Urteil des AG Dortmund vom 04.11.2008

AG Dortmund: abrechnung, mieter, mietvertrag, betriebskosten, gebäude, aufteilung, grundstück, anfang, wohnungsbau, vollstreckbarkeit

Amtsgericht Dortmund, 425 C 4180/08
Datum:
04.11.2008
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Schlussurteil
Aktenzeichen:
425 C 4180/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens insgesamt trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen
die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110%
des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand:
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Die Klägerin hat das Grundstück L von der W X AG gekauft. Die
Eigentumsumschreibung erfolgte zum 14.10.2203. Die Klägerin hat das Grundstück an
einen Anleger aus den Niederlanden weiterverkauft. Der Erwerber wurde am 21.9.2005
im Grundbuch eingetragen.
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Die Beklagte hat 2002 auf dem Grundstück eine Wohnung noch von der W X AG
gemietet. Im Mietvertrag ist vereinbart, dass die Beklagte Betriebskosten gem. Anlage 3
zu § 27 II BV zu tragen hat. Von einer Wirtschaftseinheit ist im Mietvertrag keine Rede.
Wegen der Einzelheiten wird auf die bei den Gerichtsakten befindliche Kopie des
Mietvertrages Bezug genommen.
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Die Klägerin rechnete die Betriebskosten für 2004 und 2005 ab. Die Abrechnungen
unterscheiden jeweils zwischen 3 verschiedenen "Abrechnungskreisen". Die Beklagte
erbat die Übersendung von Abrechnungsbelegen. Die Klägerin sandte der Beklagten
diverse Belege mit "Buchungsbelegen für Aufteilung der Rechnung" Daraus und vor
allem aus erst im Prozess überreichten Unterlagen ergab sich, dass die Rechnungen
teilweise auf bis zu 58 Gebäude in 5 Strassen verteilt wurden. Wegen der Einzelheiten
wird auf die bei den Gerichtsakten befindlichen Abrechnungen und Belege sowie die
Aufteilungsberechnungen Bezug genommen.
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Das erkennende Gericht hat durch Teilurteil vom 2.9.2009 die Klage in Höhe von 692,20
€ abgewiesen. Dabei handelte es sich um die gesamte Abrechnung 2005, da die
Klägerin dort unzulässigerweise eine Rumpfabrechnung bis zum September 2005
vorgenommen hatte und hinsichtlich der unstreitig nicht umlegbaren
Dachrinnenreinigungskosten aus dem Jahre 2004.
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Die Klägerin beantragt noch,
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die Beklagte zur verurteilen an sie 497,18 € nebst Zinsen in Höhe vonb 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.12.2005 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Wegen des gesamten Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Gericht hat die Klägerin auf die
Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage wegen der Abrechnung nach
Wirtschaftseinheiten hingewiesen. Innerhalb der gesetzten Frist und auch bis heute ist
keine Stellungnahme dazu eingegangen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist auch hinsichtlich des noch anhängigen Restbetrages aus der Abrechnung
2004 unbegründet. Die Klägerin kann von der Beklagten unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt die Zahlung der restlichen Betriebskosten verlangen.
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Die Betriebskostenabrechnung für 2004 vom 23.12.2005 ist formell nicht
ordnungsgemäß und löst deshalb keine weitere Zahlungspflicht aus.
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Nach der grundlegenden Entscheidung des BGH (BGH, NJW 1982, 573, 574) zu den
Mindestanforderungen an eine Betriebskostenabrechnung muss die Abrechnung
zumindest Angaben enthalten zu
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a. den Gesamtkosten
b. dem Umlageschlüssel
c. der Berechnung des auf den Mieter entfallenden Anteils
d. den Vorauszahlungen
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Hinsichtlich der Gesamtkosten ist es erforderlich, dass in der Abrechnung wirklich der
Gesamtbetrag angegeben wird bevor er um irgendwelche Abzugsbeträge und
Verteilungsbeträge bereinigt wurde. Eine formell ordnungsgemäße
Betriebskostenabrechnung setzt voraus, dass dem Mieter auch dann die Gesamtkosten
einer berechneten Kostenart mitgeteilt werden, wenn einzelne Kostenteile nicht
umlagefähig sind; dem Mieter muss ersichtlich sein, ob und in welcher Höhe nicht
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umlagefähige Kosten vorab abgesetzt worden sind (BGH MietPrax-AK § 556 BGB Nr.
23 = GE 2007, 438 = DWW 2007, 114 = NJW 2007, 1059 = NZM 2007, 244 = WuM
2007, 196 = ZMR 2007, 359 = MDR 2007, 706). Diese vom BGH vor allem für
sogenannte gemischt genutzte Gebäude und für Hausmeisterkosten (BGH MietPrax-AK
§ 556 BGB Nr. 24 = WuM 2007, 585 = NZM 2007, 770 = GE 2007, 1378 = MM 2007, 369
= ZMR 2007, 953) entwickelte Rechtsprechung ist auch auf die Abrechnung von
Wirtschaftseinheiten anzuwenden. Auch hier muss in der Abrechnung der Gesamtbetrag
angegeben werden und der Anteil, der auf das konkrete Objekt, in dem der Mieter
wohnt, entfallen soll. Nur dann kann der Mieter feststellen, ob die Abrechnung den
mietvertraglichen Vereinbarungen entspricht. Ob die Zahlen dann richtig sind oder nicht
ist eine Frage der materiellen Begründetheit.
In der Abrechnung selbst fehlt jeder Hinweis auf die Wirtschaftseinheiten Da die
Klägerin erst nach 31.12.2005 überhaupt darauf hingewiesen hat, dass hier eine
Aufteilung erfolgt ist und wie sie vorgenommen wurde, war dies verspätet. Nach Ablauf
der Ausschlussfrist können formelle Fehler nicht mehr geheilt werden (BGH MietPrax-
AK § 556 BGB Nr. 8 = GE 2005, 50 = NZM 2005, 13 = WuM 2005, 61 = ZMR 2005, 121
= DWW 2005, 18 mit Anmerkungen von Börstinghaus, LMK 2005, 1; Lützenkirchen NZM
2005, 8; ders. MietRB 2005, 64; Maciejewski MM 2005, 73; Monjé GE 2005, 20;
Börstinghaus, NZM 2005, 250; U. Bieber WuM 2005, 448; M, WuM 2005, 502; M, NZM
2006, 641).
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Es ist auch nicht ersichtlich, dass überhaupt noch ein Nachzahlungsbetrag übrig bleibt,
wenn man die Positionen, die formell nicht ordnungsgemäß sind aus der Abrechnung
herausnimmt (Gartenpflege 337,46 € und Wasserkosten 126,59 € und Hausmeister
47,79 € und Strom 32,90 €).
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Wenn man aber davon ausgeht, dass die Abrechnung formell in Ordnung ist, dann liegt
zumindest ein materieller Fehler vor. Eine Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten ist hier
weder vereinbart noch ist sonst vorgetragen, dass dies hier zulässig ist. Im Mietvertrag
befindet sich kein Hinweis auf Abrechnungseinheiten. Zwar hat der BGH für die
Heizkostenabrechnung entschieden dass eine Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten
zulässig ist, wenn dies von Anfang an so geschehen ist auch wenn keine vertragliche
Vereinbarung vorliegt (BGH MietPrax-AK § 556 BGB Nr.12 = WuM 2005, 579 = DWW
2005, 328 = GE 2005, 1118 = NZM 2005, 737= NJW 2005, 3135 = ZMR 2005, 937 =
MDR 2006, 196 mit Anm. Dickersbach, NZM 2006, 281), diese Rechtsprechung ist aber
nicht so ohne Weiteres auf andere Betriebskostenpositionen übertragbar. Der BGH hat
in der zuvor genannten Entscheidung als ein tragendes Argument angeführt, dass dort
von Anfang an keine getrennte Abrechnung nach I möglich war, da die Häuser über eine
gemeinschaftliche Heizung in einem der Gebäude beheizt wurden. So liegt hier aber
nicht. Hier sich einzelne Positionen zusammengefasst worden, ob wohl eine getrennte
Rechnungsersteller durch Versorger oder Handwerker möglich gewesen wäre.
Zumindest ist nicht vorgetragen, warum dies nicht gewesen sein soll.
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Das Gericht kann diesen Sachverhalt auch berücksichtigen, unabhängig davon, ob der
Mieter in seinen Einwendungen sie so vorgebracht hat oder nicht. Der
Einwendungsausschluss greift hier nicht ein. Die formelle Ordnungsmäßigkeit der
Abrechnung ist vom Gericht immer zu prüfen (Blank, NZM 2008, 745). Auf die Frage, ob
es sich um öffentlich geförderten Wohnungsbau handelt kommt es deshalb nicht an
(BGH MietPrax-AK § 556 BGB Nr.12 = WuM 2005, 579 = DWW 2005, 328 = GE 2005,
1118 = NZM 2005, 737= NJW 2005, 3135 = ZMR 2005, 937 = MDR 2006, 196 mit Anm.
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Dickersbach, NZM 2006, 281).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf § 708 Ziff 11 ZPO.
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Die Berufung war zuzulassen, da es bisher höchstrichterlich nicht geklärt ist,
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welche Angaben in einer Betriebskostenabrechnung bei Abrechnung nach
Wirtschaftseinheiten erforderlich
wann eine Abrechnung nach Wirtschaftseinheiten zulässig ist, wenn eine
Aufteilung im Prinzip möglich wäre
welchen Umfang der Einwendungsausschluss in diesen Fällen hat.
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