Urteil des AG Düsseldorf vom 07.07.2008
AG Düsseldorf: versammlung, installation, tagesordnung, einberufung, einbau, obsiegen, geschäftsjahr, auflage, voraussehbarkeit, beratung
Amtsgericht Düsseldorf, 291 II 98/07 WEG
Datum:
07.07.2008
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richterin
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
291 II 98/07 WEG
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
durch die Richterin am Amtsgericht X
am 07.07.2008
b e s c h l o s s e n:
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom
24.05.2007 zum Tagesordnungspunkt 7.1 und 7.2 wird für
ungültig erklärt.
Die Gerichtskosten des Verfahrens trägt die weitere Beteiligte.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird nicht angeord-
net.
Der Geschäftswert wird auf 3.000,-- Euro festgesetzt.
G r ü n d e:
1
I.
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Die Beteiligten bilden die eingangs bezeichnete Wohnungseigentümergemeinschaft,
deren Verwalterin die weitere Beteiligte ist.
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Mit Schreiben vom 09.05.2007 berief die Verwalterin eine
Wohnungseigentümerversammlung für den 24.05.2007 ein. In der dem
Einladungsschreiben beigefügten Tagesordnung ist der Tagesordnungspunkt 7
bezeichnet mit: "Beschluss über Reparaturen und Neuanschaffungen im Geschäftsjahr
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2007".
In der Eigentümerversammlung ließen sich die Antragstellerinnen vertreten, insgesamt
waren 9118/1000 Miteigentumsanteile durch anwesende Miteigentümer oder durch
Vollmacht vertreten.
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Im Protokoll der Versammlung heißt es zu TOP 7.:
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"...
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Reparaturen 2007
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1. Reparaturen Heizungs- und Wasserleitung
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26 Ja-Stimmen 3 Enthaltungen
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2. Sprech- und Klingelanlage mit Videokameras im Haustür- und Tiefgaragenbereich
sowie die Installation für jede Wohnung geht zu lasten der Eigentümergemeinschaft.
Einbau eines Sprechgerätes mit Monitor oder zum Einbau eines Standardgerätes ohne
Monitor trägt jeder Eigentümer selbst.
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26 Ja-Stimmen 3 Enthaltungen.
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..."
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In der Eigentümerversammlung vom 17.03.2008 beschloss die Versammlung zu TOP 2,
vor der Sanierung der Rohrleitungssystems einen Sachverständigen mit der Erstellung
eines Sanierungsprogramms zu beauftragen und erst in einer weiteren Versammlung
über das weitere Vorgehen zu beschliessen.
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Die Antragstellerinnen machen geltend, sie hätten anhand der Bezeichnung des
Tagesordnungspunktes für die Versammlung vom 24.05.2007 nicht ableiten können,
über was denn abgestimmt werden sollte. Der Beschluss zu TOP 7.2 sei zudem so
ungenau, dass man sich darunter nichts vorstellen könne. Die Installation einer
Videoanlage verstoße gegen das allgemeine, verfassungsrechtlich geschützte
Persönlichkeitsrecht.
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Die Antragstellerinnen beantragen sinngemäß,
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wie erkannt.
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Die Antragsgegner beantragen,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Der Beschluss zur Klingelanlage sei gültig, da es sich nicht um eine Anlage mit
Aufzeichnungsfunktion handele und jeder Sondereigentümer selbst entscheiden könne,
ob er eine Videoanlage haben wolle oder nicht. Sowohl bei der Klingelanlage als auch
bei der Steigleitungsreparatur handele es sich um einfach gelagerte Sachverhalte, so
dass die Ladung zur Versammlung vom 24.05.2007 ausreichend bestimmt gewesen sei.
Der Beschluss zu Thema Heizung und Wasserleitung sei durch den in der
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Wohnungseigentümerversammlung vom 17.03.2008 zu TOP 2 gefassten Beschluss
überholt, die Videoanlage solle nicht mehr installiert werden.
II.
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Die Anfechtungsanträge haben Erfolg.
22
1.
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Ungeachtet der Frage, ob die Beschlüsse inhaltlich den Grundsätzen ordnungsgemäßer
Verwaltung entsprechen, sind sie schon deshalb für ungültig zu erklären, weil sie mit
einem Ladungsmangel behaftet sind. Der Gegenstand der Beschlussfassung war bei
der Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung nicht hinreichend im Sinne des
§ 23 Abs. 2 WEG bezeichnet.
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Sinn und Zwecke des § 23 Abs. 2 WEG ist es, die Wohnungseigentümer vor
überraschenden Entscheidungen zu schützen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich
anhand von Tagesordnungspunkten auf die Beratung und Beschlussfassung in der
Eigentümerversammlung vorzubereiten. Zudem soll der einzelne Wohnungseigentümer
die Möglichkeit erhalten, zu entscheiden, ob seine Teilnahme an der Versammlung
veranlasst ist. Aus diesem Informationsbedürfnis des einzelnen Eigentümers ergibt sich,
dass der Beschlussgegenstand umso genauer zu bezeichnen ist, je größer seine
Bedeutung und je geringer der Wissenstand des einzelnen Eigentümers ist (OLG Köln,
ZMR 2003, 121; Bärmann/Pick/Merle, 9. Auflage, § 23 Rn. 79). Wenn auch nicht alle
Einzelheiten des Beschlussgegenstandes in der Tagesordnung angegeben werden
können und müssen (BayObLG WuM 1985, 100), so ist doch ein solches Maß an
Erkennbarkeit und Voraussehbarkeit erforderlich, dass sich der einzelne
Wohnungseigentümer über die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Folgen und
Konsequenzen einer vorgesehenen Maßnahme klar werden kann.
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Hier war der Tagesordnungspunkt "Beschluss über Reparaturen und
Neuanschaffungen im Geschäftsjahr 2007" nicht geeignet, das Informationsinteresse
der Eigentümer zufrieden zu stellen. Die gefassten Beschlüsse behandeln Themen mit
nicht unerheblichem Gewicht : die Frage der Zulässigkeit der Installation der
Videoanlage lässt sich kontrovers diskutieren während die Reparatur des
Leitungssystems allein wegen ihrer finanziellen Größenordnung von nicht
unerheblichem Gewicht ist. Dass die Entscheidungen zu diesen Maßnahmen nicht
einfach gelagert sind, lässt sich zudem daraus ableiten, dass die gefassten Beschlüsse
nun nicht mehr bzw. nicht mehr so umgesetzt werden sollen.
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Der Mangel der Tagesordnung wurde durch die Beschlussfassung schon deswegen
nicht geheilt, weil an der Versammlung nicht alle Eigentümer teilgenommen haben (vgl.
hierzu Bärmann/Pick/Merle, § 23 Rn. 89).
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Eine Ungültigkeitserklärung hinsichtlich des zu TOP 7.2 gefassten Beschlusses ist auch
nicht deshalb obsolet, weil ein ersetzender Beschluss in der Versammlung vom
17.03.2008 gefaßt wurde. Der Beschluss aus der Versammlung vom 17.03.2008 hebt
den streitgegenständlichen Beschluss (dessen genauen Regelungsinhalt sich aus dem
Protokoll nicht entnehmen lässt) nicht auf oder ersetzt diesen, sondern hat zunächst nur
die Einschaltung eines Sachverständigen zum Inhalt.
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2.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Es entspricht billigem Ermessen, die
Gerichtskosten des Verfahrens der weiteren Beteiligten, der Verwalterin, aufzuerlegen.
Zwar wäre mit Rücksicht auf das Obsiegen der Antragstellerinnen an sich die
Antragsgegner mit den gerichtlichen Kosten zu belasten. Das Obsiegen der
Antragstellerinnen beruht jedoch auf Umständen, die die weitere Beteiligte zu vertreten
hat, da sie durch ihre fehlerhafte Einberufung der Eigentümerversammlung das
Unterliegen der Antragsgegner im Anfechtungsverfahren schuldhaft verursacht hat.
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Umstände, die eine Überbürdung der außergerichtlichen Kosten der einen auf die
andere Beteiliigtenseite gerechtfertigt erscheinen lassen, sind nicht zu Tage getreten.
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