Urteil des AG Dortmund vom 26.03.2003

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Amtsgericht Dortmund, 127 C 8948/02
Datum:
26.03.2003
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Abteilung 125
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
127 C 8948/02
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 516,40 EUR nebst Zinsen
i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01. Mai 2002 zu
zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreck-bar.
Die Berufung gegen dieses Urteil wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
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Die Klägerin hat bei der von der Beklagten in Dortmund unterhaltenen Filiale ein Konto.
Für dieses hatte sie eine ec-Karte mit Geheimnummer (PIN). Hierfür gelten die
"Bedingungen für ec-Karten" (Bl. 58 ff. d.A.), worin es u.a. heißt:
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Zif. 2.7.4: "...Der Karteninhaber hat dafür Sorge zu tragen, dass keine
andere Person Kenntnis von der persönlichen Geheimzahl erlangt. Die
Geheimzahl darf insbesondere nicht auf der Karte vermerkt oder in
anderer Weise zusammen mit dieser aufbewahrt werden..."
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Zif. 2.7.5: "Stellt der Karteninhaber den Verlust seiner ec-Karte...fest, so
ist die Bank, und zwar möglichst die kontoführende Stelle unverzüglich
zu benachrichtigen. Den Verlust der ec-Karte kann der Karteninhaber
auch gegenüber dem Zentralen Sperrannahmedienst anzeigen..."
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Zif. 3.2.4: "...Sobald der Bank oder dem Zentralen Sperrannahmedienst
der Verlust der ec-Karte angezeigt wurde, übernimmt die Bank alle
danach durch Verfügungen an Geldautomaten und automatisierten
Kassen entstehenden Schäden...Sie übernimmt auch die bis zum
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Eingang der Verlustanzeige entstehenden Schäden, wenn der
Karteninhaber die ihm nach diesen Bedingungen obliegenden Pflichten
erfüllt hat...Hat die Bank ihre Verpflichtungen erfüllt und der
Karteninhaber seine Pflichten grob fahrlässig verletzt, trägt der
Kontoinhaber den entstandenen Schaden in vollem Umfang. Grobe
Fahrlässigkeit des Karteninhabers kann insbesondere dann vorliegen,
wenn...die persönliche Geheimzahl auf der Karte vermerkt oder
zusammen mit der ec-Karte verwahrt war..."
Die Klägerin behauptet, dass ihr am 12.09.01 etwa um 9.30 Uhr im Zusammenhang mit
einem Einkauf bei ALDI auf der I Cstraße in E ihre Geldbörse, in der sich die ec-Karte
befunden habe, aus ihrem Rucksack entwendet worden sei. Sofort nachdem sie dies
bemerkt habe, habe sie ihren Ehemann über Handy angerufen, der den Verlust sofort
bei der Beklagten angezeigt und die Karte hat sperren lassen. Tatsächlich erfolgt die
Sperrung um 10.06 Uhr. Unstreitig ist unter Verwendung der PIN bei einem Geldautomat
der Volksbank in E-I um 9.41 Uhr und um 9.43 Uhr jeweils ein Betrag von 500,00 DM
abgeholt worden. Das Konto der Klägerin ist mit den beiden Beträgen einschließlich
eine Gebühr von 5,00 DM jeweils, insgesamt also 1.010,00 DM (= 516,40 EUR) belastet
worden.
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Die Klägerin, die den Diebstahl auch bei der Polizei angezeigt hat, begehrt von der
Beklagten Rückzahlung des o.g. Betrages bzw. Gutschrift auf ihrem Konto. Sie meint,
dass die Beklagte wegen missbräuchlicher Verwendung der ec-Karte für den Schaden
hafte. Insbesondere habe sie die PIN-Nummer nicht weitergegeben oder im
entwendeten Portmonee oder sonst zusammen mit der ec-Karte gehabt. Sie meint, sie
habe auch den Verlust unverzüglich angezeigt, sodass die Beklagte auch für die
Abhebungen hafte, obwohl diese vor Eingang der Verlustmeldung bzw. Sperrmeldung
erfolgt sind. Da sie mithin alles nur erdenkliche und mögliche getan habe, hafte die
Bank voll. Hinsichtlich der PIN-Nummer könne diese schließlich bei jeder Nutzung
ausgespäht werden an Geldautomaten oder sonstigen Kartengeräten in Geschäften, da
ein wirksamer Sichtschutz nicht bestehe.
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Nachdem seitens der Beklagten nach Anmeldung des Schadens unter dem 14.11.01
zuerst und nach erneuter Regulierungsbitte vom 17.04.02 dann mit Schreiben vom
18.07.02 die Haftung ablehnt wurde, beantragt die Klägerin,
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wie erkannt.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte bestreitet eine Entwendung mit Nichtwissen. Auch ein Ausspähen der
PIN-Nummer werde bestritten. Schließlich könne auf Grund der bestehenden
Verschlüsselung der Geheimnummer mittels Triple-DES-Algorithmus diese von Dritten
auch nicht ermittelt werden.
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Die Beklagte meint, dass nach alledem ein Anscheinsbeweis dafür bestehe, dass
entweder die Klägerin selbst oder eine von ihr autorisierte Person die Verfügungen an
dem Geldautomaten vorgenommen habe oder sie die PIN in verkörperter Form
zusammen mit der Karte verwahrt habe. Eine Haftung der Beklagten bestehe daher
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nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
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Das Gericht hat die Klägerin gem. § 141 ZPO angehört und Beweis erhoben durch
Vernehmung der Zeugen H. und Q. O. Auf die Sitzungsniederschrift vom 26. März 2003
(Bl. 96 - 99 d.A.) wird verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die Klage ist begründet.
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Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten
516,40 EUR als Anspruch aus der vertraglichen Haftungsübernahme aus dem zwischen
den Parteien bestehenden Bankvertrages und der hierfür unstreitig geltenden
"Bedingungen für ec-Karten" zu. Insoweit sehen diese Bestimmungen bei
missbräuchlicher Verwendung der ec-Karte eine Haftung der Bank für alle Verfügungen
nach Anzeige des Verlustes vor und eine Übernahme der bis zum Eingang der
Verlustanzeige entstehenden Schäden, wenn der Karteninhaber die ihm nach den ec-
Karten-Bedingungen obliegenden Pflichten erfüllt hat.
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Die Beweisaufnahme hat vorliegend zunächst zur Überzeugung des Gerichts erbracht,
dass tatsächlich das Portmonee der Klägerin mit der hierin befindlichen ec-Karte
entwendet wurde. Die Zeugin H. O., Schwiegermutter der Klägerin, hat glaubhaft deren
Vortrag vom Diebstahl des Portmonees samt ec-Karte bestätigt. Dabei hat die Zeugin
nachvollziehbar geschildert, wie plötzlich die Klägerin während des Einkaufs im ALDI-
Geschäft bemerkt habe, dass ihr Portmonee weggewesen sei und sie, die Zeugin,
nachdem die Klägerin ihr dies gegenüber zum Ausdruck gebracht habe, sofort
geschrieen habe, dass die Türen verschlossen werden sollten und die Polizei gerufen
werden sollte, was allerdings nicht erfolgt, da nicht möglich gewesen sei. Auch hat die
Zeugin bestätigt, dass die Klägerin dann aus dem Ladenlokal heraus noch ihren
Ehemann, den Zeugen Q. O. per Handy angerufen habe, diesem die Sachlage mitgeteilt
habe, was dieser auch glaubhaft bestätigt hat. Er, so der Zeuge Q. O., habe daraufhin
sofort die Karten, es habe sich neben der ec-Karte noch um eine Visa-Karte gehandelt,
sperren lassen, d.h. die entsprechende Telefonnummer für Kartensperren angerufen.
Auch habe er zusätzlich noch die Filiale der Beklagten in Dortmund angerufen, er kenne
dort den Filialleiter, und habe das Konto dort sperren lassen.
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An der Richtigkeit der Aussagen der Zeugen bestehen, obwohl beide Zeugen der
Klägerin verwandtschaftlich sehr nahe stehen, überhaupt keinerlei Zweifel. Auch die
Angaben der Klägerin selbst sind glaubhaft. Das Gericht hat insbesondere auch auf
Grund des persönlichen Eindrucks von der Klägerin und den Zeugen an deren
Glaubwürdigkeit keine Zweifel. Mithin ist zur Überzeugung des Gerichts der Diebstahl
des Portmonees der Klägerin samt der hier in Rede stehenden ec-Karte bewiesen.
Insoweit stimmt dies alles auch mit den Angaben der Klägerin bei ihrer polizeilichen
Anzeige, die sie ausweislich der schriftlichen Strafanzeige (Bl. 8 d.A.) um 10.25 Uhr bei
der Polizei erstattet hat, überein. Es ist einfach zur Überzeugung des Gerichts
ausgeschlossen, dass dies alles nicht stimmen könnte und lediglich eine "Inszenierung"
der Klägerin, ihres Ehemannes und ihrer Schwiegermutter ist.
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Das Gericht ist auch auf Grund der Umstände und der Angaben der Kläger überzeugt,
dass die Abhebung der beiden Beträge am Geldautomaten der Volksbank I, in der
Straße B T 4-6 in E-I weder von ihr, noch von einer von ihr autorisierten Person
durchgeführt wurde, vielmehr tatsächlich die Verwendung der Karte insoweit
missbräuchlich war. Damit besteht auf Grund der vertraglichen Bestimmung in Zif. 3.2.4
der Bedingungen für ec-Karten eine Haftung der Beklagten für die der Klägerin
erwachsenen Schäden, d.h. hier der abgehobenen Beträge einschließlich der
Gebühren.
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Ein Ausschluss der Haftung wegen Nichterfüllung der der Klägerin obliegenden
Pflichten aus den ec-Karten-Bedingungen oder ein Mitverschulden der Klägerin durch
schuldhaftes Verhalten bei der Entstehung des Schadens ist nicht gegeben.
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Insoweit spricht nach Ansicht des Gerichts nicht der Beweis des ersten Anscheins für
ein Verschulden oder Mitverschulden der Klägerin, insbesondere nicht dafür, dass die
Klägerin ihre Pflichten hinsichtlich der Geheimnummer verletzt hat, d.h. diese etwa auf
der Karte vermerkt oder in anderer Weise zusammen mit der Karte aufbewahrt hatte.
Entgegen der teilweise in der Rechtsprechung vertretenen Ansicht (z.B. OLG Frankfurt
WM 2002, 2101 f.; AG Frankfurt NJW 98, 687; AG Osnabrück NJW 98, 688; AG
Regensburg WM 02, 2105 f.) besteht bei einer nach einem Diebstahl der ec-Karte und
deren missbräuchlicher Verwendung durch Abhebung an einem Geldautomaten unter
Eingabe der richtigen Geheimzahl (PIN) kein Erfahrungssatz dahin, dass in diesem Fall
ausschließlich eine grob fahrlässige Handhabung des Karteninhabers mit der
Geheimzahl dies ermöglicht hat z.B. eben dadurch dass die Nummer zusammen mit der
Karte aufbewahrt wurde oder gar auf der Karte notiert war, sodass durch den Diebstahl
beides in die Hand des Diebes gelangen konnte. Zwar ist, dies unterstellt das Gericht
als wahr, davon auszugehen, dass tatsächlich ein Erraten der PIN-Nummer durch
Ausprobieren oder eine sonstige Ermittlung der PIN durch Entschlüsselung derselben
anhand von auf der Karte gespeicherten Daten unwahrscheinlich ist. Dagegen spricht
nämlich in der Tat, dass eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten
(Trefferwahrscheinlichkeit 1:3333) besteht bei lediglich drei Versuchen, da beim dritten
Fehlversuch der Eingabe der richtigen Nummer die Karte eingezogen wird. Eine
Ermittlung der Geheimzahl durch Entschlüsselung, die zwar grundsätzlich für möglich
gehalten wird (vgl. OLG Hamm NJW 97, 1711 f.), erscheint dem Gericht angesichts der
heutigen Verschlüsselungstechnik (sog. Triple-DES-Algorithmus-Verfahren) kaum
wahrscheinlich und allenfalls mit einem technischen Aufwand machbar, der vorliegend
jedenfalls angesichts aller Umstände außer Betracht bleiben muss.
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Gleichwohl ist jedoch eine Ausspähung der Geheimzahl in der heutigen Zeit eine so
ernst zu nehmende Möglichkeit, die nach Ansicht des Gerichts eben dazu führt, dass die
Grundsätze des Anscheinsbeweises keine Anwendung finden. Mit der immer weiter
zunehmenden Form der Verwendung von ec-Karten zur bargeldlosen Zahlung, bei der
die Geheimnummer jeweils an de Kasse des Geschäftes in ein Kartenlesegerät
eingegeben werden muss, oder der Abhebung von Geld an Geldautomaten unter
Eingabe der PIN-Nummer erscheint es dem Gericht ein Leichtes, dass Dritte die
Geheimnummer "ausspähen" können. So ist es gerade bei der Bezahlung mittels ec-
Karte in Geschäften ohne weiteres für umherstehende oder ebenfalls an der Kasse
anstehende Dritte möglich, die Eingabe der Geheimzahl zu verfolgen und diese zu
erkennen. Insoweit bestehen vielfach, dies ist dem Gericht aus eigener Kartennutzung
bekannt, keinerlei oder nur äußerst unzureichende Schutzmechanismen oder
Abschirmeinrichtungen. In großen Geschäften mit einer Vielzahl von Kunden, die an
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den Kassen, oftmals in mehreren Reihen an nebeneinander befindlichen Kassen,
anstehen, ist es recht einfach, einem mit Karte Zahlenden bei der Eingabe der PIN-
Nummer zu beobachten und sich die Nummer zu merken. Ein anschließender Diebstahl
der Karte ermöglicht dann eine missbräuchliche Nutzung. Ja selbst bei vielen
Kreditinstituten oder auch an den überall sonst vorhandenen Geldautomaten ist ein
solches Ausspähen mangels tatsächlich wirksamen Sichtschutzes nicht besonders
schwierig. Allein hieraus folgt nach Ansicht des Gerichts, dass eben der
Anscheinsbeweis nicht anzuwenden ist. Entgegen insbesondere der hierzu geäußerten
Ansicht des OLG Frankfurt (a.a.O.) handelt es sich bei der hier dargelegten Möglichkeit
des Ausspähens der Geheimnummer eben nicht um einen fernliegenden und damit nur
theoretisch abweichenden Geschehensablauf, der außer Betracht zu bleiben hat,
sondern um eine durchaus naheliegende Möglichkeit, sich auf relativ leichte Weise
Kenntnis von einer solchen PIN-Nummer zu verschaffen.
Schließlich spricht für die hier vertretene Auffassung auch eine sachlich gerechtfertigte
Risikoverteilung. So dürfte bei Anwendung der Grundsätze des Anscheinsbeweises die
Übernahme der Haftung seitens der Bank bei missbräuchlicher Kartennutzung z.B. nach
einem Diebstahl lediglich eine theoretische Möglichkeit bestehen, dass die Bank bis zur
Sperrung der Karte haftet. Einem Kunden dürfte es nämlich kaum gelingen, den
Anscheinsbeweis zu entkräften, insbes. im Hinblick auf die wohl sichere
Verschlüsselung im Triple-DES-Algorithmus-Verfahren und damit lediglich theoretische
und fernliegende Möglichkeit der Ermittlung der PIN-Nummer durch Ausprobieren
und/oder Erraten durch Probieren. Letztlich trägt daher dann der Kunde das Risiko,
ohne dass es ihm praktisch möglich ist, sich hiervon zu befreien. Dies erscheint
angesichts der von den Banken immer mehr geforderte Praxis der Nutzung von Karten
zur bargeldlosen Zahlung und Nutzung von Automaten und damit Abkehr vom sog.
Bankschalterbetrieb. So wird auch letztlich eine Tragung der Risiken in der hier
vertretenen Weise von den Kunden eh wieder über die Gebühren finanziert, d.h. gerade
denjenigen, zu gunsten derer eben die Risiken verteilt sind.
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Das Gericht ist daher der Auffassung, dass angesichts aller vorgenannten Umstände
und Erwägungen ein Anscheinsbeweis bei missbräuchlicher Nutzung der ec-Karte unter
Verwendung der Geheimnummer nicht dafür spricht, dass der Karteninhaber grob
unsorgfältig mit der Geheimzahl umgegangen ist (wie hier LG Berlin NJW-RR 1999,
1213; OLG Hamm a.a.O.; AG München NJW-RR 2001, 1056 f.).
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Da vorliegend der Anscheinsbeweis nicht zum Tragen kommt, ist eine Haftung der
Beklagten auf Grund der Kartenbedingungen gegeben, da die Beklagte ein Verschulden
oder Mitverschulden der Klägerin an der missbräuchlichen Verwendung nicht dargetan
bzw. bewiesen hat und solches auch nicht ersichtlich ist, vielmehr die Klägerin alles nur
erdenkliche getan hat, um eine missbräuchliche Nutzung zu unterbinden, sie
insbesondere sofort die Sperrung veranlasst hat und Mitteilung vom Verlust der Karte
gemacht hat.
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Letztlich dürfte auch, ohne dass es angesichts der vorgenannten Ausführungen darauf
ankommt, vorliegend selbst bei Anwendung des Anscheinsbeweises davon
auszugehen sein, dass dieser Anscheinsbeweis erschüttert ist. Das Gericht hält
angesichts aller Umstände die Angabe der Klägerin, dass sie die Geheimnummer nicht
notiert und bei sich getragen hat und erst recht nicht im Portmonee zusammen mit der
Karte und schon gar nicht auf der Karte notiert hatte, für absolut glaubhaft. Sämtliche von
der Klägerin vorgetragenen und bei der Anhörung angegebenen Tatsachen im
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Zusammenhang mit dem Abhandenkommen der Karte hat die Beweisaufnahme
eindrucksvoll bestätigt. Auch auf Grund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht
von der Klägerin sowie im Übrigen auch von den von ihr benannten Zeugen -ihrer
Schwiegermutter und ihrem Ehemann - gewonnen hat, hat das Gericht nicht die
geringsten Zweifel an deren Aufrichtigkeit und Glaubwürdigkeit.
Zu guter letzt kommt auch eine Mithaftung der Klägerin auf Grund sonstigen
Mitverschuldens entgegen der Ansicht der Beklagten dadurch, dass die Klägerin das
Ausspähen der Geheimnummer etwa möglich gemacht hätte, nicht in Betracht.
Ausgehend davon, dass eben die Möglichkeiten des Ausspähens der PIN-Nummer bei
Nutzung der Karte sowohl an Geldautomaten als auch Kassen in Geschäften mangels
eben ausreichender Abschirmung besteht, vermag dies ein Mitverschulden der Klägerin
nicht zu rechtfertigen. Ein redlicher Kartennutzer muss nach Ansicht des Gerichts bei
Gebrauch der Karte und Eintippen der Geheimzahl bei den vorhandenen oft
unzureichenden oder minimalen Abschirmvorrichtungen nicht zwingend auf in der Nähe
befindliche Personen achten, die u.U. in unredlicher Weise die PIN-Nummer ausspähen
wollen. Als Kunde z.B. beim Bezahlen mit der Karte und dem damit verbundenen
Prozedere und den fehlenden Möglichkeiten der Abschirmung wird man in der Regel
auch hieran überhaupt keinen Gedanken verschwenden.
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Nach alledem ergibt sich also eine Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin auf
Übernahme des der Klägerin durch die missbräuchliche Nutzung ihrer ec-Karte
entstandenen Schadens, hier in Höhe der beiden Abhebungen einschließlich der dabei
angefallenen Gebühren, insgesamt also 516,40 EUR. Dagegen, dass die Klägerin
insoweit Zahlung fordert, bestehen keine Bedenken. Ihr Schaden besteht nämlich darin,
dass durch die Abhebungen ihr Vermögen gemindert ist. Dass sie u.U. auch Gutschrift
auf dem Konto von der Beklagten begehren könnte, macht ihr Zahlungsbegehren nicht
unzulässig.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 281, 286, 288 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Das Gericht hat gem. § 511 Abs. 4 ZPO die Berufung zugelassen, da die Rechtssache
grundsätzliche Bedeutung hat und auch zur Fortbildung des Rechts und Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts
erforderlich ist.
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