Urteil des AG Düsseldorf vom 26.04.2010

AG Düsseldorf (zustellung, klageschrift, zpo, verwalter, gefahr, zahlung, auflage, anfechtungsklage, streitwert, höhe)

Amtsgericht Düsseldorf, 290a C 9465/09
Datum:
26.04.2010
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
290. Abteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
290a C 9465/09
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2010
durch die Richterin am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von
110 % des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagten
vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.
T a t b e s t a n d :
1
Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft Xweg X in X, deren
Verwalterin die Beigeladene ist. Die Klägerin ficht mit einem am 24.7.2009 bei Gericht
eingegangenen Schriftsatz den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 2.7.2009
zu TOP 6 betreffend die Änderung des Kostenverteilerschlüssels für die Position
Hausmeister, Hausreinigung und Allgemeinstrom von Flächenanteilen nach Anzahl der
Wohnungen an. Mit Verfügung vom 27.7.2009 wurde der Streitwert vorläufig auf
3.000,00 € festgesetzt und die Zahlung eines Kostenvorschusses angefordert. Die
Vorschussrechnung datiert vom 31.7.2009. Die Zahlung erfolgte am 18.8.2009.
Daraufhin wurde die Akte der Richterin am 7.9.2009 vorgelegt. Unter dem 8.9.2009
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wurde die Klägerin aufgefordert, den Ersatzzustellungsvertreter oder eine hierzu bereite
Person zu benennen. Die Klägerin benannte hierauf den Beklagten zu 2) mit Schriftsatz
vom 25.09.2009 als Ersatzzustellungsvertreter, woraufhin die Zustellung der
Klageschrift an diesen unter dem 7.10.2009 verfügt wurde. Dieser zeigte mit Schriftsatz
seines Prozessbevollmächtigten vom 16.10.2009 an, dass er nicht zum
Ersatzzustellungsvertreter gewählt worden sei. Das Gericht hat daraufhin die Zustellung
der Klageschrift an alle Beklagten verfügt, die diesen dann am 25.11.2009 zugestellt
worden ist. Tatsächlich wurde jedoch in der Eigentümerversammlung vom 7.7.2008 zu
TOP 14 der Beklagte zu 12) zum Ersatzzustellungsvertreter gewählt, der die Wahl auch
annahm.
Die Klägerin ist der Ansicht, ein Interessenskonflikt habe auf Seiten der Beigeladenen
nicht vorgelegen. Ungeachtet der Identität der gemeinsamen Geschäftsführerin, Frau L,
habe eine Zustellung an den weiteren Geschäftsführer der Verwaltung, Herrn K,
erfolgen können. Sie habe eine verspätete Zustellung der Klageschrift nicht zu vertreten.
3
Der Kostenverteilerschlüssel benachteilige sie erheblich hinsichtlich der genannten
Kostenarten. Als Vermieterin könne sie geänderte Verteilerschlüssel nicht an die Mieter
weitergeben. Ein sachlicher Grund für eine Änderung fehle.
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Die Klägerin beantragt,
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die in der Eigentümerversammlung der Eigentümergemeinschaft X, Xweg X,
am 02. Juli 2009 gefassten Beschlüsse zu TOP 6 insoweit für ungültig zu
erklären, als es die Änderung des Kostenverteilerschlüssels für die
Kostenarten Hausmeister, Hausreinigung und Allgemeinstrom betrifft.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
8
Die Beklagten sind der Ansicht, die Anfechtungsklage sei mangels demnächstiger
Zustellung verfristet. Die Klägerin habe dies zu vertreten, da sie den gewählten
Ersatzzustellungsvertreter entsprechend § 44 WEG nicht in der Klageschrift benannt
habe.
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Die angefochtenen Beschlüsse lägen im Ermessensspielraum der
Wohnungseigentümer.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
12
Die Klage hat keinen Erfolg.
13
Die Anfechtungsklage ist bereits wegen Nichtwahrung der Anfechtungsfrist als
unbegründet abzuweisen.
14
Gemäß § 46 Abs. 1 WEG muss die Beschlussanfechtungsklage innerhalb eines Monats
erhoben und innerhalb zweier Monate begründet werden, und gemäß § 253 Abs. 1 ZPO
15
wird die Klage erst mit Zustellung erhoben. Zur Fristwahrung ist daher gemäß § 46 Abs.
1 WEG grundsätzlich allein nicht ausreichend, dass die Klageschrift fristgerecht bei
Gericht eingeht. Insofern enthält § 167 ZPO jedoch eine Erleichterung für den
anfechtenden Kläger, da hiernach zur Fristwahrung der Eingang der Klageschrift bei
Gericht statt der nach § 253 Abs. 1 ZPO erforderlichen Zustellung der Klage zur
Erhebung der Klage ausreichend ist, wenn die Zustellung "demnächst" erfolgt. Bei der
Prüfung, ob die Zustellung "demnächst" erfolgt, ist nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesgerichtshofs nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abzustellen.
Vielmehr sollen, da die Zustellung von Amts wegen geschieht, die Parteien vor
Nachteilen durch Verzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebes
bewahrt werden, weil diese Verzögerungen von ihnen nicht beeinflusst werden können.
Der Partei sind aber Verzögerungen zuzurechnen, die sie oder ihre
Prozessbevollmächtigten bei sachgerechter Prozessführung hätten vermeiden können.
Im Rahmen dessen wird von den Klägern nicht gefordert, dass sie bereits mit der
Klageschrift den Gerichtskostenvorschuss einzahlen müssen. Sie dürfen vielmehr die
Anforderung durch das Gericht abwarten. Rückfragen des Gerichts bezüglich der
Streitwertangaben sind den Parteien ebenfalls nicht als Verzögerung zuzurechnen (vgl.
Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 46, Rand-Nr. 44, 45; Zöller-Greger, ZPO, § 167, Rand-
Nr. 15).
Unter Zugrundelegung dessen ist jedoch die Verzögerung der Zustellung, die erst am
25.11.2009 an alle Beklagten erfolgte, der Klägerin zuzurechnen. Denn sie hat in der
Klageschrift den bereits von der Wohnungseigentümergemeinschaft gewählten
Ersatzzustellungsvertreter nicht benannt und auf die Anfrage des Gerichts auch noch
einen falschen Ersatzzustellungsvertreter benannt.
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Um die unverzügliche Zustellung gemäß § 45 WEG sicherzustellen, sind für den
Passivprozess gegen die übrigen Wohnungseigentümer auch der Verwalter und der
gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WEG bestellte Ersatzzustellungsvertreter zu bezeichnen.
Denn die Entscheidung, an wen zuzustellen ist, obliegt allein dem Gericht. Die
Bezeichnung des Verwalters und des Ersatzzustellungsvertreters gehören somit zur
Zustellungsvoraussetzung mit der Folge, dass bei Fehlen oder verspäteter Angabe die
Klagefrist versäumt wird, weil die Zustellung nicht mehr demnächst erfolgen kann und
eine Rückwirkung nach § 167 ZPO ausscheidet (vgl. Bärmann, WEG, 10. Auflage, § 44,
Rand-Nr. 7, 8).
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Daher ist für die Verfristung auch unerheblich, ob eine Zustellung tatsächlich an den
Verwalter hätte erfolgen können. Unabhängig davon, kam jedoch eine Zustellung an
den Verwalter gemäß § 45 Abs. 1 WEG nicht in Betracht. Hiernach ist nicht an den
Verwalter zuzustellen, wenn aufgrund des Streitgegenstandes die Gefahr besteht, der
Verwalter werde die Wohnungseigentümer nicht sachgerecht unterrichten. Hierfür ist
ausreichend, dass vor Zustellung die Möglichkeit nicht sachgerechter Unterrichtung im
Hinblick auf den Streitgegenstand nicht fernliegt. Einer konkrete Gefahr bedarf es nicht.
Denn die Zustellung ist ein Gebot des rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung zum
Schutze des Informationsrechts der Wohnungseigentümer. Vorliegend liegt die Gefahr
nicht sachgerechter Aufklärung nahe, da die gesetzliche Vertreterin der Klägerin nicht
nur eine identische Geschäftsführung, sondern zugleich auch noch die gleiche
zustellungsfähige Anschrift haben.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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Der Streitwert wird auf 4.500,00 € festgesetzt (rund 3,5-facher Jahreswert der
geschätzten Mehrbelastung für alle 8 Wohnungen).
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