Urteil des AG Charlottenburg vom 20.12.2005

AG Charlottenburg: zweigniederlassung, sitz im ausland, kapitalgesellschaft, genehmigung, quelle, gesellschaftsrecht, konkretisierung, gesellschaftszweck, offenlegung, sammlung

1
2
3
4
5
6
7
8
Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
99 AR 5223/05 B
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 13e Abs 2 S 3 HGB
Ausländische Kapitalgesellschaft: Anmeldung des
Gegenstandes der Zweigniederlassung
Leitsatz
Die gem. § 13e Abs. 2 Satz 3 HGB erforderliche Anmeldung des Gegenstandes der
Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft erfordert deren ausreichende
inhaltliche Konkretisierung.
Tenor
In der Registersache ... wird die Anmeldung der Zweigniederlassung vom 4.11.2005
kostenpflichtig zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die als private company limited by shares verfasste, am 2.3.2005 gegründete und am
selben Tage in das Company Register des Companies House Cardiff/Großbritannien zur
Company No. ... eingetragene Beteiligte begehrt mit ihrer Anmeldung vom 4.11.2005
die Eintragung einer Zweigniederlassung in Berlin.
In der Anmeldung heißt es unter anderem:
„Die Zweigniederlassung beschäftigt sich mit: Dienstleistungen aller Art, die keiner
besonderen Erlaubnis bedürfen, sowie alle dem Gesellschaftszweck dienenden Hilfs- und
Nebentätigkeiten.“
Auf entsprechende Zwischenverfügung des Gerichts vom 24.11.2005 hat es die
Beteiligte abgelehnt, den Gegenstand der Zweigniederlassung näher zu konkretisieren.
Sie vertritt die Auffassung, dass eine solche Verpflichtung vor dem Hintergrund des
Vorrangs europäischen Rechts nicht bestehe.
II.
Die Anmeldung war zurückzuweisen, da sie in Ansehung der Formulierung des
angemeldeten Gegenstandes der Zweigniederlassung nicht den Anforderungen des § 13
e Abs. 2 Satz 3 HGB entspricht.
Bei der als private limited company nach britischem Recht verfassten Beteiligten handelt
es sich um eine Kapitalgesellschaft im Sinne der Bestimmungen des HGB über die
Anmeldung von Zeigniederlassungen mit (statutarischem) Sitz im Ausland. Gemäß § 13
e Abs. 2 Satz 3 HGB hat die Anmeldung der Zweigniederlassung einer solchen
Gesellschaft unter anderem den „Gegenstand der Zweigniederlassung“ zu enthalten.
Dies steht in Übereinstimmung mit Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b) der Elften Richtlinie
89/666/EWG vom 21.12.1989 („Zweigniederlassungsrichtlinie“), wonach die Tätigkeit der
Zweigniederlassung offen zu legen ist.
Der Inhalt der Anmeldung weist nicht den zu beachtenden Konkretisierungsgrad auf:
Ihre Formulierung orientiert sich in ihrer Allgemeinheit - wenn auch beschränkt auf den
Tätigkeitsbereich der Dienstleistungen - an einer dem britischen Gesellschaftsrecht
entlehnten weiten Beschreibung des Unternehmensgegenstandes („objects“) einer in
der Rechtsform einer private limited company verfassten Gesellschaft. Für letzteren, das
heißt für den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand gelten - und insoweit ist der
Beteiligten beizupflichten - nicht die Anforderungen, die nach deutschem Recht an die
Aussagefähigkeit einer Satzungsformulierung des Unternehmensgegenstandes zu
stellen sind (vgl. hierzu z.B. Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 3, Rdnr. 10 ff.
9
10
11
stellen sind (vgl. hierzu z.B. Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 3, Rdnr. 10 ff.
m.w.N.). Vielmehr beurteilt sich die Zulässigkeit der statutarischen Fassung des
Unternehmensgegenstandes allein an den durch das Recht des Gründungsstaates der
Gesellschaft vorgegebenen Anforderungen (ebenso OLG Hamm GmbHR 2005, S. 1130).
Anders verhält es sich jedoch mit den Voraussetzungen, die bezogen auf den als Teil der
Anmeldung der Zweigniederlassung offen zu legenden Gegenstand der Niederlassung
zu erfüllen sind:
Insoweit ist auf das Informationsbedürfnis abzustellen, welches auch nach der Intention
des europäischen Richtliniengebers mit der entsprechenden Angabe befriedigt werden
soll. Dies ist das nationale Interesse. So bestimmt § 13 e Abs. 2 Satz 2 HGB ergänzend,
dass wenn die Zulassung zum Gewerbebetrieb im Inland der staatlichen Genehmigung
bedarf, auch diese nachzuweisen ist. In diesem Kontext gewinnt die Formulierung des
Gegenstandes der Zweigniederlassung entscheidende Bedeutung, ist sie doch alleinige
Grundlage des Registergerichts für die Prüfung, ob es des Nachweises einer
erforderlichen staatlichen Genehmigung bedarf. Ob eine solche tatsächlich erforderlich
ist, hat das Gericht nach eigener Subsumtion des in der Formulierung des
Gegenstandes enthaltenen Sachverhalts zu entscheiden. Ob der Anmeldende der
(Rechts-) Meinung ist, die Genehmigungspflicht sei nicht gegeben, ist unerheblich.
Demzufolge ist auch der pauschale Ausschluss genehmigungspflichtiger Tätigkeiten aus
dem inhaltlich nicht näher beschriebenen Gesamtbereich in Betracht zu ziehender
Dienstleistungen nicht behilflich solange die Formulierung des Gegenstandes mangels
Konkretisierung eine solche Prüfung nicht ermöglicht.
Somit bestimmen sich die Anforderungen, die an eine Offenlegung des Gegenstandes
der Zweigniederlassung zu stellen sind, nach deutschem Recht. Danach muss die
Angabe des Gegenstandes der Zweigniederlassung den Schwerpunkt der dort, das heißt
in der Zweigniederlassung betriebenen Geschäfte deutlich machen, also in ihrer
inhaltlichen Aussage so ausreichend individualisiert sein, dass die Zuordnung des
Tätigkeitsbereichs zu einem Geschäftszweig als Sachbereich des Wirtschaftslebens
ermöglicht wird (vgl. Baumbach/Hueck, a.a.O.; ebenso für die Zweigniederlassung einer
ausländischen Kapitalgesellschaft Wachter ZNotP 2005, S. 122, 137; Hüffer, AktG, 6.
Aufl., Anhang zu § 45, § 13 e HGB, Rdnr. 6; Gesellschaftsrecht für die Praxis 2006,
Memento-Verlag, TZ. 7914; Melchior GmbHR 2005, S. 689, 690). Dem genügt die
leerformelartige Formulierung „Dienstleistungen aller Art, die keiner besonderen
Erlaubnis bedürfen, sowie alle dem Gesellschaftszweck dienenden Hilfs- und
Nebentätigkeiten“ nicht, da sie nicht erkennen lässt, auf welchem Teilgebiet des
umfassenden Bereichs aller in Betracht kommenden Dienstleistungen sich die Beteiligte
jedenfalls schwerpunktmäßig über ihre inländische Zweigniederlassung betätigen will.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum