Urteil des AG Charlottenburg vom 15.03.2017

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
233 C 47/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 535 BGB, § 536 BGB
Wohnraummiete: Anspruch des Mieters auf Beseitigung von
Farbschmierereien an der Hausfassade
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, die folgenden Mängelbeseitigungsmaßnahmen
hinsichtlich der Mietwohnung der Kläger im Hause ... fachgerecht durchführen zu lassen:
Die Graffiti im Erdgeschoss des Hauses – von der Straße aus gesehen – an der
rechten Wand neben dem Hauseingang sowie an beiden gegenübergelegenen Wänden
des Hauseinganges und an den umlaufenden Hauswänden im Bereich der ... vollständig
zu entfernen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 Euro vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand
Die Kläger sind Mieter, die Beklagte ist Vermieterin der Wohnung ....
Auf der Hausfassade befinden sich an der rechten Wand neben dem Hauseingang, an
beiden gegenübergelegenen Wänden des Hauseingangs, an der linken Wand neben dem
Hauseinwand sowie an der zur ... gelegenen Hauswand großflächig Graffiti.
Die Beklagte hatte vor einiger Zeit bereits Graffiti entfernen lassen. Mit Schreiben vom
30.05.2005 unterrichteten die Kläger die Beklagte darüber, dass erneut die Außenwände
verschmiert seien und forderten die Beklagte auf, die Graffiti zu beseitigen.
Bei Einzug der Kläger im Januar 1996 war die Außenfassade und der
Hauseingangsbereich in optisch einwandfreiem Zustand.
Die Kläger sind der Auffassung, die Graffiti stellten einen Mangel der Mietsache dar und
seien zu beseitigen.
Die Kläger beantragen,
die Beklagte zu verurteilen, die folgende Mängelbeseitigungsmaßnahmen hinsichtlich
der Mietwohnung der Kläger im Hause ... fachgerecht durchführen zu lassen:
die Graffiti im Erdgeschoss des Hauses – von der Straße aus gesehen – an der
rechten Wand neben dem Hauseingang sowie an beiden gegenübergelegenen Wänden
des Hauseinganges und an den umlaufenden Hauswänden im Bereich der ... der ...
vollständig zu entfernen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, Graffiti an einer Hauswand stellten keinen Mangel der Mietsache
dar. Die Beklagte könne sich nicht gegen die Schmierereien schützen. Die Nutzbarkeit
der Wohnung werde nicht behindert und beeinträchtigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den
Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist begründet.
Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Beseitigung der Graffiti auf der
Außenfassade des Eckhauses ... gemäß §§ 535, 536 BGB.
Bei den Graffiti handelt es sich im vorliegenden Fall um einen Mangel des Mietsache.
Der vertragsgemäße Zustand umfasst auch die Grundstücks- und Gebäudeteile, die zur
gemeinschaftlichen Benutzung durch die Mieter und zum Zugang zur Mietsache
bestimmt sind (Palandt-Weidenkaff, BGB 65. Aufl. § 535 Rn. 34, 41; KG, WuM 1984, 43)
und somit auch die Außenfassade sowie den Hauseingang (vgl. AG Hamburg, WuM
2006, 244; Schmidt-Futterer-Eisenschmidt, Mietrecht, 8. Aufl. § 536 Rn. 185).
Der für den vertragsgemäßen Gebrauch geeignete Zustand ist im einzelnen Fall nach
den gesamten Umstände des Einzelfalles, insbesondere nach der Ortssitte, dem Zweck
und dem Preis der Mieträume sowie dem Zustand bei Anmietung zu beurteilen (KG WuM
1984, 42; AG Hamburg, WuM 2006, 244).
Unstreitig befand sich die Außenfassade sowie der Hauseingang bei Anmietung in einem
optisch einwandfreien Zustand. Bei der Ortssitte ist insbesondere zu berücksichtigen,
dass in Berlin gemäß § 9 Abs. 3 BauO Farbschmierereien, die von Verkehrswegen oder
allgemein zugänglichen Stätten aus wahrnehmbar sind, verunstaltend sind und entfernt
werden müssen. Der Umfang der nunmehr unstreitig vorhandenen Graffiti ist erheblich.
Nahezu die gesamte Fläche der Außenwand ist im Bereich des Erdgeschosses
großflächig mit Graffiti versehen. Insgesamt macht das Haus dadurch einen
verunstalteten und verwahrlosten Eindruck. Der Umfang der Graffiti überschreitet das
Maß des Ortsüblichen, wovon sich das Gericht bei der informellen
Augenscheinseinnahme überzeugt hat. Hierauf wurde in der mündlichen Verhandlung
hingewiesen. Dieser schlechte Gesamteindruck des Hauses stellt eine Beeinträchtigung
des Mietgebrauchs dar, da die Mieter, die sich in ihrer Wohnung und in ihrem Haus
wohlfühlen wollen, diesem negativen Anblick jeden Tag ausgesetzt sind. Die Grenze einer
hinzunehmenden Beeinträchtigung ist überschritten.
Die Auffassung, es liege keine Mangel vor, wenn der Vermieter die Entstehung nicht
verhindern könne (AG Leipzig, WuM 2001, 237), wird nicht geteilt. Ein Mangel liegt
unabhängig vom Verschulden des Vermieters vor, wenn der tatsächliche Zustand
nachteilig vom vertraglich vorausgesetzten Zustand abweicht. Äußere Einwirkungen
begründen einen Mangel, wenn sie nicht vertraglich vorausgesetzt sind und zwar
unabhängig davon, ob sie vom Vermieter als Eigentümer geduldet werden müssen
(Palandt-Weidenkaff, BGB 65. Aufl. § 536, 16, 20).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709.
Der Rechtsstreit ist berufungsfähig, da die Beschwer bei einer Klage auf
Mängelbeseitigung nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag der Mietminderung (hier: 42 x 5 %
x 789,40 Euro = 1.657,74 Euro) zu bemessen ist, § 9 ZPO (BGH, WuM 2004, 220).
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