Urteil des AG Dortmund vom 23.02.2010

AG Dortmund (kläger, höhe, fahrspur, lücke, anhörung, fahrzeug, kostenvoranschlag, erstellung, kollision, vollstreckung)

Amtsgericht Dortmund, 423 C 12873/09
Datum:
23.02.2010
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
423 C 12873/09
Schlagworte:
Reißverschlussverfahren
Normen:
§ 7 Abs. 4 StVO
Leitsätze:
Anscheinsbeweis beim Reißverschlussverfahren
Haftungsquote
Unabwendbarkeit
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger
218,09 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.10.2009
zu zahlen und den Kläger von seinen außergerichtlichen Anwaltskosten
gemäß Kostennote der Rechtsanwälte H2 und Wolter vom 18.12.2009 in
Höhe von 46,41 € freizustellen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 61 % und die
Beklagten als Gesamtschuldner zu 39 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung in dieser
Höhe Sicherheit leisten.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages
abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung in dieser
Höhe Sicherheit leisten.
Die Berufung wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
1
Der Kläger macht Schadensersatzansprüche geltend, die aus einem Unfallgeschehen
resultieren, dass sich am 06.09.2009 gegen 17.00 Uhr auf der C-Straße in E ereignet
hat.
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Am Unfalltag befuhr der Kläger mit seinem Kraftfahrzeug die linke Spur der
zweispurigen C-Straße in E. Der Beklagte zu 1.) befuhr mit seinem bei der Beklagten zu
2.) haftpflichtversicherten Kraftfahrzeug die rechte Spur dieser Straße. Die linke Spur
endet in Höhe Hausnummer 28 und geht in eine Linksabbiegespur über. Nur die rechte
Spur wird weitergeführt. Der Übergang der linken Spur in die rechte Fahrspur wird durch
Pfeile auf der Fahrbahn und Fahrbahnmarkierungen (gestrichelte Linienführung)
angezeigt. Die linke Spur wird danach als ausschließlich Linksabbiegespur
weitergeführt.
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Der Kläger wechselte mit seinem Kraftfahrzeug von der linken auf die rechte Spur.
Dabei kam es zu einer Kollision der beiden Kraftfahrzeuge. Das Kraftfahrzeug des
Klägers wurde im Bereich hinten rechts, das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1.) im
Bereich vorne links beschädigt. Der Unfall wurde polizeilich aufgenommen.
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Der Kläger ließ vorgerichtlich einen Kostenvoranschlag erstellen. Der
Kostenvoranschlag weist Nettoreparaturkosten in Höhe von 952,44 € auf. Wegen der
Einzelheiten wird auf den Kostenvoranschlag vom 09.09.2009 verwiesen.
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Für die Erstellung des Kostenvoranschlages wurde dem Kläger 113,00 € berechnet. Auf
den Kostenvoranschlag ist vermerkt, dass diese Kosten bei einer Reparatur voll
angerechnet werden.
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Mit Rechtsanwaltsschriftsatz vom 10.09.2009 wurde die Beklagte zu 2.) zur
Schadensregulierung nebst einer Kostenpauschale von 25,00 € aufgefordert. Mit
Schriftsatz vom 01.10.2006 wurde zudem eine Zahlungsfrist bis zum 12.10.2006
gesetzt.
7
Der Kläger behauptet, er habe rechtzeitig den rechten Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt.
Zum Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1.) habe eine Lücke von ca. 6 m bestanden. Beide
Kraftfahrzeuge seien ca. 35 km/h gefahren. Vor dem Kfz des Klägers habe sich ein Kfz
vor dasjenige Kraftfahrzeug eingefädelt, das vor dem Kfz des Beklagten zu 1.) gewesen
sei. Als der Kläger sich dann auch in die Lücke vor dem Beklagten zu 1.) setzen wollte,
habe dieser Gas gegeben und sei gegen das Kfz des Klägers gefahren. Ein Unfall wäre
nicht passiert, wenn der Beklagte zu 1.) nicht beschleunigt hätte oder nur das Gas
weggenommen hätte. Nach Ansicht des Klägers hätte der Beklagte zu 1.) nach dem
Reißverschlussverfahren den Kläger das Einfädeln ermöglichen müssen. Nach Ansicht
des Klägers haben daher die Beklagten dem Kläger 50 % des entstandenen Schadens
zu ersetzen.
8
Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 545,22 €
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem
13.10.2009 zu zahlen,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, den Kläger von seinen
außergerichtlichen Anwaltskosten gemäß Kostennote der Rechtsanwälte H2
und X vom 18.12.2009 in Höhe von 83,54 € freizustellen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten behaupten, beide Kraftfahrzeuge seien zunächst nebeneinander
hergefahren. Dann habe der Kläger versucht, sich noch vor dem Beklagten zu 1.) zu
drängen. Die Beklagten bestreiten die Schadenshöhe pauschal und sind der Ansicht,
dass die Kosten des Kostenvoranschlages als Schadensersatzposition nicht geltend
gemacht werden können, da sie bei einer Reparatur verrechnet würden.
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Nach Ansicht der Beklagten greife die Regelung des Reißverschlussverfahrens gem. §
7 Abs. 4 StVO nicht ein. Der Kläger hätte sich vielmehr hinter dem Beklagten zu 1.)
einfädeln müssen.
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Das Gericht hat beide Fahrzeugführer persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der
Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 23.02.2010 verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
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Der Kläger kann von den Beklagten gemäß §§ 7, 17 StVG; 115 VVG; 249, 840 BGB als
Gesamtschuldner Zahlung von 213,09 € verlangen.
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Nach dem Ergebnis der persönlichen Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1.)
und dem Vortrag beider Parteien ist das Gericht davon überzeugt, dass das
Verkehrsunfallgeschehen vom 06.09.2009 gegen 17.00 Uhr auf der C-Straße in E ganz
überwiegend von dem Kläger verursacht und verschuldet worden ist, die Mithaftung der
Beklagten lediglich darauf beruht, dass das Unfallgeschehen für den Beklagten zu 1.)
kein unabwendbares Ereignis war.
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Das Kraftfahrzeug des Beklagten zu 1.) befand sich zum Zeitpunkt des
Kollisionsgeschehens gemäß § 7 Abs. 1 StVG in haftungsbegründender Weise in
Betrieb, da es bestimmungsgemäß verwandt worden ist.
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Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, das Unfallgeschehen stelle für den
Beklagten zu 1.) ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dar.
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Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet
werden kann. Dazu gehört sachgemäßes, geistesgegenwärtiges Handeln über den
gewöhnlichen und persönlichen Maßstab hinaus. Entscheidend ist insoweit, ob ein
sogenannter Idealfahrer das Unfallgeschehen hätte vermeiden können. Zur äußersten
Sorgfalt gehört die Berücksichtigung aller möglichen Gefahrenmomente. Die
Unabwendbarkeit bedeutet zwar nicht die absolute Unvermeidbarkeit, sondern bedeutet
eine besonders sorgfältige Fahrweise und Reaktion. Der Fahrer muss aber auch
erhebliche fremde Fehler berücksichtigen und typische Verhaltensweisen im
Straßenverkehr einkalkulieren. Unabwendbar ist daher ein Ereignis nur dann, wenn
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auch der gedachte Idealfahrer bei Anwendung sämtlicher Sorgfaltsvorschriften das
Verkehrsunfallgeschehen nicht hätte vermeiden können (BGHZ 117, 337; OLG Hamm
NZV 2000, 376; OLG Köln NZV 92, 233; Kammergericht Berlin NZV 93, 313).
Nach den vorstehenden Grundsätzen können die Beklagten sich nicht darauf berufen,
das Unfallgeschehen stellte sich für den Beklagten zu 1.) als unabwendbares Ereignis
dar. Im Rahmen der persönlichen Anhörung des Beklagten zu 1.) hat dieser
vorgetragen, dass er durchaus erblickt hatte, dass im Verkehrsfluss vor ihm einige
Fahrzeugführer von der linken Fahrbahn auf die rechte Fahrbahn gewechselt sind.
Aufgrund dieser verkehrsbedingten Umstände und der gut erkennbaren Spurmarkierung
auf der linken Fahrbahn hätte der Beklagte zu 1.) daher damit rechnen müssen, dass
auch der Kläger mit seinem Kraftfahrzeug von der linken auf die rechte Fahrspur
wechseln will. Der insoweit gedachte Idealfahrer hätte auch einkalkuliert, dass der
Kläger evtl. davon ausgeht, dass aufgrund des Reißverschlussverfahrens ein
vermeintliches Recht zum Wechseln auch in eine enge Lücke bestehen würde. Selbst
bei irriger Annahme eines solchen Rechtes, hätte der Idealfahrer mit einem
entsprechenden Fahrverhalten gerechnet und hätte dem Kläger das Wechseln der
Fahrspur ermöglicht. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu 1.) im
Rahmen seiner persönlichen Anhörung selber dargelegt hat, dass der Kläger zunächst
die Fahrspur gewechselt hat, der Beklagte zu 1.) sodann eine Bremsung eingeleitet und
es erst danach zur Kollision gekommen sei. Dieser Geschehensablauf legt aber deutlich
dar, dass bereits zuvor für den Beklagten zu 1.) eine Situation bestanden haben muss,
aus der er zumindest hätte die Möglichkeit entnehmen können, dass der Beklagte zu 1.)
anstatt geradeaus auf die Linksabbiegespur zu fahren evtl. auch auf die rechte Fahrspur
fahren will. Diesen Umstand hätte der Idealfahrer mitberücksichtigt und durch
bestehende Bremsbereitschaft oder Reduzierung der Geschwindigkeit auf die Situation
reagiert.
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Der Beklagte zu 1.) konnte insoweit nicht den Beweis führen, dass der Kläger in so
kurzem Abstand und ohne zu Blinken nach rechts herübergezogen ist, so dass dem
Beklagten zu 1.) keinerlei Möglichkeit bestand, auf die Verkehrssituation zu reagieren.
Bei der Beurteilung der Unabwendbarkeit obliegt die Beweislast für die entsprechenden
Umstände, die eine Unabwendbarkeit begründen sollen, jedem Verkehrsteilnehmer
selber. Aufgrund der widerstreitenden Aussagen des Klägers und des Beklagten zu 1.)
steht für das Gericht aber nicht fest, wie genau die Einzelheiten des
Verkehrsunfallgeschehens sich dargestellt haben. Die entsprechenden Abstände der
Fahrzeuge zueinander und die Erkennbarkeit des Fahrspurwechsels ist zwischen den
Parteien streitig und weder von der einen, noch von der anderen Partei für sich
bewiesen worden. Dementsprechend stellt sich das Unfallgeschehen auch für den
Beklagten zu 1.) nicht als unabwendbar dar.
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Bei der nach § 17 Abs. 1 StVG gebotenen Abwägung der Verursachungs- und
Verschuldensanteile am Unfallgeschehen ist zunächst zu berücksichtigen, dass gegen
den Kläger der Beweis des ersten Anscheins einer schuldhaften Verletzung der
Pflichten des Verkehrsteilnehmers beim Fahrspurwechsel streitet und daher davon
auszugehen ist, dass der Kläger das Unfallgeschehen verursacht und verschuldet hat.
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Der Kläger konnte insoweit keinen anderweitigen Lebenssachverhalt darlegen und
beweisen, der den Anscheinsbeweis als erschüttert darstellt.
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Der Kläger konnte insoweit weder beweisen, dass er den Fahrtrichtungsanzeiger
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erkennbar rechtzeitig vor dem Fahrspurwechsel betätigt hat, noch konnte der Kläger
darlegen, dass der Beklagte zu 1.) sein Fahrzeug beschleunigt hat, um dem Kläger den
Fahrspurwechsel nicht zu ermöglichen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger
im Rahmen seiner persönlichen Anhörung dezidiert angegeben hat, nicht gesehen zu
haben, dass der Beklagte zu 1.) vor oder bei dem Spurwechsel sein Fahrzeug
beschleunigt hat. Darüberhinaus hat der Kläger im Rahmen seiner persönlich Anhörung
selber bekundet, dass nach seiner Ansicht die Größe der bestehenden Lücke zum
Fahrzeug des Beklagten zu 1.) lediglich ca. 6 m betragen hat. Ein solcher Abstand ist
aber gemessen an den Vorschriften des § 7 StVO und des § 4 StVO nicht ausreichend
groß, um gefahrlos einen Fahrspurwechsel vollziehen zu können. Gemäß § 7 Abs. 5
StVO hat derjenige, der einen Fahrstreifen wechselt, jegliche Gefährdung anderer
Verkehrsteilnehmer auszuschließen. Dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht
nachgekommen.
Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, die Regelung des § 7 Abs. 4 StVO
(Reißverschlussverfahren) führe dazu, dass er selber ein Recht gehabt habe, auf die
rechte Fahrspur zu wechseln und dass der Beklagte zu 1.) gegen dieses Gebot
verstoßen habe. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch bei Anwendung des
sogenannten Reißverschlussverfahrens den Verkehrsteilnehmer, der den Fahrstreifen
wechselt, die Verpflichtung des § 7 Abs. 5 StVO trifft. Es hätte hier dem Kläger oblegen,
entweder eine ausreichend große Lücke abzuwarten oder aber sich durch Blickkontakt
mit dem Beklagten zu 1.) insoweit zu verständigen (§ 11 Abs. 3 StVO), so dass erst bei
einer erkennbaren Verzichtshaltung des Beklagten zu 1.) auf das bestehende Vorrecht
ein Fahrstreifenwechsel vollzogen wird. Der konkrete Geschehensablauf spricht
erkennbar dafür, dass der Kläger zumindest in eine viel zu enge Lücke gewechselt ist
und den rückwärtigen, bevorrechtigten Verkehr nicht ausreichend beobachtet hat. Nach
der eigenen Darstellung des Klägers hat sich die Kollision ereignet, als der Kläger nur
zur Hälfte mit dem Vorderwagen seines Kraftfahrzeuges in die andere Fahrspur
eingedrungen war. Dies belegt aber umso deutlicher, dass sich das Fahrzeug des
Beklagten zu 1.) in unmittelbarer Nähe befunden haben muss, als der Kläger die
Fahrspur wechselte. Dadurch wird aber deutlich, dass nicht ein so ausreichender
Abstand zum Fahrzeug des Beklagten zu 1.) bestanden haben kann, da ansonsten die
Kollision erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt wäre.
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Das Verkehrsunfallgeschehen ist daher maßgeblich durch das Fahrverhalten des
Klägers verursacht und verschuldet worden. Der Kläger hat in Verkennung der
rechtlichen Bedeutung des sogenannten Reißverschlussverfahrens einen
Fahrspurwechsel vorgenommen und hat dabei die strengen Sorgfaltsanforderungen des
§ 7 Abs. 5 StVO missachtet. Den Beklagten zu 1.) ist dagegen lediglich allenfalls
vorzuwerfen, dass der sogenannte Idealfahrer das Fehlverhalten des Klägers
möglicherweise erkannt und das Unfallgeschehen deshalb hätte vermeiden können.
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Die Beklagten haften daher lediglich aus Gründen der Betriebsgefahr, die das Gericht in
ständiger Rechtsprechung mit 20 % in Ansatz bringt.
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Es kann vorliegend aber nicht angenommen werden, dass diese 20 %ige Haftung aus
Gründen der Betriebsgefahr aus Billigkeitsgründen hinter dem groben Verstoß des
Klägers zurückzutreten hat. Denn insoweit ist zu beachten, dass im Straßenverkehr das
Herüberwechseln von Fahrzeugen auf dem endenden Fahrstreifen in den
bevorrechtigten Fahrstreifen ein häufig zu beobachtender Fahrvorgang ist, der von dem
bevorrechtigten Verkehrsteilnehmer mit einkalkuliert werden muss.
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Wie bereits dargelegt, hatte der Beklagte zu 1.) erkannt, dass ein Fahrstreifenwechsel
grundsätzlich auch von anderen Fahrzeugen vorgenommen worden war, so dass der
Beklagte zu 1.) auch im vorliegenden Fall mit einem Fahrstreifenwechsel – auch durch
den Kläger – hätte rechnen müssen. Es ist nicht bewiesen, dass der
Fahrstreifenwechsel des Klägers ohne Anzeige des Fahrtrichtungsanzeigers
durchgeführt wurde, so dass keinerlei tragfähigen Umstände angenommen werden
können, die es als unbillig erscheinen lassen würden, die Beklagten aufgrund der
Betriebsgefahr mithaften zu lassen.
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Eine weitergehende Beweisaufnahme durch Einholung eines
Unfallrekonstruktionsgutachtens war nicht angezeigt. Es fehlen für die Erstellung
objektive Anknüpfungspunkte, um eine Weg-Zeit-Analyse durchführen zu können.
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Bei einer 20 %igen Haftung steht dem Kläger ein Schadensersatzanspruch in Höhe von
218,09 € zu.
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Soweit die Beklagten die Schadenshöhe pauschal bestritten haben, ist dieses
unbeachtlich. Das Schadensausmaß ist zwischen den Parteien unstreitig und der
Kläger hat einen Kostenvoranschlag einer Fachfirma vorgelegt, aus dem die einzelnen
Schadensbestandteile erkennbar sind. In solch einem Fall ist die schädigende Partei
gehalten, die Schadenshöhe konkret und substantiiert zu bestreiten. Ein pauschales
Bestreiten ist unzulässig.
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Die Beklagten können auch nicht damit gehört werden, die Kosten für die Erstellung des
Kostenvoranschlages in Höhe von 113,00 € würden keinen ersatzfähigen Schaden
darstellen, da bei einer tatsächlichen Reparatur die Kosten mit den Reparaturkosten
verrechnet würden. Denn insoweit ist zu berücksichtigen, dass der geschädigte Kläger
insoweit in der Disposition frei ist, ob er sein Fahrzeug reparieren lassen will oder nicht.
Der Kläger ist berechtigt auf der Grundlage eines Kostenvoranschlages fiktiv den
entstandenen Schaden abzurechnen. Auch die sogenannten
Schadensfeststellungskosten für die Erstellung eines Kostenvoranschlages bei einem
Bagatellunfall stellen einen ersatzfähigen Schadensersatz dar. Solange der Kläger das
Kraftfahrzeug nicht repariert hat und die Kosten des Kostenvoranschlages nicht
verrechnet worden sind, stellen beide Schadensersatzbeträge eigenständige
Schadenspositionen dar, die der Kläger aufgrund seiner Dispositionsfreiheit
beanspruchen kann.
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Ausgehend von einem Gesamtschadensbetrag in Höhe von 1.090,44 € (952,44 € netto
Reparaturkosten, 113,00 € Kosten für die Erstellung des Kostenvoranschlages und
25,00 € Kostenpauschale) und einem Haftungsanteil von 20 % kann der Kläger Zahlung
von 218,09 € beanspruchen.
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Ferner kann der Kläger Freistellung in Höhe von 46,41 € hinsichtlich der vorgerichtlich
entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen. Die Inanspruchnahme eines
Rechtsanwaltes nach einem Verkehrsunfallgeschehen stellt eine Maßnahme der
zweckentsprechenden Rechtsverteidigung dar. Die insoweit vorgerichtlich anfallenden
nicht anrechenbaren Rechtsanwaltskosten stellen eine Schadensersatzposition dar.
Ausgehend von einem berechtigten Streitwert von 218,09 € und einer berechtigten 1,3
fachen Gebühr für die außergerichtliche Tätigkeit kann der Kläger mithin Freistellung in
Höhe von 46,41 € verlangen.
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Die weitergehende Klage ist unbegründet und unterlag der Abweisung.
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Der Zinsanspruch folgt aus § 288 BGB.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit resultiert aus §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.
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Die Berufung war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 511 Abs. 4 ZPO
erkennbar nicht gegeben sind.
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