Urteil des AG Charlottenburg vom 15.03.2017

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
224 C 122/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 558 Abs 1 BGB
Mieterhöhung bei Wohnraummiete: Nichtberücksichtigung des
Ausstattungsmerkmals "Sammelheizung" lt. Mietspiegel bei
Mietereinbau einer Gasetagenheizung
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf
Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor
der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zustimmung der Beklagten zu einer Mieterhöhung.
Die Rechtsvorgängerin des Klägers, Frau nnn , und die Beklagte schlossen einen
Mietvertrag über die im Vorderhaus, 2. OG des Hauses nnn gelegene Wohnung. Der
Mietvertrag wurde für die Dauer von 10 Jahren (bis zum 31.03.2000) fest abgeschlossen
und vereinbart, dass er danach mit dem ursprünglichen Inhalt fortgesetzt würde. Dem
Mietvertrag war eine Anlage vom 29.03.1990 beigefügt. Dort heißt es:
"1. Die zwischen Vermieterin und Mieterin vereinbarte Miete basiert auf dem Berliner
Mietspiegel für Altbauwohnungen 1990 - Wohnungen mit mehr als 90 qm ohne
Sammelheizung, mit Bad und WC in der Wohnung -.
Wird nach den gesetzlichen Bestimmungen ein neuer Mietsiegel erstellt, ist Vermieterin
berechtigt, ausgehend von dem jeweils neuen Mietspiegel, unter Anwendung des
Höchstsatzes für Wohnungen der vorbezeichneten Art eine Anpassung der Miete zum
Beginn des dritten Monats zu verlangen, der auf den Zugang einer entsprechenden
Mietteilung folgt.
2. Vermieterin ist damit einverstanden, dass die Mieterin auf ihre Kosten das Bad nach
ihren Wünschen und Vorstellungen umbaut sowie eine Gasetagenheizung mit
Warmwasserversorgung installieren lässt. Vermieterin leistet keine Gewähr dafür, dass
der Einbau der Gasetagenheizung von der Gasag genehmigt wird.
Alle Kosten, die durch die vorstehenden baulichen Maßnahmen entstehen, trägt die
Mieterin.
Das Eigentum an den Ein- und Umbauten geht mit deren Fertigstellung auf die
Vermieterin über.
3. Gibt die Mieterin aus beruflichen oder persönlichen Gründen ihren Wohnsitz in Berlin
auf, ist sie berechtigt, der Vermieterin als Nachfolgemieter bis zu drei Interessenten zu
benennen, die bereit sind, an ihrer Stelle in das Mietverhältnis zu den Bedingungen
dieses Vertrages einzutreten. Für jedes noch nicht vollendete Miet-Vertragsjahr darf die
Mieterin von ihrem Mietnachfolger die Erstattung von 10 % der Aufwendungen
verlangen, die sie für den Um- und Einbau sowie die von ihr zu Beginn des Mietvertrages
ausgeführten Schönheitsreparaturen gezahlt hat."
Im Jahr 1990 ließ die Beklagte eine Gasetagenheizung mit Warmwasserversorgung auf
ihre Kosten in die Wohnung einbauen.
Der Kläger hat das Eigentum an dem Grundstück erworben und ist seit dem 30.05.1994
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Der Kläger hat das Eigentum an dem Grundstück erworben und ist seit dem 30.05.1994
als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Die monatliche Miete für die 102,95 qm große Wohnung betrug zuletzt 350,18 EUR netto
kalt.
Mit Schreiben vom 01.03.2005 verlangte der Kläger von der Beklagten die Zustimmung
zur Erhöhung der Nettokaltmiete von 350,18 EUR um 70,04 EUR auf 420,22 EUR zum
01.06.2005.
Der Kläger ist der Ansicht, die Wohnung sei in das Mietspiegelfeld L 2 einzuordnen. Die
von den ursprünglichen Vertragsparteien vorgenommene Einordnung in das
Mietspiegelfeld für Wohnungen ohne Sammelheizung, sei nur für 10 Jahre vereinbart.
Inzwischen sei die Investition der Beklagten abgewohnt.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung der Miete für die von ihr im Haus nnn
bewohnte Wohnung mit Wirkung zum 01.06.2005 von monatlich 350,18 EUR um 70,04
EUR auf 420,22 EUR netto kalt zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich des Vorbringens der Parteien wird ergänzend auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zustimmung zu der verlangten
Mieterhöhung aus § 558 Abs. 1 BGB.
Für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist das Mietspiegelfeld L 1 mit einem
Höchstwert von 3,31 EUR zugrunde zulegen. Die derzeitige Miete von 350,18 EUR (3,40
EUR/qm) übersteigt bereits den Höchstwert dieses Mietspiegelfeldes.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist nicht das Mietspiegelfeld L 2 einschlägig. Der
Kläger kann sich nicht auf das Ausstattungsmerkmal Sammelheizung berufen, da die
Beklagte die Gasetagenheizung auf eigene Kosten in die Wohnung eingebaut hat.
Nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum bleiben vom Mieter
finanzierte wohnwerterhöhende Einrichtungen bei der Ermittlung der Vergleichsmiete
außer Betracht, und zwar auch nach einem Vermieterwechsel und auch nach längerer
Zeit, es sei denn, die Mietvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart (vgl.
Rechtsentscheid des BayObLG NJW 1981, 2259; MünchKomm BGB, 4. Aufl., § 558 Rn. 18;
Schmidt-Futterer, Mietrecht, 8. Aufl., § 558 Rn. 83; LG Berlin GE 2002, 594). Ein Mieter,
der auf eigene Kosten den Gebrauchswert nachhaltig erhöhende Einrichtungen
vorgenommen hat, soll nicht mit einer höheren Miete belastet werden, während dem
Vermieter ein höheres Entgelt zugute käme, obwohl er selbst keine zusätzliche Leistung
erbracht hat. Die bloße Erteilung der Erlaubnis seitens des Vermieters zur Vornahme
werterhöhender Einbauten und die anschließende - selbst noch lange - Nutzung selbst
finanzierter Einrichtungen durch den Mieter stellen keinen sich durch Zeitablauf
vollziehenden Ausgleich für vom Mieter getätigte Aufwendungen dar. Einen Grundsatz,
dass nach Ablauf einer bestimmten Zeit Investitionen des Mieters nicht mehr zu
berücksichtigten sind, weil sie "abgewohnt" sind, gibt es nicht (vgl. LG Halle WM 2000,
551).
Eine von diesen Grundsätzen abweichende Vereinbarung wurde zwischen den
ursprünglichen Vertragsparteien nicht getroffen. Es ist nicht vereinbart worden, dass der
Vermieter dem Mieter die Kosten erstattet oder dass dem Vermieter der wirtschaftliche
Nutzen der Einrichtung zustehen soll. Nach der Vereinbarung in der Anlage 2 zum
Mietvertrag vom 29.03.1990, die gemäß § 566 BGB auch für und gegen den Kläger als
Erwerber wirkt, soll die Wohnung für künftige Mieterhöhungen in das jeweilige
Mietspiegelfeld für Wohnungen ohne Sammelheizung eingeordnet werden. Es ist
individualvertraglich festgelegt, dass der Vermieter berechtigt ist, die Miete unter
Anwendung des Höchstsatzes für Wohnungen der vorbezeichneten Art, also für
Wohnungen ohne Sammelheizung, zu erhöhen. Eine zeitliche Begrenzung für diese
Einordnung enthält die Vereinbarung nicht.
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Eine zeitliche Begrenzung auf eine Dauer von 10 Jahren ergibt sich entgegen der Ansicht
des Klägers auch nicht aus Ziffer 3 der Anlage 2. Darin ist geregelt, dass die Beklagte
bei Auszug vor Ablauf von 10 Jahren von einem Nachmieter einen Ausgleich für die
Kosten des Heizungseinbaus erhalten soll und die Vermieterin zu diesem Zweck einen
vorgeschlagenen Nachmieter akzeptieren muss.
Angesichts der erheblichen Investitionen der Beklagten in die Wohnung sollte sie
während der ersten 10 Jahre besonders geschützt werden. Aus dieser Regelung ergibt
sich jedoch nicht, dass nach Ablauf von 10 Jahren die in Ziffer 1 der Anlage vereinbarte
Einordnung der Wohnung entfallen sollte. Dies würde einen unzulässigen Umkehrschluss
darstellen. Entsprechendes gilt für die Vereinbarung einer festen Mietzeit von 10 Jahren.
Auch dadurch sollte lediglich die Mieterin für einen Mindestzeitraum besonders
geschützt werden.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung, dass die Heizung in das
Eigentum der Vermieterin übergehen soll. Denn damit ist keine Vereinbarung über einen
dem Vermieter zustehenden wirtschaftlichen Nutzen an der Heizung während der
Mietdauer getroffen worden (vgl. LG Berlin, GE 2002, 594).
Der Vortrag des Klägers aus dem Schriftsatz vom 15.09.2005, der am 16.09.2005 bei
Gericht eingegangen ist, war nicht zu berücksichtigen, da er nicht innerhalb der gemäß §
283 ZPO gesetzten Frist eingegangen ist. Er würde jedoch auch nicht zu einer
abweichenden Beurteilung führen. Der darin enthaltene Vortrag, der mit der
Ausarbeitung des Mietvertrag beauftragte Rechtsanwalt habe den Willen der
Vertragsparteien berücksichtigen sollen, dass für die Zeit von 10 Jahren nach Abschluss
des Mietvertrages keine Mieterhöhung erfolgen dürfte, bei der die von der Beklagten
eingebaute Sammelheizung berücksichtigt wird, lässt entgegen der Ansicht des Klägers
keinen Schluss darauf zu, dass es dem Willen der Vertragsparteien entsprochen hätte,
dass die Wohnung nach Ablauf von 10 Jahren als mit Sammelheizung vermietet gelten
sollte. Daraus, dass dem besonderen Schutzbedürfnis der Beklagten in den ersten 10
Jahren Rechnung getragen werden sollte, kann nicht auf einen gemeinsamen Willen der
ursprünglichen Vertragsparteien geschlossen werden, dass nach Ablauf dieser Zeit dem
Vermieter der wirtschaftliche Nutzen der Heizung zukommen sollte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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