Urteil des AG Dorsten vom 11.12.2006

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Amtsgericht Dorsten, 3 C 170/06
Datum:
11.12.2006
Gericht:
Amtsgericht Dorsten
Spruchkörper:
3. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 C 170/06
Normen:
§§ 7, 18 StVG, § 249 BGB
Sachgebiet:
Verkehrsrecht Bürgerliches Recht
Leitsätze:
Verkehrsunfall, Schmerzensgeld bei commotio cerebri, Schnittwunden
Tenor:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 100,00 Euro
nebst
5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 15.08.2002 zu zahlen.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden
Betrages die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Tatbestand:
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Der Kläger macht einen restlichen Schmerzensgeldanspruch aufgrund eines
Verkehrsunfalls vom 06.01.2002 geltend, der sich in ..... ereignet hat. Die alleinige
Haftung der Beklagten für den Unfallhergang ist unstreitig, weil der Beklagte zu 1.)
zunächst bei Rot an einer Ampel stand und ohne dass die Ampel inzwischen auf Grün
umgesprungen war, bei Rot anfuhr und in den Kreuzungsbereich hineinfuhr, in dem sich
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der Kläger näherte. Der Kläger wurde bei dem Unfall verletzt.
Nach einem vorgelegten ärztlichen Bericht des Arztes Dr. med. H litt der Kläger an
Commotio cerebri mit Kopfschmerzen, Ohrensausen, Übelkeit und Schwindel. Ferner
wird ausgewiesen, dass der Kläger multiple kleine Schnittwunden an Stirn und
Augenbrauen links
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hatte. Eine Prellung am linken Kniegelenk führte zu einem Hämatom verbunden mit
Schmerzen bei Beugen und Streckung des Beines. Attestiert werden ferner Schmerzen
bei der Ein- und Ausatmung.
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Der Kläger geht davon aus, dass ihm ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens
4.000,00 Euro zustehe, da hinzukomme, dass der Beklagte zu 1.) bei Rot in den
Kreuzungsbereich hineingefahren sei und damit sich in gröbster Weise über die
Verkehrsregeln hinweggesetzt habe.
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Außergerichtlich sind durch die Beklagte zu 2.) 400,00 Euro gezahlt worden.
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Der Kläger geht davon aus, dass ihm weitere 3.600,00 Euro Schmerzensgeld zustehen.
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Der Kläger beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein weiteres Schmerzensgeld,
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dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst 5 % Zinsen über dem
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Basiszinssatz seit dem 15.08.2002 zu zahlen.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Sie tragen vor, die Verletzungen habe der Kläger übertrieben dargestellt. Das begehrte
Schmerzensgeld sei daher überhöht. Der Kläger habe bei dem Unfall lediglich multiple
kleine Schnittwunden an der Stirn mit Glassplittern und einer Schürfwunde des rechten
Knies zugezogen. Objektive Anhaltspunkte für eine Commotio cerebri seien nicht
vorhanden gewesen. Die Augenmotorik sei regelgerecht gewesen. Es habe kein
Kalottenklopf- oder
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Kompressionsschmerz vorgelegen. Im übrigen müsse sich der Kläger ein erhebliches
Mitverschulden anrechnen lassen, da er zum Unfallzeitpunkt nicht angeschnallt
gewesen sei und die Körperverletzungen nicht erlitten hätte, wenn er sich
ordnungsgemäß angeschnallt hätte.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gegenseitig
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gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
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Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen G, insofern
wird auf das Sitzungsprotokoll vom 11. November 2005 verwiesen.
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Ferner wurde ein schriftliches Sachverständigengutachten des Dipl.-Ing. C eingeholt.
Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird insofern auf das schriftliche
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Gutachten vom 31. Juli 2006 i.V.m. den mündlichen Erläuterungen im Termin der
mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2006 verwiesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist im erkannten Umfang begründet.
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Dem Kläger steht noch ein restlicher Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 100,00
Euro gegen die Beklagten als Gesamtschuldner zu.
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Aufgrund eines durch den Beklagten zu 1.) verschuldeten Verkehrsunfalls hat der
Kläger eine Körperverletzung erlitten. Die Beklagte zu 2.) haftet in gleicher Weise
gemäß § 3 Pflichtversicherungsgesetz.
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Aufgrund des vorgelegten Krankenhausberichtes geht das Gericht davon aus, dass die
Verletzung des Klägers sich nicht als so schwerwiegend darstellen wie sie
schriftsätzlich vorgetragen worden sind.
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Das C Krankenhaus .... hat am 12.03.2002 einen ärztlichen Bericht erstellt
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(Bl. 55 – 57 der Gerichtsakte).
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Daraus ergibt sich, dass der Patient (Kläger) wach, ansprechbar und voll orientiert ist.
Auf der linken Stirnseite befindet sich auf einem Areal von 5 x 5 cm multiple kleinste
oberflächliche Schnittwunden, davon vier mit 2 mm messenden Glaseinsprengungen.
Desweiteren finden sich an der linken Augenbraune oberflächliche Schnittwunden und
am linken Oberlid. Hier sind ebenfalls Glassplitter eingesprengt. Die Pupillomotorik ist
regelrecht. Kalottenkopf oder Kompressionsschmerz liegt nicht vor. Es ist kein
Liquorfluss aus den Körperöffnungen festzustellen. Einen Anhaltspunkt für ein
Schädelhirntrauma liegt nicht vor. Ferner wird festgestellt, dass am rechten Kniegelenk
ventral unterhalb der Patella sich eine oberflächliche Hautabschürfung von 0,5 x 2 cm
Länge befindet. Ein Anhaltspunkt für einen Knieinnenschaden besteht nicht. Die
Durchblutung, Motorik und Sensibilität sind peripher Intakt. Es verbleibt daher letztlich
bei einem Krankheits- und Verletzungsbild, das so aussieht, das multiple kleine
Schnittwunden an der Stirn teilweise mit Einlagerung von Glassplittern vorhanden
waren. Ferner lag auch eine Schürfwunde am rechten Knie vor.
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Angesichts dieser Verletzung erscheint normalerweise ein Schmerzensgeld in Höhe
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1.000,00 Euro aufgrund des überdurchschnittlichen Verschuldens des Beklagten zu 1.)
als angemessen. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der durchgeführten
Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass den Kläger ein
erhebliches Mitverschulden trifft. Die Feststellung des Sachverständigen Dipl.-Ing. C,
dem das Gericht folgt, führen dazu, dass das Gericht davon ausgeht, dass der Kläger
nicht angeschnallt in seinem Fahrzeug gefahren ist. Aufgrund dieses Umstandes ist es
zu den Verletzungen des Klägers im Kopfbereich gekommen. Der Sachverständige hat
durch verschiedene Tests festgestellt, dass die Beschädigung der Frontscheibe am
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Fahrzeug des Klägers nur dann möglich ist, wenn der Kläger nicht angeschnallt
gefahren ist. Ansonsten wäre es für den Kläger nicht möglich gewesen, an dieser Stelle
mit dem Kopf gegen die Scheibe zu schlagen. Die Feststellungen des
Sachverständigen und die vorgelegten Bilder überzeugen. Den Kläger trifft daher ein
nicht unerhebliches Mitverschulden, dass mit 50 % angenommen wird. Dies führt dazu,
dass der Schmerzensgeldanspruch des Klägers sich erheblich reduziert. Das Gericht
sieht ein Schmerzensgeld in Höhe von 500,00 Euro daher als angemessen und
ausreichend
an. 400,00 Euro sind bereits gezahlt, so dass der Kläger die Zahlung von weiteren
100,00 Euro verlangen kann.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Satz 2 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Ziff. 11
i.V.m.
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§ 711 ZPO.
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U
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Richter am Amtsgericht
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