Urteil des AG Charlottenburg vom 10.10.2008

AG Charlottenburg: fahrzeug, quelle, firma, rechtshängigkeit, daten, akte, vollstreckung, beweislastumkehr, wahrscheinlichkeit, anwaltskosten

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
232 C 196/07
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 476 BGB
Gebrauchtwagenkaufvertrag: Widerlegung der Regelung zur
Beweislastumkehr bei Mangel der Einspritzpumpe
Leitsatz
Widerlegung der Vermutungswirkung des § 476 BGB, wenn der aufgetretene Fehler kein
hinreichender Beleg für das Vorhandensein eines Fehlers zum Zeitpunkt der Übergabe ist.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Der Kläger kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages
abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110%
des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Die Beklagte beschäftigt sich gewerblich mit dem Verkauf von Kraftfahrzeugen. Durch
Vertrag vom 27. Januar 2007 erwarb der Kläger von der Beklagten einen gebrauchten
Audi Typ A 8 Limousine zum Preise von 8500,00 €. Der Verkauf erfolgte unter
Ausschluss jeglicher Gewährleistung. Auf die weiteren genauen Einzelheiten des Vertrags
(Blatt 8 und 9 der Akten) wird verwiesen.
Am 4. April 2007 blieb das Fahrzeug in Lüneburg bei Hamburg liegen. Die
Einspritzpumpe sprang nicht mehr an. Das Fahrzeug wurde am 4. April zum Autohaus …
GmbH & Co KG transportiert. In der Folgezeit gab der Sohn des Klägers den Auftrag zur
Reparatur des Fahrzeugs. Dafür erteilte die Werkstatt Rechnung über 2215,90 € (Blatt 15
der Akte), die am selben Tage beglichen wurde.
Mit der Klage beansprucht der Kläger Ersatz seiner Reparaturaufwendungen. Er
behauptet, der Fehler an der Einspritzpumpe sei bereits zum Zeitpunkt des
Kaufvertragsabschlusses angelegt gewesen. Zum Beweis beruft er sich auf den
Werkstattmeister der Firma … sowie Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte habe er mit Anwaltsschreiben vom 12. April 2007 zur Mangelbeseitigung
bis 23. April 2007 aufgefordert. Den Reparaturauftrag habe dann am 30. April 2007sein
Sohn erteilt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.215,90 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorprozessual
entstandene Rechtsanwaltskosten in Höhe von 272,87 € nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bestreitet, dass die Einspritzpumpe am Fahrzeug bei Übergabe mangelhaft gewesen
sei. Bei der Einspritzpumpe handele es sich um ein Verschleißteil, so dass sie entweder
funktioniere oder nicht funktioniere. Schließlich seien die Reparaturkosten überhöht.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen
Rechtsanwalt S.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die
Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts Rheine vom 3. Dezember 2007 (Blatt 75 und 76
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Sitzungsniederschrift des Amtsgerichts Rheine vom 3. Dezember 2007 (Blatt 75 und 76
der Akte) verwiesen. Außerdem hat es ein Gutachten des Sachverständigen Bahn
eingeholt. Auf dieses Gutachten vom 7. August 2008 (Blatt 147 ff der Akten) wird
verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Am Schadensersatzanspruch des Kläger des §§ 437, 440, 280, 281, 283 BGB oder aus
sonstigen Anspruchsgrundlagen kann nicht festgestellt werden. Der Kläger hat den ihm
obliegenden Beweis einer Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs zum Zeitpunkt der Übergabe
nicht erbracht. Zwar ist der Mangel hier binnen weniger als sechs Monaten nach Verkauf
und Übergabe aufgetreten. In einem solchen Fall wird beim Verbrauchsgüterkauf gemäß
§ 476 BGB vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei
denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Aus
Letzterem folgt jedoch, dass ein Mangel, dessen sich Zeigen innerhalb der
Sechsmonatsfrist kein hinreichender Beleg für ein Vorhandensein im Übergabezeitpunkt
ist, keine Vermutungswirkung auslösen kann (vgl. Reinking/Eggert, der Autokauf, 9. Aufl.
Rdnr. 1312). So ist es hier zu sehen. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten
ausgeführt, als Ursache für das Auftreten des Fehlers im April 2007 komme ein
Elektronikfehler in der Motorsteuerung in Betracht. Denkbar sei aber auch eine
Falschbetankung, z. B. mit Biodiesel. Ein zwingender Bezug zum Vorhandensein eines
Fehlers bei der Fahrzeugübergabe könne deshalb nicht hergestellt werden. Schließlich
würden sich mechanische Fehler zwar über einen gewissen Zeitraum entwickeln. Da im
vorliegenden Fall die genaue Schadensdiagnose nicht vorliege und somit die Ursache
des Ausfalls nicht bekannt sei, könne aber auch keine befriedigende Antwort darauf
gegeben werden, welchen zeitlichen Verlauf ein eventueller mechanischer Fehler gehabt
haben könnte. Es sei deshalb möglich, dass der Fehler zum Zeitpunkt der Übergabe im
Januar 2007 bereits angelegt war oder sich erst relativ kurz vor Schadenseintritt
entwickelte. Im Ergebnis sei der Ausfall des Fahrzeugs im April 2007 kein hinreichender
Beleg für das Vorhandensein eines Fehlers an der Einspritzpumpe zum Zeitpunkt der
Übergabe am 27. Januar 2007.
Unter diesen Umständen hat die Beklagte die Vermutungswirkung des § 476 BGB
widerlegt, weil das sich Zeigen des Mangels innerhalb der Sechsmonatsfrist hier gerade
kein hinreichender Beleg für ein Vorhandensein im Übergabezeitpunkt ist. Dabei ist
darauf hinzuweisen, dass es maßgeblich ist, ob der konkrete Mangel mit hinreichender
Wahrscheinlichkeit einen Rückschluss auf sein Vorliegen im Zeitpunkt der Übergabe
zulässt oder nicht (vgl. Reinking/Eggert a.a.O.). Damit wäre es Sache des Klägers
seinerseits zu beweisen, dass doch bereits bei Übergabe ein Mangel vorgelegen hat.
Eben dies konnte der Sachverständige aber auch nicht feststellen. Zu diesen Fragen war
auch nicht noch der Werkstattmeister der Firma … zu hören, weil es hier nicht um
Fragen des Zustands beim Auftreten des Mangel sondern Schlussfolgerungen für die
Zeit davor geht. Solche zu ziehen ist aber allein Sache eines Sachverständigen.
Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus den Unstimmigkeiten der Daten des TÜV
Berichts vom 1. Februar 2007 bzw. des Prüfberichts über die Abgassonderuntersuchung
vom 7. Februar 2007. Es ist jetzt nicht mehr zu klären, ob diese Berichte tatsächlich nur
falsche Daten tragen oder erst verspätet angefertigt oder sogar manipuliert worden
sind. Jedenfalls kann daraus nicht umgekehrt der Schluss gezogen werden, dass
seinerzeit doch tatsächlich bereits ein Mangel bestanden hat.
Da der Haupanspruch nicht gegeben ist, besteht auch kein Anspruch auf Ersatz von
vorprozessualen Anwaltskosten.
Die Kostenentscheidung entsteht nach § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den § 708 Nr. 11,711
ZPO.
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