Urteil des AG Düsseldorf vom 02.09.1998

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Amtsgericht Düsseldorf, 44 C 203/97
Datum:
02.09.1998
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
44 C 203/97
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 1998
durch den Richter X
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreit hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung
des Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 %
des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die
Sicherheiten dürfen auch durch unbedingte und unbefristete Bürgschaft
einer deutschen Bank oder Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d :
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Mit der Klage verfolgt der Kläger einen Anspruch auf restliches
Steuerberaterhonorar.
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Im Jahre 1994 beauftragte der Beklagte, nachdem schon eine über 10-jährige
Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien bestand, den Kläger mit der
Vorbereitung und Teilnahme an einer Betriebsprüfung, die das Finanzamt
durchführen wollte. Hiernach sollte der Kläger u.a. die vorzulegenden Belege auf
ihre Vollständigkeit und Richtigkeit kontrollieren, Fragen des Betriebsprüfers
beantworten, Rückfragen beim Beklagten halten und sich mit diesem besprechen,
Angelegenheiten, soweit erforderlich, mit dem Finanzamt erörtern und zum
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Betriebsprüfungsbericht Stellung nehmen bzw. auf diesen erwidern.
Die Parteien vereinbarten, dass sich das Honorar des Klägers nach Zeitaufwand
berechnen solle, einen Stundensatz vereinbarten sie nicht.
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Unter dem 17. Mai 1996 stellte der Kläger dem Beklagten für 44 Std. geleistete Arbeit
zu je 140,00 DM zzgl. Auslagenpauschale von 40,00 DM und MWSt. insgesamt
7.130,00 DM in Rechnung. Hierauf zahlte der Beklagte lediglich 4.130,00 DM und
hinterlegte die restlichen 3.000,00 DM bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts
Düsseldorf zum Az. X HL – XXX XX/XX. Dem war vorgausgegangen, dass der
Kläger sich unter Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht weigerte, dem Beklagten
vor vollständiger Zahlung die Steuerunterlagen des Beklagten herauszugeben. Nach
Hinterlegung gab der Kläger die Unterlagen heraus.
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Der Kläger behauptet, zur Erledigung des Auftrags seien insgesamt 44 Stunden
Arbeit geleistet worden, wovon ein geringer Anteil (3,5 Std.) auf ihn selbst und der
weitaus überwiegende Teil auf Hilfskräfte entfielen. Hierzu legt er eine
handschriftlich angefertigte Aufstellung vor. Der Zeitaufwand sei auch erforderlich
gewesen, der Stundensatz sei angemessen. Hierzu behauptet er, die vom Beklagten
gestellten Belege seien teilweise unvollständig gewesen, was Mehrarbeit verursacht
habe. Außerdem habe es sich um die zweite Prüfung gehandelt, und da bei der
ersten Prüfung auch steuerstrafrechtliche Vorwürfe im Raum gestanden hätten, sei
besonders sorgfältige Arbeit erforderlich gewesen.
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Der Kläger beantragt,
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den Beklagten zu verurteilen, der Auszahlung des bei der
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Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Düsseldorf unter dem
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Geschäftszeichen X HL – XXX XX/XX hinterlegten Betrages von
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3.000,00 DM nebst Zinsen an den Kläger zuzustimmen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er behauptet, die Belege seien vollständig gewesen, im übrigen wäre eine evtl.
Unvollständigkeit auch Sache des Klägers gewesen, weil die Belege bereits in der
Kanzlei des Klägers erstellt und zusammengestellt worden waren. Der
Arbeitsumfang sei nicht geleistet worden, jedenfalls aber nicht erforderlich gewesen,
weil es lediglich um eine kleine Angelegenheit gegangen sei, was sich auch daran
zeige, dass die Belege – unstreitig – nur vier vom Kläger selbst angelegte
Aktenordner umfassten. Außerdem rechne der Kläger Tätigkeiten ab, die von dem
erteilten Auftrag nicht gedeckt seien. Umfang und Schwierigkeit des Auftrags seien
gering gewesen, deshalb sei der verlangte Stundensatz nicht angemessen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die
gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben entsprechend dem Beweisbeschluss vom
23.07.1997 (Bl. 48 GA) durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigen-
Gutachtens. Das Ergebnis der Beweisaufnahme ist dem Gutachten der
Sachverständigen X vom 16.02.1998 (Bl. 63 ff. GA) zu entnehmen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten
auf die verlangte Zustimmung zur Auszahlung der hinterlegten Summe, § 380 BGB,
13 HinterlO, weil er keinen Zahlungsanspruch gegen den Beklagten in gleicher
Höhe aus dem Steuerberatervertrag gem. § 375 BGB hat.
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Die Verpflichtung des Beklagten zur Erklärung, er stimme der Auszahlung der
hinterlegten Summe an den Kläger zu, setzt gem. § 380 BGB voraus, dass die
Voraussetzungen eines entsprechenden Zahlungsanspruchs vorliegen. Das ist aber
vorliegend nicht der Fall.
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Gem. §§ 29, 13 StBGebV entspricht es dem gesetzlichen Leitbild, dass die
Teilnahme des Steuerberaters an einer Betriebsprüfung nach Zeitaufwand
abgerechnet wird, weshalb es einer dahingehenden ausdrücklichen Vereinbarung
der Parteien insoweit nicht bedurfte. Ob dies auch im Hinblick auf die in § 29 Abs. 2
StBGebV geregelte Wertgebühr für eine Stellungnahme zum Betriebsprüfungsbericht
gilt und ob eine Vereinbarung, wonach auch diese Tätigkeit als Zeitgebühr
abgerechnet werden soll, wirksam ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
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Denn selbst wenn die Behauptung des Klägers zutreffen sollte, wonach er die
gesamte Tätigkeit einschließlich der Stellungnahme zum Betriebsprüfungsbericht
nach Zeitaufwand abrechnen durfte und hierfür tatsächlich 44 Stunden aufgewendet
wurden (für Entgegenstehendes hat der Beklagte aber kaum Anhaltspunkte
vorgetragen), und wenn weiter entgegen dem (vom Kläger angegriffenen) Ergebnis
des Gutachtens der Sachverständigen X davon auszugehen wäre, dass dieser
Umfang auch erforderlich war, scheitert die Klage jedenfalls daran, dass der vom
Kläger berechnete Stundensatz von 140,00 DM billigem Ermessen i.S.v. §§ 11, 13
StBGebV nicht entspricht.
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Bereits aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in dieser Vorschrift einen Rahmen
pro halbe angefangene Stunde von 30,00 DM bis 77,50 DM ( = 60,00 DM bis 155,00
DM pro Stunde) vorgegeben hat, folgt, dass der Steuerberater bei der Festlegung
des Stundensatzes nicht nur innerhalb des Rahmen zu bleiben hat, was vorliegend
der Fall ist, sondern auch, dass die innerhalb des Rahmens festzusetzende Gebühr
billigem Ermessen entsprechen muss. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der
Steuerberater nachvollziehbare Gründe für den von ihm angegebenen Stundensatz
nicht anzugeben vermag. So liegt der Fall hier.
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Hierbei geht das Gericht entsprechend der ständigen Rechtsprechung zu den
Rahmengebühren im Gebührenrecht der Rechtsanwälte davon aus, dass die
Forderung einer Gebühr, die höher ist als die sog. "Mittelgebühr", d.h. das
arithmetische Mittel zwischen der Mindest- und der Höchstgebühr, besonderer
Gründe bedarf. Solche Gründe hat der Kläger nicht dargelegt, worauf auch die
Gutachterin zutreffend hinweist, der das Gericht auch insofern in vollem Umfang folgt.
Der Angriff des Klägers gegen die Sachverständige, diese habe nicht z.B. durch
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Einsicht in seine Aufzeichnungen geprüft, welchen Umfang und welche
Schwierigkeit die Sache gehabt habe, verkennt die ihm obliegende Darlegungslast.
Es ist nicht Sache der Gutachterin, sich nach Ermessen einen Sachverhalt
zusammenzustellen, den sie dann begutachtet. Vielmehr ist es Sache des Klägers,
im Prozess diejenigen Tatsachen vorzutragen, deren Berücksichtigung er wünscht.
Zum Problem des Umfangs und der Schwierigkeit der Sache hat der Kläger aber nur
ganz allgemein und bruchstückhaft vorgetragen, so dass die Gutachterin zu Recht
der Auffassung war, dass ein besonderer Umfang oder eine besondere Schwierigkeit
der Sache nicht hinreichend dargelegt worden war.
Insgesamt entspricht damit der vom Kläger verlangte Stundensatz nicht billigem
Ermessen, die Bestimmung des Klägers ist deshalb nicht bindend, § 315 Abs. 3
BGB.
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Eine präzise Bestimmung des Stundensatzes, der die Billigkeit entspricht, wäre
deshalb durch Urteil vorzunehmen, § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB. Dies ist aber aus den
nachfolgenden Gründen nicht erforderlich, weil es zur Entscheidung des
Rechtsstreits auf einen genauen Stundensatz nicht ankommt.
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Nach den oben gemachten Ausführungen sind Gründe, die hinsichtlich der Tätigkeit
des Klägers in eigener Person ein Abweichen nach oben oder nach unten von der
Mittelgebühr nicht hinreichend dargelegt worden. Die Tätigkeit des Klägers ist
deshalb nach Mittelgebühr abzurechnen, woraus sich (bei Zugrundelegung der
Behauptungen des Klägers) ergibt: 3,5 Stunden zu je 107,50 DM = 376,25 DM.
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Hinsichtlich der von den Hilfskräften des Klägers geleisteten Stunden (nach dessen
Vortrag 40,5 Stunden) gilt, dass insoweit nicht vom Mittelsatz ausgegangen werden
kann. Denn mit dem Mittelsatz wird eine Tätigkeit eines Berufsangehörigen vergütet,
die den durchschnittlichen Anforderungen an seinen Berufsstand entspricht. Der
Umstand aber, dass die Arbeit von Hilfskräften erledigt werden konnte, zeigt, dass
hieran geringere Anforderungen zu stellen waren. Dies ergibt sich auch aus den vom
Kläger vorgetragenen Tätigkeiten, wie Zusammenstellung von Unterlagen, Kontrolle
auf Vollständigkeit usw., was typische Arbeiten der Fachgehilfen sind. Nach
Auffassung des Gericht ist hierfür ein Stundensatz von ca. 75,00 DM netto jedenfalls
ausreichend, denn dies liegt noch deutlich über dem unteren Gebührenrahmen für
den Berufsangehörigen.
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Hieraus errechnet sich aber, dass dem Kläger keine Forderung mehr zusteht:
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3,5 Std. x 107,50 DM = 376,25 DM
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40,5 Std. x 75,00 DM = 3.037,50 DM
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Auslagenpauschale 40,00 DM
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Nettosumme 3.453,75 DM
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zzgl. 15 % MWSt 508,06 DM
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Bruttosumme 3.971,81 DM
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Dieser Betrag liegt unter dem, was der Kläger vom Beklagten bereits erhalten hat.
Eine Entscheidung darüber, wie hoch der Stundensatz der Fachgehilfen des Klägers
bzw. für die von ihnen geleistete Arbeit anzusetzen wäre, ist deshalb nicht
veranlasst.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 108 Abs. 1
ZPO.
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Streitwert: 3.000,00 DM
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