Urteil des AG Dortmund vom 30.04.2009

AG Dortmund: wahrung der frist, berechnung der frist, strafbefehl, treuhänder, verschulden, steuererklärung, steuerhinterziehung, zustellung, abtretung, fahrlässigkeit

Amtsgericht Dortmund, 260 IN 161/04
Datum:
30.04.2009
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Insolvenzgericht
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
260 IN 161/04
Tenor:
wird dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt (§ 291 InsO):
Der Schuldner erlangt Restschuldbefreiung, wenn er in der Laufzeit
seiner Abtretungserklärung vom 08.10.2004 den Obliegenheiten nach §
295 InsO nachkommt und die Voraussetzungen für eine Versagung nach
§ 297 oder § 298 InsO nicht vorliegen.
Der gegenwärtige Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Dr. B, T-Straße,
####2 E, wird zum Treuhänder bestellt (§ 291 Abs. 2, § 292 InsO).
Auf den Treuhänder gehen die pfändbaren Forderungen des Schuldners
auf Bezüge aus einem Dienstverhältnis oder an deren Stelle tretende
laufende Bezüge nach Maßgabe der Abtretungserklärung vom
08.10.2004 für die Dauer ihrer Laufzeit über. Die Laufzeit der Abtretung
hat mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 22.12.2004 begonnen
und beträgt sechs Jahre.
Der Versagungsantrag wird zurückgewiesen. Die Kosten des
Verfahrens, die durch den Antrag verursacht worden sind, trägt die
Versagungsantragstellerin.
Gründe:
1
I.
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Über das Vermögen des Schuldners ist am 22.12.2004 das Insolvenzverfahren eröffnet
worden. Der Schuldner beantragt die Erteilung der Restschuldbefreiung.
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Die Versagungsantragstellerin beantragt, die Restschuldbefreiung gemäß § 290 Abs. 1
Nr. 2 InsO zu versagen. Sie behauptet der Insolvenzschuldner habe in seinen
Steuererklärungen für die Jahre 1999, 2000 und 2001 bewusst unrichtige Angaben über
seine wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht, um Steuern zu hinterziehen. Dies ergebe
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sich aus dem Strafbefehl des Amtsgerichts Dortmund vom 12.01.2005, durch welchen
der Schuldner wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtgeldstrafe von 105
Tagessätzen zu je 55,00 € verurteilt worden sei.
II.
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Die Voraussetzungen für die Ankündigung der Restschuldbefreiung (§ 291 InsO) sind
erfüllt. Der Antrag des Schuldners auf Erteilung der Restschuldbefreiung ist rechtzeitig
und ordnungsgemäß gestellt.
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Ein Versagungsgrund (§ 290 InsO) kann nach der Überzeugung des Gerichts nicht
festgestellt werden. Die Voraussetzungen des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO liegen nicht vor.
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Dass der Schuldner in den letzten 3 Jahren vor dem Antrag auf Eröffnung des
Insolvenzverfahrens vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben über seine
wirtschaftlichen Verhältnisse gemacht hat, kann nicht festgestellt werden.
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Dies ergibt sich jedenfalls nicht allein daraus, dass der Schuldner den Strafbefehl des
Amtsgerichts Dortmund vom 12.01.2005 akzeptiert hat. Dieser Strafbefehl bezieht sich
auf einen umfangreicheren Zeitraum, als für die Feststellung der Voraussetzungen des §
290 Abs. 1 Nr. 2 InsO maßgeblich.
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Nach Auffassung des Gerichts können im Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur
schriftliche Angaben des Schuldners berücksichtigt werden, die innerhalb von 3 Jahren
vor dem Eigenantrag des Schuldners auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gemacht
worden sind. Etwaige Gläubigeranträge bleiben bei der Berechnung der Frist
unberücksichtigt. Dies beruht darauf, dass letztlich der Eigenantrag des Schuldners der
maßgebliche Antrag für das Restschuldbefreiungsverfahren ist. Ohne Eigenantrag
kommt ein Restschuldbefreiungsantrag nicht in Betracht.
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Der Eigenantrag des Schuldners ist bei Gericht am 08.10.2004 eingegangen. Danach
sind im Rahmen des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO nur schriftliche Angaben des Schuldners
zu berücksichtigen, die dieser nach dem 08.10.2001 gemacht hat. Eventuelle unrichtige
Angaben des Schuldners in seinen Steuererklärungen für die Jahre 1999 und 2000
bleiben daher außer Betracht, denn diese hat der Schuldner bereits am 22.08.2000 und
am 07.09.2001 eingereicht.
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Dass der Schuldner in seiner Steuererklärung für das Jahr 2001, welche er am
22.05.2003 eingereicht hat, vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtige Angaben
gemacht hat, kann nicht festgestellt werden. Selbst dann, wenn man die
Ermittlungsergebnisse der Betriebsprüfung zu Grunde legen möchte und annimmt, dass
der Schuldner für das Jahr 2001 Mehrumsätze von 10.000,00 € (nach Abzug des
Sicherheitsabschlages 7.000,00 €) nicht aufgeführt hat, kann daraus jedenfalls noch
kein hinreichender Schluss auf ein vorsätzliches oder auch nur grob fahrlässiges
Vorgehen des Schuldners gezogen werden. Es kann vielmehr nicht mit der
erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die Angaben, ihre Unrichtigkeit
einmal unterstellt, hier allein auf einfacher Fahrlässigkeit beruhen.
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Soweit die Versagungsantragstellerin meint, das erforderliche Verschulden könne aus
dem Akzeptieren des Strafbefehls geschlossen werden, vermag das Gericht dem nicht
zu folgen. Der Strafbefehl umfasst einen deutlich umfangreicheren Zeitraum.
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Insbesondere liegt der Hauptvorwurf des Strafbefehls auf den Steuererklärungen für die
Jahre 1999 und 2000. Auch aus eventuellen Unstimmigkeiten bezüglich der
Rechnungen beginnend mit den Ziffern 11 und 94 lässt sich nach Auffassung des
Gerichts nicht, wie von der Versagungsantragstellerin dargetan, der Hinweis auf das
nach § 290 Abs. 1 Nr. 2 erforderliche Verschulden ziehen. Dies schon, weil diese
Rechnungen für die hier allein maßgebliche Steuererklärung für das Jahr 2001 nicht von
Bedeutung waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO, § 91 ZPO.
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Dieser Beschluss kann vom Schuldner und von jedem Insolvenzgläubiger, der recht-
zeitig die Versagung der Restschuldbefreiung beantragt hat, innerhalb von zwei
Wochen ab Zustellung beim Insolvenzgericht mit der sofortigen Beschwerde
angefochten werden (§ 289 Abs. 2, § 312 Abs. 2 InsO). Zur Wahrung der Frist genügt die
Einlegung der Beschwerde beim hiesigen Landgericht.
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