Urteil des AG Düsseldorf vom 31.03.1994
AG Düsseldorf (kläger, zpo, sicherung, höhe, interesse, gefahr, zwangsvollstreckung, familie, grenze, vorläufig)
Amtsgericht Düsseldorf, 44 C 19319/93
Datum:
31.03.1994
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richterin
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
44 C 19319/93
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 9. März 1994
durch die Richterin am Amtsgericht X
für R e c h t erkannt:
Es wird festgestellt, dass die Abtretungserklärung vom
19. Oktober 1990 zur Sicherung des Kredits vom 22. Oktober
1990 seit Juni 1993 insoweit unwirksam ist, als sie Beträge
unterhalb der pfändungsfreien Grenze des § 850 f ZPO betrifft.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von
500,00 DM abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in
gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
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Der Kläger hat bei der Kundenkreditbank am 22. Oktober 1990 einen Kredit
aufgenommen und dafür eine Abtretungserklärung unterschrieben. Die Beklagte ist die
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Rechtsnachfolgerin der Kundenkreditbank.
Der Kläger ist der Ansicht, die Abtretungserklärung sei unwirksam, weil sie keine
Höchstbegrenzung der Sicherung vorsieht und damit zu einer Übersicherung führen
kann. Außerdem komme ihm ein Abtretungsschutz in analoger Anwendung des § 850 f
ZPO zu, da sich der Sozialhilfebedarf für ihn und seine 5-köpfige Familie auf insgesamt
5.700,62 DM beläuft.
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Der Kläger beantragt,
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festzustellen, dass die Abtretungserklärung vom 19.Oktober 1990
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zur Sicherung des Kredits vom 22. Oktober 1990 seit Juni 1993
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in Höhe von 5.700,00 DM monatlich unwirksam ist,
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hilfsweise,
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den Rechtsstreit an das zuständige Vollstreckungsgericht zu
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verweisen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte rügt die Unzuständigkeit des Gerichts. Sie ist der Ansicht, das
Vollstreckungsgericht sei zuständig. Sie habe bereits vorprozessual nicht bestritten,
dass sie die Anwendbarkeit des § 850 Abs. 1 f ZPO auf die Lohnabtretung bestreiten
wolle. Sie wolle nochmals darauf hinweisen, dass die Ermessensentscheidung des
zuständigen Vollsteckungsgerichts nach § 850 f ZPO nach wie vor nicht in Abrede
gestellt werde.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist zulässig. Der Feststellungsklage fehlt nicht das Rechtsschutzinteresse.
Das Feststellungsinteresse für Klagen im Erkenntnisverfahren ist weit zu fassen. Es ist
nur dann nicht gegeben, wenn der Klageanspruch auch im Wege der Leistungsklage
verfolgt werden kann oder wenn es sich nur um die Feststellung von Rechtsfragen
handelt. Dagegen ist das Interesse gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage des
Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und wenn das erstrebte Urteil
geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen.
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Dieses Interesse ist bei dem Kläger gegeben. Es gehört zur Lebensplanung des
Klägers, dass er genau weiß, mit welchen "unpfändbaren" Beträgen er für sich und
seine Familie beim Lebensunterhalt rechnen kann. Ihm kann nicht zugemutet werden
abzuwarten, ob die Beklagte sich bei einer eventuellen Zwangsvollstreckung an die in §
850 f ZPO gezogenen Grenzen hält oder nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der
Beklagten schon ein Vollstreckungstitel vorliegt oder nicht. Der Klageantrag des Klägers
ist dahingehend auszulegen, dass es ihm darauf ankommt, dass die jeweils gültigen
Pfändungsgrenzen nach dem Bundessozialhilfegesetz eingehalten werden, also hier
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zur Zeit die 5.700,00 DM. Deshalb ist auf die Sätze des Bundessozialhilfegesetzes
abzustellen. Dem Kläger ist es ein Leichtes, den jeweiligen Bewilligungsbescheid im
Hinblick auf die Abtretung vorzulegen. Im übrigen ist für Feststellungsklagen generell
das Erkenntnisverfahren vorgesehen, do dass es nicht darauf ankommt, welche
Rechtsbehelfe der Kläger bei einer eventuellen Zwangsvollstreckung noch haben
könnte. Weil das Prozessgericht zur Entscheidung über Feststellungsklagen berufen ist,
ist das Amtsgericht Düsseldorf auch hier zuständig.
Der Klageantrag ist begründet. Nach § 400 BGB können unpfändbare Forderungen
nicht abgetreten werden. Dies gilt auch für Vorausabtretungen. Unpfändbar ist eine
Gehaltsforderung, die die in § 850 f ZPO in der Fassung vom 1. April 1992 gezogenen
Grenzen nicht beachtet. Die Pfändungsgrenze ist nach der neuen Fassung des
Gesetzes immer unter Berücksichtigung des Bundessozialhilfegesetzes zu ziehen.
Nach diesem Gesetz beträgt der derzeitige unpfändbare Teil des Unterhalts 5.700,62
DM für den Kläger. Dass der Kläger nicht die Beachtung der Pfändungsgrenze für die
Vergangenheit verlangt, sondern erst vom Juni 1993 an, macht seinen
Feststellungsantrag nicht unbegründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollsteckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.
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