Urteil des AG Düsseldorf vom 21.10.2008

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Amtsgericht Düsseldorf, 40 C 3978/08
Datum:
21.10.2008
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
40 C 3978/08
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 16.09.2008
durch den Richter am Amtsgericht X
für Recht erkannt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 578,18 EUR nebst Zinsen in
Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
01.06.2007
zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche
Anwalts-
kosten in Höhe von 40,95 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
T a t b e s t a n d :
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist – mit Ausnahme des Zinsanspruchs für einen Tag – begründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht auf
Ausgleich des restlichen Mietschadens in Höhe von 578,18 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 1,
3 PflVersG, 398 BGB.
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Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der Versicherungsnehmer der
Beklagten am 17.04.2007 gegen 11:59 Uhr auf der X-Straße in XX einen
Verkehrsunfall verursachte, welcher dem Grunde nach zu einer
einhundertprozentigen Haftung der Beklagten als Pflichtversicherer des
Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen XX-XX XXXX führte.
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Zwischen den Parteien steht ferner außer Streit, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist,
d.h. die infolge des Unfallgeschehens entstandenen Mietwagenkosten durch den
Geschädigten wirksam an die Klägerin abgetreten wurden. Die war nicht aufgrund §
134 BGB i.V.m. § 1 RBerG unwirksam.
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Die Klageforderung liegt die Rechnung der Klägerin vom 10.05.2007 zugrunde. Mit
dieser wurden berechnet:
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7 Tage Standardtarif á 109,00 EUR 763,00 EUR
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7 Tage Kasko á 19,00 EUR 133,00 EUR
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Zustellung 26,00 EUR
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Netto 922,00 EUR
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19%MWSt 175,18 EUR
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_______________
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Endbetrag 1.097,18 EUR
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Auf diesen Betrag zahlte die Beklagte unstreitig insgesamt 519,00 EUR. Die
Differenz bildet die Klageforderung von
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578,18 EUR.
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Der durch das Verkehrsunfallgeschehen geschädigte Zedent war nicht
vorsteuerabzugsberechtigt.
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Die Beklagte beruft sich darauf, dass die Erstattung von sog. Unfallersatztarifen nicht
in Betracht komme, da es sich bei diesen nicht um erforderliche Kosten im Sinne des
§ 249 S. 1 BGB handle. Auch sei ein pauschaler Aufschlag auf den sog. Normaltarif
von bis zu 25 % nicht zulässig. Die Heranziehung der Liste Eurotax/Schwacke 2006
sei zur Ermittlung des Normaltarifs als Grundlage einer richterlichen
Schadensschätzung nach § 287 nicht zulässig, da der Schwacke-Mietspiegel nicht
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als zuverlässige Information über die tatsächlichen Marktverhältnisse angesehen
werden könne.
Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.
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Die Klägerin verlangt aus abgetretenem Recht nicht die Erstattung eines
sogenannten Unfallersatztarifs, worauf sie mehrfach hingewiesen hat. Sie rechnet
vorliegend einen sogenannten Standard- oder Normaltarif ab. Auf die in
Rechtssprechung und Literatur kontrovers diskutierte Problematik zur Abrechnung
sog. Unfallersatztarife kommt es daher im vorliegenden Fall nicht an.
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Was die Höhe des Normaltarifs anbelangt, trägt die Klägerin unwidersprochen vor,
dass die tatsächlich erfolgte Abrechnung der Mietwagenkosten unter derjenigen
liegt, die nach dem Mietwagenspiegel der Schwackeliste für die Postleitzahl XXX..
ersichtlich sei. Insoweit berechne sich unter Berücksichtigung von Versicherungs-
und Zustellungskosten ein Betrag von insgesamt 1.101,84 EUR. Für weitere
Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 31.07.2008, Seite 2, Bezug
genommen.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten bildet der "Schwacke-Automietpreis-Spiegel
2006" für die Ermittlung des unzweifelhaft erstattungsfähigen "Normaltarifs" eine
zureichende Schätzungsgrundlage (§ 287 ZPO). Für den "Schwacke-
Mietpreisspiegel 2003" hat dies der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom
24.06.2008 (VI ZR 234/07) ausdrücklich anerkannt. Das Landgericht Düsseldorf hat
in seiner Entscheidung vom 08.02.2008 (20 S 190/06) zum "Schwacke-
Mietpreisspiegel 2006" ausgeführt:
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"Die Bedenken der Beklagten gegen den Schwacke-Automietpreis-Spiegel
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2006, dieser enthalte enorme Preissteigerungen, die auf unredliches
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Verhalten der Mietwagenunternehmen zurückzuführen seien, teilt die
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Kammer nicht. Im Hinblick auf die Stellungnahme der Erotax Schwacke
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GmbH vom 14.03.2007 zur Vorgehensweise bei der Ermittlung der im
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Spiegel anhand der Vorgaben des Bundeskartellamts ausgewerteten
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Preise sieht die Kammer – wie auch das LG Bonn (vgl. NZV 2007, 362)
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- keine Anhaltspunkte dafür, dass sich im Mietpreisspiegel enthaltene
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Preisänderungen nicht an der tatsächlichen Marktentwicklung orientieren."
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Das Gericht sieht vorliegend keine zureichenden Gründe, von der zitierten
Rechtsprechung des hiesigen Berufungsgerichts abzuweichen. Der Hinweis der
Beklagten, dass andere Studien renommierter Institute abweichende Marktpreise
ermittelt hätten, ist unzureichend. Einwendungen gegen die Grundlagen der
Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall
bezogen sind (BGH a.a.O.). Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen,
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die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können, nur dann der Klärung,
wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass die geltend gemachten Mängel
der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auch auf den zu entscheidenden Fall
ausgewirkt haben (BGH a.a.O.). Die allgemeine Bezugnahme auf eine abweichend
Studie reicht insoweit nicht aus, zumal die Klägerin unwidersprochen vorgetragen
hat, dass die im Vorfeld des Mietvertragsabschlusses vorgenommene Ermittlung von
Vergleichsmieten gezeigt habe, dass der Tarif der Klägerin im konkreten Fall auch
tatsächlich der kostengünstigste, verfügbare Tarif gewesen sei.
Da der mit der Klage geltend gemachte restliche Rechnungsbetrag unter dem in der
"Schwacke-Automietpreis-Spiegel 2006" ausgewiesenen Preis für ein
vergleichbares Fahrzeug der Klasse 5 im Postleitzahlgebiet XXX... lag, sind diese
Kosten zu erstatten.
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Im Einzelnen:
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Die Klägerin ist nicht auf die Kosten einer Anmietung für eine Woche anstelle von
sieben Tagen zu beschränken. Insoweit ist, übereinstimmend mit der vorzitierten
Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf, grundsätzlich davon auszugehen, dass
der Geschädigte bei einer absehbar mehrtägigen Mietdauer schon aufgrund seiner
Schadensminderungspflicht gehalten ist, günstigere Wochen- oder
Mehrtagspauschalen in Anspruch zu nehmen. Vorliegend ist in dem
Schadensgutachten XXX vom 20.04.2007 die Reparaturdauer mit ca. 5-6
Arbeitstagen ausgewiesen. Die Inanspruchnahme eines Wochentarifs kam daher,
aus der maßgeblichen Sicht "ex-ante", für den Geschädigten nicht in Betracht. Das
andere, kostengünstigere Mehrtagestarife im konkreten Fall verfügbar waren, ist nicht
vorgetragen.
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Da die Klägerin die Kosten für einen Mietwagen einer günstigeren Mietwagengruppe
(Gruppe 5) im Vergleich zum geschädigten Kraftfahrzeug (Gruppe 6) geltend macht,
muss sie sich keinen Abzug für ersparte Eigenaufwendungen anrechnen lassen.
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Die Klägerin hat auch zu Recht das Postleitzahlgebiet XXX ... zugrunde gelegt, da
das Mietfahrzeug in diesem Gebiet unstreitig übergeben worden ist.
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Die abgerechneten Zustellungskosten waren gleichfalls erforderlich. Erhebliche
Einwendungen werden von der Beklagten insoweit nicht erhoben.
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Erstattungsfähig sind auch die Kosten der Kaskoversicherung. Unabhängig davon,
ob das bei dem Verkehrsunfalle beschädigte Fahrzeug ebenfalls voll- oder
teilkaskoversichert war. besteht jedenfalls grundsätzlich ein schutzwürdiges
Interesse des Geschädigten für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des
Mietfahrzeuges nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel
neuer und damit hochwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (vgl. BGH NJW
2005, 1041).
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Die Klage war daher in der Hauptsache begründet.
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Der Zinsanspruch der Klägerin folgt aus §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin hatte die
Beklagte unter Fristsetzung zum 31.05.2007 zur Zahlung aufgefordert. Die Beklagte
befand sich daher seit dem 01.06.2008 in Verzug.
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Die Klägerin hat ferner Anspruch auf Erstattung ihrer außergerichtlichen
Anwaltskosten in Höhe von 40,95 EUR gem. §§ 286, 249 BGB. Verzug der
Beklagten ist bereits vor der Einschaltung der späteren Prozessbevollmächtigten der
Klägerin eingetreten (s.o.). Diese haben mit Schriftsatz vom 31.07.2008 letztmalig zur
Zahlung aufgefordert. Die von der Klägerin berechneten außergerichtlichen Kosten
sind korrekt (Bl. 22 d.GA).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollsteckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Die Berufung wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO
liegen nicht vor.
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Streitwert: 578,18 EUR.
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