Urteil des AG Düsseldorf vom 31.05.1996

AG Düsseldorf (hotel, zpo, mangel, unterbringung, zimmer, höhe, 1995, minderung, verhandlung, umzug)

Amtsgericht Düsseldorf, 52 C 2061/96
Datum:
31.05.1996
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richterin
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
52 C 2061/96
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 16. April 1996
durch die Richterin X für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 150,--
nebst 12 % Zinsen seit dem 1.11.1995 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu
96 %, die Beklagte zu 4 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1
ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist nur teilweise begründet.
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Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Minderung
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des Reisepreises in Höhe von DM 150,-- gemäß § 651 d Abs. 1 BGB
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zu. Insoweit kann sie Rückerstattung der bereits gezahlten Summe
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von der Beklagten verlangen.
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Die von der Klägerin für sich und Herrn X bei der
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Beklagten gebuchte Reise nach X/XX vom 17.9. bis
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8.10.1995 war mit einem Mangel iSv § 651 c Abs. 1 BGB behaftet,
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der den Wert oder die Tauglichkeit der Reise zu dem gewöhnlichen
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oder nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen gemindert hat.
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Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Klägerin waren
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sie und Herr X die ersten drei Tage in einem Zim-
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mer direkt neben der lärmenden Diskothek untergebracht. Daß dies
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mit einer Beeinträchtigung der Nachtruhe einhergeht, liegt auf
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der Hand. Die Klägerin ist wegen dieses Mangels auch nicht gemäß
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§ 651 d Abs. 2 BGB ausgeschlossen. Zum einen hat die Klägerin
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vorgetragen, daß sie diesen Mangel mehrfach gerügt hat. Zum an-
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deren ergibt sich eine Mängelrüge auch aus der Tatsache, daß der
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Klägerin ein anderes Zimmer zugewiesen worden ist. Soweit die
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Beklage den Umzug der Klägerin mit Nichtwissen bestreitet, ist
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dies unerheblich. Denn als Reiseveranstalterin ist das Bestrei-
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ten des erfolgten Umzuges mit Nichtwissen gem. § 138 Abs. 4 ZPO
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unzulässig. Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsa-
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chen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Ge-
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genstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind. Zwar beruhte der Umzug
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weder auf eigenen Handlungen der Beklagten noch war diese Gegen-
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stand eigener Wahrnehmungen. Die Beklagte hätte sich jedoch die
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erforderlichen Informationen von ihrem Reiseleiter beschaffen
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müssen. Denn bei Personen, die unter Anleitung oder Aufsicht
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oder Verantwortung der Partei tätig gewesen sind, besteht eine
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Erkundungspflicht (vgl. BGH JZ 1990, 99).
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Weitere Minderungsansprüche stehen der Klägerin hingegen nicht
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zu.
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Die Klägerin kann im Hinblick auf den um eine Dreiviertelstunde
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verspäteten Abflug von Deutschland keine Minderung des Reise-
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preises verlangen. Abgesehen davon, daß die Beklagte in der Rei-
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sebestätigung vom 10.8.1995 ausdrücklich auf die Möglichkeit ei-
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ner Flugplanänderung hingewiesen hat, handelt es sich bei der
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zeitlichen Verzögerung um eine derart geringe Zeitspanne, daß
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diese ohne weiteres hinnehmbar ist. Von einer Qualifizierung als
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Mangel kann angesichts dessen keine Rede sein.
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Aber auch der verzögerte Transfer vom Flughafen X zum Ho-
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tel rechtfertigt noch keine Minderung. Zwar mußte die Klägerin
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ihrem unwidersprochen gebliebenen Vortrag zunächst von 2.00
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Uhr bis 3.00 Uhr morgens im Bus auf die Ankunft anderer Reisegä-
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ste warten, nach deren Ankunft dann zunächst andere Hotels ange-
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fahren wurden, so daß die Klägerin erst um 6.30 Uhr im Hotel an-
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kam. Im Rahmen von Pauschalreisen ist es aber bekanntermaßen üb-
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lich, daß nicht jeder Tourist nach Ankunft direkt gesondert zum
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Hotel gebracht wird, sondern mehrere Reisende verschiedener Ver-
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anstalter mit einem Transportmittel nacheinander abgesetzt wer-
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den. Daß dies dann oft mehrere Stunden in Anspruch nimmt, obwohl
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eine direkte Anfahrt wesentlich kürzer wäre, stellt zwar ohne
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Zweifel eine Unannehmlichkeit dar. Diese überschreitet aber noch
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nicht die Grenze der Unzumutbarkeit hin zum Mangel iSv § 651 c
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Abs. 1 BGB. Vielmehr müssen gewisse Unannehmlichkeiten und Unzu-
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länglichkeiten, die sich aus dem Massencharakter von Pauschal-
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reisen ergeben, hingenommen werden.
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Das Minderungsverlangen hat ebenfalls keinen Erfolg, soweit die
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Klägerin es auf die Tatsache stützt, daß sie statt im Hotel
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X im Hotel Y untergebracht worden ist. Grundsätzlich
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ist der Reiseveranstalter berechtigt, Abhilfe in Gestalt einer
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gleichwertigen Ersatzleistung zu erbringen. Eine anderweitige
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Unterbringung wegen Überbuchung des ursprünglichen Hotels ist
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demnach dann zulässig, wenn das Ersatzhotel zumindest die glei-
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che Hotelkategorie hat und im gleichen Ort liegt. Diese Voraus-
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setzungen liegen hier vor.
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Beide Hotels liegen in X. Daß das Hotel Y ausweislich der
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prospektbeschreibung 5-6 km - nach Behauptung der Klägerin 7
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bzw. 8 km - von X entfernt ist, während das Hotel X le-
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diglich 3 km von X entfernt liegt, rechtfertigt keine andere
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Bewertung. Denn dadurch wird der Charakter der Unterbringung
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insgesamt nicht verändert. Kleinere Abweichungen bezüglich der
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Nebenleistungen sind zugelassen, wenn dadurch der Zuschnitt der
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Unterbringung insgesamt nicht verändert wird (MüKo-Wolter, BGB,
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Schuldrecht, Besonderer Teil, 1. Halbband, 2. Auflage 1988, §
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651 c RN 35 m.w.N.). Die Tatsache, daß die Klägerin vom Hotel
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Y aus ein Taxi benutzen mußte, um ins Zentrum zu gelangen,
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stellt unter Berücksichtigung der kurzen Distanz keine wesentli-
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che Änderung dar. Im übrigen ergibt sich aus dem von der Kläge-
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rin vorgelegten Prospekt von X daß es "bequeme und
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preiswerte X-verbindungen" vom Hotel gibt.
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Beide Hotels weisen nach dem von der Klägerin vorgelegten Pro-
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spekt 5-Sterne auf und sind auch von den Prospektbeschreibungen
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miteinander vergleichbar.
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Soweit die Klägerin behauptet, das Hotel Y habe tatsächlich
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aber allenfalls einen Standard von 2-3 Sternen, ist ihr Vorbrin-
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gen nicht ausreichend substantiiert.
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Die Tatsache, daß das Hotel X möglicherweise über einen
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etwas größeren Swimmingpool und zusätzlich über einen Sprungturm
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verfügt, macht die Unterbringung im Hotel Y nicht unzumut-
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bar. Denn ein Sprungturm war auch für das Hotel X im Pro-
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spekt nicht zugesichert. Hinzu kommt, daß ausweislich der vorge-
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legten Reiseprospekte und der darin enthaltenen Bilder die bei-
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den Swimmingpools von der Größe her ungefähr miteinander ver-
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gleichbar sind.
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Soweit die Klägerin weiter behauptet, die Zimmer im Hotel Y
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seien renovierungsbedürftig gewesen, ist ihr Vorbringen nicht
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ausreichend substantiiert. Sie hätte schon im einzelnen darlegen
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müssen, wo, in welchem Außmaß der Putz von den Wänden gefallen
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ist, in welchem Ausmaß der Teppichboden fleckig gewesen ist und
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inwiefern die Möbel völlig verwohnt gewesen sind. Denn ein ge-
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wisses Maß an Gebrauchtspuren läßt sich angesichts des Massen-
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tourismus nicht vermeiden und ist demnach hinzunehmen, worauf
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auch schon die Beklagte higewiesen hat, ohne daß die Klägerin
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ihren Vortrag ergänzt hat.
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Ein unzumutbarer Qualitätsunterschied ergibt sich ferner nicht
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aus dem Alter der beiden Hotels. Zwar mag es sein, daß das Hotel
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Y 10 Jahre alt ist. Allein das Alter besagt aber noch
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nichts über den Zustand des Hotels, insbesondere im Hinblick auf
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durchgeführte Modernisierungen. Soweit die Klägerin behauptet,
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das Hotel X sei neu, ist ihr Vortrag ebenfalls nicht aus-
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reichend substantiiert. Denn in dem von ihr vorgelegten Reise-
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prospekt heißt es beim Hotel X: "Viele zufriedene Stammgä-
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ste kommen jedes Jahr wieder !". Daraus ergibt sich aber, daß
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das Hotel X jedenfalls nicht mehr völlig neu ist. Wie alt
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es tatsächlich ist, hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen.
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Aus einem Altersvergleich lassen sich mithin keinerlei Rück-
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schlüsse ziehen.
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Bei der Bemessung der Höhe des Minderungsanspruchs der Klägerin
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war entsprechend § 472 Abs. 2 BGB der Reisepreis in dem Verhält-
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nis herabzusetzen, indem der Mangel - Diskothekenlärm - zum Ge-
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samtwert der vertraglichen Reiseleistung steht. Unter Berück-
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sichtigung der Tatsache, daß die Lärmbelästigung nur in den er-
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sten drei Nächten vorgeherrscht hat und der Klägerin dann ein
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anderes Zimmer zugewiesen worden ist, hält das Gericht eine Rei-
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sepreisminderung in Höhe von DM 150,-- (ca 4 % des Reiseprei-
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ses) für angemessen und ausreichend.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus Verzug gemäß §§ 288 Abs. 2,
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284, 285 BGB.
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Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung aufgrund des
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Vorbringens der Klägerin im nachgelassenen Schritzsatz vom
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6.5.1996 war nicht veranlaßt, § 156 ZPO.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entschei-
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dung über die vorläfige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§
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708 Nr. 11, 713 ZPO.
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