Urteil des AG Brühl vom 21.12.2007

AG Brühl: fortsetzung des mietverhältnisses, fristlose kündigung, deckung, anwaltskosten, abmahnung, rechtshängigkeit, herausgabe, vollstreckung, angriff, sicherheitsleistung

Amtsgericht Brühl, 22 C 433/07
Datum:
21.12.2007
Gericht:
Amtsgericht Brühl
Spruchkörper:
Abteilung 22
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 C 433/07
Tenor:
Die Beklagten werden verurteilt, die im Erdgeschoss links des Hauses
B-Straße in ####1 X gelegene Mietwohnung, bestehend aus vier
Zimmern, Kochküche, Bad, WC, Diele, Balkon, Abstellraum nebst
dazugehörigem Kellerraum zu räumen und geräumt an die Klägerin
herauszugeben.
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 951,18 € nebst Zinsen
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 316,- € seit
dem 05.07.2007, aus 316,- € seit dem 07.08.2007 und aus 316,18 € seit
dem 10.07.2007 sowie aus 3,- € seit dem 27.09.2007 abzüglich am
04.10.2007 gezahlter 635,- € zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner
zu 2/3 und die Beklagte zu 1) darüber hinaus zu 1/3.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die
Vollstreckung hinsichtlich der Herausgabe durch Sicherheitsleistung von
3.000,- € abwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet. Im Übrigen kann die Beklagte zu 1) die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der vollstreckbaren Forderung
abwenden, wenn die Klägerin nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe
leistet.
Tatbestand:
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Die Beklagte zu 1) mietete mit Vertrag vom 02.01.2007 die in dem Tenor bezeichnete
Wohnung von der Klägerin. Das Mietverhältnis begann am 01.04.2007. Die Beklagte zu
1) bezog die Wohnung mit ihrem Ehemann, dem Beklagten zu 2).
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Unter dem 25.06.2007 ließ die Klägerin das Mietverhältnis mit der Begründung, dass es
am 18.06.2007 zu Beleidigungen einer anderen Mieterin und einem tätlichen Angriff auf
deren Sohn durch den Beklagten zu 2) gekommen sei, fristlos kündigen. Nachdem die
Miete für die Monate Juli und August 2007 offen blieb, hat die Klägerin mit der
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Miete für die Monate Juli und August 2007 offen blieb, hat die Klägerin mit der
Klageschrift eine weitere fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs sowie hilfsweise
eine fristgerechte Kündigung aussprechen lassen.
Nach Eintritt der Rechtshängigkeit am 27.09.2007 hat die Beklagte zu 1) die offen
gebliebenen Monatsmieten am 04.10.2007 ausgeglichen.
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Die Klägerin behauptet, in der Vergangenheit sei der Beklagte zu 2) mehrfach durch
Gewalttaten aufgefallen, habe andere Mieter beschimpft und ihnen Prügel angedroht.
Am 18.06.2007 habe er der Mieterin E in beleidigender Absicht den Mittelfinger gezeigt
sowie deren Sohn massiv beschimpft, gegen das Schienbein getreten und mit einer
Metallzange mehrfach in Richtung seines Kopfs geschlagen. Der Sohn der Mieterin E
habe dabei schwere Prellungen am Unterarm gelitten. Erst als mehrere Nachbarinnen
ihm zur Hilfe gekommen seien, habe der Beklagte zu 2) die Angriffe beendet.
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Nachdem die Beklagte zu 1) nach Rechtshängigkeit 635,- € bezahlt hat, haben die
Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.
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Die Klägerin beantragt nunmehr,
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wie erkannt.
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Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist begründet.
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Die Klägerin hat gegen die Beklagten gemäß § 546 Absatz 1 BGB einen Anspruch auf
Räumung und Herausgabe der in dem Tenor bezeichneten Wohnung, denn das
Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1) ist aufgrund der fristlosen Kündigung vom
25.06.2007 beendet.
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Die fristlose Kündigung ist wirksam, denn die Klägerin war gemäß § 543 Absatz 1 BGB
zu ihr berechtigt. Gemäß dieser Vorschrift kann ein Mietverhältnis fristlos gekündigt
werden, wenn seine Fortsetzung dem Kündigenden bis zum Ablauf einer
Kündigungsfrist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere eines
Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen
nicht zugemutet werden kann.
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Der Klägerin konnte die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden,
denn es ist zu einem nicht hinnehmbaren tätlichen Angriff des Beklagten zu 2) gegen
den Sohn der Mieterin E gekommen.
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Nach der Beweisaufnahme steht fest, dass der Beklagte zu 2) den Zeugen E zunächst
beschimpfte und trat und sodann mit einer Zange auf diesen einschlug.
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Dies ist von den Zeugen E glaubhaft bekundet worden. Ihre bereits an sich
überzeugenden Bekundungen sind durch die Aussagen der Zeuginnen S2 und R im
Wesentlichen bestätigt worden. Es besteht danach kein Zweifel, dass die gegen den
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Beklagten zu 2) erhobenen Vorwürfe zutreffend sind. Insbesondere ist nach den
Aussagen der nicht in dem Haus wohnenden Zeuginnen S2 und R ausgeschlossen,
dass die gegen den Beklagten zu 2) erhobenen Vorwürfe von den übrigen Mietern des
Hauses konstruiert wurden, um ihnen nicht genehme Mieter aus dem Haus zu
vertreiben. Dies ist auch durch die Bekundungen der Zeugin Q bestätigt worden. In
Anbetracht der Aussagen der von der Klägerin benannten Zeugen kann die Aussage
des Zeugen S keinen ernsthaften Zweifel an der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin
begründen. Es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Zeuge das
Geschehen nicht vollständig beobachtete und/oder bewusst unwahr zugunsten der
Beklagten bekundet hat.
Das Verhalten des Beklagten zu 2) musste die Beklagte zu 1) sich im Hinblick auf das
Mietverhältnis mit der Klägerin zurechnen lassen, denn die Beklagte zu 1) bezog die
Wohnung zusammen mit dem Beklagten zu 2) als gemeinsame Ehewohnung.
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Aufgrund des tätlichen Angriffs des Beklagten zu 2) gegen den Zeugen E war der
Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch unter Berücksichtigung der
Interessen der Beklagten nicht zumutbar. Es versteht sich von selbst, dass der Vermieter
einer Wohnung gewalttätige Angriffe eines Mieters oder einer Person, mit der dieser in
der vermieteten Wohnung einen gemeinsam Haushalt führt, gegen andere Mieter oder
deren Gäste und Angehörige nicht hinnehmen muss. Er ist vielmehr im Interesse der
Sicherheit und eines ungestörten vertragsgemäßen Mietgebrauchs seiner übrigen
Mieter gehalten, ein Risiko weiterer gewalttätiger Handlungen mit allen ihm zu Gebote
stehenden Mitteln zu unterbinden. Demgegenüber müssen die Interessen der Beklagten
auch dann zurücktreten, wenn die Beklagte zu 1) unter einer ernsten Erkrankung leidet.
Dies gilt umso mehr, als die Beklagten nicht im Einzelnen dargelegt haben, dass der
Beklagten zu 1) deshalb ein Umzug nicht zugemutet werden könnte. In Anbetracht des
eklatant gewalttätigen und gefährlichen Verhaltens des Beklagten zu 2) bedurfte es
auch keiner der fristlosen Kündigung vorausgehenden Abmahnung. Es liegt auf der
Hand, dass es der Klägerin nicht zugemutet werden konnte, zunächst eine Abmahnung
auszusprechen und damit das Risiko einzugehen, dass es durch eine weitere Gewalttat
des Beklagten zu 2) zu einer Verletzung eines anderen Hausbewohners kommen
konnte. Das wird auch dadurch bestätigt, dass die Beklagten keinerlei Einsicht im
Hinblick auf das Fehlverhalten des Beklagten zu 2) gezeigt, dieses vielmehr abgestritten
haben, was vor dem Hintergrund des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme nur
als Lüge bezeichnet werden kann.
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Eine Räumungsfrist kann den Beklagten nicht bewilligt werden, denn im Rahmen der
gemäß § 721 ZPO vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das Interesse der
Klägerin an einem möglicht baldigen Auszug der Beklagten gegenüber deren Interesse,
sich damit Zeit lassen zu können. Es kann der Klägerin nicht zugemutet werden, die
übrigen Hausbewohner der Gefahr weiterer Gewalttätigkeiten des Beklagten zu 2)
auszusetzen. Zudem hatten die Beklagten seit der fristlosen Kündigung der Klägerin
insbesondere auch infolge des wahrheitswidrigen Bestreitens der gegen den Beklagten
zu 2) erhobenen Vorwürfe hinreichend Zeit, sich um eine andere Bleibe zu bemühen.
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Die Beklagte zu 1) hat der Klägerin zudem die entstandenen Anwaltskosten sowie die
geforderten Zinsen und Rücklastschriftgebühren zu bezahlen. Die für die fristlose
Kündigung vom 25.06.2007 angefallenen Anwaltskosten stellen einen durch das der
Beklagten zu 1) als Vertragswidrigkeit zuzurechnende Verhalten des Beklagten zu 2)
entstandenen Schaden dar. Der Anspruch auf die Zinsen und Ersatz von 3,- €
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Rücklastschriftgebühren ergibt sich aus Verzug bzw. einer Verletzung der vertraglichen
Vereinbarung über den Einzug der Miete per Lastschrift. Bezüglich der Lastschriften ist
der Vortrag der Beklagten widersprüchlich, da sie einerseits der Klägerin vorgeworfen
haben, von der Abbuchungserlaubnis keinen Gebrauch gemacht haben, sich
andererseits darauf berufen haben, die Beklagte zu 1) sei aufgrund ihres
Krankenhausaufenthaltes nicht über ihre Kontobewegungen informiert gewesen. Es
wäre insoweit an der Beklagten zu 1) gewesen, im Einzelnen darzulegen, dass ihr
Konto die erforderliche Deckung aufwies. Mangels entsprechender Darlegungen ist
gemäß dem Vortrag der Klägerin davon auszugehen, dass der Abbuchungsversuch
mangels hinreichender Deckung fehlschlug.
Die Entscheidung über die Kosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 91,
91 a, 100, 708 ff. ZPO. Die Kosten des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils des
Rechtsstreits sind von der Beklagten zu 1) zu tragen, denn dies entspricht der Billigkeit
unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Ohne die erledigende
Zahlung wäre die Beklagte zu 1) entsprechend zu verurteilen gewesen. Der
Rechtsgedanke des § 93 ZPO kommt ihr nicht zugute, denn sie hat Anlass zu der
Klagheerhebung gegeben, indem sie nicht gemäß der vertraglichen Vereinbarung der
Parteien für eine hinreichende Deckung auf ihrem Konto sorgte und die offenen Mieten
auch nicht anderweitig zeitnah ausglich.
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Streitwert:
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