Urteil des AG Charlottenburg vom 24.11.2006

AG Charlottenburg: akte, wohnung, zustand, fälligkeit, beweisverfahren, kopie, mietvertrag, anfang, tapete, vermieter

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
220 C 330/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 BGB, § 281 BGB, § 535
BGB
Wohnraummiete: Nutzungsausfallentschädigung für die Dauer
eines selbstständigen Beweisverfahrens über den Umfang
unterlassener Schönheitsreparaturen
Tenor
1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Kläger als
Gesamtgläubiger einen Betrag in Höhe von 2.703,08 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf
Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 24.11.2006 zu zahlen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages
zuzüglich zehn Prozent vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Parteien waren über den in Kopie als Anlage zur Akte (Blatt 5 bis 10 der Akte)
gereichten Mietvertrag vom 06.11.1981 nebst besonderer Vereinbarung miteinander
verbunden. Laut § 3 Ziffer 3 des Mietvertrages hatten die Beklagten die
Schönheitsreparaturen zu tragen. Laut besonderer Vereinbarung zum Mietvertrag
übernahmen die Beklagten vom Vormieter umfangreiche Einbauten, wie
"Leitungsverkleidungen, Türverkleidungen, Küchenfliesen, abgehängte Decken,
Saunakabine, Gardinen, Teppiche und div. Einrichtungsgegenstände". Wegen der
weiteren Einzelheiten des Mietvertrages und der besonderen Vereinbarungen wird
vollumfänglich auf Blatt 5 bis 10 der Akte Bezug genommen. Die Beklagten zahlten
zuletzt einen Mietzins in Höhe von 675,77 Euro monatlich.
Mit dem in Kopie als Anlage zur Akte (Blatt 11 der Akte) gereichten Schreiben vom
23.01.2006, auf dessen Inhalt vollumfänglich Bezug genommen wird, kündigten die
Beklagten das Mietverhältnis zum Ablauf des 30. April 2006. Am 29. April 2006 erhielt
die klägerseitige Hausverwaltung die Wohnungsschlüssel.
Die Parteien führten im Anschluss außergerichtliche Vergleichsgespräche über die
Erforderlichkeit und den Umfang der von den Beklagten noch durchzuführenden
Schönheitsreparaturen, konnten hierüber jedoch keine Einigung erzielen.
Mit dem in Kopie als Anlage zur Akte (Blatt 43, 44 der Akte) gereichten
außergerichtlichen Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.06.2006 erklärten
die Beklagten gegenüber dem klägerseitigen Prozessbevollmächtigten unter anderem:
"Die letzten Tapezier- nebst anschließenden Malerarbeiten in allen Zimmern mit
Ausnahme des Badezimmers, in dem sich keine Tapete befindet, fanden im Jahr 2002
statt. Eine weitere Renovierung (auch Küche) wurde im Mai 2004 durchgeführt. Diese
Arbeiten können von den Eheleuten C belegt werden. Im Ergebnis sind
Schönheitsreparaturen nicht fällig." Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens
vom 16.06.2006 wird vollumfänglich auf Blatt 43, 44 der Akte Bezug genommen.
Mit dem in Kopie als Anlage zur Akte (Blatt 12 bis 18 der Akte) gereichten
außergerichtlichen Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26.06.2006 an die
beklagtenseitige Prozessbevollmächtigte forderte die Prozessbevollmächtigte die
Beklagten zur Durchführung von konkret benannten Arbeiten im Bad, im ersten Zimmer
rechts, im zweiten Vorderzimmer, im dritten Zimmer rechts, in der Küche, in der
Mädchenkammer, im kleinen Flur vor der Mädchenkammer und im Eingangsflur der
Wohnung auf, und zwar bis zum 04.07.2006. In dem Schreiben wurde angekündigt, dass
im Falle fruchtlosen Fristablaufs den Klägern die Einleitung eines selbständigen
Beweisverfahrens empfohlen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten des Schreibens,
insbesondere auch wegen der darin konkret benannten Beanstandungen, wird
vollumfänglich auf Blatt 12 bis 18 der Akte Bezug genommen.
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Nach fruchtlosem Verstreichen der vorgenannten Frist beantragten die Beklagten mit
Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 05.07.2006 bei dem Amtsgericht
Charlottenburg zu Geschäftsnummer 206 H 3/06 die Durchführung eines selbständigen
Beweisverfahrens durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens über
das Bestehen der im Antrag konkret benannten Mängel und Beschädigungen in der
streitbefangenen Wohnung, welche die Durchführung von Schönheitsreparaturen nach
den anerkannten Regeln und Technik für Schönheitsreparaturen bzw. Reparaturarbeiten
erforderlich machen. Wegen der Einzelheiten der in der Antragsschrift genannten
Beanstandungen wird vollumfänglich auf Blatt 2 bis 5 der beigezogenen Akte 206 H 3/06
Bezug genommen. Den Beklagten wurde die Antragsschrift gemäß richterlicher
Verfügung vom 11.07.2006 (Blatt 31 der Beiakte) zunächst formlos zur Stellungnahme
binnen einer Woche übersandt. Eine Stellungnahme erfolgte innerhalb dieser Frist nicht.
Mit Beschluss vom 21.07.2006 wurde die Beweiserhebung wie beantragt angeordnet.
Wegen der Einzelheiten des Gerichtsbeschlusses vom 21.07.2006 wird vollumfänglich auf
Blatt 33 bis 37 der Beiakte 206 H 3/06 Bezug genommen. Der Beschluss wurde den
Beklagten jeweils am 26.07.2006 zugestellt. Mit Schriftsatz ihrer
Prozessbevollmächtigten vom 25.07.2006, dem ein Fristverlängerungsgesuch vom
21.07.2006 vorausgegangen war, nahmen die Beklagten Stellung zu dem Antrag auf
Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens. Wegen der Einzelheiten der
Stellungnahme wird vollumfänglich auf Blatt 43, 44 der Beiakte Bezug genommen. Der
vom Gericht beauftragte Sachverständige für das Maler- und Lackierer-Handwerk Fr K
erstellte nach dem Ortstermin vom 04.10.2006 ein 23seitiges Gutachten zuzüglich 26
Seiten Lichtbildsammlung über den Zustand der streitbefangenen Wohnung. Wegen der
Einzelheiten und des Ergebnisses des noch im Oktober an das Gericht übersandten
Gutachtens sowie wegen der Lichtbilder wird vollumfänglich auf Blatt 59 bis 107 der
beigezogenen Akte 206 H 3/06 Bezug genommen.
Die Kläger tragen vor, sie hätten Anspruch gegenüber den Beklagten auf
Nutzungsausfallentschädigung in Höhe der fehlenden Mieteinnahmen für die Monate Juli
2006 bis einschließlich Oktober 2006 in Höhe der zuletzt von den Beklagten gezahlten
Miete, während der das selbständige Beweisverfahren durchgeführt wurde, welches zur
Sicherung ihrer Ansprüche erforderlich gewesen sei, da die Beklagten den Zustand der
streitbefangenen Wohnung und dabei insbesondere die Fälligkeit der von ihnen
durchzuführenden Schönheitsreparaturen bestritten hätten.
Die Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 2.703,08
Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, der Nutzungsausfall für die Durchführung des selbständigen
Beweisverfahrens könne ihnen nicht auferlegt werden, da der Zustand der Wohnung von
Anfang an unstreitig gewesen sei, stattdessen sei allein die rechtliche Verpflichtung der
Beklagten zum Umfang der durchzuführenden Renovierungsmaßnahmen, insbesondere
bezüglich der Schäden, die durch den Rückbau der vom Vormieter übernommenen
Umbauten entstanden seien, zwischen den Parteien streitig gewesen, sodass es der
Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Beweissicherung nicht bedurft
habe. Die Beklagten behaupten diesbezüglich, dies auch so von Anfang an, auch im
selbständigen Beweisverfahren, so vorgetragen zu haben.
Die Beklagten meinen, dass die Kläger gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen
hätten, denn sie hätten auch durch Fotos oder Zeugen selbst den Zustand der Wohnung
dokumentieren und so die Dauer des Nutzungsausfalls erheblich vermindern können.
Wegen des sonstigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der beiderseitigen
Schriftsätze nebst Anlage verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
I. Die Kläger haben Anspruch auf Zahlung von Nutzungsausfallentschädigung gegenüber
den Beklagten in der geltend gemachten Höhe für die Zeit der Durchführung des
selbständigen Beweisverfahrens aus § 280 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in
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selbständigen Beweisverfahrens aus § 280 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in
Verbindung mit dem Mietvertrag vom 06.11.2981, weil die Beklagten ihrer
mietvertraglichen Verpflichtung zur Vornahme von Schönheitsreparaturen nicht
nachgekommen sind und die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur
Sicherung der klägerseitigen Ansprüche erforderlich war.
1. Die Beklagten haben nach § 3 Ziffer 3. des Mietvertrages die Verpflichtung zur
Übernahme der Schönheitsreparaturen wirksam übernommen. Durch das
Sachverständigengutachten im selbständigen Beweisverfahren ist erwiesen, dass die
Durchführung uneingeschränkt sämtlicher Schönheitsreparaturen nach dem Auszug der
Beklagten Ende April 2006 trotz Fälligkeit nicht erfolgte. Nach dem Ergebnis des
Sachverständigengutachtens, dem wegen der detaillierten, gut nachvollziehbaren
Erläuterungen und Illustrationen uneingeschränkt gefolgt werden kann, sind nämlich alle
in der Antragsschrift vom 05.07.2006 (Blatt 1 bis 7 der Beiakte) genannten
Beanstandungen, welche identisch sind mit denen im außergerichtlichen Schreiben des
klägerseitigen Prozessbevollmächtigten vom 26.06.2006 (Blatt 12 bis 18 der Akte), in
vollem Umfang zutreffend. Nach den Feststellungen des Sachverständigen lag die letzte
Renovierung der Räumlichkeiten im Gutachtenzeitpunkt "augenscheinlich 15 – 20 Jahre
zurück". "Die durchgeführten Schönheitsreparaturen entsprachen zudem nicht den
Regeln der Technik und genügten nicht der mittleren Güte, sodass eine vollständige
Renovierung als "unumgänglich" konstatiert wurde (vgl. "Zusammenfassung" Blatt 80
der Beiakte). Insbesondere werden sämtliche Anstriche, ob an Wänden, Decken,
Heizkörpern, Heizrohren, Fenstern bzw. Türen und Fußleisten, in dem Gutachten
beanstandet.
2. Die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens war zur Sicherung der
klägerseitigen Ansprüche auf Durchführung der Schönheitsreparaturen erforderlich,
denn die Beklagten haben nachweislich ihre Verpflichtung zur Durchführung von
Schönheitsreparaturen in tatsächlicher Hinsicht unmissverständlich bestritten. Durch
den außergerichtlichen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16.06.2006 haben
die Beklagten eindeutig die Fälligkeit jeglicher Schönheitsreparaturen bestritten. Der
durch nichts belegte und in seiner Glaubhaftigkeit stark zu bezweifelnde Vortrag der
Beklagten in diesem Schreiben, wonach die letzten Tapezier- nebst anschließenden
Malerarbeiten in allen Zimmern mit Ausnahme des Badezimmers, in dem sich keine
Tapete befindet, im Jahr 2002 stattgefunden habe und eine weitere Renovierung (auch
Küche) im Mai 2004 durchgeführt worden sei, und dass im Ergebnis
Schönheitsreparaturen nicht fällig seien, steht im krassen Widerspruch zu den einzelnen
Ausführungen des in jeder Hinsicht überzeugenden Sachverständigengutachtens und
zeigt unmissverständlich, dass die Beklagten nicht gewillt waren, die Fälligkeit
irgendwelcher Schönheitsreparaturen bzw. die Verpflichtung zur Durchführung
irgendwelcher Schönheitsreparaturen anzuerkennen. Das Vorbringen im hiesigen
Prozess, der Zustand der Wohnung sei von Anfang an unstreitig gewesen, steht hierzu
ebenfalls im krassen Widerspruch.
Auch durch die späte Stellungnahme im selbständigen Beweisverfahren haben die
Beklagten die aufgeführten Mängel nicht unstreitig gestellt. Die Ausführungen zu
rechtlichen Aspekten hinsichtlich der Folgen des Rückbaus verschiedener, vom
Vormieter übernommener Einbauten, sind nicht ausreichend, um tatsächliches
Vorbringen unstreitig zu stellen. Stattdessen wird die Farbgestaltung gerechtfertigt und
allgemein vorgetragen, es seien Schönheitsreparaturen vorgenommen worden. Hieraus
hätten weder die Kläger, noch das Gericht im selbständigen Beweisverfahren folgern
können, dass die beanstandeten Schönheitsreparaturen unstreitig gestellt und
anerkannt würden.
3. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 BGB liegt durch die
Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nicht vor, denn unabhängig von der
rechtlich zu beurteilenden Frage, ob Schadensersatz für die Folgen der Rückbauten zu
leisten ist, enthielt die Antragsschrift überwiegend Mängel, die zur allgemeinen
Verpflichtung der Beklagten im Rahmen der Schönheitsreparaturverpflichtung gehörten,
und diese waren ausdrücklich streitig. Der Vermieter muss sich nicht auf eigene
Fotografien und Zeugenbeweise beschränken, um wirksamen Rechtsschutz zu suchen,
weil nach dem außergerichtlichen Schreiben der beklagtenseitigen
Prozessbevollmächtigten die Fälligkeit jeglicher Schönheitsreparaturen streitig war und
die Beklagten zudem in Ansehung des Sachverständigengutachtens mit sehr, sehr
zweifelhaftem Wahrheitsgehalt behauptet haben, in den Jahren 2002 und 2004 sämtliche
Schönheitsreparaturen durchgeführt zu haben. Bei derartigem Abweichen von
Parteivorbringen einerseits und äußerlichem Eindruck einer Wohnung andererseits ist es
völlig legitim, sich gerichtlich angeordneter Beweissicherungsmittel zu bedienen, da nach
diesem Vorbringen weiterer Streit zu erwarten war.
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4. Die Beklagten haben die Nichtdurchführung sämtlicher Schönheitsreparaturen trotz
Fälligkeit als Pflichtverletzung sowie den daraus entstandenen Mietausfallschaden für die
Dauer der Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens zu vertreten im Sinne von
§ 280 Absatz 1 Satz 2 BGB, denn sie kannten ihre vertragliche Verpflichtung zur
Durchführung der Schönheitsreparaturen, den Zustand der Wohnung, insbesondere
auch die ganz offensichtlich seit Jahren überfällige Renovierungsbedürftigkeit der
Wohnung und sie kannten seit Übersendung der Antragsschrift die gerichtlichen Schritte
der Kläger im selbständigen Beweisverfahren und haben sich wissentlich und willentlich
und somit vorsätzlich dagegen entschieden, ihren Verpflichtungen zur Renovierung
nachzukommen. Dabei ist es unerheblich, ob darüber hinaus einzelne klägerseitige
Forderungen bestanden, die über die vertraglich geschuldete Renovierungspflicht
hinausging, denn sie hätten zumindest die ihnen obliegenden Pflichten erfüllen können,
anstatt sich vollständig zu verweigern. Folglich müssen sie für den Mietausfallschaden in
voller Höhe einstehen.
5. Die Beklagten als gemeinschaftliche ehemalige Mieter aus dem streitbefangenen
Mietvertrag haften den Klägern auf Schadensersatz als Gesamtschuldner im Sinne des §
421 BGB. Die Kläger als gemeinschaftliche Vermieter sind Gesamtgläubiger des
Schadensersatzanspruchs im Sinne des § 428 BGB.
II. Die Zinsforderung ergibt sich aus den §§ 187 Absatz 1, 247, 286 Absatz 2 Nr. 1 und
288 Absatz 1 BGB.
III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 91 Absatz 1 Zivilprozessordnung
(ZPO). Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
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