umsatzsteuerschätzungen für
das Jahr 2002 in Höhe von ca. 69.000,00 EUR. Der Insolvenzverwalter, von Beruf
Rechtsanwalt und Steuerberater, hält diese Schätzungen für überhöht, kann dies jedoch
zur Zeit nicht abschließend beurteilen, weil die Buchhaltung des Schuldners
unvollständig ist. Um die entsprechenden Steuererklärungen zu erstellen, müßte der
Insolvenzverwalter nach eigenen Angaben fünf Ordner mit Geschäftsvorfällen
nachbuchen; hierfür würden bei Beauftragung eines Steuerberaters Kosten in Höhe von
schätzungsweise 1.276,00 EUR anfallen.
Mit Schreiben vom 19.03.2003 beantragt der Insolvenzverwalter, ihm zur Erfüllung
seiner steuerlichen Pflichten einen Kostenvorschuss von 1.276,00 EUR aus der
Staatskasse zu bewilligen, hilfsweise: festzustellen, dass zu den gestundeten
Verfahrenskosten auch die Kosten für die Nacherstellung der schuldnerischen
Buchhaltung für das Jahr 2002 einschließlich der Erstellung der Umsatzsteuererklärung
gehören. Er ist der Ansicht, diese Kosten seien als Auslagen des Verwalters
anzusehen. Jedenfalls aber müsse seine Vergütung durch Erhöhung des
Mindestregelsatzes so angehoben werden, dass neben einer angemessenen Vergütung
für seine sonstige Tätigkeit auch die Kosten der nachträglichen Buchführung abgedeckt
seien. Auf diese Vergütung könne er von der Staatskasse einen angemessenen
Vorschuß verlangen.
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Der Richter hat die Entscheidung über die Anträge an sich gezogen (§ 18 Abs. 2 Satz 3
RPflG).
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II.
Insolvenzverfahrens (§ 54 InsO) nach § 4a InsO gestundet, so steht dem
Insolvenzverwalter zwar grundsätzlich nach § 63 Abs. 2 InsO für seine Vergütung und
seine Auslagen ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, soweit die Insolvenzmasse
dafür nicht ausreicht. Dabei mag es in besonders gelagerten Fällen auch geboten sein,
ihm einen Vorschuss zu zahlen. Im vorliegenden Fall besteht hierzu jedoch kein Anlaß.
Der Verwalter kann die Erstattung der Kosten für die Nacherstellung der Buchhaltung
weder direkt als Auslagen noch indirekt als rechnerischen Teil seiner Vergütung
verlangen; ein entsprechender Vorschuss kommt deshalb nicht in Betracht.
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1. Die Kosten für die Nacherstellung der schuldnerischen Buchhaltung sind keine
erstattungsfähigen Auslagen des Insolvenzverwalters im Sinne des § 63 InsO.
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a) Welche Aufwendungen als Auslagen anzusehen sind, richtet sich nach der
allgemeinen Abgrenzung der Vergütung und Auslagen als Kosten des Verfahrens
einerseits (§ 54 Nr. 2 InsO) von den sonstigen, durch die Verwaltung der
Insolvenzmasse begründeten Masseverbindlichkeiten andererseits (§ 55 Abs. 1 Nr. 1
InsO). Die Unkosten für die Aufbereitung der schuldnerischen Buchhaltung und für die
Erstellung der Umsatzsteuererklärung gehören, wenn sie nicht als gewöhnliche
Geschäftskosten schon durch die allgemeine Vergütung des Insolvenzverwalters
abgegolten sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 InsVV), zu den sonstigen Masseverbindlichkeiten
nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO. Es handelt sich dann nämlich entweder um die Vergütung
eines Dritten auf Grund eines Dienst- oder Werkvertrags zur Erledigung besonderer
Verwaltungsaufgaben (§ 4 Abs. 1 Satz 3 InsVV) oder um eine zusätzliche Vergütung
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des Verwalters für den Einsatz besonderer eigener Sachkunde (§ 5 InsVV). In beiden
Fällen darf die besondere Vergütung zusätzlich der Insolvenzmasse entnommen
werden (§§ 4, 5 InsV). Sie ist daher nicht den Auslagen des Verwalters (§ 54 Abs. 2, §
63 Abs. 1 Satz 1 InsO), sondern den sonstigen Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 1
Nr. 1 InsO zuzuordnen. Dies ist nahezu allgemein anerkannt (vgl. LG Berlin ZInsO 2000,
224 und 2001, 718; Hess, InsO, 2. Aufl. 2001, § 54 RdNr. 39ff., 42; Kübler/Prütting/Pape,
InsO, Stand: 11/2002, § 54 RdNr. 41 - 43; Kübler/Prütting/Lüke, InsO, § 63 RdNr. 24;
MünchKomm-InsO/Hefermehl § 54 RdNr. 74f., 82, § 55 RdNr. 38, 58; MünchKomm-
InsO/Nowak § 4 InsVV RdNr. 8, § 5 InsVV RdNr. 2; Uhlenbruck/Berscheid, InsO, 12.
Aufl. 2003, § 54 RdNr. 17, 19, § 55 RdNr. 10; HK-InsO/Eickmann, 2. Aufl. 2001, § 54
RdNr. 3).
b) Die vom Antragsteller zitierte Gegenmeinung (LG Kassel ZVI 2002, 387 = ZInsO
2002, 1040; AG Dresden ZVI 2002, 340 = ZInsO 2002, 735; ferner Förster ZInsO 2002,
736; Keller EWiR 2002, 957f.; ähnlich schon AG Charlottenburg ZIP 1999, 1687ff.;
Wienberg/Voigt ZIP 1999, 1662, 1665; mit wesentlicher Einschränkung auch Kirchhof
ZInsO 2001, 1, 5) hält das Ergebnis dieser begrifflichen Aufteilung in den Fällen, in
denen nicht sämtliche Masseverbindlichkeiten gedeckt sind (§ 208 InsO), für unbillig.
Sie hebt hervor, dass der Insolvenzverwalter nach § 155 Abs. 1 InsO, § 34 Abs. 3 AO die
steuerrechtlichen Pflichten des Schuldners bezüglich der Insolvenzmasse auch bei
Masseunzulänglichkeit zu erfüllen habe. In dieser Situation stehe der Verwalter vor der
Wahl, entweder die notwendigen Unkosten einer Aufbereitung der Buchhaltung und der
Erstellung von Steuererklärungen aus eigenen Mitteln aufzubringen oder die
Festsetzung eines Zwangsgeldes der Finanzbehörde in sein Privatvermögen (§§ 328ff.
AO) sowie zusätzlich eine Haftung gegenüber den Gläubigern nach § 60 InsO zu
riskieren, wenn er es auf eine überhöhte Steuerschätzung ankommen lasse. Dieser
Konflikt sei dem Verwalter, auch im Hinblick auf die verfassungsmäßige Berufsfreiheit
(Art. 12 GG), nicht zuzumuten. Deshalb seien jedenfalls bei einer Stundung nach § 4a
InsO die hier fraglichen Aufwendungen als Auslagen des Verwalters (§ 54 Nr. 2 InsO) zu
behandeln und ihm nach § 63 Abs. 2 InsO aus der Staatskasse zu ersetzen.
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c) Diese Argumentation überzeugt nicht. Sie läuft im Anwendungsbereich des § 4a InsO
darauf hinaus, dass der Insolvenzverwalter Zahlungen des Justizfiskus beansprucht,
weil er nicht bereit ist, rechtswidrigen Zwangsmaßnahmen der Finanzverwaltung mit
dem gebotenen Nachdruck entgegenzutreten.
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Die Gedankenführung geht von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen aus. Zwar
hat der Bundesfinanzhof für das frühere Konkursrecht die Auffassung vertreten, der
Konkursverwalter könne sich der nach § 34 Abs. 3 AO, § 6 KO auf ihn übergegangenen
Verpflichtung des Gemeinschuldners zur Abgabe von Steuererklärungen bezüglich des
konkursbefangenen Vermögens nicht durch den Hinweis entziehen, die dafür
erforderlichen Kosten seien durch die Konkursmasse nicht gedeckt. Der
Konkursverwalter habe die ihm auferlegten Pflichten gegenüber der Finanzbehörde "im
übergeordneten Interesse" zu erfüllen. Dies sei ihm auch zuzumuten, weil zum
Konkursverwalter in der Regel Personen bestellt würden, die zur Vermögensverwaltung,
zu der auch die Abgabe von Steuererklärungen gehöre, besonders befähigt seien; es
sei daher in der Regel keine kostenträchtige Beauftragung eines Dritten erforderlich
(BFH ZIP 1994, 1969, 1972 = BFHE 175, 309). Der BFH hat jedoch ausdrücklich offen
gelassen, ob es für einen Rechtsanwalt als Konkursverwalter auch dann zumutbar ist,
die Steuererklärungen des Gemeinschuldners selbst zu erstellen, wenn dies mit
umfangreichen Buchführungs- und Abschlußarbeiten verbunden ist und die Kosten für
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die Beauftragung eines Steuerfachmanns aus der Konkursmasse nicht gedeckt werden
können. Er hat ferner die Einschränkung angedeutet, dass die Erfüllung der
Steuererklärungspflicht des Konkursverwalters möglicherweise dann nicht mehr mit
Zwangsmitteln durchgesetzt werden könne, wenn der Verwalter die
Masseunzulänglichkeit förmlich öffentlich bekanntgemacht habe (was nach altem Recht
nicht ausdrücklich vorgeschrieben war, vgl. § 60 KO), ein von ihm beauftragter
Steuerberater es daraufhin angesichts der Rangverhältnisse des § 60 KO ablehne, für
die Konkursmasse tätig zu werden, und der Verwalter persönlich nicht zur Erfüllung der
Pflicht und zu den dazu erforderlichen umfangreichen Vorarbeiten in der Lage sei. In
einer solchen Situation könne die Androhung und Festsetzung eines Zwangsgelds
ermessensfehlerhaft sein (BFH ZIP 1994, 1969, 1973 = BFHE 175, 309, 317; BFH ZIP
1996, 430f.; vgl. auch Onusseit ZIP 1995, 1798, 1802ff.; FG Berlin EFG 2000, 1223).
Unter dem Blickwinkel des neuen Insolvenzrechts, insbesondere angesichts der
gesetzlichen Normierung des Verfahrens nach Eintritt der Masseunzulänglichkeit (§§
208 - 211 InsO), erscheint es zwingend, dass allein eine Weiterentwicklung der
dargestellten Tendenz der BFH-Rechtsprechung mit dem geltenden Recht vereinbar ist
(vgl. Onusseit ZIP 1995, 1798, 1802ff.; ferner LG München I, ZIP 2001, 2291; Runkel
EWiR 2002, 257f.). Die förmliche Anzeige und öffentliche Bekanntmachung der
Masseunzulänglichkeit ist nunmehr vorgeschrieben (§ 208 Abs. 2 InsO). Ebenso
bestimmt das Gesetz, dass der Verwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit die
sonstigen Masseverbindlichkeiten, also auch die Kosten eines beauftragten
Steuerberaters (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, § 4 Abs. 1 Satz 3, § 5 InsVV), nur mit Nachrang
gegenüber den Verfahrenskosten und nur nach Maßgabe des § 209 InsO berichtigen
darf. Unter diesen Umständen wird sich in Verfahren mit unzulänglicher Masse
schwerlich noch ein Steuerberater bereit finden, für den Verwalter ohne gesicherte
Aussicht auf Zahlung der Vergütung tätig zu werden. Ist die Einschaltung eines
Steuerfachmanns wegen des Umfangs und der Schwierigkeit der steuerlichen
Angelegenheiten erforderlich, so kann deshalb schon auf der Grundlage der
dargestellten bisherigen Rechtsprechung des BFH dem Verwalter nach Anzeige der
Masseunzulänglichkeit nicht zugemutet werden, eigene Mittel einzusetzen.
Entsprechende Zwangsmaßnahmen der Finanzbehörden wären rechtswidrig. Doch
auch in den Fällen, in denen nach Auffassung des BFH der Verwalter persönlich oder
mit eigenem Hilfspersonal die Steuererklärungspflicht wahrzunehmen hat, ist der
Verwalter nach neuer Rechtslage nicht verpflichtet, seine eigene besondere Sachkunde
einzusetzen, wenn feststeht, dass die besondere Vergütung nach § 5 InsVV, die ihm
angesichts des Umfangs oder der Schwierigkeit der Tätigkeit hierfür zusteht, wegen
ihres Nachrangs gegenüber den Kosten des Verfahrens (§§ 54, 55 Abs. 1 Nr. 1, § 209
InsO) nicht mehr aus der Masse gedeckt werden kann (ebenso Onusseit ZIP 1995,
1798, 1804f.). Aus der gesetzlichen Pflicht des Verwalters, die Masse auch nach
Anzeige der Masseunzulänglichkeit zu verwalten (§ 208 Abs. 3 InsO), ergibt sich nichts
anderes. Sie erzeugt nicht die Verpflichtung, neue Kosten zu verursachen, die
ersichtlich aus der Masse nicht zu decken sind (§ 61 InsO). Der Verwalter hat vielmehr
nach dem Willen des Gesetzes in dieser Lage alles daran zu setzen, dass das
Verfahren möglichst zügig eingestellt wird (§ 211 InsO).
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Es sprechen daher gute Gründe dafür, dass der Konflikt, den die Vertreter der
Gegenmeinung zu erkennen glauben, tatsächlich nicht besteht. Ist zur
ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten des Insolvenzverwalters der
Einsatz besonderer, nach § 4 Abs. 1 Satz 3, § 5 InsVV auch besonders zu vergütender
Sachkunde erforderlich, so kann die Finanzbehörde ab Anzeige der
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Masseunzulänglichkeit (§ 208 InsO) die Erfüllung der Pflichten durch den Verwalter
nicht mehr zwangsweise durchsetzen, wenn die Insolvenzmasse unter
Berücksichtigung der Rangordnung des § 209 InsO nicht ausreicht, um den hierfür
notwendigen Aufwand zu decken. Ebenso wenig können die Gläubiger in dieser
Situation vom Insolvenzverwalter erwarten (§ 60 InsO), dass er in ihrem Interesse
ungedeckte Kosten für die Nacherstellung der schuldnerischen Buchhaltung verursacht.
Sind sie der Ansicht, dass durch die Nacherstellung ihre Befriedigungsaussicht
verbessert werden kann, so steht es ihnen frei, einen entsprechenden Vorschuß zu
leisten. Die Vorschussregelung des § 207 Abs. 1 Satz 2 InsO verbietet den Gläubigern
nicht, auch sonstige Masseverbindlichkeiten durch einen zweckgebundenen Vorschuss
zu finanzieren. Aufgabe des Verwalters ist es allenfalls, den Gläubigern die Sachlage
darzustellen und ihnen die Möglichkeit einer Vorschusszahlung zu geben.
Nichts anderes gilt, wenn die Verfahrenskosten nach § 4a InsO gestundet sind. Die
Stundungsvorschriften sollen mittellosen Schuldnern den Weg zur Restschuldbefreiung
eröffnen, indem sie die Durchführung des Insolvenzverfahrens bis zur Einstellung
wegen Masseunzulänglichkeit sicherstellen und so die verfahrensrechtlichen
Mindestvoraussetzungen für die Ankündigung der Restschuldbefreiung schaffen (§ 289
Abs. 3 InsO). Sie dienen aber nicht dem Zweck, Verwertungshandlungen mit
ungewissen Erfolgsaussichten zu subventionieren, die in Verfahren ohne Stundung
entweder aus der Masse oder durch Vorschüsse zu finanzieren sind. Die Stundung ist
auch nicht dazu bestimmt, umfangreiche Prüfungen des Verwalters zu ermöglichen, die
allenfalls zu einer Herabsetzung der Schuldenmasse führen, angesichts der geringen
Aktivmasse aber kaum Auswirkungen auf die Verteilungsquote der Gläubiger haben.
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In einem Verfahren, das auf die Restschuldbefreiung des Schuldners abzielt, obliegt es
zudem in besonderer Weise dem Schuldner, auf Grund seiner gesetzlichen
Mitwirkungspflicht den Verwalter bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen (§ 97
Abs. 2, § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO). Hierzu gehört auch die notwendige, möglicherweise
viel Zeit beanspruchende persönliche Hilfeleistung bei der nachträglichen Aufbereitung
der Buchhaltung und bei der Aufklärung der zugrunde liegenden Geschäftsvorfälle. Der
Schuldner war bis zur Verfahrenseröffnung als Einzelkaufmann im Handelsregister
eingetragen. Es ist deshalb nicht ohne weiteres ersichtlich, dass er zur sachgerechten
Unterstützung nicht in der Lage ist. Er hat dabei die deutlich gesteigerte Sorgfalt eines
redlichen Schuldners aufzuwenden. Kommt der Schuldner der Aufforderung des
Verwalters zur Mitwirkung ohne hinreichenden Grund nicht pflichtgemäß nach, so muß
er damit rechnen, dass ihm die Restschuldbefreiung versagt wird (§ 290 Abs. 1 Nr. 5
InsO).
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d) Im vorliegenden Fall besteht Masseunzulänglichkeit, und dies ist auch schon
ordnungsgemäß öffentlich bekanntgemacht. Das Insolvenzgericht hat nämlich im
Eröffnungsbeschluß ausdrücklich festgestellt: "Es liegt bereits jetzt
Masseunzulänglichkeit vor (§§ 208, 210 InsO)." Die Feststellung beruhte auf dem
Eröffnungsgutachten des damaligen vorläufigen Insolvenzverwalters und der Tatsache,
daß das Gericht unmittelbar vor Erlass des Eröffnungsbeschlusses dem Schuldner die
Kosten des Verfahrens gestundet hatte. Sind voraussichtlich nicht einmal die Kosten
des Verfahrens aus der Insolvenzmasse gedeckt (§ 4a InsO), so steht damit zugleich
fest, dass die Masse aus gegenwärtiger Sicht erst recht nicht zur Deckung weiterer
Masseverbindlichkeiten ausreicht und sie damit im Sinne des § 208 InsO unzulänglich
ist (§§ 54, 55, 209 InsO). Diese Feststellung, die das Gericht in den entsprechenden
Fällen stets in den Eröffnungsbeschluss aufnimmt, und ihre öffentliche Bekanntmachung
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haben die selbe rechtliche Wirkung wie die Anzeige des Verwalters und ihre
Bekanntmachung nach § 208 Abs. 1, 2 InsO. Sie treten an deren Stelle und machen
eine zusätzliche Anzeige des Verwalters entbehrlich. Sie geben dem Verwalter von
Anfang an eine sichere Rechtsgrundlage für die vorrangige Verwendung etwaiger
Verwertungserlöse zur Deckung der Verfahrenskosten.
2. Die vom Antragsteller benannten Kosten für die Nacherstellung der schuldnerischen
Buchhaltung rechtfertigen auch keinen Vorschuss auf seine Vergütung. Aufwendungen
zur Verwaltung, Verwertung oder Verteilung der Masse, die nicht als Kosten des
Verfahrens, sondern als sonstige Masseverbindlichkeiten einzuordnen sind, können in
ihrer absoluten Höhe nicht in die Berechnung der Verwaltervergütung einfließen. Eine
solche Berechnungsweise widerspräche den Vorgaben des § 63 Abs. 1 Satz 2, 3 InsO.
Der Insolvenzverwalter hat keinen Anspruch darauf, dass die Summe der als Vergütung
und Auslagen festgesetzten Beträge in jedem einzelnen Verfahren vollständig
kostendeckend ist. Die Finanzierung seiner Tätigkeit muß betriebswirtschaftlich auf
einer Mischkalkulation beruhen; dies ist jedem Verwalter bewußt, der dieses Amt
annimmt. Im vorliegenden Fall sind auch keine Umstände ersichtlich, die es erfordern,
dem Antragsteller nach allgemeinen Grundsätzen wegen des Umfangs oder der
Schwierigkeit seiner Tätigkeit oder wegen der notwendigen Dauer des Verfahrens einen
Vorschuss zu bewilligen. Dies wäre allenfalls geboten, wenn eine deutliche Erhöhung
der Mindestvergütung, etwa um mehr als 50%, zu erwarten wäre. Dies ist jedoch nicht
der Fall. Die Anzahl der zu prüfenden Forderungen, unabhängig von ihrer Titulierung,
reicht hierfür ebenso wenig aus wie der bloße Hinweis auf die Unvollständigkeit der
schuldnerischen Buchhaltung.
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III.
2002, 2223).
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