Urteil des AG Düsseldorf vom 31.08.2006

AG Düsseldorf: ampel, kreuzung, wagen, verkehrsinsel, fahrbahn, verkehrsunfall, anwaltskosten, nacht, akte, fahrverbot

Amtsgericht Düsseldorf, 27 C 6072/06
Datum:
31.08.2006
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 C 6072/06
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
auf die mündliche Verhandlung vom 27. 07. 2006
durch den Richter am Amtsgericht X
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden,
es sei denn die Beklagte leistet vor der Vollstreckung selbst Sicherheit in
der Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand:
1
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz in der Vollkaskoversicherung für
den ihm aus einem Verkehrsunfall entstandenen Fahrzeugschaden in Anspruch. Die
Beklagte verweigert ihm diesen wegen ihrer Ansicht nach vorliegender grober
Fahrlässigkeit des Klägers bei der Herbeiführung des Unfalls. Weiter macht der Kläger
mit der Klage die ihm zur Durchsetzung dieses Anspruchs erwachsenen
vorgerichtlichen Anwaltskosten geltend.
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Der Kläger ist Eigentümer des Pkw Mercedes X, Typ X, amtliches Kenn-zeichen XX-XX
XXX. Er schloss für dieses Fahrzeug bei der Beklagten eine Vollkaskoversicherung
unter der Versicherungsschein-Nr. XXX mit einer Selbstbeteiligung von 500,00 € ab.
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Am 24.4.2005 gegen 0:20 Uhr verursachte der Kläger mit dem vorgezeichneten
Fahrzeug einen Verkehrsunfall. Er befuhr die Straße X in X aus Richtung Flughafen
kommend in Fahrtrichtung X. Er wollte die Kreuzung X/Xstraße in gerader Richtung
überqueren und geradeaus auf die A 44 in Fahrtrichtung X auffahren. Die Kreuzung
X/Xstraße ist mit einer Lichtzeichenanlage versehen. Als der Kläger in die Kreuzung
einfuhr zeigten die für den Geradeausverkehr und damit für die Fahrtrichtung des
Klägers maßgeblichen Ampeln Rot. Als der Kläger erkannte, dass für seine
Fahrtrichtung Rotlicht galt, bremste er - nach seinem Vortrag - sein Fahrzeug voll ab,
rutschte aber in den Kreuzungsbereich hinein. Im Kreuzungsbereich kollidierte er mit
dem im Querverkehr von links auf der Xstraße kommenden, von Frau X geführten Pkw
Mercedes mit dem amtlichen Kennzeichen X-XX XXXX. Frau X stand zuvor auf der
Xstraße bei Rotlicht der für sie maßgeblichen Ampel vor der Kreuzung. Sie war nach
Umschlagen der Ampel auf Grün in den Kreuzungsbereiches eingefahren. Der Kläger
stieß mit der linken Vorderfront seines Pkw gegen die rechte hintere Seite des Pkw von
Frau X. Der Wagen von Frau X wurde herumgeschleudert. Er stand bei Eintreffen der
Polizei entgegen der ursprünglichen Fahrtrichtung.
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Der Wagen des Klägers hatte zum Zeitpunkt des Unfalls eine Laufleistung von etwa
12.000 km. Die Airbags im Wagen des Klägers wurden bei dem Unfall nicht ausgelöst.
Der Wagen des Klägers erlitt bei dem Unfall Kratzer an der vorderen Plastikstoßstange
und an den beiden linken Frontscheinwerfern sowie einen leichten Blechschaden an
der Kühlerhaube. Nach einem von ihm eingeholten Reparaturkostenvoranschlag der
Mercedes-Benz Niederlassung Rhein-Ruhr der DaimlerChrysler AG in X waren die
Kühlerverkleidung, die Motorhaube, die linke vordere Leuchteinheit sowie der komplette
vordere Stoßfänger zu ersetzen. Die Reparaturkostenkalkulation endete mit einem
Gesamtbetrag von 2451,06 € netto.
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Wegen des Verkehrsunfalls war gegen den Kläger ein Ordnungswidrigkeiten-verfahren
anhängig. Die Stadt X setzte mit Bußgeldbescheid vom 9.5.2005 gegen den Kläger eine
Geldbuße von 125,00 € sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat fest. Der
Kläger legte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein. Mit Urteil vom 9.11.2005
verhängte das Amtsgericht X gegen den Kläger wegen fahrlässiger Nichtbefolgung
eines Wechsellichtzeichens mit Unfallfolge eine Geldbuße von 250,00 €. Von der
Verhängung eines Fahrverbots sah der Strafrichter ab.
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Die Straßen- und Lichtzeichensituation stellte sich für den Kläger an der Kreuzung
Xstraße / X wie folgt dar:
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Die vom Kläger befahrene Straße X verfügte in Fahrtrichtung des Klägers zunächst über
drei Fahrspuren. Vor der Kreuzung X / Xstraße eröffnen sich zunächst links zwei weitere
Fahrspuren als Linksabbiegerspuren nach links in die Xstraße. Kurz danach eröffnet
sich eine Abbiegespur nach rechts für den Rechtsabiegerverkehr in die Xstraße. Die
Rechtsabbiegerspur wird vor Erreichen der Xstraße von den anderen Fahrspuren der
Straße X durch eine Verkehrsinsel getrennt. Die Straßenführung entspricht der vom
Kläger mit Schriftsatz vom 4.8.2006 zur Akte gereichten Handskizze, zu der die Beklagte
noch keine Stellung nehmen konnte. Der Kläger befuhr die mittlere der drei Fahrspuren
für den Geradeausverkehr.
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Vor der kreuzenden Xstraße befinden sich aus Sicht des Klägers acht Ampeln, wobei
die Parteien die äußerste rechte Ampel, die sich auf der rechten Seite rechts neben der
durch die Verkehrsinsel abgetrennten Rechtsabbiegerspur befindet, nicht erwähnen.
Die Ampel hat auf die Entscheidung des Rechtsstreits keinen Einfluss. Nach dem
Vortrag der Parteien unter Einbeziehung der vom Kläger mit dem Schriftsatz vom
4.8.2006 zur Akte gereichten Lichtbilder fuhr der Kläger auf folgende vor der Kreuzung
mit der Xstraße befindlichen Ampeln zu: Ganz links neben der linken Linksabbiegerspur
befindet sich auf einem Ampelmast in üblicher Höhe eine für den Linksabbiegerverkehr
in die Xstraße maßgebliche Ampel. Es folgen vier hoch über der Straße angebrachte
Ampeln. Die beiden linken Ampeln, die über der linken und rechten Linksabbiegerspur
angebracht sind, sind für den Linksabbiegerverkehr maßgeblich. Die beiden rechten
dieser vier hoch über der Straße angebrachten Ampeln sind über der linken und
mittleren Fahrspur für den Geradeausverkehr angebracht. Sie sind für den
Geradeausverkehr maßgeblich. Die nächste Ampel - von links nach rechts gesehen die
6-te Ampel - befindet sich auf einem Ampelmast in üblicher Höhe auf der Verkehrsinsel
neben der rechten Geradeausfahrspur. In unmittelbarer Nähe dieser Ampel befindet sich
etwa 1 bis 2 m schräg davor ebenfalls auf der Verkehrsinsel eine weitere Ampel - von
links nach rechts gesehen die 7-te Ampel - . Diese gilt für den Rechtsabiegerverkehr
und ist die Ampel, die den Kläger nach seinem - unten folgenden - Vortrag irritiert haben
soll. Nach rechts folgt rechts neben der Rechtsabbiegerspur auf einem Ampelmast in
üblicher Höhe die 8. Ampel, die ebenfalls für den Rechtsabiegerverkehr gilt und die die
Parteien im vorliegenden Rechtsstreit nicht erwähnen.
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Die insgesamt sechs Ampeln für den Linksabbiegerverkehr und für den
Geradeausverkehr schalteten bei Annäherung des Klägers an die Kreuzung gleichzeitig
auf Rot. Die für den Rechtsabbiegerverkehr maßgeblichen beiden rechten Ampeln
schalteten zeitversetzt, etwa 7 Sekunden später, auf Rot.
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Der Kläger trägt vor, er habe aus einiger Entfernung gesehen, dass eine Ampel grünes
Licht zeigte. Aufgrund der Entfernung und der am Unfallort herrschenden Dunkelheit
habe er nicht erkannt, dass diese Grünlicht zeigende Ampel für den
Rechtsabiegerverkehr galt. Im letzten Moment vor dem Einfahren in den
Kreuzungsbereich habe er gesehen, dass neben der vorerwähnten, Grünlicht zeigende
Ampel eine für seine Fahrtrichtung Rotlicht zeigende Ampel existierte. Als er dies
erkannt habe, habe er sein Fahrzeug voll abgebremst, sei allerdings in den
Kreuzungsbereich hineingerutscht, in dem der Querverkehr bereits angefahren war
(Klageschrift 24.4.2006, Bl. 6 unten / Bl. 7 oben). Er sei nicht grob fahrlässig,
gedankenlos oder gar das für ihn maßgebliche Rotlicht vorsätzlich missachtend in den
Kreuzungsbereich hineingefahren, sondern aufgrund der Irritationen der
unterschiedlichen Farben der von ihm erkennbaren Lichtzeichenanlagen leicht
fahrlässig. Er habe die Lichtzeichenanlage von weitem gesehen, jedoch die
unterschiedlichen Farben für die unterschiedlichen Fahrtrichtungen falsch interpretiert,
wobei er durch die links neben ihm befindlichen Linksabbiegerspur irritiert gewesen sei
und sofort bei Erkennen der für seine Fahrtrichtungen vorgesehenen Rotlicht zeigenden
Lichtzeichenanlage die Vollbremsung eingeleitet habe (Klageschrift 24.4.2006, Bl. 8).
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Durch die unterschiedlichen Farben der Lichtzeichenanlage in seiner Blickrichtung sei
er irritiert gewesen. Er sei auf Grund seiner Irritation zunächst davon ausgegangen,
Grünlicht zu haben und habe das für ihn maßgebliche Rotlicht zu spät erkannt
(Schriftsatz des Klägers vom 11.7.2006, Bl. 7). Zwar habe er nach dem Unfall den den
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Unfall aufnehmenden Polizeibeamten gegenüber angegeben, durch die große
Lichtzeichenanlage irritiert gewesen zu sein und zwar durch die Lichtzeichenanlage für
die Linksabbiegerspur. Nach späterer Einsicht der Unfallörtlichkeit und Überlegung, wie
es dazu habe kommen können, dass er durch die Lichtzeichenanlage irritiert gewesen
sei, habe er festgestellt, dass er nicht durch die für die Linksabbieger maßgebliche
Lichtzeichenanlage, sondern durch die Lichtzeichenanlage der Rechtsabbieger
abgelenkt gewesen sei (Schriftsatz des Klägers vom 14.7.2006, Bl. 59 / 60). Gerade weil
die für die Rechtsabbiegerspur maßgebliche Lichtzeichenanlage sich in nahezu
unmittelbarer Nähe der rechten Lichtzeichenanlage für die Rechte geradeaus Spur
befindet und diese Lichtzeichenanlage für etwa 7 Sekunden Grünlicht zeigte, sei der
Kläger durch dieses Grünlicht für die Rechtsabbiegerspur hinsichtlich der für ihn
verbindlichen Lichtzeichenanlage irritiert gewesen (Schriftsatz des Klägers vom
4.8.2006, Bl. 2). Er habe den den Unfall aufnehmenden Polizeibeamten gegenüber nicht
angegeben, er sei vom Grünlicht der Linksabbiegerspur abgelenkt gewesen. Vielmehr
habe er den Polizeibeamten gegenüber erklärt, er sei durch die Linksabbiegerspur
abgelenkt gewesen und zwar deshalb, weil sich auf der linken der beiden
Linksabbiegerspuren ein Fahrzeug befunden habe, welches er kurz angesehen habe.
Als er dann wieder auf die Geradeausspuren gesehen habe, habe er ganz rechts die
Grünlicht zeigende Lichtzeichenanlage der Rechtsabbiegerspur gesehen. Da sich diese
in unmittelbarer Nähe der für den rechten Geradeausstreifen befindlichen
Lichtzeichenanlage in gleicher Höhe befand, sei er durch das Grünlicht irritiert gewesen
(Schriftsatz des Klägers vom 4.8.2006, Bl. 3/4). Das Einfahren in die Kreuzung stelle ein
Augenblicksversagen dar. Dass er noch vor dem Kreuzungsbereich eine Vollbremsung
durchgeführt habe, zeigten die leichten Schäden an seinem Fahrzeug und der Umstand,
dass die Airbags in seinem Wagen nicht ausgelöst worden sind.
Der Kläger ist der Ansicht, er habe Anspruch auf Ersatz seines Schadens entsprechend
der von ihm eingeholten Reparaturkalkulation der Fachwerkstatt abzüglich des
Selbstbehaltes (2.642,70 € - 500,00 €) = 2.142,70 €. Zuzüglich habe ihm die Beklagte
seine vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 144,59 € zu ersetzen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2142,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozentpunkten hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 25.1.2006 zuzüglich
vorgerichtlicher Kosten in Höhe von 144,59 € zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Klage abzuweisen,
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hilfsweise ihr nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheits-leistung,
auch durch Bank- oder Sparkassenbürgschaft, abzuwenden.
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Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe bei Dunkelheit einem Irrtum in Hinblick auf die
für ihn geltende Ampelschaltung nicht unterliegen können. Er habe in gerader Linie vor
sich Rotlicht erkannt. Dies sei mit dem etwa für die Rechtsabbiegerspur geltenden
Grünlicht schlechterdings nicht zu verwechseln gewesen. Die Sperrung der drei
Geradeausspuren sei durch die Ampelsignale unübersehbar und unverkennbar
gewesen. Der Kläger habe den Verkehrsunfall sowohl objektiv wie subjektiv grob
fahrlässig herbeigeführt. Es bestehe somit Leistungsfreiheit gemäß § 61 VVG.
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Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf ihre bei den Akten befindlichen
Schriftsätze verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Der Kläger hat keinen Schadensersatzanspruch nach § 1 VVG (Versicherungs-
vertragsgesetz), 12,13 AKB (Allgemeine Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung
eines deutschen Kraftfahrtversicherers)
fahrlässig herbeigeführt hat und die Beklagte deshalb zur Leistungsverweigerung nach
§ 61 VVG berechtigt ist.
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Beim Zufahren auf die Kreuzung hatte der Kläger sechs von Gelb- auf Rotlicht
umspringende und sodann Rot zeigende Ampeln vor sich. Lediglich rechts neben der,
von links nach rechts gesehen, 6-ten Ampel befand sich eine Ampel, die länger Grün
anzeigte. In der Umgebung der Kreuzung befindet sich keine Bebauung. Die
Lichtzeichen der Ampeln sind insbesondere in der Dunkelheit äußerst markant.
Konkurrierende Lichtquellen sind nicht vorhanden. Die Lichtzeichen der Ampeln
springen, insbesondere bei Dunkelheit, derart ins Auge, dass sie bereits von weitem
nicht übersehen werden können. Wer die "Armada" von Lichtzeichen, auf die er aus der
Fahrtrichtung des Klägers bei dieser Kreuzung zufährt, nicht in ihrer Komplexität
erkennt, müsste von einem nicht nachvollziehbaren Wahrnehmungsdefizit erfasst sein.
Die Lichtzeichen sind schlechterdings nicht zu übersehen. Auch bei Ablenkung können
Sie nicht übersehen werden. Denn dann müsste ein Fahrzeugführer die Straße X über
die gesamte Länge von der vorausgegangenen Kreuzung an befahren, ohne auch nur
einmal seinen Blick nach vorne in Richtung der Straße zu richten. Bereits ein solches
Verhalten wäre grob fahrlässig.
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Der Kläger kann nicht, wie er zunächst vorgetragen hat, aus einiger Entfernung gesehen
haben, dass eine Ampel grünes Licht zeigte und dann im letzten Moment erkannt haben,
dass neben dieser Grünlicht zeigenden Ampel eine weitere für seine Fahrtrichtung
Rotlicht zeigende Ampel existierte. Wenn er aus einiger Entfernung das Lichtzeichen
der für den Rechtsabiegerverkehr maßgeblichen Ampel gesehen hat, hat er gleichzeitig
das Lichtzeichen der links daneben befindlichen Ampel gesehen. Ein selektiver Blick
auf eine der beiden Ampeln aus einiger Entfernung ist nicht möglich. Empfing der Kläger
von diesen beiden Ampeln als widersprüchlich empfundene Signale, so hätte es nahe
gelegen, dem seiner Fahrspur näheren Lichtzeichen zu folgen und gerade wegen der
empfundenen Widersprüchlichkeit besondere Vorsicht walten zu lassen. Dabei ist
jedoch zu beachten, dass es an vielen Kreuzungen Lichtzeichen für den Verkehr in
unterschiedliche Richtungen gibt. Einen langjährigen Kraftfahrer dürfte eine derartige
Verkehrssituation nicht vor Schwierigkeiten stellen. Fuhr er trotz des seiner Fahrbahn
näheren Rotlichts der linken der beiden Ampeln zunächst ungebremst weiter, so ist
bereits dies grob fahrlässig. Bei der Breite der Fahrbahn, der Weiträumigkeit der
Kreuzung und der beim Zufahren auf die Kreuzung insbesondere bei Dunkelheit nicht
zu übersehenden Kette von Lichtzeichen, die nur kurz beim Zufahren auf die Kreuzung
durch über der Fahrbahn befindliche Hinweisschilder teilweise verdeckt sind, ist es
unmöglich, dass sich der Blick des Klägers auf die beiden rechts auf der Verkehrsinsel
befindlichen Ampeln verengt hat und er die weiteren fünf Lichtzeichen - die 8-te rechts
neben der Rechtsabbiegerspur gelegene Ampel außer Acht lassend - aus seiner
Wahrnehmung ausblenden konnte. Es ist unmöglich bei Nacht aus der Fahrtrichtung
des Klägers auf die Kreuzung zuzufahren und von den insgesamt sieben sofort in den
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Blick springenden Lichtzeichen nur die beiden nahe beieinander gelegenen
Lichtzeichen auf der rechten Verkehrsinsel wahrzunehmen. Angesichts von 6 auf
Rotlicht umspringende und sodann Rot zeigende Ampeln ist eine Irritation durch eine
rechts daneben befindlichen Ampel nicht nachvollziehbar.
Zudem kann einem Kraftfahrer, der auf die Kreuzung aus der Richtung des Klägers
zufährt, auch bei Nacht nicht verborgen bleiben, dass er eine äußerst weiträumigen
Kreuzung vor sich hat. Gerade bei weiträumigen Kreuzungen stellen eigene Fahrspuren
für den Abbiegerverkehr mit eigenen Lichtzeichen keine Besonderheit dar. Zeigen bei
solchen Kreuzungen die äußeren linken oder rechten Lichtzeichen Grün, während die
zur Mitte gelegenen Lichtzeichen Rot zeigen, kann eine Irritation für den
Geradeausverkehr nicht eintreten. Für jeden Kraftfahrer ist ohne besonderes
Nachdenken spontan ableitbar, dass die in der Mitte befindlichen Lichtzeichen für den
Geradeausverkehr gelten.
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Eine Irritation des Klägers lässt sich auch nicht damit begründen, dass er zunächst auf
ein links neben ihm befindliches Fahrzeug geachtet hat. Die Beachtung eines solchen
Fahrzeugs kann nicht dazu führen, dass er über mehrere hundert Meter nicht einmal
seinen Blick auf die vor ihm liegende Fahrbahn gerichtet hat. Hat er nur einmal nach
vorne gesehen, sprang ihm die Kette von Lichtzeichen, auf die er zufuhr, sofort ins Auge.
Um die Kette von Lichtzeichen, auf die er zufuhr, zu übersehen, hätte der Kläger über
mehrere hundert Meter jeden Blick nach vorne vermeiden müssen. Ein solches
Fahrverhalten wäre grob fahrlässig. Dies bedarf keiner näheren Begründung.
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Die subjektive Vorwerfbarkeit der Missachtung der für den Kläger geltenden
Lichtzeichen entfällt nicht dadurch, dass der Kläger in den letzten Sekunden vor dem
Unfall eine Vollbremsung eingeleitet hat und in die Kreuzung nur noch hineingerutscht
ist. Es ist selbstverständlich, dass ein Kraftfahrer den Zusammenstoß mit einem anderen
Wagen, sobald er einen solchen befürchten muss, verhindern will. Wer bei Rot in eine
Kreuzung hinein fährt oder hineinfahren will, hat ganz besonderen Anlass, den
Querverkehr zu beachten.
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Aus dem Urteil im Bußgeldverfahren ergibt sich nicht, dass der Strafrichter allenfalls
eine leichte Form von Fahrlässigkeit angenommen hat. Das Urteil ist schriftlich nicht
begründet. Die Verdoppelung der Geldbuße spricht eher gegen eine solche Annahme.
Das Absehen des Strafrichters von einem Fahrverbot kann nicht im Zivilprozess, in dem
sich zwei Parteien mit konträren wirtschaftlichen Interessen entgegenstehen, zulasten
der Beklagten gehen.
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In der Verhandlung am 27.7.2006 ist keineswegs festgestellt worden, dass sich die
Lichtzeichenanlage am Unfallort unmittelbar hinter einer 90° Kurve befindet und die
vielfältigen Lichtzeichenanlagen Anlass zu Irritationen geben können. Letzteres wurde
erörtert und in Betracht gezogen, aber nicht festgestellt.
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Eine untadelige Lebensführung des Klägers kann im Bußgeldverfahren in die
Entscheidung einfließen. Im Zivilverfahren können damit Ansprüche nicht begründet
oder ausgeschlossen werden.
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Bei der gegebenen Situation ist festzustellen, dass der Kläger mit der Nichtbeachtung
der für ihn maßgeblichen Lichtzeichen die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders
schwerem Maße außer Acht gelassen hat. Die Beklagte kann die Erfüllung des geltend
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gemachten Ersatzanspruches deshalb nach § 61 VVG verweigern.
Infolge der Unbegründetheit des Hauptanspruches ist auch der Nebenanspruch auf
Ersatz der vorgerichtlich entstandenen, nicht auf die Verfahrensgebühr anrechenbaren
Anwaltskosten unbegründet.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 11 ZPO; die
Entscheidung zum Vollstreckungsschutz aus § 711 ZPO.
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Streitwert: 2.142,70 €
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