Urteil des AG Dortmund vom 19.01.1993

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Amtsgericht Dortmund, 125 C 13911/92
Datum:
19.01.1993
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
125 C 13911/92
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen die Zwangsvollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 800,00 DM abzuwenden, falls nicht die
Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
T a t b e s t a n d:
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Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im Hause D T-Str. in E. Sie hatten diese
Wohnung von Herrn Architekt Dipl.-Ing. G mit Mietvertrag vom 01.10.1983
angemietet. Das Gebäude wurde dann an einen Herrn T verkauft. Seit dem
03.03.1992 ist der Kläger eingetragener Eigentümer des Grundstücks.
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Von März 1990 an haben die Beklagten die Miete um jeweils 128,00 DM monatlich
gemindert. Der Minderung gingen Aufforderungen zur Mängelbeseitigung voraus.
Die Beklagten berufen sich auf diverse Mängel. Wegen der Einzelheiten der
Mängel wird auf die Aufstellung auf Seite 5 des Schriftsatzes vom 07.12.1992
verwiesen. Die Beklagten hatten den einbehaltenen Minderungsbetrag teilweise
hinterlegt. Die hinterlegten Beträge sind jedoch an sie wieder ausgekehrt worden.
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Vor seiner Eigentumseintragung, nämlich mit Schreiben vom 04.11.1991 schrieb
der Kläger an die Beklagten:
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"Wie bereits telefonisch besprochen sollen und müssen in ihrer Wohnung
verschiedene Reparaturen bzw. Instandsetzungen durchgeführt werden. Es
dürfte in beiderseitigem Interesse liegen, die Mängel in ihrer zu beseitigen.
Renovierungen und Instandsetzungen sind bekanntlicherweise mit
Aufwendungen verbunden. Aus diesem Grunde schlage ich vor, daß sie den
beim Amtsgericht Dortmund hinterlegten Betrag (20 % Mietminderung seit März
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1990) bis zum Jahresende (31.12.1991) erst dann freigeben, wenn die bereits
angesprochenen Mängel in ihrer Wohnung beseitigt sind. Als Mängel wurden Ihr
Badezimmer (Badewannenbeschichtung, Fliesenmischbatterie, sowie
klemmende und nichtschliessende Zimmertüren in Ihrem Schriftsatz vom
15.01.1990 an Herrn T aufgeführt. Gleichzeitig bitte ich Sie, ab Januar 1992 den
vollen Mietzins in Höhe von 640,00 DM zu entrichten."
Nach seiner Eigentumseintragung kündigte der Kläger den Beklagten mit
Schreiben vom 06.10.1992 fristlos.
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Der Kläger verlangt im vorliegenden Verfahren die von den Beklagten aufgrund
der von ihnen vorgenommenen Minderung einbehaltene Miete seit März 1990
bis Oktober 1992 in Höhe von jeweils 128,00 DM. Er bestreitet im Wesentlichen,
dass zur Minderung vorliegende Mängel vorliegen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an den Kläger 4.096,00 DM
nebst 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.03.1990, weitere 7,25 %
Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.04.1990, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00
DM seit dem 04.05.1990, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.06.1990, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.07.1990, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.08.1990, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.09.1990, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.10.1990, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.11.1990, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.12.1990, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.01.1991, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.02.1991, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.03.1991, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DH seit dem 04.04.1991, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.05.1991, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.06.1991, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.07.1991, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.08.1991, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.09.1991, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.10.1991, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.11.1991, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.12.1991, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.01.1992, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.02.1992, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.03.1992, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.04.1992, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.05.1992, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.06.1992, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.07.1992, weitere
7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem 04.08.1992, weitere 7,25 % Zinsen von
128,00 DM seit dem 04.09.1992, weitere 7,25 % Zinsen von 128,00 DM seit dem
04.10.1992.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behaupten zunächst, dass die von ihnen angezeigten Mängel vorhanden
seien. Der Voreigentümer, Herr T, habe auch niemals einen Versuch
unternommen, die geminderten Beträge geltend zu machen. Sie hätten vielmehr
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den Eindruck gehabt, er sei damit einverstanden gewesen. In diesem Eindruck
seien sie auch durch das Schreiben des Klägers vom November 1991 bestätigt
worden.
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gem. § 535 i.V.m. dem Mietvertrag der
geltend gemachte Anspruch nicht zu.
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Die Beklagten haben die von ihnen geschuldete Miete gezahlt. Ein
darüberhinausgehender Zahlungsanspruch besteht nicht. Die Beklagten haben die
Miete aufgrund der von ihnen behaupteten Mängel zu Recht um 128,00 DM
monatlich gemindert. Der Kläger kann die Berechtigung zur Minderung nicht mehr
bestreiten. Dies ergibt sich daraus, daß sich im vorliegenden Fall der jeweilige
Vermieter mit der Mietzinsminderung längere Zeit widerspruchslos abgefunden hat.
In einem solchen Fall kann der Vermieter nachträglich nicht mehr die Berechtigung
zur Mietzinsminderung bestreiten (so auch Amtsgericht Kiel WuM 1991, 30). Hier
hat sich der Voreigentümer von März 1990 bis März 1992, nämlich dem Zeitpunkt
der Eigentumsumschreibung auf den Kläger mit der von den Beklagten
vorgenommenen Mietzinsminderung einverstanden erklärt, zumindest hat er
keinerlei Versuche unternommen, den restlichen Mietzins geltend zu machen. Ein
Vermieter, der erst nach 32 Monaten die Mietzinsminderung des Mieters nicht mehr
akzeptiert und für die gesamte Vergangenheit geltend macht verhält sich
widersprüchlich. Er muß sich an sein vorangegangenes Verhalten, nämlich die
widerspruchslose Hinnahme der Mietzinsminderung festhalten lassen.
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Hier gilt auch wegen des Eigentumswechsels nichts anderes. Gem. § 571 BGB
geht das Mietverhältnis so wie es bestanden hat, auf den Erwerber, nämlich hier
den Kläger, über. Für die Mieter handelt es sich um ein einheitliches Mietverhältnis.
Der Kläger muß sich insofern gem. § 571 BGB auch das Verhalten des
Voreigentümers, nämlich die widerspruchslose Hinnahme der Mietzinsminderung,
zurechnen lassen. Es findet eine einheitliche Betrachtung des Mietverhältnisses
statt.
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Im übrigen hat der Kläger selbst die Notwendigkeit von Renovierungsarbeiten in
der Wohnung anerkannt, indem er unter dem 04.11.1991 solche Arbeiten
ankündigte. Soweit er diese damit in Verbindung brachte, daß die für die
Vergangenheit vorgenommene Mietzinsminderung an ihn später ausgekehrt
werde, ist diese Verknüpfung unzulässig. Bei der Mietzinsminderung handelte es
sich nicht um ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Mängelbeseitigung sondern um
eine gesetzliche Verminderung des vertraglich vereinbarten Zahlungsanspruchs.
Dieser Zahlungsanspruch erlischt dadurch teilweise völlig. Er lebt nicht nach
Mängelbeseitigung wieder auf.
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Nach alledem war die auf Zahlung des geminderten Mietzinses gerichtete Klage
unbegründet. Dem Kläger steht der ungeminderte Mietzins ab Mängelbeseitigung
zu. Eine solche hat bis heute nicht stattgefunden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZP0, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziff. 11, 711 ZP0.
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