Urteil des AG Duisburg-Hamborn vom 15.12.2010

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Amtsgericht Duisburg-Hamborn, 20 M 4138/09
Datum:
15.12.2010
Gericht:
Amtsgericht Duisburg-Hamborn
Spruchkörper:
Rechtspfleger
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
20 M 4138/09
Sachgebiet:
Bügerliches Recht
Tenor:
wird der Antrag des Schuldners vom 10.08.2010 auf Gewährung von
Vollstreckungschutz gem. § 765a ZPO kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.
Gründe:
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Die Forderung des Schuldners auf Auszahlung von Geldern, die auf das vorgenannte
Konto bei der o.g. Drittschuldnerin eingehen ist gepfändet durch Beschluss vom
21.12.2009.
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Mit vorgenanntem Antrag hat der Schuldner die einmalige Aufhebung dieser Pfändung
bezüglich am 31.07.2010 eingegangenen Leistungen vom Arbeitsamt (AA) Duisburg
gem. §§ 765a ZPO beantragt. Es handelt sich bei dem Konto um ein sogenanntes
Pfändungsschutzkonto (P-Konto). Die Bank verweigert die vollständige Auszahlung
(restl.625,24 €) , da die Leistungen vom Arbeitsamt (AA) Duisburg, am 31.07.2010
eingegangen sind. Er habe jedoch den Freibetrag für den Monat Juli aufgebraucht,
daher könne das Guthaben nicht als Freibetrag in den August übertragen werden.
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Somit stände dem Schuldner für den Zeitraum vom 01.08. bis zum 30.08.2010 kein Geld
zur Verfügung um seine Lebensunterhalt zu gewährleisten.
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§ 765a Abs.1 ZPO bestimmt, dass eine Vollstreckungsmaßnahme ganz oder teilweise
aufzuheben ist, wenn sie unter voller Würdigung des Schutzbedürfnisses des
Gläubigers eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist. Diese
Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Härte, die durch die besonderen
Umstände des Einzelfalls gegeben ist, muss in der vom Gläubiger beauftragten
Zwangsvollstreckungsmaßnahme liegen. Durch diese Maßnahme, von
Gerichtsvollzieher oder Vollstreckungsgericht, im Auftrag des Gläubigers, muss sich der
Schuldner einer Situation befinden bzw. in diese hineinkommen, in der nach den guten
Sitten der Schutz des Schuldners schwerer wiegt, als der rechtsstaatlich garantierte
Anspruch des Gläubigers auf Befriedigung seiner Forderung. Vorliegend hat als
Vollstreckungsmaßnahme die Gläubigerin einen Pfändungs- und
Überweisungsbeschluss gem. §§ 829, 835 ZPO im Jahre 2009 beantragt. Diesem
Antrag hat das zuständige Vollstreckungsgericht am 21.12.2009 entsprochen. Seit
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diesem Entsprechen und der anschließenden Zustellung gem. § 829 Abs. 3 ZPO ist das
Konto des Schuldners pfändungsbefangen, mit der Folge, dass pfändbare Beträge
arrestatorium- und inhibitoriumsgemäss von der Drittschuldnerin an die Gläubigerin
auszukehren sind.
Nach der Gesetzesänderung zum 01.07. diesen Jahres hat der Schuldner,
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im Zusammenwirken mit der Drittschuldnerin, sein Konto in ein Pfändungsschutzkonto
umgewandelt, im Rahmen der Bestimmungen des § 850 k (neu) ZPO.
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Nach dieser Umwandlung verweigert ihm die Drittschuldnerin nunmehr die Auszahlung
von Geldern, mit der Begründung, dass für ihn am 31.07.2010 vom Arbeitsamt (AA)
Duisburg überwiesene Gelder gem. § 850k Abs. 1 ZPO nicht pfandfrei wären.
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Somit liegt die Härte, welche mit den guten Sitten nicht vereinbar sein soll, nicht in der
Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers begründet, sondern in dem Handeln von
Schuldner und Drittschuldner. Der Schuldner hat sein Konto aus freiem Willen und im
Zusammenwirken mit der Drittschuldnerin, seiner Bank, von einem normalen Girokonto,
in ein P-Konto gewandelt. Die Drittschuldnerin hat an dieser Umwandlung mitgewirkt,
obschon sie hätte sehen müssen, dass sie, bei der Kadenz in der die Zahlungen für den
Lebensunterhalt des Schuldners eingehen, diesem die Auszahlung, bei ihrer
Rechtsauffassung - auf § 850 k Abs. 1 ZPO begründet- verweigern müsste.
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Da die Härte also nicht in der Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers begründet ist,
dieser ist bei der Umwandlung von einem normalen Girokonto in ein P-Konto nicht
beteiligt, sondern in dem Zusammenwirken von Schuldner und Drittschuldner, kann der
Schuldnerschutz gem. § 765a Abs1. ZPO keine Anwendung finden. Mit Härten
allerdings, die die Zwangsvollstreckung mit sich bringt, so auch die Tatsache, dass
diese überhaupt durchgeführt wird, muss sich der Schuldner abfinden, vergl. Zöller zu §
765a ZPO Rdn. 5, erst recht, wenn er diese Härte selbst oder wie hier - im
Zusammenspiel mit der Drittschuldnerin selbst begründet-.
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Entsprechend ist der hierauf gestellte Antrag des Schuldners als unzulässig
zurückzuweisen.
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Soweit die Drittschuldnerin, die XXX Bank davon ausgeht, dass eine Verfügung über
das auf dem Konto befindliche Guthaben nicht möglich ist, da die Leistungen vom
Arbeitsamt (AA) Duisburg am 31.07.2010 eingegangen sind, der Schuldner jedoch den
Freibetrag für den Monat Juli aufgebraucht habe, ist diese Auffassung rechtsfehlerhaft
und bei Kenntnis und verständiger Würdigung von Entwurf und Begründung des
Gesetzes, Deutscher Bundestag Drucksache 16/7615 vom 19.12.2007 nicht zu halten.
Auf Seite 13 der vorgenannten Drucksache ist in der rechten Spalte, zweiter Absatz,
letzter Satz niedergelegt, dass Guthaben auf einem Konto bis zum Zahlungseingang am
Ende des Folgemonats zur Begleichung der laufenden Verbindlichkeiten zur Verfügung
steht. Dieses Guthaben kann sich zum einen, aus dem noch nicht ausgeschöpften Teil
des Freibetrages, welcher in den Folgemonat übertragen wird, zum anderen aus dem
Zahlungseingang der den Grundstock für den Freibetrag des folgenden Monats bildet
zusammensetzen.
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Auch die bisher vorhandene Kommentierung zum Pfändungsschutzkonto stellt unter
Hinweis auf die Gesetzesbegründung darauf ab, dass "das Guthaben des
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Kalendermonats auch Guthaben erfasst, die durch bargeldlose Zahlung von Dienst- und
Versorgungsbezügen, Renten usw. am Ende des Kalendermonats für die
Erwerbstätigkeit oder Versorgung im Folgemonat auf dem Konto gutgebucht worden
sind (Zahlungen im vorhinein); Guthabenbeträge sind unabhängig von ihrer Herkunft
und dem Zeitpunkt der Gutschrift monatsweise geschützt", so Stöber,
Forderungspfändung, 15. Auflage zu Rn-Nr´n. 1300g i.V.m 1300c.
Der hier vorliegende Zahlungseingang ist damit nicht dem vorangegangen, sondern
dem folgenden Monat zuzurechnen, dessen Grundstock für den monatlichen Freibetrag
er bildet.
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Es besteht also keine Rechtsunsicherheit, die durch einen gerichtlichen Beschluss zu
beseitigen wäre. § 850k (neu) ZPO ist aus sich und dem Entwurf/ der Begründung des
Gesetzes heraus anwendbar. Der Schuldner hat aus dem Girovertrag einen nicht
pfändungsbefangenen Auszahlungsanspruch gegen die Drittschuldnerin, die Deutsche
Bank, in Höhe des monatlichen Freibetrages gem §§ 850c Abs. 1 S. 1 i.V.m. 850c Abs.
2a ZPO. Soweit die Deutsche Bank gegen die Auszahlung Einreden erhebt sind diese
nach dem zuvor Angeführten nicht im Zwangsvollstreckungsverfahren zu prüfen.
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Wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit ist eine vorherige Anhörung der Gläubigerin
unterblieben.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 788 ZPO.
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Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen diesen Beschluss ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben, die
binnen zwei Wochen ab Zustellung des Beschlusses schriftlich oder zu Protokoll der
Geschäftsstelle eingelegt werden kann.
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