Urteil des AG Dortmund vom 05.02.2009

AG Dortmund: verwaltung, ermächtigung, verwalter, versammlung, vollstreckung, zustellung, anfechtungsklage, eigentümer, leistungsklage, berechtigung

Amtsgericht Dortmund, 513 C 58/08
Datum:
05.02.2009
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
513 C 58/08
Schlagworte:
Auskunftsanspruch und Zahlungsanspruch eines
Wohnungseigentümers
Normen:
§ 812 I BGB
Leitsätze:
Der einzelne Wohnungseigentümer hat gegen den Verwalter keinen
Anspruch auf Rückzahlung evtl. unberechtigter Abhebungen vom
Gemeinschaftskonto an die Wohnungseigentümer, wenn er nicht
ermächtigt ist. Ihm steht auch kein Auskunftsanspruch gegen den
Verwalter zu.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft I-Straße in E. Die
Beklagte war bis 31.12.2008 Verwalterin der Wohnungseigentümergemeinschaft.
2
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sich nicht an die Grundsätze
ordnungsgemäßer Verwaltung gehalten. Sie habe ohne Beschluss einen Gutachter
zwecks Überprüfung von Putzrissen und der Statik des Hauses beauftragt. Belege
hierüber seien nicht überreicht worden. Desweiteren sei die Beklagte mangels
Eigentümerbeschluss nicht berechtigt gewesen, die Firma J mit der Durchführung von
Gartenarbeiten zu beauftragen, wodurch Kosten in Höhe von 495,04 € angefallen seien.
3
Die Klägerin hat beantragt,
4
1. ihr Auskunft zu erteilen über die Höhe der bezahlten Kosten eines von der
5
6
Beklagten für die Eigentümergemeinschaft I-Straße, ####1
7
E, beauftragten Gutachters zwecks Überprüfung von Putzrissen
8
und der Statik des Hauses;
9
2. an die Eigentümergemeinschaft I-Straße, ####1 E 495,04 € zu zahlen sowie den
weiteren noch nach Auskunftserteilung zu spezifizierenden Betrag sowie dann
noch zu spezifizierende Nebenforderungen.
10
11
Die Parteien haben den Rechtsstreit in der Hauptsache bezüglich des
Auskunftsanspruchs übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Klägerin in
Erfahrung gebracht hatte, dass der an das Ingenieurbüro gezahlte Betrag sich auf
870,48 € belief.
12
Die Klägerin beantragt nunmehr,
13
die Beklagte zu verurteilen, an die Eigentümergemeinschaft I
14
, ####1 E 1365,52 € nebst Zinsen, 5 Prozentpunkte
15
über dem Basiszinssatz seit Zustellung sowie eine Nebenforderung in Höhe
16
von 186,24 € nebst Zinsen, 5 % Punkte über dem Basiszinssatz seit
17
Zustellung zu zahlen.
18
Die Beklagte beantragt,
19
die Klage abzuweisen.
20
Sie ist der Auffassung, die Klägerin sei weder hinsichtlich des Auskunftsanspruchs noch
hinsichtlich des Zahlungsanspruchs aktivlegitimiert.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
22
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
23
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
24
Die Klägerin ist hinsichtlich des Zahlungsanspruches zur Überzeugung des Gerichts
nicht aktivlegitimiert.
25
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung von insgesamt 1365,52 € an die
Gemeinschaft gemäß §§ 812 Abs. 1 BGB bzw. §§ 280 Abs. 1, 281 BGB.
26
Die Geltendmachung von Ansprüchen und Forderungen in Bezug auf das
gemeinschaftliche Eigentum stellen Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung dar
(Jennißen, WEG, 2008, § 21 Randnummer 6).
27
Die Ansprüche aus §§ 812 Abs. 1, sowie 280 Abs. 1, 281 BGB ergeben sich aus dem
Verwaltervertrag, den die Wohnungseigentümergemeinschaft mit der Beklagten
geschlossen hat. Bei einem Vertrag, der die Verwaltung des gemeinschaftlichen
Eigentums betrifft (hierzu gehört der Verwaltervertrag) sind Parteien zum einen die
rechtsfähige Gemeinschaft und auf der anderen Seite ein Dritter. Die hieraus
entstehenden Rechte und Ansprüche stehen ausschließlich der Gemeinschaft zu und
können auch nur von dieser geltend gemacht werden, es sei denn, es wurde
ausnahmsweise vereinbart, dass auch der einzelne Wohnungseigentümer aus dem
Vertrag berechtigt und verpflichtet sein soll (Jennißen, a. a. O. § 21 Randnummer 17 und
19).
28
Die Klägerin hat allerdings nicht nachgewiesen, dass sie entweder aus Vertrag oder
Beschluss berechtigt sein sollte, einen Anspruch der
Wohnungseigentümergemeinschaft gegen die Beklagte geltend zu machen. Die
Klägerin hat sich nicht auf eine Regelung in der Teilungserklärung berufen. Soweit sie
eine Ermächtigung einzelner Wohnungseigentümer vom 27.01.2009 vorgelegt hat,
reicht dies zum Nachweis der Berechtigung nicht aus. Erforderlich war ein
ordnungsgemäßer Beschluss nach § 23 Abs. 1 oder Abs. 3 WEG. Die Ermächtigung
vom 27.01.2009 ist nicht durch Beschluss in einer Versammlung erteilt worden. Zwar ist
auch ohne Versammlung ein Beschluss gültig, jedoch ist dann die Zustimmung aller
Wohnungseigentümer schriftlich erforderlich. Die Eigentümer P haben gemäß der
vorliegenden Ermächtigung vom 27.01.2009 nicht zugestimmt.
29
Fasst die Gemeinschaft nicht die erforderlichen Beschlüsse, um die Ansprüche und
Rechte aus dem Vertrag geltend zu machen, obwohl dies ordnungsgemäßer
Verwaltung entspräche, so kann der einzelne Wohnungseigentümer nur im Wege der
Anfechtungsklage bzw. Leistungsklage auf ordnungsgemäße Beschlussfassung
vorgehen; dem gegenüber dem Dritten bestehenden Anspruch kann er jedoch nicht
selbst einklagen (vergleiche Jennißen, a.a.O. § 21 Randnummer 17).
30
Das Gericht verkennt nicht, dass die Möglichkeit besteht, einzelne
Wohnungseigentümer zur Geltendmachung der Ansprüche im eigenen Namen im Wege
einer gewillkürten Prozessstandschaft zu ermächtigen. Aber auch hierzu ist ein
Ermächtigungsbeschluss erforderlich, der aus den oben genannten Gründen nicht
vorliegt.
31
Folglich kann die Klägerin gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung an die
Gemeinschaft geltend machen.
32
Mangels Verzug besteht auch kein Erstattungsanspruch hinsichtlich der vorgerichtlichen
Rechtsanwaltskosten.
33
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91, 91a ZPO.
34
Auch hinsichtlich des erledigten Teils waren die Kosten der Klägerin aufzuerlegen. Ein
Auskunftsanspruch steht den Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter nur
gemeinschaftlich zu (vergleiche Niedenführ u. a., WEG, 8. Auflage, 2007, § 28
Randnummer 121 ff. und § 10 Randnummer 60).
35
Hiervon unberührt bleibt ein Einsichtsrecht der Klägerin, dieses hat die Klägerin aber
nicht geltend gemacht. Ein Auskunftsbegehren ist als Bringschuld nicht notwendiger
Teil eines Einsichtsrechts.
36
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Zif. 1, 711 ZPO.
37
Beschluss
38
Der Streitwert wird bis zur übereinstimmenden Erledigung auf 1295,04 € und danach auf
1365,52 € festgesetzt.
39