Urteil des AG Dortmund vom 24.06.2008

AG Dortmund: versicherungsnehmer, versicherungsbeginn, sanktion, obliegenheit, anknüpfung, vollstreckbarkeit, gefahr, betrug, kasko, entschädigung

Amtsgericht Dortmund, 420 C 3521/08
Datum:
24.06.2008
Gericht:
Amtsgericht Dortmund
Spruchkörper:
Zivilgericht
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
420 C 3521/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist nicht begründet.
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Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung restlicher Fahrzeug-Kasko-
Entschädigung i.H.v. 500,00 Euro auf der Grundlage des zwischen den Parteien
bestehenden Versicherungsvertrages. Die Beklagte ist berechtigt, die bestehende
Selbstbeteiligung i.H.v. 500,00 Euro doppelt zu berücksichtigen.
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Gemäß § 13 e Abs. 1 lit. a) AKB wird eine bestehende Selbstbeteiligung im Schadenfall
verdoppelt, wenn im Schadenfall festgestellt wird, dass die vom Versicherungsnehmer
im Antrag genannte jährliche Fahrleistung - unter Berücksichtigung des Zeitraums
zwischen Versicherungsbeginn und Schadentag - um mehr als 25% überschritten
wurde.
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Die Klägerin hatte im Antrag als jährliche Fahrleistung 15.000 km angegeben. Zum
Zeitpunkt des Antrags am 26.09.2006 wies das Kfz eine Laufleistung von 71.000 km auf.
Am Schadenstag bzw. am Tag der Feststellung am 12.07.2007 betrug die Laufleistung
90.231 km. Damit war die angegebene jährliche Laufleistung zu diesem Zeitpunkt um
mehr als 25% überschritten.
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Es bestehen auch keine Zweifel hinsichtlich der Auslegung der Klausel, die dazu führen
würden, dass eine Überschreitung von 25% nicht gegeben ist (vgl. § 305 Abs. 2 BGB).
Aus § 13 e Abs. 1 lit. a) AKB geht klar hervor, dass bei der Bemessung der
Überschreitung der Zeitraum zwischen Versicherungsbeginn und Schadentag zugrunde
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Überschreitung der Zeitraum zwischen Versicherungsbeginn und Schadentag zugrunde
zu legen ist.
Die Klausel ist auch Vertragsbestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen
Versicherungsvertrages. Sie ist nicht überraschend i.S.v. § 305 Abs. 1 BGB. Hiernach
werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den
Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, so
ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu
rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil. Voraussetzung ist demnach neben dem
Vorliegen einer objektiv ungewöhnlichen Klausel ein Überraschungsmoment. Der
Klausel muss also ein Überrumpelungs- oder Übertölpelungseffekt innewohnen
(Palandt/Heinrichs, § 305c, Rn. 4 unter Hinweis auf BGH NJW-RR 2004, 1397). Dies ist
vorliegend nicht der Fall. Zum einen ist die betreffende Klausel in einem eigenen Absatz
geregelt und damit bereits nach dem äußeren Erscheinungsbild leicht erkennbar. Zum
anderen muss einem verständigen Versicherungsnehmer klar sein, dass bei einer
erheblichen Überschreitung (25%) der von ihm selbst angegebenen jährlichen
Fahrleistung in den AKB eine Regelung enthalten ist, wonach ein Ausgleich erfolgt.
Denn es erschließt sich jedem verständigen Versicherungsnehmer ohne weiteres, dass
die Fahrleistung relevant für die Kalkulation des Versicherungsunternehmens ist. Je
weniger Kilometer ein Kfz zurücklegt, umso weniger besteht die Gefahr eines Unfalls
und damit das Risiko eines Versicherungsfalls.
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Die Klausel hält auch der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307, 308, 309 BGB stand.
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Bei der Klausel handelt es sich nicht um eine Sanktion im Falle einer vertraglichen
Obliegenheitsverletzung. Denn es geht gerade nicht darum, dass im Falle einer
Verletzung einer Obliegenheit des Versicherungsnehmers eine (teilweise)
Leistungsfreiheit eintritt (vgl. §§ 6, 23 ff. VVG a.F.). Vielmehr steht die Fahrleistung im
Vordergrund. Es wird also eine objektive Anknüpfung verlangt. Das mit einer erheblich
erhöhten Fahrleistung einhergehende höhere Risiko des Eintritts eines
Versicherungsfalls führt dann zu der doppelten Berücksichtigung der Selbstbeteiligung.
Es handelt sich also nicht um eine sanktionierte Obliegenheitsverletzung, sondern
vielmehr eine Veränderung des Risikos und der zugrunde gelegten Kalkulation.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11,713 ZPO.
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