Urteil des AG Düsseldorf vom 27.03.1990

AG Düsseldorf (kläger, fehlen einer zugesicherten eigenschaft, bus, lasten, rauchverbot, mangel, planung, reiseveranstalter, prozess, minderung)

Amtsgericht Düsseldorf, 40 C 327/87
Datum:
27.03.1990
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
40 C 327/87
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 6.März 1990
durch den Richter X
für R e c h t erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen
die Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangs-
vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 600,-- DM abzuwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Sicherheit kann auch durch selbst
schuldnerische Bürgschaft einer west-
deutschen Großbank oder öffentlich-recht-
lichen Sparkasse erbracht werden.
T a t b e s t a n d
1
Die Kläger buchten bei der Beklagten eine Busrundreise "Höhepunkte des Westens"
vom 2.4. bis 16.4.1987 durch den Westen der Vereinigten Staaten von Amerika. Für
diese Reise zahlten die Kläger 1.177,-- DM pro Person an die Beklagte.
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Bei Beginn der Busrundreise wurde den Klägern, die starke Raucher sind, und auch
den übrigen Reiseteilnehmern seitens der Reiseleiterin ein Rauchverbot für den Bus
erteilt.
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Am 14.4.1987 brachen die Kläger in XXX wegen dieses sowie weiterer behaupteter
Mängel die Busreise ab und flogen von dort aus nach XX, um am 16.4.1987 den
Rückflug anzutreten.
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Die Kläger behaupten, die Reiseleitung sei unzureichend gewesen, die Reiseleiterin
habe keine Informationen über Geschichte und Geographie der durchquerten Gegenden
gegeben, sie habe nur ein schwer verständliches Deutsch gesprochen, auch seien die
Rauchpausen während der Fahrt zu kurz gewesen. Bei der Planung und den
Arrangements eigener Vorhaben während der Reise seien sie nicht von der
Reiseleitung unterstützt worden. Die Reiseleiterin habe ihnen weder Karten für eine
bestimmte Show bestellt noch die ihr bekannte Telefonnummer einer Agentur genannt,
so dass sie diese über die Auskunft hätten erfragen müssen.
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Infolge des ablehnenden Verhaltens der Reiseleiterin seien sie von einem großen Teil
der Mitreisenden ignoriert und abgelehnt worden; es habe sich ein gruppendynamischer
Prozess entwickelt, der für sie nur schwer zu ertragen gewesen sei.
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Die Kläger machen daher ein Recht auf Minderung des Reisepreises, einen
Schadensersatzanspruch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit sowie infolge des
Abbruchs der Reise zusätzlich entstandener Hotel-, Flug- und Telefonkosten geltend.
Wegen der Forderungsaufstellung im einzelnen wird auf die Klageschrift vom 3.7.1987
verwiesen.
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Die Kläger beantragen,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie
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je 767,-- DM nebst 4 % Zinsen seit
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dem 17.6.1987 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte behauptet, dem durch die Reiseleiterin ausgesprochenen Rauchverbot sei
eine entsprechende Abstimmung unter den Fahrgästen vorhergegangen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben auf der Grundlage des Beschlusses vom 7.3.1988.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die entsprechenden
Sitzungsniederschriften verwiesen.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den
vorgetragenen Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Klage ist unbegründet, der geltend gemachte Anspruch steht den Klägern aus
keinem Rechtsgrund zu. Minderungs- oder Schadensersatzansprüche nach §§ 651 d,
651 f BGB sind ausgeschlossen, weil die von den Klägern unternommene Busrundreise
nach der Überzeugung des Gerichts nicht mangelhaft war.
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1.
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Es stellt keinen Mangel der Reiseleistung dar, dass durch die Reiseleiterin das Verbot
ausgesprochen wurde, innerhalb des Busses zu rauchen.
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Die Einstandspflicht des Reiseveranstalters besteht für Reisemängel; im Sinne des §
651 c Abs. 1 BGB ist eine Reise mangelhaft, wenn sie nicht die zugesicherten
Eigenschaften hat oder wenn sie mit einem Fehler behaftet ist, der ihren Wert oder ihre
Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Nutzen
aufhebt oder mindert.
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Das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft kommt hier nicht in Betracht, denn die
Kläger tragen selbst nicht vor, ihnen sei zugesichert worden, dass im Bus geraucht
werden dürfe. Aber auch ein Fehler der Reiseleistung liegt nicht vor. Die Tauglichkeit
der Reiseleistung selbst steht hier nicht in Rede, sondern das Rauchverbot betrifft
letztlich das Wohlbefinden des Reisenden, der die Reise weniger intensiv genießt,
wenn er seiner Rauchgewohnheit nicht ungestört nachgehen kann. Andererseits wird -
dies ist allgemein bekannt - das Rauchen innerhalb geschlossener Räume und in
Kraftfahrzeugen von nichtrauchenden Begleitern vielfach als nicht unerhebliche Störung
ihres eigenen Wohlbefindens, wenn nicht gar als Angriff auf ihre Gesundheit
angesehen. Demgemäss muss sich der Raucher wie der Nichtraucher, der eine Reise
mit anderen Menschen gemeinsam unternimmt, darüber im klaren sein, dass er
entweder das Wohlbefinden eines anderen beeinträchtigt oder selbst darin
beeinträchtigt wird. Solange nicht der Reiseveranstalter entweder zusichert, es dürfe
während der Reise im Bus oder auch im Flugzeug geraucht werden oder es werde nicht
geraucht, sind Ansprüche von Rauchern oder Nichtrauchern, denen die getroffene
Regelung missfällt, ausgeschlossen, wenn nicht alle Reisende einhellig eine bestimmte
Regelung befürworten. Dies war hier jedoch nicht der Fall, denn jedenfalls die Zeugin A
wollte in einem Bus reisen, in dem nicht geraucht wird.
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Reisende, die besonderen Wert darauf legen, während der Reise zu rauchen oder auch
solche, die von Rauchern nicht behelligt werden wollen, sind gehalten, entweder eine
entsprechende Zusicherung des Reiseveranstalters zu erhalten oder einen individuellen
Urlaub selbst zu gestalten.
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2.
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Ob der Reiseveranstalter im Fall eines erteilten Rauchverbotes gehalten ist, zumindest
in regelmäßigen Abständen Pausen einzulegen, in denen Rauchern der Genuß einer
Zigarette vergönnt ist, kann offen bleiben. Die Kläger haben nicht substantiiert bestritten,
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dass ca. alle 2 bis 2 1/2 Stunden eine Pause von ca. 3 Minuten eingelegt wurde. Diese
Regelung ist nach Ansicht des Gerichts hinreichend, sollte dies besonders starken
Rauchern nicht ausreichen, so kann dies nicht zu Lasten des Reiseveranstalters gehen,
sondern muss vom Raucher, der sich für eine besondere Form des Urlaubs entschieden
hat, hingenommen werden. Auch die Zeugen haben bekundet, dass bei den jeweiligen
Pausen Gelegenheit zum Rauchen bestand.
3.
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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass
die Reiseleitung unzureichend war. Die Zeugen B und D haben zwar bekundet, die
Reiseleiterin sei verschlossen und unzulänglich gewesen und habe keine
landeskundigen Hinweise und Anregungen erteilt, demgegenüber haben aber die
Zeuginnen E und A bekundet, die Reiseleiterin sei gut informiert gewesen und habe
immer Informationen über die Besichtigungsobjekte gegeben. Hinsichtlich der
Glaubwürdigkeit der Zeugen vermag das Gericht keine unterschiedliche Bewertung der
Aussagen vorzunehmen, so dass jedenfalls keine Überzeugung dafür besteht, dass die
Reiseleiterin keine Informationen über Land und Leute erteilt oder derartig
unzulängliche Auskünfte erteilte, die selbst durchschnittlichen Anforderungen nicht
genügten.
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Auch die Sprachkenntnisse der Reiseleiterin wurden von den Zeugen unterschiedlich
beurteilt; während die Zeugen B und D von schwerverständlichem Deutsch sprachen,
bezeichneten die Zeuginnen E und A dies als perfekt bzw. ausgezeichnet.
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Diese Unsicherheit über das Vorliegen eines Reisemangels geht zu Lasten der Kläger,
die insofern die Beweislast tragen.
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4.
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Der Vortrag der Kläger, die Reiseleiterin habe sie bei der Planung und den
Arrangements eigener Vorhaben nicht unterstützt, ist pauschal und unsubstantiiert und
damit unbeachtlich. Es ist dem Gericht und auch der Beklagten nicht klar ersichtlich,
was die Kläger mit diesem Vorwurf konkret rügen wollen, welche eigenen Vorhaben
damit gemeint sind. Die von den Klägern behauptete Verweigerung der Nennung der
Telefonnummer einer Agentur ist jedenfalls unerheblich und stellt noch keinen zur
Minderung berechtigenden Mangel der Reiseleistung dar.
31
5.
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Das Gericht ist schließlich nicht davon überzeugt, dass die Reiseleiterin die Kläger als
ständige Unruhestifter bezeichnete und durch ihre Ablehnung einen
gruppendynamischen Prozess in Gang setzte, der den Klägern die Fortsetzung der
Reise unmöglich machte. Dies wird sogar durch die Aussagen der Zeugen D und B
nicht bestätigt, die bekundet haben, sie selbst und die Kläger seien von der
Reisegruppe nicht abgelehnt worden, sondern hätten zu den anderen Teilnehmern
durchaus freundliche Kontakte gehabt.
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Falls tatsächlich die Kläger von der übrigen Reisegruppe abgelehnt wurden, so ist
jedenfalls nicht erwiesen, dass dies aufgrund eines zielgerichteten Verhaltens der
Reiseleiterin erfolgte. Dagegen spricht vor allem die Aussage der Zeugin A, die
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bekundete, sie habe diese Gruppe - gemeint sind wohl die Kläger und die Zeugen D
und B - tatsächlich als sehr störend empfunden. Es ist auch nur natürlich, dass sich
innerhalb einer größeren Gruppe, die eine gemeinsame Reise auf relativ engem Raum
unternimmt, Kleingruppen bilden und Sympathien und Antipathien sich entwickeln.
Diese Unsicherheit über das Vorliegen eines Reisemangels geht wiederum zu Lasten
der beweispflichtigen Kläger.
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6.
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Da ein Mangel der Reiseleistung der Beklagten nach der Überzeugung des Gerichts
nicht vorliegt, sind Schadensersatzansprüche wegen vertaner Urlaubszeit oder wegen
zusätzlich infolge des Reiseabbruchs entstandener Kosten nicht gegeben.
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7.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Streitwert: 1534,-- DM
40