Urteil des AG Charlottenburg vom 13.03.2017

AG Charlottenburg: öffentlich, bestätigung, angemessenheit, gruppenbildung, quelle, sammlung, abgrenzung, link, erhaltung, ermessen

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Gericht:
AG Charlottenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
36w IN 4732/06
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 245 InsO, § 251 InsO
Tenor
In der Insolvenzsache
der W. GmbH,
wird der gegen die erfolgte Bestätigung des Insolvenzplans eingelegten sofortigen
Beschwerde des Finanzamtes für Körperschaften ( Gläubigerin zur lfd. Nr. ... der Tabelle )
nicht abgeholfen.
Gründe
Die Gläubigerin trägt vor, wirtschaftlich schlechter gestellt zu sein als die übrigen
Insolvenzgläubiger. Der Insolvenzschuldnerin würden aus vorinsolvenzlichen
Veranlagungszeiträumen steuerliche Verlustvorträge in ganz erheblicher Höhe
zustehen, die den aus der Zustimmung zum Insolvenzplan resultierenden
Veräußerungsgewinn ( in Höhe der zu erlassenden Abgabenforderung) bei weitem
übersteigen und in zukünftigen Veranlagungszeiträumen steuerlich geltend gemacht
werden könnten. Dies hätte für den Fiskus wirtschaftlich zur Folge, dass die
Insolvenzschuldnerin keine ertragssteuerlichen Abgaben zu leisten hätte. Das Land
Berlin wäre mithin - anders als die übrigen Insolvenzgläubiger wirtschaftlich nicht nur
durch den Ausfall der bereits entstandenen, sondern auch durch den Ausfall zukünftiger
Forderungen geschädigt.
Diesen Umständen, die sich aus der Eigenschaft des Landes Berlin als öffentlich-
rechtlicher Steuergläubiger ergeben, sei formell durch Bildung einer Untergruppe zur
Gruppe 2 im Insolvenzplan Rechnung zu tragen, welche gesondert für das Finanzamt für
Körperschaften zu bilden sei.
Dieser Antrag wurde zurückgewiesen.
In den Grenzen des § 222 Absatz 1 InsO obliegt dem Planverfasser die
Gruppeneinteilung nach freiem Ermessen. Die obligatorischen Vorgaben des Absatzes 1
der Vorschrift wurden beachtet.
Liegen diese zwingenden Voraussetzungen nicht vor, können andere Gruppen gebildet
werden. Deshalb kann kein Zweifel daran bestehen, dass dem Planverfasser ein freies
Gruppenbildungsermessen zusteht. Dies ist auch einhellige Meinung im Schrifttum .
( vgl. BT-Drucks. 12/7302, S. 182 (Fundstelle MüKo zur InsO, Rn 102 zu § 222, MüKo zur
InsO, Rn 102 zu § 222 ) .
Der Insolvenzverwalter hat dies hier getan, wobei die Bildung einer Gruppe der öffentlich
– rechtlichen Gläubiger durch sachgerechte Abgrenzungskriterien gegenüber den
anderen Gruppen ohne Weiteres nachvollziehbar ist.
Für die Bildung einer Untergruppe „Finanzamt“ bestanden daher keine zwingenden
Gründe.
Insbesondere das Argument der Gläubigerin, es finde hier aufgrund der künftig
drohenden Verluste von Steuereinnahmen eine Ungleichbehandlung gegenüber
denjenigen Gläubigern statt, die nur für die Vergangenheit auf Forderungen verzichten,
rechtfertigt eine Untergruppe nicht.
Ferner ist auf Antrag eines Gläubiger die Bestätigung des Insolvenzplans zu versagen,
wenn der Gläubiger durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er ohne
und
dass er durch den Plan schlechter gestellt wird ( § 251 Abs.1 Nr. 2, Abs. 2 InsO )
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Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.
§ 251 Inso gewährt dem einzelnen Gläubiger ( nur ) Schutz davor, gegen seinen Willen
schlechter gestellt zu werde, als er ohne Plan stünde.
Das entspricht dem Grundkonzept der Insolvenzordnung ( Uhlenbruck, 12.Aufl. Rndr.3 zu
§ 251 Inso ).
Mit dem Plan selbst werden nur Regelungen zu den bisherigen Insolvenzforderungen der
Gläubiger getroffen.
In dieser Hinsicht findet eine Gleichbehandlung mit den übrigen Gläubigern statt. Alle
Gläubiger erhalten laut Insolvenzplan eine Quote von 5 %.
Ohne den Plan erfolgt keine Befriedigung der Gläubiger, auch nicht des Finanzamtes.
Die Berücksichtigung möglicher, künftiger Forderungen und deren Höhe ( hier: die vom
Finanzamt vorgetragenen Verlustvorträge ) kann im Insolvenzplanverfahren keine
Beachtung finden.
Dem Insolvenzplans liegt als wesentliches Ziel die Erhaltung der Schuldnerin zugrunde.
Einzige Alternative zum Insolvenzplan wäre - dem Sachvortrag des Insolvenzverwalters
zufolge - die Liquidation der Schuldnerin.
Die vorgetragene Schlechterstellung der Gläubigerin ist daher vorliegend nicht glaubhaft
erfolgt.
Ungeachtet dessen entscheiden bei sachgerechter Abgrenzung die Gläubiger im
Abstimmungstermin über die Angemessenheit der getroffenen Regeln.
Dem Insolvenzplan und hiermit auch der diesem innewohnenden Gruppenbildung wurde
im Termin mehrheitlich zugestimmt.
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