Urteil des AG Charlottenburg vom 12.10.2006

AG Charlottenburg: einstweilige verfügung, vertrag zu lasten dritter, vermieter, materielles recht, kaution, abtretung, verpfändung, zwangsverwaltung, pfandrecht, mietvertrag

1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
207 C 1012/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 551 BGB
Wohnraummiete: Zugriffsmöglichkeit des Vermieters auf das als
Mietsicherheit verpfändete Sparbuch ohne Sperrvermerk
Tenor
1. Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 12. Oktober 2006
wird bestätigt.
2. Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Verfügungsklägerin war bis zum 7. September 2004 zusammen mit Herrn W S
Mieterin einer im Eigentum der Verfügungsbeklagten stehenden Wohnung in der Dstraße
... in ... B. Vereinbarungsgemäß stellte die Verfügungsbeklagte ein Kautionssparbuch der
Cbank, Kto.-Nr. ... mit einem Guthaben in Höhe von 842,68 Euro, was als Mietsicherheit
zu Gunsten der Verfügungsbeklagten am 19. April 2000 verpfändet wurde. Die
Verpfändung erfolgte dabei ausdrücklich für den zwischen der Verfügungsbeklagten und
der Verfügungsbeklagten sowie Herrn W S geschlossenen Mietvertrag vom 9. März 2000.
Sie enthält unter anderem folgende Regelung:
Am 7. September 2004 wurde die Verfügungsklägerin – gegen den Willen der
Verfügungsbeklagten – durch Urteil des Amtsgerichts Tempelhof Kreuzberg vom 7.
September 2004 – 158 F 6958/03 – aus dem Mietverhältnis über die vorbezeichnete
Wohnung entlassen.
Am 13. September 2004 traf die Verfügungsklägerin mit Herrn W S eine Vereinbarung
hinsichtlich der durch die Verfügungsklägerin allein geleistete Mietsicherheit
dahingehend, dass die Mietsicherheit ihr weiterhin alleine zustehen solle. Unter anderem
ist dort weiter geregelt:
Am 11. Mai 2006 fand ein Gespräch zwischen Vertretern der Verfügungsbeklagten,
Herrn B und Frau E sowie Herrn W S statt. Hierbei wurden die Mietrückstände aufgrund
der Mietminderungen des Herrn S seit dem Jahre 2003 und die Möglichkeit einer
gütlichen Einigung erörtert. Der genaue Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien
streitig.
Mit Schreiben vom 23. Mai 2006 zeigte die Verfügungsbeklagte dem Herrn W S die
Abtretung der Mietforderung an die B H an:
Am 12. Juli 2006 ordnete das Amtsgericht Charlottenburg durch Beschluss die
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
Am 12. Juli 2006 ordnete das Amtsgericht Charlottenburg durch Beschluss die
Zwangsverwaltung über das Grundstück in der Dstraße ..., ... B, an und bestellte Herrn A
K zum Institutionszwangsverwalter.
Am 14. September 2006 forderte die Verfügungsbeklagte die Cbank zur Auszahlung des
Guthabens des verpfändeten Konto Nr. ... in Höhe von 879,54 Euro auf. Mit Schreiben
vom 2. Oktober 2006 forderte die Verfügungsklägerin die Cbank auf, das Guthaben nicht
an die Verfügungsbeklagte auszuzahlen. Mit Schreiben vom 5. Oktober 2006 teilte die
Cbank unter Hinweis auf ihre Zahlungspflicht mit, dass sie den angeforderten Betrag am
20. Oktober 2006 an die Verfügungsbeklagte auskehren werde.
Auf Antrag der Verfügungsklägerin hat das Amtsgericht Charlottenburg am 12. Oktober
2006 eine einstweilige Verfügung erlassen, in der der Verfügungsbeklagten untersagt
wird, die Forderung aus dem Kautionssparbuch der Verfügungsklägerin bei der Cbank Nr.
... einzuziehen und sich aus dem Konto zu befriedigen. Dagegen hat die
Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt.
Die Verfügungsklägerin ist der Ansicht, dass die Verfügungsbeklagte zur
Geltendmachung der Mietkaution schon deshalb nicht berechtigt sei, weil der B H die
Mietforderungen abgetreten worden seien. Überdies scheide die Geltendmachung der
Mietkaution deshalb aus, weil bereits zuvor die Zwangsverwaltung über das Grundstück
angeordnet wurde, insoweit sei allein der Zwangsverwalter zur Durchsetzung der
Mietforderung und der Kautionsansprüche berechtigt. Zudem sei der Vermieter im Falle
der Verpfändung eines Sparbuchs zur Einziehung der Forderung ohnehin erst im Falle
der Pfandreife berechtigt, bei Fälligkeit der gesicherten Forderung. Da die Forderung hier
zwischen den Parteien streitig sei, müsse die Verfügungsbeklagte sich zur Klärung ihrer
Ansprüche auf den Rechtsweg verweisen lassen. Sie behauptet in diesem
Zusammenhang, dass in dem Gespräch zwischen Herrn S und den Vertretern der
Verfügungsbeklagten keine Einigung hinsichtlich der geminderten Mietzinszahlung erzielt
werden konnte und nimmt insoweit Bezug auf die eidesstattliche Versicherung des Herrn
W S vom 26. November 2006.
Die Verfügungsklägerin beantragt sinngemäß,
die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 12. Oktober 2006
zu bestätigen.
Die Verfügungsbeklagte beantragt sinngemäß,
die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Charlottenburg vom 12. Oktober 2006
aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Sie behauptet unter Einreichung eines Mietkontenblatts der streitgegenständlichen
Wohnung für den Zeitraum vom 31. Dezember 2002 bis zum 11. Mai 2006, dass die
über die Mietsicherheit geltend gemachte Mietforderung lediglich Forderungen aus den
Jahren 2003 bis 2005 beträfe. Die Abtretung der Mietforderung an die B H habe allein die
zukünftig entstehenden Forderungen erfasst, was sich aus ihrem Schreiben vom 23. Mai
2006 ergebe. Im Rahmen der Gespräche mit Herrn W S am 11. Mai 2006 habe man eine
Übereinkunft dahingehend getroffen, dass dieser zur Abgeltung der noch offenen
Mietforderungen eine einmalige Zahlung in Höhe von 1.000,– Euro zu leisten habe, ohne
dass dieser in der Folgezeit der Vereinbarung nachgekommen sei. Zur
Glaubhaftmachung bezieht sich die Verfügungsbeklagte auf die eidesstattliche
Versicherung der Frau G E vom 16. November 2006. Daher würde bereits keine
unstreitige Forderung vorliegen, ein Rückgriffsrecht bestünde jedoch sogar für diesen
Fall. Die Verfügungsbeklagte ist der Ansicht, dass die Verfügungsklägerin nicht
aktivlegitimiert sei. Diese sei nach ihrem Ausscheiden nicht berechtigt, den Anspruch
geltend zu machen, dies sei nur der Mieter. Die Vereinbarung mit Herrn W S vom 13.
September 2004 sei ohne Zustimmung des Vermieters unwirksam, einzelne Ansprüche
aus einem Mietverhältnis könnten nicht ohne Zustimmung des Vermieters übertragen
werden, anderenfalls würde es sich um einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter
handeln. Die Zwangsverwaltung stünde der Geltendmachung der Kaution nicht
entgegen, würde sie es tun, wäre sie nicht passivlegitimiert.
Die Verfügungsklägerin wendet dagegen ein, dass sie als Verpfänderin des Sparbuchs
aktivlegitimiert sei. Die Aktivlegitimation folge letztlich bereits aus dem Umstand, dass
die Verfügungsbeklagte nach ihrem eigenen Vortrag auch offene Mietforderungen für die
Jahre 2003 und 2004, das heißt für eine Zeit, in der mit ihr das Mietverhältnis noch
bestanden habe, geltend mache. Unter Bezugnahme auf die zur Akte gereichte
Vereinbarung vom 13. September 2004 trägt sie hilfsweise eine gewillkürte
Prozessstandschaft für Herrn W S vor.
20
21
22
23
24
25
26
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze vom 10. Oktober,
16. und 27. November sowie 12. Dezember 2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die einstweilige Verfügung war auf den Widerspruch der Verfügungsbeklagten auf ihre
Rechtmäßigkeit zu prüfen; dies führte zu ihrer Bestätigung.
Der Verfügungsantrag ist zulässig, insbesondere ist der Verfügungsklägerin nicht die
Prozessführungsbefugnis abzusprechen. Die Frage, ob die Verfügungsklägerin ein
fremdes Recht im eigenen Namen geltend macht oder – jedenfalls ein auch – eigenes
Recht, kann insoweit dahinstehen, da sich die Verfügungsbeklagte unter Hinweis auf ihre
Eigenschaft als Pfandschuldnerin und Kontoinhaberin ausdrücklich eines eigenen
Rechtes rühmt. Ob dieses Recht tatsächlich besteht, ist eine Frage der Aktivlegitimation.
Allerdings ist anerkannt, dass – wenn mehrere Mieter vorhanden sind – grundsätzlich ein
Mieter selbst dann nicht die Rückgabe der Mietsicherheit an sich verlangen kann, wenn
er allein die Mietsicherheit geleistet hat (vgl. nur Sternel, MietR, 3. Aufl., V Rdn. 14).
Würde man diese Grundsätze auf den hier geltend gemachten Unterlassungsanspruch
übertragen, müssten alle Mieter diesen geltend machen. Indes ist in diesem
Zusammenhang ebenfalls anerkannt, dass es zulässig ist, die Anteile der mehreren
Mitmieter an einer gemeinschaftlichen Forderung – die Stellen der Mietsicherheit stellt
insoweit eine Gesamtschuld der Mieter dar – im Wege der Abtretung mit Zustimmung
aller Berechtigten in der Hand eines Mitmieters zu vereinigen (vgl. nur LG Aachen, WuM
1994, 461; LG Nürnberg-Fürth, WuM 1980, 125). Die zwischen der Verfügungsklägerin
und Herrn W S am 13. September 2004 getroffene Vereinbarung ist entsprechend §§
133, 157, 242 BGB dahingehend auszulegen, dass eine Abtretung der Rechte aus der
Mietkaution an die Verfügungsbeklagte erfolgen sollte, diese sollte allein die Rechte
hieraus geltend machen dürfen. Allerdings besteht hier die Besonderheit, dass die
Verfügungsklägerin bereits aus dem Mietvertrag ausgeschieden ist, zur Zeitpunkt der
Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs war sie nicht mehr Mieterin, wenngleich
die Verfügungsbeklagte Ansprüche aus der Mietsicherheit wegen Forderungen geltend
macht, die zum Teil auch einen Zeitraum betreffen, in dem die Verfügungsklägerin noch
Vertragspartnerin war. Letztlich können dieses Erwägungen aber dahinstehen. Die
Prozessführungsbefugnis ist jedenfalls unter dem hilfsweise geltend gemachten
Gesichtspunkt einer gewillkürten Prozessstandschaft zu bejahen. Die Voraussetzungen
hierfür liegen vor. Eine Ermächtigung liegt in der Akte gereichten Vereinbarung mit Herrn
W S vom 13. September 2004, als ehemalige Mieterin und Inhaberin des verpfändeten
Sparbuchs hat die Verfügungsklägerin zudem ein schutzwürdiges Eigeninteresse an der
Prozessführung.
Der Verfügungsantrag ist begründet. Die Verfügungsklägerin konnte glaubhaft machen,
dass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht, sie konnte den Anspruch
mit "liquiden" Beweismitteln glaubhaft machen. Nach § 936 ZPO sind für die
Anordnungen einstweiliger Verfügungen und das weitere Verfahren, soweit nichts
abweichendes bestimmt ist, die Vorschriften über die Anordnung von Arresten und über
das Arrestverfahren entsprechend anzuwenden. Die Voraussetzungen für die von der
Verfügungsklägerin begehrten Unterlassungsverfügung sind in §§ 935, 940 ZPO
geregelt. Die Verfügungsklägerin muss daher Verfügungsanspruch als subjektiv-
materielles Recht, dessen Verwirklichung durch die einstweilige Verfügung gesichert
werden soll, und Verfügungsgrund, der in der Besorgnis besteht, dass durch eine
Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts der
Verfügungsklägerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte, in geeigneter
Form glaubhaft machen, § 920 Abs. 2 ZPO.
Das Bestehen eines Verfügungsanspruches, der geltend gemachte
Unterlassungsanspruch, wurde ausreichend glaubhaft gemacht.
Die Verfügungsklägerin ist aktivlegitimiert.
Die Mietsicherheit mussten die Verfügungsklägerin und der ehemalige Mitmieter, Herr W
S, bei Beginn des Mietverhältnisses gemeinschaftlich stellen, der zugrunde liegende
Sicherungsvertrag bindet die Mieter insoweit gesamtschuldnerisch. Trotz Ausscheiden
der die Mietsicherheit stellende Verfügungsklägerin aus dem Mietverhältnis durfte die
Verfügungsbeklagte die Mietsicherheit behalten, ein – etwa anteiliger – Anspruch auf
Auszahlung besteht insoweit nicht (vgl. Blank in Schmidt-Futterer, MietR, vor § 535 Rdn
245). Der Sicherungsvertrag ist nicht etwa dahingehend auszulegen, dass im Falle des
Ausscheidens des die Mietsicherheit stellenden Mieters die Ansprüche aus der
Mietsicherheit nicht mehr geltend gemacht werden können. Vielmehr muss sich der
27
28
29
30
31
32
Mietsicherheit nicht mehr geltend gemacht werden können. Vielmehr muss sich der
ausscheidende Mieter insoweit entsprechend der Gesamtschuldregeln, § 426 BGB, im
Innenverhältnis an den verbleibenden Mieter wenden, diesem gegenüber seinen
Freistellungsanspruch beziehungsweise einen Ausgleichsanspruch durchsetzen.
Indes ist in diesem Zusammenhang zum einen die Art der Sicherheitsleistung, die
Verpfändung des Sparbuchs allein durch die Verfügungsklägerin, zu berücksichtigen. Bei
der Verpfändung zahlt der Mieter einen bestimmten Betrag auf ein Sparbuch ein, das
auf seinen Namen ausgestellt ist. Sodann wird das Recht auf die Sparforderung
verpfändet, §§ 1273, 1274, 1205, 398, 145, 147 BGB und die Verpfändung dem
Kreditinstitut angezeigt. Wenn – wie hier – die Verpfändung auf erstes Anfordern erfolgt,
das heißt kein Sperrvermerk in das Sparbuch eingetragen wird, benötigt der Vermieter
nicht die Zustimmung des Mieters zur Verfügung über die Sparforderung. Im Rahmen
der Bürgschaft beziehungsweise der Garantie auf erstes Anfordern bei Bauverträgen ist
anerkannt, dass der Bürge beziehungsweise Garant einwenden darf, seine Verpflichtung
sichere nach der Vertragsurkunde nicht die dem Zahlungsbegehren des Gläubigers
zugrunde liegende Hauptforderung, wenngleich alle anderen Einwendungen tatsächlicher
oder rechtlicher Art, die sich nicht gegen das Vorliegen der in dieser Urkunde
akzeptierten formalen Voraussetzungen der Zahlungsaufforderung richten, erst in
einem künftigen Rechtsstreit auf Rückforderung der Bürgen- oder Garantenleistung
auszutragen sind, es sei denn, dass ausnahmsweise der Einwand einer
missbräuchlichen, für jedermann klar erkennbaren Ausnutzung einer formalen
Rechtsstellung gemäß § 242 BGB durchgreift (vgl. nur BGH NJW 1996, 717 f.; NJW 1999,
2361, 2362 sowie BGH NJW 1988, 2610; NJW 1994, 380, 381; NJW 1997, 255; NJW 1997,
1445, 1436 mwN.). Insofern kann der Bürge oder Garant – wenn auch unter engen
Voraussetzungen – durchaus einen Unterlassungsanspruch geltend machen, er ist
insoweit aktivlegitimiert. Hinsichtlich der Aktivlegitimation sind diese Grundsätze auf den
hiesigen Fall zu übertragen. Bei dem Pfandrecht handelt es sich, wie bei der Bürgschaft,
um ein akzessorisches Sicherungsrecht. Der Pfandschuldnerin muss es daher wie dem
Bürgen möglich sein, Einwendungen gegen die zu sichernde Hauptforderung zu erheben.
Letztlich kann die Verfügungsklägerin die Ansprüche aus der Mietkaution aber auch
deshalb geltend machen, weil ihr diese Ansprüche abgetreten wurden. Die zwischen ihr
und dem ehemaligen Mitmieter Herr W S getroffene Vereinbarung ist gemäß §§ 133,
157, 242 BGB als Abtretung auszulegen. Allein die Verfügungsklägerin sollte nach dem
Willen der Parteien die Rechte aus der Mietsicherheit geltend machen dürfen. Diese
Vereinbarung ist insoweit auch wirksam, es handelt sich nicht um einen unzulässigen
Vertrag zu Lasten Dritter, der Verfügungsbeklagten. Diese wird hierdurch nicht in ihrer
Rechtsausübung eingeschränkt, sie kann weiterhin die Rechte aus dem Mietvertrag, dem
Sicherungsvertrag beziehungsweise dem verpfändeten Sparbuch geltend machen.
Die Verfügungsklägerin hat das Bestehen des Unterlassungsanspruches glaubhaft
gemacht.
In diesem Zusammenhang ist zunächst entscheidend das Wesen des Pfandrechts auf
erstes Anfordern als Mietsicherheit zu berücksichtigen. Das Pfandrecht auf erstes
Anfordern dient zwar der schnellen Durchsetzung der von ihr gesicherten Ansprüche aus
dem Mietverhältnis. Sie soll – anstelle des ebenfalls gebräuchlichen "Bardepots" –
sicherstellen, dass dem Vermieter sofort oder jedenfalls innerhalb kürzester Zeit liquide
Mittel zur Verfügung stehen. Im Rahmen der Bauverträge ist in der Rechtssprechung
anerkannt, dass dies bereits der Fall ist, wenn der Gläubiger und Sicherungsnehmer den
Sicherungsfall für eingetreten hält, weshalb dort die Anspruchsvoraussetzungen
weitgehend formalisiert, die Einwendungsmöglichkeiten stark eingeschränkt und alle
Streitfragen tatsächlicher und rechtlicher Art in den Rückforderungsprozess verwiesen
werden, sofern nicht ausnahmsweise klar auf der Hand liegt, dass der Gläubiger schon
formal nicht berechtigt ist (vgl. zur Bürgschaft im Bauvertrag nur: BGHZ 74, 244, 247 f.
und BGH NJW 1994, 380, 381 mwN.; zur Mietkaution ebenso wohl LG Berlin, GE 2003,
1161 und Blank in Schmidt-Futterer, MietR, 8. Aufl., § 551 Rdn. 16).
Die für den Bauvertrag anerkannten Grundsätze sind aber nicht auf den Mietvertrag und
das hier als Mietsicherheit gestellte Pfandrecht an dem Sparbuch zu übertragen. Das
Zugriffsrecht des Vermieters auf das Sparbuch muss insbesondere im laufenden
Mietverhältnis auf unbestrittene oder rechtskräftig festgestellte Forderungen beschränkt
werden.
Eine Kautionsvereinbarung ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass sich der
Vermieter während des laufenden Mietverhältnisses zur Befriedigung mietvertraglicher
Forderungen nur dann aus der Kaution bedienen darf, wenn die Forderung rechtskräftig
festgestellt, unstreitig oder offensichtlich begründet ist (vgl. LG Mannheim, WuM 1996,
33
34
35
36
festgestellt, unstreitig oder offensichtlich begründet ist (vgl. LG Mannheim, WuM 1996,
269 f., Kraemer, NZM 2001, 737, 741 und Palandt, BGB, 66. Aufl., vor § 535 Rdn. 123;
entgegen LG Berlin, GE 2003, 1161 und Blank in Schmidt-Futterer, MietR, 8. Aufl., § 551
Rdn. 16). Aus dem treuhänderischen Charakter und dem Sicherungszweck der Kaution
folgt, dass der Vermieter aktiv wird und den Zugriff auf die Kaution rechtfertigt. Zudem
erscheint es unter dem Gesichtspunkt des Mieterschutzes nicht gerechtfertigt, dem
Mieter das Insolvenzrisiko des Vermieters im Falle des unberechtigten Zugriffs
aufzuerlegen oder den Mieter auf einen Rückforderungsprozess zu verweisen.
In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus das Wesen der Verpfändung zu
berücksichtigen. Gemäß § 1282 BGB ist der Pfandgläubiger zur Einziehung der
Forderung nur berechtigt, wenn Pfandreife gemäß § 1228 Abs. 2 BGB eingetreten ist,
wenn die gesicherte Forderung ganz oder zum Teil fällig ist. Der Pfandgläubiger muss im
Prozess nicht nur das Bestehen des Pfandrechts, sondern auch die Pfandreife beweisen.
Hier vereinbarten die Mietparteien zwar ein Pfandrecht auf erstes Anfordern, mit der
Folge, dass die Cbank das Guthaben auch ohne Nachweis auszuzahlen hat. Daraus folgt
aber nicht, dass die Einziehungsbefugnis des Vermieters nicht von der Pfandreife
abhängen soll. Vielmehr darf er auch hier lediglich bei Vorliegen der Pfandreife einziehen.
Deshalb wurde die Cbank verpflichtet, die Auszahlung des Guthabens an die
Verfügungsbeklagte anzukündigen. Das eröffnet dem Mieter oder der
Verfügungsklägerin die Möglichkeit, einen unzulässigen Zugriff auf die Mietkaution
mittels Unterlassungsverfügung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu begegnen
(vgl. hierzu LG Darmstadt, ZMR 2005, 193; LG Wuppertal, NZM 2004, 298; LG
Mannheim, WuM 1996, 269 und Kluth/Grün, NZM 2002, 1015 mwN). Überdies ist zu
berücksichtigen, dass in der Praxis regelmäßig ein Sparbuch mit Sperrvermerk
verpfändet wird, was zur Folge hat, dass der Vermieter im Falle des beabsichtigten
Zugriffs der Zustimmung des Mieters bedarf und im Falle der Verweigerung auf Abgabe
der Zustimmung klagen muss. Bei dem hier vereinbarten Pfandrecht auf erstes
Anfordern bedarf der Vermieter dieser Zustimmung allerdings nicht, er kann ohne
Mitwirkung des Mieters auf das Sparbuch zugreifen. Diese Zugriffsmöglichkeit ist deshalb
unter dem Gesichtspunkt des Mieterschutzes einzuschränken auf unstreitige oder
rechtskräftig festgestellte Forderungen. Gerade im Falle des Zugriffs auf die Mietkaution
im laufenden Mietverhältnis ist der Mieter nämlich grundsätzlich zum Auffüllen der
Kaution verpflichtet.
Der Vermieter darf daher in derartigen Fällen die Kaution nur dann einziehen, wenn er
berechtigte Gegenforderungen hat. Wenn Ansprüche streitig sind, muss er das Bestehen
der Forderung auf dem Rechtsweg klären lassen. Hierfür ist das einstweilige
Verfügungsverfahren nicht geeignet. Die Verfügungsbeklagte konnte glaubhaft machen,
dass es sich um streitige Forderungen handelt. Zwar liegen zwei insoweit
widersprüchliche Angaben in den eidesstattlichen Versicherungen der Frau G E und des
Herrn W S vor. Jedoch folgt schon aus diesem Umstand, dass es sich um streitige
Forderungen handelt. Die von der Verfügungsbeklagten vorgetragene Einigung über
einen Betrag in Höhe von 1.000,– Euro konnte nicht belegt werden. Zudem bestreitet
auch die Verfügungsklägerin das Bestehen der Forderungen, insbesondere der geltend
gemachten Mietforderungen für den Zeitraum, in dem sie noch Mietvertragspartei war.
Aus den vorbezeichneten Gründen kann die darüber hinaus bestehende und zwischen
den Parteien streitige Frage der Zugriffsberechtigung der Verfügungsbeklagten unter
dem Gesichtspunkt der Abtretung der Mietforderungen an die B H dahinstehen.
Zumindest aus dem Wortlaut des Schreibens der Verfügungsbeklagten an Herrn W S
vom 23. Mai 2006 ergibt sich allerdings, dass die Abtretung sich nur auf die zukünftig
entstehenden Mietforderungen bezieht, noch dazu die – auch von der
Verfügungsbeklagten beauftragte – Hausverwaltung B R Hausverwaltungs GmbH
ohnehin weiterhin mit dem Einzug der Forderungen beauftragt wurde.
Ebenso kann dahinstehen, welche Auswirkungen die seit dem 12. Juli 2006 angeordnete
Zwangsverwaltung über das Grundstück der Verfügungsbeklagten auf deren
Berechtigung zum Zugriff hat. Grundsätzlich ist der Zwangsverwalter und nicht der
Vermieter nach der Anordnung der Zwangsverwaltung zu der Herausgabe einer
Mietkaution an den Mieter verpflichtet, Ansprüche wegen der Mietkaution sind demnach
gegenüber dem Zwangsverwalter geltend zu machen (vgl. nur BGH, NJW-RR 2005, 1029;
NJW 2003, 3342 und LG Potsdam, NZM 2004, 582 mwN). Spiegelbildlich hierzu kann
auch nur der Zwangsverwalter Forderungen aus der Mietkaution gegenüber den Mietern
geltend machen. Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass die Verfügungsbeklagte
den Zugriff auf die Mietsicherheit wegen – streitiger – Forderungen aus den Jahren 2003
bis 2005 geltend macht, das heißt für einen Zeitraum, in dem die bestrittenen
Forderungen – zumindest teilweise – mehr als ein Jahr fällig waren, §§ 148, 21 Abs. 2
ZVG, 1123 Abs. 2, 1124 Abs. 2 BGB. Trotz der angeordneten Zwangsverwaltung und der
37
38
ZVG, 1123 Abs. 2, 1124 Abs. 2 BGB. Trotz der angeordneten Zwangsverwaltung und der
damit einhergehenden Beschlagnahme von Mietforderungen, dürfte die Beschlagnahme
nicht die Mietsicherheit erfassen, wenn diese wegen nicht von der Beschlagnahme
erfassten Mietforderungen geltend gemacht wird. Dies folgt aus dem Wesen der
Mietsicherheit und deren Abhängigkeit von der zu sichernden Forderung.
Den erforderlichen Verfügungsgrund hat die Verfügungsklägerin ausreichend glaubhaft
gemacht. Dieser ergibt sich bereits aus der Sicherungsfunktion der Kaution. Sie soll bis
zur endgültigen Klärung lediglich der Sicherung, aber nicht der Erfüllung dienen. Der
Mieter muss sich nicht auf das Risiko der Realisierung einer eventuellen Rückforderung
verweisen lassen. Der Zugriffsversuch der Verfügungsbeklagten auf die Mietsicherheit ist
zwischen den Parteien unstreitig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, eines Ausspruchs über die vorläufige
Vollstreckbarkeit bedurfte es nicht, da sich dies aus der Natur der einstweiligen
Verfügung von selbst versteht.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum