Urteil des AG Düsseldorf vom 20.11.2003

AG Düsseldorf: einfahrt, gerichtsakte, haus, sachschaden, fahrbahn, wagen, vollstreckung, kollision, beschädigung, auto

Amtsgericht Düsseldorf, 39 C 157/02
Datum:
20.11.2003
Gericht:
Amtsgericht Düsseldorf
Spruchkörper:
Richterin
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
39 C 157/02
Tenor:
hat das Amtsgericht Düsseldorf
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23.10.2003
durch die Richterin X
für R e c h t erkannt:
1.
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin
767,06 €
nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweiligen
Basiszins-
satz seit 7. Dezember 2001 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin und den Beklagten
als Ge-
samtschuldnern zu jeweils 50 % auferlegt.
3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Parteien können jeweils die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
oder
Hinterlegung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages
abwenden,
wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leis-
tet.
T a t b e s t a n d :
Kennzeichen X. Am 22.12.2000 parkte sie ihr Kraftfahrzeug gegen 14.10 Uhr im
Wendeham- mer des Xweges vor den Häusern 18-20 in X. Im Bereich des Weden-
hammers liegt die Einfahrt zu Haus X, einem Altenwohnheim. Im Bereich des
Wendehammers besteht absolutes Halteverbot. Gegen 14.40 Uhr unterrichtete der
Zeuge X, bei dem es sich um den Hausmeister für die Häuser Xweg 14, 16, 18 und 20
handelt, die Klägerin, dass an ihrem Pkw im Bereich der hinteren rechten Seitenwand
sowie im Bereich der oberen Kant der Heckklappe ein Schaden entstan- den sei. Herr X
hatte ca. 10-15 Minuten, nachdem die Klägerin den Pkw verlassen hatte, beobachtet,
wie ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter Lkw der Firma X, geführt von dem
Zeugen uns späteren Beklagten zu 2) X, die Ausfahrt des Hauses X in Fahrtrichtung
Wendehammer befuhr. An dem Pkw der Klägerin entstand ein Sachschaden in Höhe
von 2.737,17 DM. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderte Kosten
in Höhe von 463,30 DM. Mit der Klage verlangt die Klägerin den Ersatz der
erforderlichen Reparatur- und Sach- verständigenkosten sowie eine
Auslagenpauschale in Höhe von 50,00 DM abzüglich einer Wertverbesserung von
250,00 DM. Die Klägerin behauptet, der Fahrer des bei der Beklagten versicherten Lkw
habe bei seiner Anfahrt in das Al- tenwohnheim im Wendehammer rangiert, um
rückwärts in die Einfahrt einzufahren. Hierbei habe er den Sachschaden an dem
Fahrzeug der Klägerin verursacht. Die Klägerin hat zunächst beantragt,
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die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 3.047,00 DM (1.534,12 €) nebst Zin- sen
in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basiszinsdiskontsatz ab Klage-
zustellung zu zahlen.
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Klageerweiternd nimmt sie nunmehr auch den Beklagten zu 2), den zunächst als Zeu-
gen vernommenen Fahrer X in Anspruch und beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 3.047,00 DM
(1.534,12 €) nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem Basis-
zinsdiskontsatz ab Klagezustellung zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behaupten, der Fahrer, d.h. der Beklagte zu 2), sei vorwärts in die Einfahrt des
Altenwohnheims eingefahren, da er aufgrund des im Wendehammerbereich
abgestellten Pkw der Klä- gerin nicht wie üblich habe wenden können. Auf dem
Gelände des Hauses X habe er dann vor seiner Abfahrt gewendet. Im Übringen
vertreten sie die Auffassung, dass die Klägerin jedenfalls ein hälftiges Mit- verschulden
träfe, sofern ein Schaden durch den Lkw verursacht worden wäre, da sie unstreitig im
absoluten Halteverbot parkte. Das Gericht hat Beweis erhoben durch
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Zeugenvernehmung sowie durch Einholung eines schriftlichen
Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweis- aufnahme wird
Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften vom 16.5.2002 (Blatt 70 ff. der
Gerichtsakte) und 4.7.2002 (Blatt 83 ff. der Gerichtsakte) sowie das schriftli- che
Gutachten des Sachverständigen vom 10.4.2003 (Blatt 103 ff. der Gerichtsakte). Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselsei- tigen
Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r
ü n d e :
gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten einen Zah- lungsanspruch in Höhe von
insgesamt 767,06 € aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG, § 3 Nr. 1 und 2 PflVG. 1.
Die grundsätzliche Haftung der Beklagten zu 1) als Versicherer des Fahrzeughalters
ergibt sich aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 und 2 PflVG, diejenige des Beklagten zu 2) als
Fahrer des unfallbeteiligten Fahrzeuges aus § 18 Abs. 1 StVG. Die Schäden sind bei
dem Betrieb des bei der Beklagten zu 1) versicherten und von dem Beklagten zu 2)
gelenkten Lkw entstanden. Die Beklagten konnten den Unabwendbarkeitsbeweis des §
7 Abs. 2 StVG nicht führen. Es ist vielmehr -wie noch auszuführen ist- nicht auszu-
schließen, dass ein besonders sorgfältiger Kraftfahrer anstelle des Beklagten zu 2) den
Unfall bei der gegebenen Sachlage hätte vermeiden können. 2. Auch die Klägerin haftet
jedoch als Halterin und Fahrerin des weiteren unfallbeteiligten Kraftfahrzeuges
grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 1 StVG für die Unfallfolgen. Auch sie hat -wie ebenfalls
noch ausgeführt wird- nicht nachweisen können, dass der Unfall für sie als Fahrerin des
Wagens unabwendbar war.
3. Steht danach die grundsätzliche Haftung beider Parteien fest, so hängt in ihrem Ver-
hältnis zueinander die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie der Umfang des zu
leistenden Ersatzes gemäß § 17 Abs. 1 StVG von den Umständen, insbesondere da-
von ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verur-
sacht worden ist. Für das Maß der Verursachung ist ausschlaggebend, mit welchem
Grad von Wahrscheinlichkeit ein Umstand allgemein geeignet ist, Schäden der vorlie-
genden Art herbeizuführen. Neben der Verursachung ist auch der Grad eines etwaigen
Verschuldens eines Beteiligten bei der Schadensverteilung zu berücksichtigen. Bei der
Abwägung der für den Unfall ursächlichen Umstände können nur die zugestandenen
oder nachgewiesenen Tatsachen berücksichtigt werden. Die Anwendung dieser
Grundsätze führt vorliegend zu einer jeweils hälftigen Haf- tungsverteilung: a) Aufgrund
des Ergebnisses der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass
der Beklagte zu 2) den abgestellten Pkw der Klägerin beim Zurücksetzen mit dem Lkw
beschädigte und somit gegen § 9 Abs. 5 StVO verstoßen hat. Beim Wenden und beim
Rückwärtsfahren muss sich der Fahrzeugführer so verhalten, dass eine Gefährdung
anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderli- chenfalls hat er sich
einweisen zu lassen. Augrund der Zeugenvernehmung und des schriftlichen
Sachverständigengutachtens ist vorliegend davon auszugehen, dass der Beklagte zu 2)
vor der Einfahrt des Hauses X versucht hat, zu wenden, obwohl dieser Vorgang durch
das in der Mitte des Wendehammers abgestellte Fahrzeug der Klägerin stark
eingeschränkt war. Bei die- sem Wendemanöver kam es dann zur Beschädigung des
klägerischen Fahrzeuges. Der Zeuge X hat anlässlich seiner Vernehmung als Zeuge
bekundet, dass er ge- gen 14.00 Uhr im Haus 18 und 20 mit Fensterputzen beschäftigt
war und gesehen ha- be, wie die Klägerin ihren Wagen abstellte. Obwohl er eine freie
Sicht auf das Auto hatte, habe er zunächst keine Schäden an dem Wagen bemerkt.
Kurze Zeit später ha- be er alsdann einen Schaden auf der rechten Fahrzeugseite
bemerkt und in diesem Moment auch gesehen, wie ein Lkw die Einfahrt zum Haus X
vorwärts fahrend verließ. Der Zeuge berichtete des Weiteren, dass der Lkw
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normalerweise immer in den Wendehammer einfahre und dann rückwärts in die Einfahrt
zum Haus X hinein- setze. Dass der Lkw normalerweise rückwärts fahrend in die
Einfahrt zum Haus X hin- eingesetzt wird, bestätigte auch der Beklagte zu 2) anlässlich
seiner Vernehmung (Blatt 85 der Gerichtsakte). Der Zeuge X, bei dem es sich um ein
Kfz-Mechanikermeister handelt, der das private Sachverständigengutachten (Blatt 34 ff.)
für die Beklagte zu 1) erstellt hat, bestätigte zudem anlässlich seiner Vernehmung, dass
die Beschädigungen an dem klägerischen Pkw und dem Heckaufbau des Lkw
kompatibel seien, wie die dies durch die Fotos 17 und 19 (Blatt 50 der Gerichtsakte)
auch belegt wird. Schließlich ist auch der vom Gericht beauftragte Sachverständige X in
seinem Gutachten (Blatt 104 ff. Gerichtsakte) zu dem eindeutigen Ergebnis gelangt,
dass für die Schadenentstehung an dem Klägerfahrzeug eine Kollision mit dem
Heckabschluss des Sattelaufliegers in Betracht kommt. Die Schadenmerkmale stimmen
geometrisch überein, so dass aus technischer Sicht keinerlei Zweifel an der
Kontaktierung des Klä- gerfahrzeugs durch den Sattelauflieger der Beklagtenseite
bestünden. Das Ergebnis des Sachverständigen wird durch die angefertigten Skizzen
(Blatt 128 der Gerichtsak- te) sowie die in der Akte enthaltenen Lichtbilder (Blatt 50 der
Gerichtsakte) nachvoll- ziehbar belegt. Aufgrund der Zeugenaussagen steht die
Fahrzeugbewegung des Lkw in Bezug auf das von der Klägerin abgestellte Fahrzeug in
einem engen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang, so dass es unter Einbeziehung
der kompatiblen Schäden nahezu auszuschließen ist, dass ein anderes Fahrzeug die
Schäden an dem klägeri- schen Pkw verursacht haben könnte. Die hierzu in
Widerspruch stehende Aussage des Beklagten zu 2), zunächst vorwärts in die Einfahrt
zum Altenheim hineingefahren zu sein und dann auf dem Hofbereich gedreht zu haben,
um dann hinterher wieder vorwärts hinauszufahren (Blatt 85 der Gerichtskate), ist nicht
glaubhaft. In dieser Konstellation hätte es zwar nicht zu der Kol- lision der beiden
Fahrzeuge durch ein rückwärtiges Rangieren auf dem Wendeham- merbereich vor der
Einfahrt kommen können. Der Sachverständige X hat indes in seinem Gutachten
schlüssig belegt, dass dieser Vortrag des Beklagten zu 2) nicht
der Wahrheit entsprechen kann, denn aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ist ein
Wendemanöver mit dem Lkw nebst Anhänger nur dergestalt möglich, dass das Fahr-
zeug durch Vorziehen und Rücksetzen im Wendehammerbereich in diese Position
kommt. Ein Wenden mit dem rund 13 m langen Sattelschlepper ist auf der Zuwegung
zum Haus X nicht möglich, wie sich aus den dem Gutachten beiliegenden Skizzen der
verschiedenen Wendemanöver ergibt (Blatt 120; Blatt 129 ff. der Gerichtsakte). Der
Beklagte zu 2) hat somit den Schaden verursacht, was der Beklagten zu 1) zuzu-
rechnen ist. b) Allerdings ist auch ein erhebliches Mitverschulden auf der klägerischen
Seite für den Unfall zu berücksichtigen. Die Klägerin hat gegen § 12 Abs. 1 Nr. 6 a StVO
verstoßen, indem sie ihr Fahrzeug mittig auf den Wendehammer abstellte, obwohl für
den ge- samten Fahrbahnbereich des Wendehammers ein absolutes Halteverbot
gemäß dem dort aufgestellten Zeichen Nr. 283 StVO angeordnet war. Das
Verkehrszeichen Nr. 283 ("absolutes Halteverbot") untersagt jedes, auch kürzes- tes,
Halten auf der Fahrbahn (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage 2003, § 12
StVO, Rand-Nr. 29 mit weiteren Nachweisen). Die Halte- und Parkverbotsvorschriften
entsprechen dem Sicherheitsbedürfnis des flie- ßenden Verkehrs. Gegenüber einer
Grundstücksausfahrt dient das Schild auch dem Schutz Ein- und Ausfahrender. Wird ein
verbotswidrig geparktes Fahrzeug angefahren, weil es die Fahrbahn behindernd
verengt, trifft den Halter und Fahrer des falsch ge- parkten Fahrzeuges eine Mithaftung
(Hentschel, Anderen Orts; OLG Hamm, NZV 191, 271; LG Nürnberg-Fürth, NZV 1991,
434). Das Fahrzeug der Klägerin war unstreitig mittig im Wendehammerbereich im
absoluten Halteverbot abgestellt worden. Durch diesen Parkverstoß hat die Klägerin
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den Unfall mitverschuldet, denn bei gesetzestreuem Verhalten hätte sie an dieser Stelle
nicht ge- standen, so dass sie den Rangiervorgang des Beklagten zu 2) mit dem Lkw
nicht be- hindert und der Unfall somit insgesamt vermieden worden wäre. Gerade weil
Alten- heime üblicherweise mit größeren Fahrzeugen anfahrbar sein müssen, ist der
Wende- hammerbereich grundsätzlich freizuhalten. Gerade dies hat das
Verkehrszeichen 283 StVO auch deutlich signalisiert. Dem Beklagten zu 2) wurde
aufgrund des abgestellten Fahrzeuges der Klägerin die Möglichkeit eines
Zurücksetzens und alsdann rückwärti- gen Einfahrens zum Haus X, das üblicherweise
so erfolgte und mangels Wende- möglichkeit im Einfahrtsbereich auch erfolgen musste,
um ein Herausfahren im Vor- wärtsgang zu ermögen, erheblich erschwert. Gerade so
große Fahrzeuge, wie der rund 13 m lange Lkw nebst Auflieger benötigen
ausreichenden Rangierraum. Diesen hat die Klägerin durch ihr Parkverhalten erheblich
beschnitten. Auch unter Berücksichtigung der erhöhten Betriebsgefahr des Lkw hält es
das Gericht daher für gerechtfertigt, dass sich die Parteien den Unfallschaden hälftig
teilen müs- sen. 4. Da der geltend gemachte Schaden unstreitig insgesamt 1.534,12 €
beträgt, sind die Beklagten zur Schadensersatzleistung in Höhe von 767,06 €
verpflichtet. II. Soweit die Klägerin den Ersatz des vollen entstandenen Schadens
klageweise geltend macht, war die Klage in Höhe von 767,06 E unter Bezugnahme auf
die obigen Ausfüh- rungen unter I. 3. teilweise zurückzuweisen. III. Der Zinsanspruch ist
gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Die Entscheidung über die Kosten beruht
auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708, Nr. 11, 711 ZPO. Streitwert: 1.534,02 €.