Urteil des AG Charlottenburg vom 14.12.2005

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
238 C 279/05
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 280 Abs 1 BGB, § 535 BGB
Wohnraummietvertrag: Mieterhaftung für eine Versottung des
Schornsteins
Tenor
1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.775,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten seit dem 14.12.2005 zu zahlen.
2. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem
Wohnungsmietverhältnis geltend.
Der Kläger ist Eigentümer und Vermieter des Hausgrundstückes .... Der Beklagte ist auf
Grund des Mietvertrages vom ... Mieter der im Parterre links, 1. Aufgang, gelegenen 4-
Zimmerwohnung im vorgenannten Mietshaus. In der Wohnung befindet sich eine im
Eigentum des Beklagten befindliche Ölheizung, deren sämtliche Wartungen der Beklagte
auf eigene Kosten vornimmt. Die Heizungsanlage wurde an einen Schornsteinzug des
Hauses angeschlossen, der ausschließlich vom Beklagten in Anspruch genommen wird.
Der Beklagte regulierte in der Vergangenheit die Heizungsanlage ohne Kenntnis des
Klägers herunter, so dass die Heizungsanlage fortan mit gedrosselter Leistung betrieben
wurde. Für die Anlage legt der Beklagte eine gutachterliche Äußerung des
Bezirksschornsteinmeisters ... vom 02.10.1972 vor (Bl. 41 d.A.).
Ausschließlich in dem vom Beklagten in Anspruch genommenen Schornstein kam es an
diversen Stellen zu Versottungen.
Daraufhin verlangte der Kläger vom Beklagten mit Schreiben vom 06.10.2005 die
Sanierung des Schornsteins durch Einzug eines Flexrohres mit einer Frist bis zum
05.11.2005 zu veranlassen (Bl. 32 d.A.). Diesem Schreiben war ein Kostenvoranschlag
der Firma ... vom 19.09.2005 über einen Betrag von 1.775,38 EUR beigefügt (Bl. 9 d.A.).
Mit Schreiben vom 25.10.2005 lehnte der Beklagte die Sanierungsmaßnahmen ab (Bl.
33 d.A.).
Am 01.12.2005 verlangte der Kläger vom Beklagten die Zahlung des zur Sanierung des
Schornsteines erforderlichen Betrages von 1.775,38 EUR mit einer Frist bis zum
13.12.2005 (Bl. 10 d.A.). Eine Zahlung durch den Beklagten erfolgte bis heute nicht.
Der Kläger behauptet, dass es zu den Versottungen im Schornsteinschacht auf Grund
des Betriebes der Heizungsanlage des Beklagten gekommen sei. Durch die weder vom
Kläger noch vom Schornsteinfegermeister gestattete Herunterregulierung der
Ölfeuerungsanlage reiche die Abgastemperatur nicht mehr aus, um die
Kondensatbildung im Schornstein zu verhindern. Hierdurch komme es zu
Unterschreitungen des Taupunktes im Schornstein sowie im Schornsteinkopf, was die
Versottungen verursache. Eine weitere Versottung des Schornsteines sei nur zu
verhindern, wenn der Schornsteinquerschnitt durch Einzug eines Edelstahlrohres
verkleinert wird.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 1.775,38 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten seit dem 14.12.2005 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, Ursache der Versottung sei nicht seine Heizungsanlage,
sondern die Benutzung des Schornsteins im Krieg und in den folgenden Jahren. Die
Anlage entspreche dem Stand der Technik und sei im Jahre 1972 genehmigt worden.
Das Gericht hat Beweis erhoben auf Grund des Beweisbeschlusses vom 24.03.2006
durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen .... Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten vom
19.06.2006 (Bl. 53 ff d.A.) sowie das Anhörungsprotokoll des Sachverständigen vom
07.11.2006 (Bl. 99 ff. d.A.) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze
der Parteien nebst Anlagen sowie die Sitzungsprotokolle vom 10.02.2006 (Bl. 34 ff d.A.),
11.08.2006 (Bl. 81 f d.A.) und vom 07.11.2006 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 1.775,38 EUR
wegen schuldhafter Verletzung seiner mietvertraglichen Nebenpflichten aus §§ 535
i.V.m. 280 Abs. 1 BGB.
Der Beklagte hat gegen seine mietvertragliche Nebenpflicht verstoßen. Zu den
Nebenpflichten des Mieters gehört auch die als Obhutspflicht bezeichnete Pflicht, alles
zu unterlassen, was Schäden an der Mietsache verursachen kann (Palandt, § 535 BGB,
Randnummer 85).
Zur Überzeugung des Gericht steht fest, dass der Beklagte den Schornstein des Klägers
im Hause ... durch Herbeiführung von Versottungen an mehreren Stellen beschädigt
hat. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ... in
seinem Gutachten nebst seinen ergänzenden Angaben in seiner Anhörung vom
07.11.2006.
Seit Benutzung des jetzigen Kessels (1992) sei es unabhängig von den
Abgastemperaturen latent zu Schornsteindurchfeuchtungen und damit zu
Schornsteinversottungen gekommen. Durch die weitere Reduzierung des
Abgasmassenstroms (1999 durch Einbau einer kleineren Düse) seien die Probleme
verstärkt worden. Die Abgase kühlen nämlich auf Grund des geringen
Abgasmassenstroms und der langen Verweildauer im Schornstein so stark aus, dass der
Wasserdampftaupunkt der Abgase im Schornstein deutlich unterschritten werde.
Hierdurch bilde sich Kondensat, welches die Ursache der Versottungen sei. Dieses
Kondensat verbinde sich nämlich mit dem Abgasbestandteil Schwefel zu Schwefelsäure
oder einer schwefligen Säure, welches in das Mauerwerk eindringe. Dies führe
zwangsläufig zur Zerstörung des Mauerwerks.
Dass die an den Schornstein einzig angeschlossene Heizung des Beklagten Ursache der
Versottung ist, ergibt sich ebenfalls aus den Feststellungen des Sachverständigen.
Andere Ursachen für die Versottung schließt er aus. Letzteres insbesondere deshalb, da
an sämtlichen anderen Schornsteinen des Hauses Versottungen nicht feststellbar sind.
Auch unter Berücksichtigung der Wanddicke und der erzielbaren Temperaturen kann die
Versottung nur durch die Heizungsanlage des Beklagten verursacht sein.
Dem schließt sich das Gericht vollumfänglich an und macht sich die
Sachverständigenausführung zu eigen. Dass der Schornsteinkopf bei dem Ortstermin
am 22.05.2006 trocken war, ist dabei unerheblich, da die Versottungen auf dem
vorgelegten Lichtbild des Sachverständigen deutlich erkennbar sind.
Die Beschädigung des Schornsteins durch die Heizungsanlage des Beklagten erfolgte
auch schuldhaft. Von einem Verschulden ist in der Regel auszugehen, wenn bauliche
Veränderungen ohne Zustimmung des Vermieters vorgenommen werden (Palandt, §
541 BGB, Randnummer 3). Vorliegend hatte der Beklagte die Änderung an der
Heizungsanlage ohne Kenntnis des Klägers vorgenommen. Eine Genehmigung der
Heizungsanlage erfolgte ebenfalls nicht. Die gutachterliche Äußerung des
Bezirksschornsteinfegers Störmer vom 02.10.1972 über die sichere Benutzbarkeit der
Feuerungsanlage stellt lediglich fest, dass die Rauchgase bei einer Kesselleistung von
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Feuerungsanlage stellt lediglich fest, dass die Rauchgase bei einer Kesselleistung von
40.000 kcal/h ohne Gefahr für Leib und Leben betrieben werden kann.
Anhaltspunkte für ein fehlendes Verschulden des Beklagten liegen im Übrigen nicht vor.
Der Höhe nach ist der geltend gemachte Anspruch zwischen den Parteien unstreitig. Zu
ersetzen sind bei Sachschäden die erforderlichen Aufwendungen, die ein verständlich
und wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und
notwendig halten darf. Um eine weitere Versottung und somit weitere Schäden an dem
Schornstein zu verhindern, ist die Einziehung eines Flexrohres zur Verminderung des
Querschnitts des Schornsteins notwendig. Die Einziehung eines Flexrohres ist auch
wirtschaftlich zweckmäßig, da eine komplette Sanierung des Schornsteines erheblich
höhere Kosten verursachen würde.
Die Verzinsung der Klageforderung folgt aus Verzug.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.
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