Urteil des AG Brühl vom 01.10.2007

AG Brühl: dolus eventualis, aufsichtsrat, norwegen, geschäftsführer, genehmigung, vorteilsannahme, geschäftsführung, unternehmen, vertreter, restaurant

Amtsgericht Brühl, 51 Cs-114 Js 78/05-708/06
Datum:
01.10.2007
Gericht:
Amtsgericht Brühl
Spruchkörper:
Abt. 51
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
51 Cs-114 Js 78/05-708/06
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Der Angeklagte wird wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen zu einer
Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je ####2,- €
kostenpflichtig verurteilt.
Der Verfall von Wertersatz in Höhe von 3.600,- € wird angeordnet.
(§§ 331 Abs. 1, 53, 73, 73a, 73b StGB)
Gründe:
1
I.
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Am 14. März 2007 erließ das Amtsgericht Brühl jeweils Strafbefehl wegen
Vorteilsannahme in zwei Fällen gegen die Angeklagten Dr. X3, U2 und O2. Gegen
diese Strafbefehle wandten sich die Angeklagten jeweils mit der rechtzeitigen
Einlegung eines Einspruchs beim Amtsgericht Brühl. Daraufhin bestimmte das
Amtsgericht Brühl Verhandlungstermin auf den 06.09., 10.09., 13.09. und 20.09.2007.
Am ersten Verhandlungstag wurde das Verfahren gegen den Angeklagten O2 zur
Einstellung des Verfahrens gemäß § 153a StPO im schriftlichen Verfahren abgetrennt.
Am Ende des 4. Verhandlungstages, dem 20.09.2007, nahm der Angeklagte U2
seinen Einspruch gegen den Strafbefehl zurück, so dass dieser Strafbefehl seit
diesem Tag rechtskräftig ist.
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II.
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Der zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung 60-jährige Angeklagte ist studierter Jurist
und war 30 Jahre lang kommunaler Wahlbeamter. Der Angeklagte ist weder
vorbestraft noch war gegen ihn ein Disziplinarverfahren anhängig. Darüber hinaus
führte er auch im Übrigen ein untadeliges Leben. Seine Bewertungen im Rahmen
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seiner Tätigkeit als Wahlbeamter waren stets gut, auch im Kollegenkreis war der
Angeklagte anerkannt. Seit Februar diesen Jahres ist der Angeklagte aus dem Dienst
ausgeschieden und seither Pensionär. Als Pension erhält der Angeklagte, der
verheiratet ist und 2 Kinder hat, monatlich ####5,- € netto. Die Ehefrau des
Angeklagten ist Hausfrau. Seinen Sohn unterstützt der Angeklagte noch mit
Unterhaltszahlungen.
III.
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Der Angeklagte nahm in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsmitglied der S mbH in der
Zeit vom 19. bis 21.09.2003 und vom 23. bis 25.04.2004 jeweils an einer
Wochenendfahrt nach Brügge und nach Norwegen teil, die durch die Vorlieferanten
der S mbH (S), die Unternehmen S4 AG (heute: S4 AG) bzw. U GmbH (heute: S3 AG)
finanziert wurden. An der Fahrt nach Brügge nahm zudem die Ehefrau des
Angeklagten teil. Trotz der Erkenntnis, dass es sich um Einladungen der Lieferanten
der S handelte, die mit den Einladungen jedenfalls eine geneigte Atmosphäre in den
Gremien der S schaffen und ihre Belange bei der Lieferung näher bringen wollten,
nahm der Angeklagte an den Reisen teil. Den Fahrten lag dabei die stillschweigende
Übereinkunft zwischen den Einladenden und den Eingeladenen zu Grunde, die
Gremienmitglieder der S, und so auch der Angeklagte, würden im Rahmen der
Wahrnehmung ihrer Dienstausübung (Überwachung der Geschäftsführung und
Zustimmung zu langfristigen Lieferverträgen) jedenfalls allgemeines Wohlwollen in
Bezug auf U und S4 walten lassen. Der Angeklagte, der dies erkannt hatte, nahm die
Verknüpfung der Reisen mit den Erwartungshaltungen der Vorlieferanten hin.
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1. Die S mbH (im Folgenden: S) existiert bereits seit Jahrzehnten. Gegenstand des
Unternehmens, an der die Städte L, G, Q2, X, I6 und F entweder unmittelbar oder
über ihre jeweiligen Stadtwerke als Gesellschafter beteiligt sind, ist insbesondere
die Versorgung der Bevölkerung mit Gas und Energie. Seit einigen Jahren,
jedenfalls seit vor 2003, ist auch die S5 AG an der S als Gesellschafterin beteiligt.
Mindestens seit 2002 halten die S5 AG 57,34 %, die Stadtwerke I6 AöR 16 %, die
Stadt G 12,66 %, die X GmbH 10,00 %, der S10 3,0 %, die Stadt Q2 0,5 % und die
Stadtwerke F 0,5 % der Anteile an der S. Bei der S5 AG handelt es sich um eine
im Jahre 2002 neu gegründete Gesellschaft. 80 % der Anteile an der S5 AG hält
die L AG, die ihrerseits eine hundertprozentige Tochter der Stadt L ist. Seit der
Gründung der S5 AG ist die S3-Gruppe mit 20 % als strategischer
Minderheitspartner an der Gesellschaft beteiligt. Geschäftsführer der S waren in
den Jahren 2002 bis 2004 die Zeugen S7 und N4. Der Zeuge N4 war seit dem
Jahr 1997 Geschäftsführer der S, inzwischen ist er aus dem Unternehmen
ausgeschieden. Der Zeuge S7 ist seit ca. 8 Jahren Geschäftsführer der S. Die S
hat ca. ####2.000 Kunden.
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2. Der Angeklagte war in den Jahren 2003 und 2004 Erster Beigeordneter und
Kämmerer der Stadt G. Mit Ratsbeschluss der Stadt G im Jahre 1999 war er zum
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Mitglied des Aufsichtsrates der S gewählt und bestellt worden und sollte dort die
Interessen der Stadt G vertreten. Seit dieser Zeit war der Angeklagte Mitglied des
Aufsichtsrates der S und war dies auch in den Jahren 2003 und 2004. Als weiterer
Vertreter der Stadt G war der Bürgermeister der Stadt G, der Zeuge N, in den
Jahren 2003 und 2004 in den Aufsichtsrat der S entsandt worden. Der Aufsichtsrat
der S tagt seit einigen Jahren zwei Mal pro Jahr. Fortbildungsveranstaltungen für
den Aufsichtsrat hatten jedenfalls seit dem Jahr 1997 nicht stattgefunden.
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3. Im Zuge einer Umstrukturierung der S in der Zeit vor den Fahrten nach Brügge und
Norwegen in den Jahren 2003 und 2004 war im Aufsichtsrat die Mitgliederzahl von
9 auf 13 erhöht worden. Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung der S
wurden nach dem Gesellschaftsvertrag jeweils mit Vertretern der Anteilseigner
besetzt. Im Aufsichtsrat sind seither und so auch in den Jahren 2003 und 2004 die
S5 AG mit 7 und die Kommunen mit insgesamt 6 Mitgliedern vertreten. Die
Kommunen hatten seit der Umstrukturierung, in den Jahren 2003 und 2004, eine
Sperrminorität im Aufsichtsrat. Der Vorsitzende des Aufsichtsrates wurde von
Seiten der S5 AG bestellt. In den Jahren 2002 bis Ende 2004 war der Zeuge W
Vorsitzender des Aufsichtsrates der S. Dem Aufsichtsrat obliegt und oblag unter
anderem die Überwachung der Geschäftsführung der S und die Zustimmung zu
langfristigen Lieferverträgen. Die S wird seit Jahren von S4 (vormals S4) und S3
(vormals U) beliefert. Im Jahre 1998 kam W10 als weiterer Lieferant dazu. Der
Liefervertrag von S4 hat eine Laufzeit bis zum Jahre 2016, der Liefervertrag von
S3 hatte eine Laufzeit von ca. 1995 bis zum Jahre 2007. Die Lieferverträge waren
zumeist langfristiger Natur und sind dies auch bis heute. Lieferverträge wurden vor
ihrem Abschluss meist mehrere Monate verhandelt, bis sie schließlich dem
Aufsichtsrat zur Zustimmung vorgelegt wurden.
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4. Im Mai 2002 trat einer der Geschäftsführer der S, der Zeuge S7, an einen S4-
Mitarbeiter, den Zeugen I, heran und teilte mit, man an sei einer Aufsichtsratsfahrt
nach Zeebrügge interessiert. Anlass sei die ####2. Aufsichtsratssitzung im Mai
2003. Im Oktober 2002 meldete sich ein Mitarbeiter der S, der Zeuge C6, bei dem
Zeugen I und bat erneut um eine Aufsichtsratsreise nach Zeebrügge. Als
Terminvorschläge wurden der 19.-21.09. und der 26.-28.09.2003 benannt.
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Der Zeuge I war in den Jahren 2002 bis 2004 Bezirksleiter der S4-
Verkaufsdirektion West. In dieser Funktion konnte der Zeuge weitgehend
selbständig Entscheidungen treffen. So lag auch die Entscheidung bezüglich der
Organisation und Kostentragung von Reisen für Aufsichtsratsmitglieder im
Kompetenzbereich des Zeugen I. Eine Absprache mit dem Vorstand von S4
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bezüglich konkreter Reisevorhaben war nicht erforderlich.
In der 98. Aufsichtsratssitzung vom 14.11.2002 wurde das Thema "Fahrt des
Aufsichtsrates" angesprochen und beschlossen, dass die ####2.
Aufsichtsratssitzung im Rahmen einer Fahrt nach Brügge von Freitag bis Sonntag,
19.-21.09., mit Partnern oder alternativ vom 26.-28.09.2003 stattfinden solle. Dabei
war bereits bekannt, dass S4 die Besichtigung einer gastechnischen Anlage
ermöglichen sollte. Das Protokoll der Sitzung wurde unter anderem von dem
Aufsichtsratsvorsitzenden, Herrn W, unterzeichnet.
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Allgemein bekannt war es zu dieser Zeit, dass Aufsichtsräte, sonstige
Gremienmitglieder und Geschäftsführer von Versorgungsunternehmen von
Vorlieferanten zu Informationsfahrten eingeladen wurden, die jeweils auch von den
Vorlieferanten organisiert und finanziert wurden. Dies war insgesamt auch den
Aufsichtsratsmitgliedern der S und auch dem Angeklagten bekannt. Dabei
fungierten die Vorlieferanten zum einen als "Türöffner" für die Besichtigung von
Anlagen. Die Vorlieferanten - insbesondere der Verantwortliche von S4 - verfolgten
aber mit Ihrer Einladungspraxis zugleich das Ziel, bestimmte über die Besichtigung
der Anlagen hinaus gehende Informationen zu vermitteln, und insbesondere auch
für ein allgemein wohlwollendes Klima zu sorgen. Dies galt vor allem für die Frage
langfristiger Lieferverträge, die in den Jahren 2003 und 2004 auf dem Prüfstand
waren. Dies war auch dem Angeklagten bekannt.
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Weder der Angeklagte noch ein anderes Aufsichtsratsmitglied warf während der
Planungsphase oder später die Frage danach auf, welche Kosten die Reise
verursachen und wer diese tragen würde. Entsprechend wurde auch die Frage, ob
die Kosten angemessen seien und ob es im Sinne einer wirtschaftlichen
Unternehmensführung sinnvoll für die S sei, eine Reise des Aufsichtsrates zu
finanzieren, nicht gestellt. Dies war aber auch nicht erforderlich, da die Mitglieder
des Aufsichtsrates und so auch der Angeklagte insgesamt stillschweigend davon
ausgingen, dass wie in der Branche üblich verfahren würde und die Kosten
komplett oder überwiegend von S4 getragen würden.
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Die Geschäftsführer der S, die Zeugen N4 und S7, und der Zeuge I kamen sodann
überein, dass eine von S4 finanzierte und organisierte Reise nach Zeebrügge und
Brügge stattfinden solle.
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Im März 2003 versandten die Geschäftsführer der S die Einladungsschreiben an
die Mitglieder des Aufsichtsrates und die Mitglieder der
Gesellschafterversammlung, die ständige Gäste bei den Aufsichtsratssitzungen
waren. Die Einladungsschreiben hatten folgenden Inhalt:
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"Terminfestlegung für die ####2. Aufsichtsratssitzung der S
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Sehr geehrter ….,
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im Herbst diesen Jahres wird die ####2. Aufsichtsratssitzung der S stattfinden.
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Aus diesem Grund dürfen wir sie, wie bereits in der letzten Sitzung vereinbart,
nach Brügge einladen und neben der Sitzung – in Kooperation mit S4 – die
gastechnischen Anlagen des Gaszentrums in Brügge besichtigen.
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Bitte reservieren Sie hierzu für sich und ihre Begleitung den Termin 19. bis 21.
September 2003.
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Weitere Informationen zum Programmablauf sowie gesonderte Einladungen
werden Sie in Kürze von uns erhalten.
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Um die Fahrt entsprechend vorbereiten zu können, bitten wir Sie, uns das
beigefügt Fax bis zum 15. April 2003 zurückzusenden.
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Mit freundlichen Grüßen
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S
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S7 gez. N4
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Während der 99. Aufsichtsratssitzung am 06.05.2003 wurde dann der Termin 19.
bis 21. September 2003 endgültig festgelegt. In der Folgezeit versandten die
Geschäftsführer der S die Programmabläufe an die Reisenden mit folgendem
Ablaufplan:
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Freitag, 19. September 2003
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8:00 Uhr Gemeinsame Abfahrt mit dem Bus vom
Verwaltungsgebäue der S, N-Str.
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12:00 Uhr Mittagessen im Restaurant "Excelsior" in Knocke-I5
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anschließend Weiterfahrt nach Zeebrugge
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15:00 Uhr Empfang im LNG-Terminal von Fluxys im Vorhafen von
Zeebrügge
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Filmvorführung über das LNG-Terminal
Erläuterung zum LNG-Terminal
Besichtigung der Anlagen
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17:00 Uhr Weiterfahrt zum Hotel "Sofitel" in Brügge
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18:30 Uhr ####2. Sitzung des Aufsichtsrates im Hotel "Sofitel"
41
(Begleitpersonen steht diese Zeit zur freien Verfügung)
42
20:30 Uhr Abendessen im Restaurant "´t Voermanshuys" in Brügge
43
Samstag, 20. September 2003
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bis 9:00 Uhr Frühstück
45
09:00 Uhr Gasfachliches Informationsgespräch im Hotel "Sofitel" mit Vortrag:
46
"Die Rolle des Erdgases in der Energiewirtschaft mit aktuellen
Aspekten der deutschen und europäischen Energiepolitik
47
(Referent: Dipl. Ing. I, S4 AG)
48
Begleitpersonen sind herzlich eingeladen oder können die Zeit
individuell nutzen.
49
ca. 10:30 Uhr Beginn der Stadtführung
50
12:30 Uhr Mittagessen im Restaurant "Cafedraal", Brügge
51
15:00 Uhr Fortsetzung der Stadtführung
52
16:00 Uhr Grachtenrundfahrt
53
anschließend Erfrischungspause in der Hausbrauerei "De Halve
Maan" mit dem Spezialbier "Straffe Hendryk"
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19:30 Uhr Abendessen im Restaurant "Partick Devos – Zilveren Pauw in Brügge
55
Sonntag, 21.September 2003
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bis 09:00 Uhr Frühstück
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09:00 Uhr gemeinsame Weiterfahrt mit dem Bus nach Antwerpen
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Beginn des Rundganges durch Antwerpen
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11:00 Uhr Brunch im Foyer des "Bourla-Theater" in Antwerpen
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13:00 Uhr Besichtigung der Kathedrale
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ca. 14:00 Uhr Rückfahrt zur Verwaltung der S, I6
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Die gesamte Reiseorganisation nebst Auswahl der Restaurants übernahm S4, und
zwar dort die Zeugin H2, die auch die Kontakte zu der Reiseleitung in Brügge
pflegte. Lediglich in Bezug auf eine Restaurantauswahl existierten Bedenken von
Seiten der S, ob eines der vorgeschlagenen Restaurants auch gut genug sei.
Diese konnte Frau H2 jedoch nach einer Rücksprache mit der Reiseleitung
dahingehend ausräumen, dass das Restaurant "Zilveren Pauw" 2 Sterne habe und
man nun darauf hingewiesen habe, dass die Gruppe kulinarisch sehr
anspruchsvoll sei und die Qualität daher stimmen müsse. Die Abstimmung mit der
S erfolgte überwiegend zwischen Frau H2 auf Seiten von S4 und Frau X5 auf
Seiten der S. Frau X5 war Sekretärin bei der S. Auf Vorschlag der S-
Geschäftsführung wurde eine weitere Referentin für den Samstagvormittag
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vorgesehen. Es handelte sich um die Leiterin der Repräsentanz Brüssel des
Verbandes kommunaler Unternehmen e.V., Frau X2. Der Vorgesetze der
Referentin, ein Herr Q, war der Geschäftsführung der S bekannt, da dieser seinen
Aufgaben regelmäßig in L nachging.
Zwischen der Geschäftsführung der S und dem Zeugen I stand von Anfang an fest,
dass S4 die Kosten der Reise tragen würde. Zunächst war auf Seiten von S4 nicht
bekannt, dass die Aufsichtsratsfahrt mit Partnern stattfinden würde. Als der Zeuge I
im März 2003 durch den Zeugen S7 informiert wurde, dass Partner mitfahren
sollten, schlug der Zeuge I vor, dass die Bezahlung vorerst durch die S erfolgen
sollte und die Abrechnung der Fahrt sodann über einen Nachlass auf den Gaspreis
erfolgen sollte. Der Zeuge I wollte das "Thema Partner" nicht bei S4 haben.
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Die Mehrzahl der Aufsichtsratsmitglieder und der Mitglieder der
Gesellschafterversammlung sagten ihre Teilnahme an der Reise - überwiegend in
Begleitung ihrer Partner - zu. So auch der Angeklagte, der an der Fahrt mit seiner
Ehefrau teilnehmen wollte. Der Zeuge W teilte der Geschäftsführung der S jedoch
ca. eine Woche vor der Fahrt mit, dass er am Freitag nicht teilnehmen, sondern
möglicherweise am Samstag nachkommen werde. Dann teilte der Zeuge W ein bis
zwei Tage vor der Fahrt mit, dass er überhaupt nicht teilnehmen werde. Ebenso
konnte der Stellvertretende Vorsitzende des Aufsichtsrates, Herr E5, aufgrund einer
schweren Krankheit nicht an der Fahrt teilnehmen.
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5. Am Morgen des 19. September 2003 trafen sich die Reisenden - so auch der
Angeklagte und seine Ehefrau - zur Abfahrt in I6.
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Auf der Fahrt wurde im Bus mitgeteilt, dass der Vorsitzende, Herr W, nicht kommen
werde und die Aufsichtsratssitzung ausfallen werde. Sodann wurde ein geändertes
Programm ausgegeben, aus dem ebenfalls ersichtlich war, dass eine
Aufsichtsratssitzung nicht mehr stattfinden sollte. Stattdessen war für den Freitag,
19. September, um 18:00 Uhr nunmehr eine Stadtführung vorgesehen. Das
Vortragsprogramm für Samstag, 20. September 2003 lautete nun wie folgt:
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09:00 Uhr Gasfachliches Informationsgespräch im Hotel "Sofitel
mit den Vorträgen:
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1. "Die Rolle des Erdgases in der Energiewirtschaft mit aktuellen Aspekten der
deutschen und europäischen Energiepolitik"
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(Referent: Dipl. Ing. I, S4 AG)
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2. "Aktuelle Entwicklungen der Brüsseler Liberalisierungstendenzen und
Gesetzgebungsverfahren auf europäischer Ebene"
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(Referentin: Frau X2,
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Leiterin der Repräsentanz Brüssel, Verband kommunaler
Unternehmen e.V.)
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3. Allgemeine Informationen
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12.30 Uhr Mittagessen im Restaurant "Cafedraal", Brügge
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Sodann erläuterten die Geschäftsführer der S die "Rolle von S4", wobei
insbesondere auf die Organisation durch S4 hingewiesen wurde. In Belgien
eingetroffen, kehrte die Gruppe zum Mittagessen in Knokke-I5 in das Restaurant
"Excelsior" ein. Dort wurde ein Menu zum Preis von 40,- € pro Person (Häppchen,
Herbstsalat mit Nordseekrabben, Kerbelrahmsuppe, Steinbutt in Weißweinsauce
mit Gemüse und Kartoffeln, Sandkuchen mit Schokoladenmousse und Vanilleeis
mit Orangen) inklusive Champagner, Weinen und sonstigen Getränken konsumiert.
Zu dem Mittagessen trafen auch die Vertreter von S4, die Zeugen I und Dr. O ein,
die die Reisegruppe vor dem Mittagessen offiziell begrüßten. Im Anschluss begab
sich die Reisegruppe nach Zeebrügge und besichtigte dort die gastechnischen
Anlagen von Flyxus. Die Besichtigung dauerte ca. 2 Stunden. Sodann wurde die
Reisegruppe gegen 17:00 Uhr in das Sofitel-Hotel in Brügge gefahren, in dem 14
Doppelzimmer und 10 Einzelzimmer für die 37 Teilnehmer reserviert waren. Auf
jedem Zimmer lag auf Veranlassung von Herrn I ein Pralinen-Gastgeschenk für die
S-Reisenden bereit. Jede Pralinenschachtel war mit einer Karte versehen, auf der
stand:
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S4
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Herzlich willkommen in Brügge
82
Ihre S4 Aktiengesellschaft
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Die Pralinen hatten einen Gesamtpreis von ca. 160,- € für alle Teilnehmer. Das
Sofitel-Hotel verursachte Kosten in Höhe von insgesamt 7.673,46 € (inklusive
Minibar), also ca. 200,- € pro Person.
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Nach einem Stadtrundgang durch Brügge kehrte die Reisegruppe am Abend in das
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Restaurant "´t Voermanshuys" in Brügge ein, wo ein Menu zum Preis von 70,- € pro
Person eingenommen wurde (Tempura von Langustinen mit chinesischen Pickles
und knusprigen Gemüsen, Fischsuppe, Mecheler Kuckuckshuhn mit Kartoffeln,
Crème Renversée mit Himbeer-Coulis und exotischem Obst, Aperitif, 3 Glas Wein,
Wasser, Kaffee, Tee). Am Samstagvormittag wurden in der Zeit von 09:00 Uhr bis
ca. 12:30 Uhr die Vorträge von Herrn I und Frau X2 gehalten. Frau X2 hielt einen
Vortrag über die Trennung von Netz und Vertrieb (sog. "unbundling"). Insgesamt
befasste sich der Vortrag von Frau X2 mit den Themen Gesetzgebungsverfahren
auf europäischer Ebene, aktuelle Verfahren, zentrale Neuerungen der RL
2003/55/EG, Formen des unbundling, Artikel 13 der Richtlinie,
Unternehmensstruktur nach unbundling, Herausforderungen des unbundling und
Ausblick Gasmarkt. Der Zeuge I hielt einen freien Vortrag auf der Grundlage einer
Informationsbroschüre von S4. Der Vortrag des Zeugen I dauerte ca. 1 Stunde und
war in der Form einer Rundumschau gehalten. Dabei beschäftigte sich der Vortrag
insbesondere auch mit langfristigen Lieferverträgen; die Risiken kurzfristiger
Lieferverträge wurden erläutert. Anschließend begab sich die Gruppe in das
Restaurant "Cafedraal" in Brügge, in dem die Gruppe ein Menu zum Preis von 50,-
€ pro Person (Vorspeisenteller mit 3 Austern, Krabben, Schnecken, Steak mit
Pfeffersauce und Pommes oder Muscheln in Weinsauce) inklusive Champagner-
Aperitif, Wein und Getränken zu sich nahm. Im Anschluss daran wurde die
Stadtführung fortgesetzt. Nach der Stadtführung beendete das Ehepaar N wie
geplant die Reise und trat die Rückreise an. Die restliche Gruppe - inklusive des
Angeklagten und seiner Ehefrau - begab sich zu einer Grachtenrundfahrt mit einer
anschließenden Erfrischungspause in der Hausbrauerei "De Halve Maan". Am
Abend kehrte die Gruppe in das Restaurant E2 "Zilveren Pauw" in Brügge ein, wo
ein Menu (Avocado-Sorbet mit Joghurt-Koriander-Limonen-Dressing, gebackener
Genter Schinken und getrockneten Tomaten, Kabeljau-Carpaccio mit
Zitronenvinaigrette, gebackene Langustinen mit Zucchini-Jus, Paprika mit
Basilikum-Tomaten, Gurken und Radieschen in Roquette-Marinade, gebackener
Steinbutt, mit Kräutersalat, Olivenöl und Safran, gebackene Ente mit Trüffelsauce,
Kartoffelpfannküchlein mit Mango-Dattel-Chutney, Lavendeleis mit Honig und
Minzglasur mit Litchi- und Ananasstückchen und Nougat) inklusive Champagner-
Aperitif, passenden Weinen und sonstigen Getränken zum Preis von 105,- € pro
Person gereicht wurde.
Am Sonntag verließ die Gruppe nach dem Frühstück Brügge mit dem Bus und fuhr
nach Antwerpen, wo zunächst ein Stadtrundgang stattfand. Anschließend fand ein
Brunch zum Preis von 22,- € pro Person im Foyer des Bourla-Theaters in
Antwerpen statt. Nach der Besichtigung der Kathedrale fuhr die Gruppe zurück
nach I6.
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Die Reise verursachte insgesamt Kosten von 23.357,51 €. Wie vereinbart gewährte
S4 anschließend zum Ausgleich der Kosten einen Nachlass in Höhe von 20.000,-
€ auf die Gasrechnung der S. Eine offizielle Rechnung über die Reisekosten wurde
von Seiten der S nicht gestellt. Hätte der Angeklagte die Reise selbst gezahlt,
wären für ihn und seine Ehefrau Kosten in Höhe von ca. 1.260,00 € entstanden.
Der Angeklagte hatte während der gesamten Fahrt keine eigenen Aufwendungen
für Kost, Logis oder Besichtigungen. Die Reise ging – wie auch dem Angeklagten
bewusst war – über beamtenrechtlich allgemein übliche Zuwendungen und
Einladungen deutlich hinaus.
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Während der gesamten Reise waren die Zeugen I und Dr. O anwesend. Der Zeuge
I war insbesondere für sämtliche organisatorischen Fragen während des
Wochenendes Ansprechpartner und Verantwortlicher. Zudem war die von S4
beauftragte Reiseleiterin während der gesamten Fahrt anwesend.
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Im Anschluss an die Fahrt bedankte sich die Geschäftsführung der S bei dem
Zeugen I mit einem Dankesschreiben, das folgenden Inhalt hatte:
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"Lieber Herr I,
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für die unvergesslich schöne Aufsichtsratsfahrt nach Brügge möchten wir uns
noch einmal ganz herzlich bei Ihnen bedanken.
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Für uns war es eine tolle Reise mit phantastischem Essen, guten und
intensiven Gesprächen und natürlich traumhaftem Wetter. Alle Teilnehmer
waren begeistert von der Aufsichtsratsfahrt, die erheblich dazu beigetragen
hat sich untereinander näher kennen zu lernen. Die Vorträge waren sehr
informativ und interessant gehalten.
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Wir möchten Ihnen "Danke schön" sagen für Ihre Einladung, die tolle
Organisation sowie persönliche Betreuung und möchten Ihnen mit dem
kleinen Weinführer nebst Anlage noch eine beschauliche Unterhaltung und
tropfenfreien Genuss wünschen.
93
Mit herzlichen Grüßen aus I6
94
S
95
S7 N4
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6. S4 verfolgte mit der Einladung zum einen das Ziel, das Unternehmen S4
vorzustellen und dem Aufsichtsrat näher zu bringen. Dabei sollten auf der einen
Seite Informationen weitergegeben und Verständnis für gewisse Belange der
Vorlieferanten wie beispielsweise langfristige Lieferverträge aufgebaut werden.
Auf der anderen Seite dienten die Reisen mit ihren vorwiegend vergnüglichen
Aspekten dazu, bei den Gremienmitgliedern und den Geschäftsführern der S über
fachliches Verständnis hinaus ein geneigtes Klima und eine positive Stimmung in
Bezug auf S4 zu erzeugen. Dies war auch dem Angeklagten und den übrigen
Mitreisenden der S bewusst. Dennoch nahm es der Angeklagte hin, dass die
Reise für ihn und seine Ehefrau von S4 bezahlt wurde. Dabei war dem
Angeklagten bewusst, dass die Reise stillschweigend in Bezug zur Funktion von
S4 als Vorlieferant stand. Die stellte keine Dienstverpflichtung dar. Die
Informationsgewinnung trat hinter den touristischen, kulinarischen und
klimapflegenden Erlebnissen zurück. Darüber hinaus war weder die Tatsache,
dass Vorträge gehalten werden sollten, noch der Umstand der Besichtigung einer
gastechnischen Anlage ein zwingender Grund, eine Fahrt nach Brügge zu
unternehmen und diese zudem mit weiteren touristischen und kulinarischen
Erlebnissen auszuschmücken. Die Besichtigung der gastechnischen Anlagen,
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welche gemeinsam mit den Partnern stattfand, stellte keinen Bestandteil einer
Fachveranstaltung dar. Die Funktion des Angeklagten als Mitglied des
Aufsichtsrates erforderte nicht die Besichtigung einer gastechnischen Anlage in
Zeebrügge, und auch der in Brügge gehaltenen Vorträge waren für den
Angeklagten nicht fachlich notwendig. Dies war auch dem Angeklagten bewusst.
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7. Der Zeuge I trat während der Reise nicht an die Reisenden - insbesondere nicht
an den Angeklagten - heran und erklärte explizit und direkt, dass S4 die Kosten
der Reise übernehme. Auch die Zeugen N4 und S7 teilten weder vor der Reise
noch während der Reise dem Angeklagten mit, dass S4 die Kosten der Reise
übernehme. Allerdings war dem Angeklagten und den übrigen Mitgliedern des
Aufsichtsrates bewusst, dass sie an einer durch S4 organisierten und finanzierten
Reise teilnahmen. Diese Erkenntnis stellte sich auch bei dem Angeklagten
spätestens während der Fahrt nach Brügge ein. Fragen nach der Kostentragung
stellte der Angeklagte während der gesamten Fahrt dennoch nicht, sondern nahm
es hin, dass es sich um eine Einladung eines Lieferanten handelte.
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100
Ebenso war dem Angeklagten bewusst, dass es sich bei der Reise nicht um eine
reine Fortbildungsreise handelte. Von einem dienstlichen Charakter der Reise und
einer Teilnahmeverpflichtung ging der Angeklagte von Anfang an nicht aus. Der
Angeklagte nahm die überwiegend vergnüglichen Aspekte der Reise gemeinsam
mit seiner Ehefrau gerne wahr.
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8. Anschließend nahm die Geschäftsführung der S im Jahr 2003 Kontakt zur Firma U
GmbH, heue S3 AG auf, und teilte mit, dass man eine Reise zu einer Bohrinsel
unternehmen wollte. Es war bei den Abnehmern allgemein bekannt, dass U als
Vorlieferant Reisen zu Bohrinseln organisierte und finanzierte. Auf Seiten von U
war der Zeuge B Ansprechpartner und Organisator der Reise. U bot sodann
erwartungsgemäß auch an, die Reise zu organisieren und alle Kosten hierfür zu
übernehmen. Im März 2004 informierte der Geschäftsführer der S, der Zeuge S7,
den Zeugen B, dass die S keinen eigenen Beitrag zur Reise leisten wolle und
insofern das Angebot von U, dass alle Kosten von U getragen würden,
angenommen werde. Gegenüber U gaben die Geschäftsführer zunächst an, dass
die Fahrt anlässlich der ####2. Aufsichtsratssitzung stattfinden sollte. Eine
Aufsichtsratssitzung war jedoch später kein Thema mehr.
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Unter dem 22. Dezember 2003 versandten die Geschäftsführer der S
Einladungsschreiben an die Mitglieder des Aufsichtsrates und der
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Gesellschafterversammlung mit folgendem Inhalt:
"Sehr geehrter …,
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wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir im Frühjahr 2004 die
Gelegenheit zur Besichtigung einer Erdöl- und Ergasplattform in der Nordsee
haben.
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Wie uns unser Vorlieferant, die U GmbH bekannt gab, ist für den Aufsichtsrat
und die Vertreter der Gesellschafterversammlung eine Besichtigung einer
Plattform Ende April oder Anfang Mai 2004 reserviert. Der genaue Termin wird
voraussichtlich erst im Februar/März nächsten Jahres – in Abhängigkeit der
Besichtigungen und Flugkapazitäten – festgelegt werden.
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Die Reise wird insgesamt 3 Tage (Freitag morgen bis Sonntag nachmittag)
dauern. Die Anreise nach Norwegen erfolgt per Flugzeug von E3 aus.
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Damit wir die Planung weiter fortführen können, bitten wir um kurzfristige
Rücksendung des Anmeldebogens. Wir werden sie informieren sobald
nähere Daten über die Reisezeit und die zu besichtigende Plattform vorliegen.
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Es ist schön, dass es uns gelungen ist, gemeinsam mit U eine
hochinteressante Besichtigung der "Quelle" und der technischen
Einrichtungen zur Erdgasversorgung zu ermöglichen und wir hoffen, dass
möglichst viele Aufsichtsratsmitglieder und Gesellschafter der S teilnehmen
können.
110
Verbunden mit unseren besten Wünschen zum Weihnachtsfest für Sie und
Ihre Familie und einem guten Start ins neue Jahr verbleiben wir
111
mit freundlichen Grüßen
112
S
113
N4 S7
114
Dem Anschreiben war ein Anmeldeformular beigefügt, welches die Mitreisenden
ausfüllen sollten. Einige Mitglieder des Aufsichtsrates und der
Gesellschafterversammlung - unter ihnen auch der Angeklagte und der Zeuge N -
sagten ihre Teilnahme an der Fahrt zu. Der Angeklagte stellte dabei erneut keine
Fragen nach den Kosten der Reise und der Finanzierung. Auch informierte sich der
Angeklagte nicht über die Notwendigkeit einer Reise nach Norwegen und das
fachliche Bedürfnis, eine Bohrinsel zu besuchen. Dabei ging der Angeklagte davon
aus, dass auch diese Reise keine Kosten für die S verursachen werde sondern –
wie üblich – durch U finanziert und organisiert werde.
115
Mit Schreiben vom 09.03.2004 wandten sich die Geschäftsführer der S an die
Personen, die ihre Teilnahme an der Reise angekündigt hatten. Das Schreiben
hatte folgenden Inhalt:
116
"Sehr geehrte…,
117
es ist schön, dass Sie sich dazu entschlossen haben, an unserer Exkursion
nach Norwegen vom 23. bis 25. April 2004 teilzunehmen.
118
Einen genauen Ablaufplan werden wir Ihnen in Kürze zukommen lassen.
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Vorab benötigen wir noch ein paar Angaben für den Besuch auf der Gullfaks-
Plattform, Wir bitten Sie, das beigefügte Personenfomular bis zum 26. März
ausgefüllt an uns zurückzusenden.
120
Mit freundlichen Grüßen
121
S
122
S7 N4
123
Das zur Organisation des Plattformbesuches beigefügte Personenformular füllten
die Mitfahrenden aus. Unter der Rubrik "Company" war bereits "S3 S6 AG"
vermerkt. Die gesamte Planung der Reise wurde von U übernommen. Eigene
Planungsbeiträge der S gab es nicht. Lediglich die Menüauswahl wurde mit der
Geschäftsführung der S bzw. dem Sekretariat abgestimmt. In einer Email an die
Zeugin C erläuterte die Zeugin D hierzu, dass das festliche Abendessen nicht im
"Bellevue" sondern im "Finnegaarden" stattfinden werde, welches zu den besten
Restaurants in Norwegen gehören solle.
124
Sowohl der Angeklagte als auch der Zeuge N füllten die entsprechenden
Formulare aus. In der Folgezeit kamen dem Zeugen N jedoch Bedenken, da die
Reise in seine Wahlkampfzeit fiel und er fürchtete, dass eine Reise durch politische
Gegner negativ ausgelegt werden könne. Daraufhin begab sich der Zeuge N im
Rathaus der Stadt G zu dem Angeklagten, der gerade ein Gespräch mit dem
Zeugen V führte. Der Zeuge N erklärte sodann, er werde an der Norwegen-Reise
der S nicht teilnehmen. Daraufhin erklärte der Angeklagte spontan, er werde auch
nicht mitfahren. Der Zeuge N gab dann jedoch zu bedenken, dass ein Vertreter der
Stadt G anwesend sein sollte.
125
Am 16. März 2004 wurde bei U intern eine Kostenfreigabe über 50.000,- € aus dem
Marketing-Budget für eine Norwegen-Exkursion mit den Aufsichtsräten der S in der
Zeit vom 23. bis 25. April 2004 erteilt.
126
9. Am Morgen des 23.04.2004 begaben sich die Reiseteilnehmer - unter Ihnen auch
der Angeklagte - zunächst zum Flughafen E3, von wo um 07.00 Uhr das Flugzeug
in Richtung Kopenhagen abhob. Von Kopenhagen erfolgte ein Weiterflug nach
Bergen, wo die Reisegruppe in das Restaurant T2 zum Mittagessen gebracht
wurde. Nach dem Mittagessen unternahm die Gruppe eine Schiffstour nach
Bergen. Am frühen Abend hielt der Zeuge B in Bergen einen 50minütigen Vortrag
über die "Bedeutung der norwegischen Erdöl- und Erdgasförderung", an dessen
Anschluss die Gruppe in das Restaurant "Enhjorningen" in der Altstadt Bergens
zum Abendessen einkehrte. Der Vortrag beinhaltete allgemeine Informationen zur
127
Erdgasförderung und Erdgastransport. Zur Gullfaks-Plattform wurden anhand einer
Folie einige allgemeine Informationen vorgetragen. Am Samstag, den 24. April,
begab sich die Gruppe gegen 8.15 Uhr zum Helikopter-Terminal in Bergen, wo
eine kurze Sicherheitsunterweisung erfolgte. Um 10.00 Uhr wurden die
Reiseteilnehmer mit einem Helikopter zur Gullfaks-Plattform geflogen, auf der um
11.00 Uhr zunächst ein Lunch mit anschließender Besichtigung anstand. Um
15.00 Uhr wurde die Reisegruppe zurückgeflogen, die dann bis zum Abend Zeit
zur freien Verfügung hatte. Das Abendessen fand im Restaurant "Finnegaards"
statt. Am Sonntag flogen sämtliche Reiseteilnehmer wieder von Bergen nach
Kopenhagen und anschließend nach E3. An der Reise nahmen insgesamt 15
Personen teil. Sie wurde von zwei Mitarbeitern von U, den Zeugen B und D (heute
ebenfalls B), begleitet. Auch der Angeklagte führte in Norwegen Gespräche mit
den Zeugen B und D.
128
Die Reise verursachte Kosten von insgesamt ca. 23.123,48 €, ohne den
Helikopterflug zur Bohrinsel, der ca. 16.875,00 € kostete. Ohne die Abendessen in
den Restaurants T und Finnegaarden und ohne Helikopterflug verursachte die
Reise Kosten pro Person in Höhe von ca. 1.500,- €. Insgesamt verursachte die
Reise Kosten in Höhe von ca. 39.000,- €. Hätte der Angeklagte die gesamte Reise
(inklusive Helikopterflug) selbst finanziert, hätte er ca. 2.600,- € aufwenden
müssen. Die Reise ging – wie auch dem Angeklagten bewusst war – über
beamtenrechtlich allgemein übliche Zuwendungen und Einladungen deutlich
hinaus.
129
10. Dem Angeklagten war dabei auch bewusst, dass U mit der Einladung das Ziel
verfolgte, das Unternehmen U näher zu bringen und ein allgemein geneigtes
Klima in Bezug auf U bei den Gremien der S und damit auch bei dem Angeklagten
zu erzeugen. Der Angeklagte trat diesem stillschweigenden Anliegen nicht
entgegen und nahm es hin, dass die Reise durch den Vorlieferanten finanziert
wurde, um ein wohlwollendes Klima bei den Gremienmitgliedern zu erzeugen.
Ebenso nahm es der Angeklagte hin, dass durch die Teilnahme an der Reise bei
den Einladenden der Eindruck erweckt wurde, dass die Eingeladenen die mit der
Einladung verfolgten Ziele erkannt hatten und diese billigten. Die Reise hatte
dabei vorwiegend vergnügliche Aspekte und stellte insgesamt - was auch der
Angeklagte wusste - keine Dienstverpflichtung dar. Informationsgewinnung und
Fortbildung traten hinter den touristischen, kulinarischen und klimapflegenden
Erlebnissen zurück. Jedenfalls war dem Angeklagten bewusst, dass die Reise
zumindest einen großzügigen Ausgleich dafür bedeutete, dass U der fachliche
Gedankenaustausch ermöglicht wurde und die Firma auf ihre Belange etwa bei
der Preisbildung und bei langfristigen Lieferverträgen hinweisen konnte. Die
Besichtigung einer Bohrinsel war kein Bestandteil einer Fachveranstaltung. Der
allgemein gehaltene Vortrag erforderte ebenso wenig eine Bohrinselbesichtigung
wie die Aufgabenerfüllung des Angeklagten im Rahmen seiner Tätigkeit als
Aufsichtsratsmitglied.
130
131
11. Dem Angeklagten wurde weder durch die Geschäftsführer noch durch die Vertreter
von U direkt mitgeteilt, dass U die Reise finanzierte. Dem Angeklagten war aber
spätestens während der Reise klar, dass die Kosten der Reise und deren
Organisation von U übernommen wurden. Fragen nach der Kostentragung stellte
der Angeklagte während der gesamten Fahrt nicht, sondern nahm es in hin, dass
es sich um Einladungen handelte.
132
133
Ebenso war dem Angeklagten bewusst, dass es sich bei der Reise nicht um eine
reine Fortbildungsreise handelte. Von einem dienstlichen Charakter der Reise und
einer Teilnahmeverpflichtung ging der Angeklagte von Anfang an nicht aus,
vielmehr nahm der Angeklagte die überwiegend vergnüglichen und interessanten
Aspekte der Reise gerne wahr.
134
12. Die Fahrten nach Brügge und Norwegen waren die einzigen Reisen des S-
Aufsichtsrates in den letzten 10 Jahren. Im Anschluss an die Reisen waren die
dort im Rahmen der Vorträge angesprochenen Themen wie "unbundling",
langfristige Lieferverträge und Änderungen in der Gesetzgebung auch ein Thema
in nachfolgenden Sitzungen des Aufsichtsrates.
135
136
13. Eine schriftliche Dienstreisegenehmigung war dem Angeklagten weder für die
Reise nach Brügge noch für die Reise nach Norwegen erteilt worden. Dem
Angeklagten war auch bewusst, dass er sich weder im Besitz einer
Dienstreisegenehmigung noch im Besitz einer Genehmigung zur Annahme einer
durch S4 oder U finanzierten Reise befand. Ebenso war dem Angeklagten
bewusst, dass die Anwesenheit des Bürgermeisters der Stadt G während der
Brügge-Fahrt weder eine Genehmigung des Vorteils noch eine
Dienstverpflichtung für den Angeklagten begründete.
137
138
IV.
139
Die Feststellungen zur Person des Angeklagten beruhen auf dessen insoweit
glaubhaften Angaben in der Hauptverhandlung sowie auf den im Übrigen in die
Hauptverhandlung eingeführten Beweismitteln.
140
Die Feststellungen zur Sache beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, soweit
141
dieser gefolgt werden konnte, sowie den im Übrigen in die Hauptverhandlung
eingeführten Beweismitteln:
1. Die Feststellungen zu der Gesellschaft S mbH und den Beteiligungsverhältnissen
beruhen auf allgemein bekannten Informationen, insbesondere auf allgemein
zugänglichen Quellen wie den Internetauftritten von S und Stadtwerken. Zudem
beruhen die Feststellungen auf den Angaben des Angeklagten und der
glaubhaften Aussage des Zeugen N4. Die Angaben zur S5 beruhen auf der
glaubhaften Aussage des Zeugen W und allgemein bekannten Informationen aus
allgemein zugänglichen Quellen. Die Feststellungen zu den Lieferanten und
Lieferverträgen beruhen auf der glaubhaften Aussage des Zeugen N4. Die
Feststellungen zu den Geschäftsführern der S beruhen auf den Angaben des
Angeklagten und den glaubhaften Aussagen der Zeugen N4 und S7.
142
143
2. Die Feststellungen zu Aufgaben und Funktion des Angeklagten innerhalb der
Stadt G sowie zur Entsendung des Angeklagten und des Zeugen N in den
Aufsichtsrat der S beruhen auf der Einlassung des Angeklagten und der insoweit
glaubhaften Aussage des Zeugen N. Die Feststellungen zu den
Fortbildungsveranstaltungen beruhen auf den Angaben des Angeklagten sowie
auf der Aussage des Zeugen N4.
144
145
3. Die Feststellungen zum Aufsichtsrat, der Gesellschafterversammlung, den
Aufgaben der Gremien und ihren Besetzungen sowie den Lieferanten der S
beruhen auf der Einlassung des Angeklagten sowie den glaubhaften Aussagen
der Zeugen N4, S7 und W.
146
147
4. Die Feststellungen zum Zustandekommen des Reisetermins beruhen auf den
glaubhaften Angaben der Zeugen N4, I und S7 sowie den hierzu verlesenen
Schriftstücken. Die Feststellungen zu den Terminsabsprachen in der 98. und 99.
Aufsichtsratssitzungen beruhen auf der Vernehmung des Zeugen N4 und den
hierzu verlesenen Schriftstücken sowie auf der Einlassung des Angeklagten, der
angegeben hat, die Kooperation mit S4 sei von Anfang an bekannt gegeben
worden. Die Feststellungen zu Aufgaben und Funktion des Zeugen I bei der S4
AG beruhen auf seiner insoweit glaubhaften Aussage. Die Feststellungen zum
Fordern einer Reise durch die Geschäftsführer der S beruhen auf den insoweit
148
glaubhaften Aussagen der Zeugen N4, S7 und I sowie auf den hierzu verfassten
und in die Hauptverhandlung eingeführten Telefonvermerken.
149
Der Angeklagte bestreitet, die Einladungspraxis von S4 bzw. S4 gekannt zu haben.
Er lässt sich abweichend zu den getroffenen Feststellungen dahingehend ein, von
den Details der Reisen und der Kostentragung keine Kenntnis gehabt zu haben. Er
habe hiervon erst durch die Presseberichte erfahren. Seiner Vorstellung nach,
habe er an einer Reise der S teilgenommen, S4 habe in seinen Augen lediglich
"Türöffnerfunktion" gehabt. Zur Überzeugung des Gerichts steht jedoch fest, dass
auch dem Angeklagten die allgemeine Einladungspraxis bekannt war. Insoweit
haben die Zeugen N4, S7, S2 und W glaubhaft bekundet, dass es allgemein
bekannt war, dass die Kosten durch den Vorlieferanten getragen wurden. Der
Zeuge N4 hält dies für einen völlig transparenten Vorgang, der den Gesellschaften
zu Gute komme, da diese dann besonders kostengünstig wirtschaften können. Der
Zeuge S7 meint sogar, es sei bekannt gewesen, dass die Reise nach Brügge von
einem Vorlieferanten organisiert und bezahlt werden würde. Der Zeuge W hat
bekundet, die Finanzierung von Reisen durch die Vorlieferanten sei jahrelange
Praxis und unverzichtbar für die Energiebranche. Wenn solche Reisen
Straftatbestände erfüllten, müssten die Gesetze geändert werden. Auch der Zeuge
N3 hat angegeben, dass solche Dinge damals vorgekommen seien – häufig sogar.
Der Zeuge ist Bürgermeister der Stadt Q2 und war insoweit zur Tatzeit
Dienstvorgesetzter des Angeklagten U2. Der Zeuge war jedoch weder im
Aufsichtsrat der S noch sonst unmittelbar mit der S verbunden. Der Zeuge ging
aber davon aus, dass organisatorische Hilfe in Anspruch genommen wurde und
entsprechend der Branchenüblichkeit eine Einladung vorlag. Die Aussagen der
Zeugen sind insoweit glaubhaft. Die Aussage des Zeugen N4 ist glaubhaft. Es
bestand keine Veranlassung für den Zeugen im Hinblick auf die allgemeine
Einladungspraxis der Vorlieferanten falsche Angaben zu machen. Die Aussage
des Zeugen war im Übrigen in sich schlüssig und widerspruchsfrei. Der Zeuge
konnte umfassende Angaben aus eigener Erinnerung machen. Im Übrigen wird die
Aussage sowohl durch die weiteren Zeugenaussagen als auch durch die in die
Hauptverhandlung eingeführten Telefonvermerke, wonach die Geschäftsführer der
S um eine Reise nach Brügge baten, gestützt. Auch die Aussage des Zeugen S7
ist insoweit glaubhaft. Es bestand auch für den Zeugen S7 keine Veranlassung zur
Frage der Kenntnis von der Einladungspraxis falsche Angaben zu machen. Der
Zeuge war zwar während seiner gesamten Vernehmung sichtlich bemüht, seine
Worte sorgfältig zu wählen. Jedoch spricht dies gerade für eine wahrheitsgemäße
Einlassung im Hinblick auf die Einladungspraxis, da dies darauf hinweist, dass der
Zeuge nichts Falsches erklären wollte. Auch die Aussage des Zeugen S2 ist
insoweit glaubhaft. Der Zeuge konnte die Umstände mit eigenen Worten schildern
und gab ohne Umschweife an, dass die Einladungspraxis allgemein bekannt sei.
Dabei handelt es sich bei den Angaben zur Einladungspraxis um solche, die
geeignet sind, in der Öffentlichkeit Unmut hervorzurufen. Insoweit spricht der offene
Umgang des Zeugen mit dieser Frage für die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Die
Aussage des Zeugen W ist ebenfalls glaubhaft. Der Zeuge schilderte lebhaft und
engagiert seinen Standpunkt, und zwar in beachtlichem Tempo. Soweit auch der
Zeuge N3 bekundet hat, solche Dinge seien damals vorgekommen, ist diese
Aussage glaubhaft. Der Zeuge hat in sich schlüssig und widerspruchsfrei zur
150
Sache bekundet. Der Zeuge tätigte seine Aussage ruhig und sachlich. Zudem
bestand für den Zeugen keine Veranlassung in diesem Punkt falsche Angaben zu
machen. Angesichts der insoweit glaubhaften und übereinstimmenden Angaben
von Zeugen, sogar des an den Fahrten überhaupt nicht beteiligten Zeugen N3,
widerspricht es jeglicher Lebenserfahrung, dass nur der Angeklagte nichts von der
Einladungspraxis gewusst haben will. Darüber hinaus spricht der Umstand, dass
weder der Angeklagte noch ein anderes Aufsichtsratsmitglied hinterfragt hat,
welche Kosten für die S durch die Reise entstehen würden, und dass die Frage der
Angemessenheit der durch die Reisen verursachten Kosten keine Rolle gespielt
hat, für die Kenntnis von der allgemeinen Einladungspraxis. Der Aufsichtsrat hat
die Geschäftsführung und insoweit auch das sorgsame Wirtschaften zu
überwachen. Angesichts einer mehrtägigen Fahrt mit Ehepartnern hätte also
Veranlassung bestanden, die anfallenden Gesamtkosten zu erfragen und nach
einer Rechtfertigung hierfür zu fragen. Hierzu bestand aber gerade deswegen
keine Veranlassung, weil die Kostentragung durch Vorlieferanten stillschweigend
bekannt und auch allgemein Gang und Gäbe war.
Dass der Angeklagte die mit solchen Einladungen verfolgten Ziele gekannt hat,
steht zur Überzeugung des Gerichts ebenfalls fest. Kein vernünftig denkender
Mensch kann die Augen davor verschließen, dass ein Wirtschaftsunternehmen
nicht aus rein altruistischen Motiven heraus Reisen für Aufsichtsräte finanziert.
Soweit der Zeuge I bekundet hat, bei den Reisen sei es vorwiegend um den
Informationsfluss gegangen, so ist diese Aussage insoweit nicht in Gänze
glaubhaft. Zwar war der Fluss von Informationen über S4 auch ein Ziel der
Einladungen. Einladungen zu Freizeitaktivitäten wie Besichtigungen und
Abendessen dienen aber nicht nur dem Informationsfluss, sondern insbesondere
auch der Klimapflege im Sinne eines generellen Wohlwollens. Die Aussage des
Zeugen I, der im Übrigen flüssig und schlüssig zur Sache bekundet hat, erlitt an
dieser Stelle einen Strukturbruch insoweit als seine Worte hier mit äußerstem
Bedacht gewählt wirkten.
151
Das Gericht sieht daher die von den getroffenen Feststellungen abweichende
Einlassung des Angeklagten unter zusammenfassender Würdigung der
Beweisergebnisse zur Frage der Kenntnis der allgemeinen Einladungspraxis als
Schutzbehauptung an. Die Feststellungen bezüglich unterbliebener Nachfragen zu
den Reisekosten und deren Übernahme beruhen auf den Angaben des
Angeklagten und der glaubhaften Aussagen des Zeugen N4.
152
Die Feststellungen zu dem versandten Einladungsschreiben beruhen auf der
Verlesung desselben sowie auf der Vernehmung des Zeugen N4 und der
Einlassung des Angeklagten. Die Feststellungen zu den versandten Programmen
beruhen auf den Einlassungen der Angeklagten, der glaubhaften Aussage des
Zeugen N4 und der Augenscheinnahme der Originalprogramme.
153
Die Feststellungen zur Reiseorganisation beruhen auf den glaubhaften Aussagen
der Zeugen N4, S7, I und X5-Herrmann sowie den hierzu verlesenen Emails. Die
Feststellungen zu den Personen Q und X2 beruhen auf der Einlassung des
Angeklagten und den insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugen N4, S7 und I.
154
Weiterhin beruhen die Feststellungen zur Kostentragung und Nachlassgewährung
auf den Aussagen der Zeugen N4, S7 und I sowie der Verlesung der zu dieser
155
Frage verfassten Vermerke. Die Feststellungen zum Grund der Abrechnung über
den Gaspreis beruhen auf den glaubhaften Angaben des Zeugen I sowie der
Verlesung des hierzu verfassten Vermerks.
Die Feststellungen zu den Zusagen der Gremienmitglieder beruhen auf der
Einlassung des Angeklagten sowie den Aussagen der Zeugen N4 und S7. Die
Feststellungen zur Absage des Zeugen W und seines Stellvertreters beruhen auf
der Einlassung des Angeklagten sowie den Aussagen der Zeugen S7, N4, W und
X5.
156
5. Die Feststellungen zum Ablauf der Reise beruhen auf der Einlassung des
Angeklagten sowie den insoweit glaubhaften Aussagen der Zeugen N4, S7, N und
I. Die Feststellungen zum Geschehen im Bus beruhen ebenso auf der Einlassung
des Angeklagten sowie den Aussagen der Zeugen N4 und S7 wie die
Feststellungen zum neu ausgeteilten Programm. Darüber hinaus wurde das neu
ausgeteilte Programm in Augenschein genommen. Die Feststellungen zur
Erläuterung der Ruhrgasrolle beruhen auf der Einlassung des Angeklagten und
der Vernehmung des Zeugen S7 sowie der Verlesung des durch den Zeugen S7
hierzu angefertigten Vermerks. Soweit die Staatsanwaltschaft noch im Strafbefehl
davon ausging, dass im Bus auf die Finanzierung durch S4 hingewiesen wurde,
fand dies in der Beweisaufnahme keine Bestätigung. Die Feststellungen zum
Ablauf der Fahrt, zu den Kosten und Orten der Restaurantbesuche und zum
Programm beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, der Vernehmung der
Zeugen N4, S7 und I sowie der Verlesung des Ablaufplans. Die Feststellungen zu
den auf den Zimmern befindlichen Pralinen beruhen auf den Aussagen der
Zeugen N4, S7, N und I sowie auf der Verlesung der hierzu verfassten Vermerke
und sonstigen Schriftstücke. Die Feststellungen zu den Vorträgen und ihren
Inhalten beruhen auf der Einlassung des Angeklagten, den Aussagen des Zeugen
I und der Verlesung der Email der Vortragenden, Frau X2.
157
158
Schließlich beruhen die Feststellungen zur Teilnehmerzahl und Kosten der Reise
auf den Aussagen der Zeugen N4, S7 und I sowie den in die Hauptverhandlung
eingeführten Schriftstücken. Der Zeuge N4 bestätigte, dass die ihm vorgehaltene
Kostenaufstellung zutreffend sei.
159
Soweit der Angeklagte sich dahingehend einlässt, er habe die Reise, die sich im
Rahmen üblicher Einladungen gehalten habe, für angemessen erachtet, im
Übrigen auch nicht mit Kosten in der tatsächlich angefallenen Höhe gerechnet, ist
diese Einlassung nicht glaubhaft. Der Angeklagte war zur Tatzeit Kämmerer der
Stadt G und regelmäßig mit Kostenfragen befasst. Allein anhand der konsumierten
Speisen und Getränke sowie der Hotelauswahl muss auch dem Angeklagten klar
gewesen sein, dass es sich nicht um eine Billigreise handelte. Zudem widerspricht
die Einlassung seiner Darstellung, er habe von der Kostentragung nichts gewusst.
Sofern er nämlich von der Kostentragung nichts gewusst haben will, bestand für
den Angeklagten auch keine Veranlassung, die Sozialadäquanz einer solchen
160
Einladung zu hinterfragen. Andersherum hätte aber durchaus Anlass zur Nachfrage
bestanden. Wäre der Angeklagte von einer Finanzierung durch die S
ausgegangen, hätte er – als Überwacher der Geschäftsführung - die
Angemessenheit der Kosten hinterfragen müssen. Angesichts der Stellung des
Angeklagten als Kämmerer der Stadt G geht das Gericht davon aus, dass der
Angeklagte mit Kosten, Buchungen und sonstigen finanziellen Dingen durchaus
vertraut ist. Gleiches gilt für die Frage, welche Zuwendungen bedenkenlos
angenommen werden dürfen und welche nicht.
Die Feststellungen zur Funktion des Zeugen I während der Reise beruhen auf der
Aussage des Zeugen I, die Feststellungen zu dem versandten Dankesschreiben
auf der Aussage der Zeugen N4 und I sowie der Verlesung desselben.
161
6. Der Angeklagte bestreitet, von der Kostentragung durch S4 gewusst zu haben. Er
lässt sich abweichend von den getroffenen Feststellungen dahingehend ein, die
Reise hätte dienstlichen Charakter gehabt. Information habe im Vordergrund
gestanden, wobei er sich bei der Frage der Fortbildungsnotwendigkeit
vollumfänglich auf die Geschäftsführer der S verlassen habe. Zudem hätten die
Fahrten dem besseren Kennenlernen der Aufsichtsratsmitglieder nach der
Umstrukturierung gedient. Aus diesem Grunde sollten auch die Ehefrauen
mitfahren. Dass in den Geschäftsberichten der S die Kosten für die Reisen nicht
auftauchten, habe ihn nicht gewundert. Zudem sei er als Aufsichtsratsmitglied
verpflichtet gewesen, an der Reise teilzunehmen, da für die Brügge-Fahrt eine
Aufsichtsratssitzung angekündigt gewesen sei. Zur Überzeugung des Gerichts
steht hingegen fest, dass der Angeklagte davon ausging, dass es sich bei der
Reise insgesamt um eine Einladung von S4 handelte und bereits aus diesem
Grund keine direkten Fragen zur Kostentragung stellte. Zwar hat auch der Zeuge
N bekundet, er habe keine Kenntnis von der Kostentragung gehabt. Allerdings ist
diese Einlassung des Zeugen konspirativ, da der Zeuge N ebenso wie der
Angeklagte Amtsträger, ja sogar Bürgermeister der Stadt G ist und ein
Zugeständnis in diesem Bereich dem Ansehen des Zeugen schaden würde. Die
Aussage des Zeugen N war insoweit oberflächlich und wortkarg. Seine Worte
wählte der Zeuge mit äußerstem Bedacht. Das Gericht hat hingegen keine Zweifel,
dass dem Angeklagten bewusst war, dass er an einer gesponsorten Fahrt
teilnimmt. Die Überzeugung hat das Gericht aus folgenden Umständen heraus
gewonnen:
162
163
Zunächst war die Einladungspraxis der Vorlieferanten allgemein bekannt, so dass
sich die Aufsichtsratsmitglieder nicht veranlasst sahen, Fragen nach den Kosten
der Reise und ihrer dienstlichen Veranlassung zu stellen. Wäre der Angeklagte
aber davon ausgegangen, dass die S zahlte, hätte er gerade aufgrund seiner
Überwachungsaufgaben die Pflicht gehabt, sich mit der Kosten-Nutzen-Frage einer
solchen Reise auseinanderzusetzen. Seine Pflichten in diesem Zusammenhang
waren dem Angeklagten bekannt, insbesondere aufgrund seiner Stellung als
Kämmerer der Stadt G. So wurde dem Angeklagten zwar weder durch die
164
Geschäftsführer der S noch durch die S4-Mitarbeiter direkt mitgeteilt, dass die
Reise durch S4 finanziert wurde. Dies war aber aufgrund der allgemeinen
Bekanntheit der Praxis der Finanzierung derartiger Reisen durch Vorlieferanten
auch nicht erforderlich. Außerdem wurde bereits im Einladungsschreiben auf die
Kooperation mit S4 hingewiesen. Dieser Hinweis hätte jedenfalls Anlass dazu
gegeben, die Rolle von S4 zu hinterfragen. Dass keine direkten Nachfragen zur
Kostentragung erfolgten, spricht nicht gegen die Kenntnis des Angeklagten. Im
Gegenteil gehört es gerade zum Wesen korruptiver Vorgänge, dass keine direkten
Kenntnisse vermittelt und keine Fragen gestellt werden. Weiterhin wurde im Bus
die "Rolle von S4" erläutert und erneut auf die Organisation durch S4 hingewiesen.
Auch hier hätte erneut Anlass bestanden, sich die Frage zu stellen, welche Rolle
S4 nun konkret übernahm. Der Angeklagte selbst hat bekundet, bei ihm gelte das
Motto, wer die Musik bestelle, bezahle diese auch. Sofern es sich hier aber
spätestens aufdrängte, dass S4 als Organisator auch finanzierte, fand dieses Motto
keine Berücksichtigung mehr. Darüber hinaus begrüßten die S4-Mitarbeiter die
Reisenden und auch den Angeklagten am Freitag Nachmittag offiziell während des
Mittagessens. Zudem befanden sich auf dem Hotelzimmer Pralinen mit Kärtchen,
mit denen die Reisenden im Namen von S4 in Brügge begrüßt wurden. Sofern es
sich aber um eine Fahrt der S gehandelt hat, bei der S4 lediglich – wie vom
Angeklagten vorgetragen – in den Augen des Angeklagten die Türen zur
Besichtigung der Anlagen öffnen sollte, ist überhaupt nicht nachvollziehbar, warum
S4 die Reisenden mit Pralinen im Hotel begrüßt haben sollte. Im Anschluss an die
Besichtigung und den Vortrag am Samstagvormittag blieben die S4-Mitarbeiter
während des gesamten Restprogramms, welches ausschließlich aus
Grachtenrundfahrt, Besichtigungen und Essen bestand, anwesend. Spätestens
jetzt musste jedem vernünftig denkenden Menschen bewusst sein, dass S4
wesentlich mehr als eine Türöffner-Funktion hatte. Nicht nachvollziehbar ist, dass
selbst hierzu keine Fragen gestellt wurden. Sollte doch die Reise nach der
Einlassung des Angeklagten der Klimaverbesserung innerhalb der S dienen, so
steht dies in offensichtlichem Widerspruch dazu, dass die Anwesenheit der S4-
Mitarbeiter über die Türöffnerfunktion hinaus mit keinem Wort hinterfragt wurde.
Hätte es sich bei der Reise um eine echte, von der S organisierte und bezahlte
Aufsichtsratsfahrt gehandelt, wäre die Anwesenheit von Vertretern der
Vorlieferanten während der gesamten Reise nicht zu erklären gewesen. Absolut
unglaubhaft ist daher die Einlassung, man habe von alledem nichts bemerkt.
Außerdem war der Zeuge I während der gesamten Fahrt Ansprechpartner für alle
organisatorischen Fragen. Hierzu hat der Angeklagte selbst die Erklärung
abgeben, dass in seinen Augen derjenige zahle, der die Musik bestellt habe. Dies
war aber offensichtlich die S4 AG. Dieser Vielzahl von Hinweisen kann sich kein
Mensch verschließen. Dabei widerspricht es ebenfalls der Lebenserfahrung, dass
ein Vorlieferant eine Reise finanziert, ohne dass er diese auch als seine Einladung
verstanden wissen will. Ansonsten hätte die Finanzierung der Reise für S4 ja
keinen Nutzen gehabt, und kein Wirtschaftsunternehmen würde bewusst unnütze
Aufwendungen tätigen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass ausdrücklich auf die
Einladung und Bezahlung hingewiesen wird, wenn – wie hier – alles dafür getan
wird, dass dies nicht übersehen werden kann. Die Einlassung des Angeklagten, er
habe von der Kostentragung nichts gewusst, ist daher bei einer Gesamtwürdigung
der Beweisergebnisse insgesamt als Schutzbehauptung zu bewerten.
Dass die vergnüglichen Aspekte der Reise überwogen, ist bereits dem Ablaufplan
eindeutig zu entnehmen. Nach diesem umfasste der Besichtigungs- und
165
Vortragsteil insgesamt 5,5 Stunden. Die restliche Zeit wurde ausschließlich mit
Freizeitaktivitäten ausgefüllt. Eine dienstliche Veranlassung zur Besichtigung der
gastechnischen Anlagen vermag das Gericht nicht zu erkennen. Es besteht keine
Notwendigkeit, zur Vermittlung von Informationen bezüglich der Gasaufbereitung
eine 3-tägige Reise mit einer 2-stündigen Besichtigung und einem 3,5-stündigen
Vortrag zu unternehmen. Dass die Reise vorwiegend der Unterhaltung diente wird
zudem durch den Umstand offenbar, dass bereits im Vorfeld der Reise ein
besonderes Augenmerk auf die kulinarischen Genüsse gelegt wurde und sogar die
Qualität eines Restaurants in Frage gestellt wurde. Zuletzt spricht der Umstand,
dass ein Vertreter des Verbandes kommunaler Unternehmen jederzeit in L greifbar
gewesen wäre, gegen das fachliche Erfordernis eine Reise nach Brügge zu
unternehmen. Der Vortrag hätte nämlich ebenso "vor der Haustüre" gehalten
werden können.
Soweit der Angeklagte sich abweichend von den getroffenen Feststellungen
dahingehend eingelassen hat, von der Kostentragung nichts gewusst zu haben, hat
der Angeklagte inzident auch bestritten, die mit der Einladung verbundenen Ziele
gekannt zu haben. Demgegenüber steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass
dem Angeklagten die Wirkung einer Teilnahme ebenso bewusst war wie die mit
der Einladung verbundene Erwartungshaltung des einladenden Unternehmens.
Dass ein Unternehmen eine solche Reise aus reiner Nächstenliebe finanziert,
widerspricht jeglicher Lebenserfahrung. Dabei ist es jedem vernünftig denkenden
Mensch klar, dass Wirtschaftunternehmen mit Einladungen die Stimmung positiv
beeinflussen wollen. Wer an einer solchen Einladung teilnimmt, zeigt damit, dass
er diese Ziele der Einladung toleriert. Darüber hinaus spricht die Art und der Weise,
wie die Zuwendung verschleiert wurde (Gewährung eines Nachlasses) gerade für
eine unlautere Verknüpfung des Vorteils mit der Dienstausübung.
166
Soweit der Angeklagte sich dahingehend eingelassen hat, er sei von
Fortbildungsbedarf ausgegangen, so ist dies als Schutzbehauptung zu werten.
Dem Angeklagten war das Programm von Anfang an bekannt. So wusste der
Angeklagte auch, dass der im weitesten Sinne als fachlich zu bezeichnende Teil
der Reise deutlich weniger Zeit in Anspruch nehmen würde als die Besichtungen
und Dinners. Es widerspricht zudem dem Eindruck, den der Angeklagte in der
Hauptverhandlung als ehemaliger Spitzenbeamter hinterlassen hat, dass der
Angeklagte sich bezüglich des Fortbildungsbedarfs ausschließlich auf die
Geschäftsführer der S verlassen und dann so ohne weiteres seine Freizeit
aufgewandt haben soll ohne zu wissen, inwiefern die Teilnahme an der Fahrt für
ihn einen lohnenswerten Vorteil bringen würde. Dass Vorträge, wie sie im Rahmen
der Fahrt stattgefunden haben, nicht notwendig in Brügge gehalten werden
müssen, ist ebenfalls offensichtlich.
167
7. Für die Kenntnis des Angeklagten von der Kostentragung und sein billigendes In-
Kauf-nehmen im Hinblick auf die durch die Reise stillschweigend getroffene
Übereinkunft spricht zum einen, dass weder der Angeklagte noch ein sonstiges
Aufsichtsratsmitglied im Rahmen der Erörterung der Brügge-Reise Bedenken im
Hinblick auf die Kostentragung durch die S geäußert haben. Im Gegenteil wurden
überhaupt keine Fragen nach den zu erwartenden Kosten einer mehrtägigen
168
Reise mit Partnern gestellt. Dies spricht dafür, dass der Angeklagte ebenso wie
die übrigen Aufsichtsratsmitglieder stillschweigend davon ausging, dass die
Kosten von Dritten, nämlich vom "Türöffner" S4, getragen werden würden. Dabei
haben die Zeugen N4, S7, I, W und S2 – wie bereits dargestellt – glaubhaft
bekundet, dass diese Einladungs- und Reisepraxis in den beteiligten Kreisen
allgemein bekannt war. Ist die Einladungspraxis aber allgemein bekannt und stellt
sodann niemand eine Frage nach den anfallenden Kosten für die S – deren
wirtschaftliche Situation immerhin durch den Aufsichtsrat zu überwachen ist –
spricht dies für eine Kenntnis einer grundsätzlich existierenden Einladungspraxis.
Weiterhin wurde bereits im Einladungsschreiben die Kooperation mit S4 erwähnt,
und auf diese Kooperation bzw. Organisation wurde erneut im Bus hingewiesen.
Von dem Angeklagten als langjährigem Spitzenbeamten konnte erwartet werden,
dass er diese Anzeichen erkennt und richtig deutet. Dagegen spricht nicht, dass
der Angeklagte tatsächlich keine Fragen stellte. Dies ist den "Vereinbarungen" im
Rahmen korruptiver Verhältnisse geradezu immanent. Weiter erfolgte bereits zum
Mittagessen eine Begrüßung durch die Ruhrgasmitarbeiter. Am Abend fanden sich
auf den Hotelzimmern Pralinen mit Begrüßungskärtchen im Namen der S4 AG.
Spätestens die Bergüßung im Hotel durch S4 auf den Hotelzimmern, die eindeutig
auf eine Einladung hinweist, ist nicht mehr mit der vom Angeklagten angeführten
"Türöffnerfunktion" von S4 zu erklären. Dies kann für die gastechnischen Anlagen
gelten, nicht jedoch für ein Hotel. Schließlich blieben die S4-Mitarbeiter auch nach
der Vortragsreihe am Samstag Vormittag während der Grachtenrundfahrten und
Besichtigungen, Abendessen und Weiterfahrt nach Antwerpen anwesend und
waren Ansprechpartner für organisatorische Fragen. Dass aber ein großer
Energielieferant, der wie hier offensichtlich Organisator und Einladender ist, auch
die Kosten einer solchen Reise – jedenfalls in großen Teilen – übernimmt, muss
jedem vernünftig denkenden Menschen bewusst sein.
169
Bei einer Gesamtschau aller vorgenannter Beweisergebnisse hat das Gericht keine
Zweifel daran, dass die Kostentragung durch S4 dem Angeklagten bewusst war
und nur deswegen keine Fragen gestellt wurden, da die Antworten die Gewissheit
gebracht hätten. Bei der Vielzahl der Hinweise muss man die Augen schon sehr
fest verschließen, um nicht zu erkennen, dass S4 auch Kosten der Reise trägt. Der
Angeklagte, ein überdurchschnittlich gebildeter Mensch und kommunaler
Spitzenpolitiker, kann nicht ernsthaft behaupten, sich dieser Flut von Hinweisen
verschlossen zu haben.
170
8. Die Feststellungen zur Organisation der Norwegen-Reise beruhen auf der
Vernehmung der Zeugen N4 und S7 sowie auf den hierzu verlesenen
Schriftstücken. Die Feststellungen zur allgemeinen Kenntnis der Einladungspraxis
beruhen auf der Vernehmung der Zeugen N4, S7, W und S2. Alle Zeugen haben
insoweit glaubhaft bekundet, dass die Einladungspraxis bei den Beteiligten
allgemein bekannt war. Die Zeugen W und S2 bekundeten zudem, selbst schon
mehrfach Bohrplattformen besucht zu haben, so dass ihnen die allgemeine
Einladungspraxis bereits aus eigener Erfahrung bekannt gewesen sei. Daher
171
seien sie auch ohne eigene Teilnahme an der Norwegen-Fahrt der S von dem
üblichen Ablauf ausgegangen. Die Feststellungen zu den Einladungsschreiben
und Anmeldeformularen beruhen auf der Vernehmung der Zeugen N4 und S7, der
Einlassung des Angeklagten und der Verlesung der entsprechenden Schriftstücke.
172
Der Angeklagte bestreitet abweichend von den getroffenen Feststellungen auch im
Hinblick auf die Norwegen-Reise, von einer entsprechenden Einladungspraxis
gewusst zu haben. Dem gegenüber haben jedoch die Zeugen S2, W, N4, S7 und
auch I glaubhaft bekundet, dass diese Praxis bei den beteiligten Kreisen allgemein
bekannt war. Es widerspricht dabei der Lebenserfahrung, dass ausgerechnet der
Angeklagte nichts von dieser allgemeinen Praxis gewusst haben soll. Da bereits
bei der Brügge-Fahrt offensichtlich war, dass es sich um eine Einladung eines
Vorlieferanten handelte, hätte bei der zweiten Reise erst recht Anlass für eine
Nachfrage bestanden. Spätestens nach der Reise nach Brügge konnte der
Angeklagte die Augen nicht mehr vor den tatsächlichen Umständen verschließen.
Dafür, dass der Angeklagte von einer Bezahlung durch den Vorlieferanten ausging,
spricht zudem, dass der Angeklagte – ebenso wie der Rest des Aufsichtsrates –
erneut keine Frage nach den Kosten der Reise stellte. Anhand des
Einladungsschreibens war bereits ersichtlich, dass es sich um eine 3-tägige Reise
mit einer Anreise per Flugzeug handeln würde. Dass eine Flugzeuganreise einige
Kosten verursachen würde, muss dabei auch dem Angeklagten bewusst gewesen
sein. Dennoch sah sich der Angeklagte nicht veranlasst, die Kosten zu hinterfragen
und nach einer Rechtfertigung für sie nachzusuchen. Dies wäre aber die typische
Reaktion des Aufsichtsrates als Überwachungsorgan gewesen. Wären die
Mitglieder des Aufsichtsrates davon ausgegangen, die S würde die Kosten
übernehmen, hätte der Aufsichtsrat als Überwacher der Geschäftsführung sich
sowohl die Kosten als auch den Nutzen der Reise genau erklären lassen und eine
Rechtfertigung hierfür finden müssen. Hierzu bestand aber offensichtlich keine
Veranlassung. Obwohl das Schreiben keine Angaben dazu enthält, wer die Kosten
übernehmen würde, behauptet der Angeklagte, er sei von einer Kostentragung der
S ausgegangen. Diese Einlassung ist nicht glaubhaft. Vielmehr weist bereits das
Einladungsschreiben deutlich auf die Rolle von U hin. Danach hatte U einen
Besichtigungstermin reserviert. Zudem wiesen die Geschäftsführer bereits im
Vorfeld darauf hin, dass die Besichtigung gemeinsam mit U erfolgen würde. Später
füllte auch der Angeklagte ein Personenformular aus, in dem unter Company: S3-
S6 vermerkt war. Damit kam ein weiterer Hinweis auf die Rolle von U hinzu. Diese
Hinweise, gepaart mit der langjährigen Einladungspraxis der Vorlieferanten, sind
eindeutig. Wer hier erneut keine Veranlassung zur Nachfrage sieht, will geradezu
verhindern, Kenntnis von den kompromittierenden Tatsachen zu erlangen.
173
Die Feststellungen zur Anmeldung des Angeklagten und des Zeugen N beruhen
auf der Einlassung des Angeklagten und der Vernehmung der Zeugen N und V.
Der Angeklagte behauptet, der Zeuge N habe ihm als Dienstvorgesetzter die
Anweisung erteilt, an der Fahrt nach Norwegen teilzunehmen. Diese Einlassung
des Angeklagten findet keine Bestätigung in der Beweisaufnahme, vielmehr steht
zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Bürgermeister der Stadt G, der Zeuge
N, dem Angeklagten lediglich vermittelt hat, dass ein Vertreter der Stadt G bei der
Fahrt anwesend sein sollte. Der Zeuge N konnte sich an ein Gespräch nur vage
174
erinnern und war sich nicht mehr sicher, ob er etwa dem Angeklagten eine
Dienstreisegenehmigung erteilt hatte oder nicht. Zudem hat aber auch der Zeuge V
glaubhaft bekundet, der Bürgermeister habe während des Gesprächs angegeben,
dass ein Vertreter der Stadt G bei der Fahrt anwesend sein sollte. Die Aussage des
Zeugen V ist glaubhaft. Zwar ist es erstaunlich, dass sich der Zeuge nach einem
erheblichem Zeitablauf noch an einzelne, ihn persönlich nicht betreffende
Gespräche erinnern kann. Jedoch konnte der Zeuge seine Wahrnehmungen in
eigenen Worten wiedergeben. Er zeigte weder Belastungs- noch Entlastungseifer.
Die Aussage des Zeugen war in sich schlüssig und widerspruchsfrei.
Die Feststellungen zur Kostenfreigabe beruhen auf der Vernehmung des Zeugen
T3 sowie der Verlesung des entsprechenden U-internen Papiers.
175
9. Die Feststellungen zum Ablauf der Norwegen-Reise beruhen auf der Einlassung
des Angeklagten, der Vernehmung des Zeugen N4 und der Verlesung des
Ablaufplans. Die Feststellungen zum Vortrag des Zeugen B beruhen auf der
Vernehmung des Zeugen N4. Die Feststellungen zur Teilnehmerzahl sowie den
Kosten der Reise beruhen auf der Vernehmung der Zeugen N4 und T3, der
Verlesung des Ablaufplans und der internen Kostenberechnung von U.
Abweichend von den getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte sich
dahingehend eingelassen, er habe derartige Reisen für allgemein üblich gehalten;
zudem habe er nicht mit so hohen Kosten gerechnet. Diese Einlassung des
Angeklagten ist als Schutzbehauptung zu werten. Zum einen hat der Angeklagte
als Kämmerer der Stadt G regelmäßig mit Kosten und Zahlen zu tun. Zudem ist
aber auch jedem vernünftig denkenden Menschen bewusst, dass eine Reise mit
dem Flugzeug, gutes Essen, ein Helikopterflug, ein Bohrinselbesuch und
Hotelübernachtungen in guten Hotels nicht für unbedeutende Summen zu haben
sind. Dass eine solche Reise erhebliche Kosten verursachen würde, hat sich
daher dem Angeklagten selbst insoweit aufgedrängt, als er sich über die Kosten
aufgrund der Einladung von U keine weiter gehenden Gedanken gemacht hat.
Dass der Angeklagte als jahrelanger Wahlbeamter (Kämmerer und Beigeordneter
der Stadt G), der insoweit mit den beamtenrechtlichen Vorschriften vertraut ist,
davon ausging, dass die Einladungen zu einer teuren Flugreise unter die
Kategorie allgemein üblicher Zuwendungen falle, kann das Gericht dem
Angeklagten nicht glauben. Dies widerspricht nicht nur allgemeiner
Lebenserfahrung, sondern auch der eigenen Einlassung des Angeklagten. Hat der
Angeklagte sich nämlich dahin eingelassen, von der allgemeinen Kostentragung
nichts gewusst zu haben, kann der Angeklagte nicht zugleich davon ausgegangen
sein, dass sich die Reisen als Einladungen im Rahmen des Üblichen hielten.
176
177
10. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass der Angeklagte in Bezug auf die
Norwegen-Reise von der Kostentragung durch U gewusst beziehungsweise diese
für wahrscheinlich gehalten hat. Demgegenüber lässt sich der Angeklagte
abweichend von den getroffenen Feststellungen dahingehend ein, er habe nichts
178
von der Kostentragung gewusst und habe die Reise für dienstlich veranlasst
gehalten. Bezüglich der Notwendigkeit eines Bohrinselbesuchs habe er sich voll
auf die Geschäftsführer der S verlassen. Zwar wurde der Angeklagte auch hier
nicht direkt informiert, jedoch führt eine Reihe von Umständen dazu, dass das
Gericht davon überzeugt ist, dass die Einladung dem Angeklagten nicht verborgen
blieb: Zum einen war die Einladungspraxis der Vorlieferanten in den beteiligten
Kreisen allgemein bekannt. Wie die Zeugen N4, S2 und W glaubhaft bekundet
haben, fanden entsprechende "Informationsfahrten" bereits seit Jahren statt. Es ist
nicht überzeugend, dass der Angeklagte nichts von alledem mitbekommen haben
will. Spätestens nach der Brügge-Fahrt war klar, dass die Vorlieferanten bei
solchen Reisen deutlich über eine Türöffnerfunktion hinaus mitwirkten. Der
Angeklagte hat trotz seiner Funktion im Aufsichtsrat erneut keine Fragen nach den
Kosten gestellt. Dies spricht deutlich für eine Kenntnis von der Kostentragung,
andernfalls wäre angesichts der offensichtlich anfallenden Kosten eine Nachfrage
naheliegend gewesen. Schließlich wurde auch in diesem Fall in den
Einladungsschreiben auf die Kooperation mit einem Vorlieferanten, in diesem
Falle mit U, hingewiesen. Die Mitarbeiter von U waren bei der gesamten Reise
anwesend. Der Ablauf entsprach auch insoweit der Brügge-Fahrt. Dabei steht zur
Überzeugung des Gerichts auch hier fest, dass die Einladung zu einer 3-tägigen
Reise nicht allein aus altruistischen Motiven erfolgte und um den Mitgliedern des
Aufsichtsrates der S eine objektive und notwendige Fortbildung angedeihen zu
lassen. Wirtschaftsunternehmen sind auf Gewinn ausgerichtet. Wenn Ausgaben
getätigt werden, so werden mit diesen Ausgaben auch Ziele verfolgt. Die
Vermittlung von Informationen mag auch ein Zweck der Reisen gewesen sein.
Dabei drängt sich aber jedermann auf, dass es sich bei solchen Informationen, die
ein Vorlieferant liefert, nicht um objektive, neutrale reine Wissensvermittlung im
Sinne einer Fortbildung handeln kann. Dieser Kenntnis kann sich auch der
Angeklagte, als überdurchschnittlich gebildeter Mensch zur Überzeugung des
Gerichts selbst dann nicht entzogen haben, wenn die während der Reisen
angesprochenen Themenkomplexe zur damaligen Zeit gerade aktuell waren. Es
ist vielmehr davon auszugehen, dass der informative Teil der Veranstaltungen den
Vorwand darstellte, der von allen Beteiligten für erforderlich gehalten wurde, um
einer Vergnügungsreise den Anstrich einer Informationsveranstaltung zu geben.
179
Dass die Reise als Fachveranstaltung erforderlich war, um die Aufgaben als
Aufsichtsratsmitglied zu erfüllen, hat die Beweisaufnahme auch nicht ergeben.
Hiergegen spricht aber insbesondere, dass der Angeklagte und die übrigen
Mitglieder keine Aufgaben im operativen Geschäft hatten und auch im Übrigen an
keinen derartigen oder sonstigen Fortbildungsmaßnahmen teilgenommen haben.
Hätte aber unmittelbarer Fortbildungsbedarf bestanden, so wäre es naheliegend
gewesen, zunächst objektive Informationen zu vermitteln und allenfalls im
Anschluss einer umfassenden Fortbildung eine solche Besichtigung
durchzuführen. Aber auch dann ist nicht ersichtlich, dass es für die
Aufgabenerfüllung als Aufsichtsratsmitglied notwendig ist, eine Bohrinsel besucht
zu haben.
180
181
11. Zur Überzeugung des Gerichts steht weiter fest, dass der Angeklagte Kenntnis von
der Kostentragung durch U hatte bzw. diese Erkenntnis dem Angeklagten wie
jedem anderen offenkundig war, und er dennoch das durch eine widerspruchslose
Teilnahme unlautere Zusammenspiel von Aufsichtsrat und Vorlieferant hinnahm.
Wie bereits erörtert, haben die Zeugen S2, W, N4 und S7 glaubhaft bekundet,
dass Einladungen zu Reisen – und gerade Reisen zu Bohrinseln - allgemein
bekannt und Gang und Gäbe waren. Der Umstand, dass der Angeklagte trotz der
offensichtlich für die Reise anfallenden hohen Kosten als Kämmerer und
Überwacher der Geschäftsführung keine Fragen stellte, spricht für eine Kenntnis
oder jedenfalls eine Vermutung des Angeklagten, dass die Kosten nicht oder
jedenfalls nicht vollständig von der S getragen würden. Darüber hinaus handelte
es sich bereits um die zweite Fahrt des Aufsichtsrates der S dieser Art innerhalb
kurzer Zeit. Geht man davon aus, dass sich bereits während der ersten Fahrt nach
Brügge die Kenntnis von der Kostentragung durch S4 derartig aufdrängte, dass sie
nicht zu übersehen war, so kann bei der zweiten Fahrt nicht ernstlich erneut
behauptet werden, man ging von einer Kostentragung der S aus. Darüber hinaus
erfolgte bereits die Einladung unter Hinweis auf die Kooperation mit U, was im
Übrigen auch der Einladung zur Brügge-Fahrt entspricht. Schließlich waren erneut
die U-Mitarbeiter während der gesamten Reise anwesend, hielten die Vorträge
und waren offensichtlich die Organisatoren der Fahrt. U war neben S4 der
Hauptlieferant der S. Es hat daher den Anschein, dass die Reise von U organisiert
und finanziert wurde, um im Wettbewerb mit S4 bei den Einladungen sozusagen
gleichzuziehen.
182
Bei einer Gesamtschau aller vorgenannten Indizien hat das Gericht keine Zweifel
daran, dass die Kostentragung durch U dem Angeklagten bewusst war und nur
deswegen keine Fragen gestellt wurden, da die Antworten die unerwünschte
Gewissheit gebracht hätten.
183
12. Die Feststellungen zu dem sonstigen Reiseverhalten innerhalb der S beruhen auf
der Einlassung des Angeklagten sowie der Vernehmung der Zeugen N4 und S7.
Die Feststellungen zu wiederkehrenden Themen in den auf die Reisen
nachfolgenden Aufsichtsratssitzungen beruhen auf den Angaben des
Angeklagten, die insoweit als wahr unterstellt wurden.
184
185
13. Die Feststellungen zur fehlenden Dienstreisegenehmigung beruhen auf der
Einlassung des Angeklagten und der Aussage des Zeugen N. Soweit der
Angeklagte abweichend von den getroffenen Feststellungen meint, der Zeuge N
habe ihm eine Dienstreisegenehmigung erteilt, kann das Gericht dem nicht folgen.
Der Angeklagte hat keine schriftliche Dienstreisegenehmigung vorgelegt. Der
Zeuge N konnte sich nicht daran erinnern, dem Angeklagten eine solche
186
Dienstreisegenehmigung erteilt zu haben. Soweit der Angeklagte meint, die bloße
Anwesenheit des Zeugen N stelle eine Dienstreisegenehmigung dar, ist dies als
Schutzbehauptung zu bewerten. Der Angeklagte, der Jahrzehnte als Wahlbeamter
tätig war, weiß sehr genau, wie eine Dienstreisegenehmigung auszusehen hat.
Dass sich diese nicht in der Anwesenheit des Dienstvorgesetzten erschöpft, war
dem Angeklagten als erfahrenem Beamten bewusst. Auch in dem Gespräch
zwischen dem Angeklagten und dem Zeugen N konnte der Angeklagte keine
Dienstreisegenehmigung sehen. Auch hier geht das Gericht davon aus, dass dem
Angeklagten als kommunalen Spitzenbeamten bewusst ist, wann er eine
Dienstreisegenehmigung in den Händen hält. Dass der Angeklagte darüber
hinaus davon ausging, insgesamt sei ihm die Vorteilsannahme durch den
Bürgermeister genehmigt worden, kann das Gericht nicht glauben. Zum einen
steht dies im offenen Widerspruch zur Einlassung des Angeklagten, er habe von
der Kostentragung nichts gewusst. Dann kann aber auch nicht die Annahme eines
Vorteils – von dem man nichts wusste – genehmigt worden sein. Im Übrigen glaubt
das Gericht nicht, dass der Angeklagte als Kämmerer und kommunaler
Spitzenbeamter davon ausging, die Mitreise des Bürgermeisters stelle eine
Genehmigung der Vorteilsannahme dar.
187
V.
188
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte wegen
Vorteilsannahme in zwei Fällen gemäß §§ 331, 53 StGB strafbar gemacht.
189
1. Vorteilsannahme im Sinne des § 331 StGB ist ein Sonderdelikt, dessen Täter zur
Tatzeit Amtsträger sein muss. Amtsträger ist gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 2a) StGB wer
nach deutschem Recht Beamter oder Richter ist. Der Angeklagte war zur Tatzeit,
nämlich in den Jahren 2003 und 2004 Beamter und damit Amtsträger im Sinne des
§ 11 Abs. 1 Nr. 2a) StGB und tauglicher Täter des Sonderdelikts Vorteilsannahme,
denn er war als Beigeordneter und Kämmerer der Stadt G kommunaler
Wahlbeamter im Sinne der §§ 70, 71 GO NRW, 195 LBG NRW (Hierzu auch BGH
– Kremendahl, 3 StR 301/03).
190
191
Der Angeklagte ist überdies aber auch Amtsträger im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 2c)
StGB. Danach ist Amtsträger, wer sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder
einer sonstigen Stelle oder in dessen Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung
unbeschadet der zur Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform
wahrzunehmen. Der Angeklagte wurde durch Beschluss des Rates der Stadt G im
Jahre 1999 in den Aufsichtsrat der S mbH gewählt und damit dazu bestellt, bei
einer sonstigen Stelle Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrzunehmen, nämlich
die Interessenvertretung der Stadt G bei der Daseinsvorsorge. Unter sonstigen
Stellen sind – eben gerade ohne Rücksicht auf ihre etwaige privatrechtliche
Organisationsform – behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden im
192
organisatorischen Sinne, aber rechtlich befugt sind, bei der Ausführung von
Gesetzen und der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken. Dabei sind auch als
juristische Personen des Privatrechts organisierte Unternehmen der öffentlichen
Hand als sonstige Stelle den Behörden gleichzustellen, die bei ihrer Tätigkeit
öffentliche Aufgaben wahrnehmen und dabei derart staatlicher bzw. kommunaler
Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung als verlängerter Arm
des Staates erscheinen (BGH, NJW 2004, S. 693; vgl. zusammenfassend
Müko-Korte, Band 4, 2006, § 331 Rn. 39).
Bei der Energie- und Gasversorgung, dem wesentlichen Aufgabenbereich der S
mbH, handelt es sich um eine Aufgabe aus dem Bereich der Daseinsvorsorge, die
seit jeher als öffentliche Aufgabe angesehen wird. Entsprechend ging auch der
Gesetzgeber des Korruptionsbekämpfungsgesetzes davon aus, dass gerade die
häufig in privatrechtlicher Organisationsform ausgeübte Daseinsvorsorge zu den
Aufgaben öffentlicher Verwaltung zähle (BGH, NJW 2004, 693, BT-Drucksache
13/5584, S. 12).
193
Gegenstand der S mbH ist die Versorgung der Bevölkerung mit Gas und Energie.
Durch die privatrechtliche Organisationsform verliert die Energie- und
Gasversorgung jedoch nicht ihren Charakter als Aufgabe öffentlicher Verwaltung.
Dabei ist die S mbH auch nahezu vollständig kommunal bestimmt. Zwar ist nicht
eine Stadt Alleingesellschafterin der S (so ausreichend in BGH, NJW. 2004, 693;
BGH-Hildesheim, 3 StR 389/05), jedoch übt der Staat überwiegenden Einfluss aus,
da mehrere Städte oder städtisch bestimmte Stadtwerke jeweils Anteilseigner der S
mbH sind. Die S5 hält 57,34 %, die Stadtwerke I6 AöR 16 %, die Stadt G 12,66 %,
die X GmbH 10,00 %, der S10 3,0 %, die Stadt Q2 0,5 % und die Stadtwerke F 0,5
% der Anteile an der S. Insoweit kann es nicht darauf ankommen, dass im
vorliegenden Fall die S mbH keine Tochtergesellschaft einer Stadt ist. Dabei ist
auch die S5, zu 80 %, im Besitz der Stadt L. Zum Ausdruck kommt die kommunale
Bestimmung insbesondere in der Wahl von Vertretern der Gemeinden in die
Gesellschafterversammlung und den Aufsichtsrat der S mbH (Vgl. insoweit BGH-
Hildesheim, 3 StR 389/05). So wurde auch der Angeklagte mit Beschluss des
Rates der Stadt G im Jahr 1999 in den Aufsichtsrat der S mbH gewählt. Dies
begründet zum einen ein weiteres Merkmal der "sonstigen Stelle", bedeutet zum
anderen aber auch, dass der Angeklagte dazu bestellt ist, bei der "sonstigen Stelle"
S mbH Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrzunehmen. Dies entspricht auch
der gesetzlichen Bestimmung des § 113 Abs. 1 GO NRW, in dem es heißt:
194
"Die Vertreter der Gemeinde in Beiräten, Ausschüssen,
Gesellschafterversammlungen, Aufsichtsräten und entsprechenden Organen
juristischer Personen oder Personenvereinigungen, an denen die Gemeinde
beteiligt ist, haben die Interessen der Gemeinde zu verfolgen. Sie sind an alle
Beschlüsse des Rates und seiner Ausschüsse gebunden."
195
Insgesamt ist daher festzustellen, dass auch der Tatbestand des § 11 Abs. 2 Nr. 2c)
StGB hier verwirklicht ist. Dies ist insbesondere deshalb von Bedeutung, weil ein
Rechtsgüterschutz in diesem Bereich zwingend erforderlich ist. Die §§ 331 ff StGB
schützen das Vertrauen der Allgemeinheit in die Integrität von Trägern staatlicher
Funktionen und damit zugleich in die Sachlichkeit staatlicher Entscheidungen.
Gleichartiges Vertrauen muss aber auch gegenüber den Funktionsträgern der
staatlich gesteuerten Privatrechtsorganisationen gelten, da durch die Erfahrung
196
ihrer Käuflichkeit das Vertrauen der Allgemeinheit gleichermaßen enttäuscht wird
wie bei anderen Amtsträgern (BGHSt 43, 370).
2. Zur Abgrenzung privater Handlungen von strafrechtlich relevanten Handlungen als
Täter eines Sonderdelikts muss sich die Tat auf die Dienstausübung, das heißt auf
Handlungen, durch die ein Amtsträger die ihm übertragenen Aufgaben wahrnimmt,
beziehen. Dabei kann die Dienstausübung grundsätzlich nicht vollständig
losgelöst von der ebenfalls zum Tatbestand gehörenden Unrechtsvereinbarung
betrachtet werden, da durch die Wendung "für die Dienstausübung" gerade die
Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung hergestellt wird (hierzu unten 4.).
Der Begriff der Diensthandlung umfasst solche Handlungen, die in amtlicher
Tätigkeit vorgenommen werden. Bei den Aufsichtsratsfahrten der S mbH handelte
es sich um dienstliche Tätigkeiten, da diese in unmittelbaren Zusammenhang mit
der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat standen. Darüber hinaus stehen die Reisen im
Zusammenhang mit künftigen Diensthandlungen des Angeklagten (hierauf wird
unten im Rahmen der Unrechtsvereinbarung noch näher eingegangen), denn sie
beziehen sich auch auf die im Anschluss an die Reisen im Aufsichtsrat
wahrzunehmenden Aufgaben des Angeklagten, die in der Überwachung der
Geschäftsführung und dabei insbesondere auch in der Zustimmung zu
langfristigen Lieferverträgen bestehen.
197
198
3. Dem Angeklagten ist auch ein Vorteil im Sinne des § 331 StGB gewährt worden.
Vorteil im Sinne des § 331 StGB ist jede Leistung des Zuwendenden, welche die
wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage des Amtsträgers oder
eines Dritten materiell oder immateriell verbessert und auf die kein rechtlich
begründeter Anspruch besteht. Materiell fallen unter den Vorteilsbegriff dabei
insbesondere Geldleistungen, Sachwerte und Rabatte sowie Einladungen zu
Veranstaltungen, Urlaubsreisen, Essen, Kongressen und sonstigen
Veranstaltungen (BGH NJW 2003, 763, Müko-Korte, StGB Band 4, 2006, § 331
Rn. 62). Immaterielle Vorteile sind solche, die unter das Stichwort "soziale
Besserstellung" gefasst werden können; zu diesen zählen z.B. Macht, berufliches
Ansehen, Zugang zu Kommunikationschancen und Ehrenämter. Zu den
immateriellen Vorteilen gehören auch Einladungen zu Vorträgen und Empfängen,
wobei diese auch mit materiellen Vorteilen in Verbindung stehen können, wenn
etwa unentgeltliche Unterkünfte oder größere Essen mit den immateriellen
Vorteilen verbunden sind. Vorbehaltlich der Anerkennung sozialadäquater
Leistungen sind auch Vorteile geringen Wertes von § 331 StGB umfasst.
199
200
Die Übernahme der Kosten für eine Aufsichtsratsfahrt der S nach Brügge und
Norwegen stellen jeweils eine Leistung der S4 AG bzw. der U GmbH dar. Dabei ist
es unerheblich, dass die Leistung im Fall der Brügge-Reise über einen Abschlag
201
auf den Gaspreis erfolgte. Es stellen beide Fahrten im Ergebnis eine Einladung der
Vorlieferanten zu einer Reise inklusive verschiedener Mittag- und Abendessen,
sowie weiterer Freizeitaktivitäten dar. Darüber hinaus ist auch der Bohrinselbesuch
als Vorteil zu qualifizieren, denn dieser hätte ohne "Türöffner" und Finanzierung
durch U wohl nicht stattgefunden. Bohrinseln sind unter normalen Umständen der
Öffentlichkeit nicht zugänglich. Insgesamt hat der Angeklagte in Form der Reise
nach Brügge inklusive der Teilnahme an Freizeitaktivitäten wie Besichtigungen
und Grachtenrundfahrten, sowie in der Reise nach Norwegen inklusive eines
Bohrinselbesuchs, diversen Essenseinladungen und der Teilnahme an im
weitesten Sinne fachlichen Veranstaltungen einen Vorteil erhalten. Dabei stellt
eben auch die Möglichkeit zur Teilnahme an fachlichen Veranstaltungen einen
Vorteil dar. Zudem hat die Ehefrau des Angeklagten, die ebenfalls an der Reise
nach Brügge inklusive Besichtigungen, Mittag- und Abendessen teilnahm, einen
Vorteil im Sinne eines Drittvorteils erhalten. Der Angeklagte hatte auf die
Einladungen aus keinem denkbaren Gesichtspunkt einen rechtlichen Anspruch.
Soweit der Angeklagte einwendet, ein Vorteil sei deshalb nicht vorhanden, da die
Reisen nicht dauerhaft im Vermögen des Angeklagten verblieben, so kann dem
nicht gefolgt werden. Zum einen ist es dem Begriff des Vorteils nicht immanent,
dass er von Dauer ist. Vielmehr kann ein Vorteil eben auch in einem Abendessen
oder einer Besichtigung bestehen. Zudem hat der Angeklagte, indem er an den
Reisen, Besichtigungen und Essenseinladungen auf Kosten Dritter teilnahm, für
sich und seine Ehefrau Aufwendungen erspart, die andernfalls für die Teilnahme
an solchen Veranstaltungen hätten aufgebracht werden müssen. Ersparte
Aufwendungen verbleiben aber dauerhaft im Vermögen des Angeklagten und
stellen ebenfalls einen Vorteil dar.
202
Soweit der Angeklagte meint, die Reisen hätten deshalb nicht den Charakter eines
Vorteils gehabt, weil er zur Teilnahme Freizeit habe aufwenden müssen, so kann
dies die Annahme eines Vorteils ebenfalls nicht entfallen lassen. Zum einen hatten
die Reisen größtenteils vergnügliche und interessante Aspekte und waren gerade
nicht rein fachlicher Natur. In Bezug auf die Brügge-Riese überwogen die
vergnüglichen Aspekte deutlich. Der Besuch der gastechnischen Anlage nahm
etwa zwei Stunden in Anspruch, der Vortragsteil etwa 3,5 Stunden. Die übrige Zeit
wurde mit Essen, einer Grachtenrundfahrt und Besichtigungen verbracht. Zudem
standen weder der Besuch der gastechnischen Anlagen noch der Vortragsteil in
einem zwingenden fachlichen Bezug zur Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds. Der
Besuch einer gastechnischen Großanlage stellte für den Angeklagten eher eine
Besichtigung dar als einen fachlichen Fortbildungstermin. Darüber hinaus hätte der
Vortragsteil ohne weiteres in L oder I6 stattfinden können. In Bezug auf die
Norwegen-Reise ist ebenfalls nicht ersichtlich, dass der Besuch einer Bohrinsel für
die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied zwingend erforderlich war. Nicht ersichtlich
ist zudem, dass die insoweit nicht vorgebildeten Aufsichtsratsmitglieder – andere
Fortbildungsveranstaltungen fanden ebenso wenig statt wie eine selbständige
Fortbildung oder Vorbereitung – aus dem Besuch einer Bohrplattform unerlässliche
Erkenntnisse für ihre Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ziehen können. Auch hier
stand der Eventcharakter der Besichtigung einer spektakulären Großanlage, die
der Öffentlichkeit normalerweise nicht zugänglich ist, im Vordergrund. Darüber
hinaus konnte jedenfalls bei der Brügge-Reise die Freizeit gemeinsam mit der
Ehefrau verbracht werden. Insgesamt kommt es hierauf aber im Ergebnis auch
nicht an, denn ein Vorteil läge selbst dann vor, wenn ausschließlich wichtige und
203
erforderliche Fachinformationen vermittelt worden wären. Denn auch diese hätte
der Angeklagte ohne eigene Aufwendungen, oder Aufwendungen der S, für die
dann eine Rechtfertigung erforderlich gewesen wäre, nicht erhalten. Zudem ist
sowohl das Rahmenprogramm als auch der Bohrinselbesuch als eine großzügige
Entschädigung für die Bereitschaft zum fachlichen Gedankenaustausch anzusehen
und gehen bei weitem über das hinaus, was im Rahmen einer Fachveranstaltung
als angemessen betrachtet werden kann. Eine Aufspaltung zwischen
Privatnützigkeit und Dienstnützigkeit des Vorteils kann nicht vorgenommen
werden. Eine solche Aufspaltung ist zum einen unpraktikabel und nicht
durchführbar und überließe die rechtliche Einordnung, ob ein "Vorteil" vorliegt, dem
Amtsträger. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind aber klare Grenzen erforderlich
(Vgl. OLG L, NStZ 2002, 35). Insgesamt kommt es nicht darauf an, dass der
Angeklagte den Vorteilsbegriff möglicherweise verkannt hat. Es handelt sich bei
dem Tatbestandsmerkmal des Vorteils nicht um ein normatives
Tatbestandsmerkmal, welches eine abweichende Parallelwertung in der
Laiensphäre und damit die Annahme eines den Vorsatz ausschließenden Irrtums
zuließe. Ob ein Vorteil vorliegt, ist alleine an objektiven Kriterien zu messen (OLG
L, NstZ 2002, 35).
4. Die Tathandlung des § 331 StGB ist stufenförmig aufgebaut und besteht entweder
darin, einen Vorteil zu fordern, oder sich einen solchen versprechen zu lassen
oder ihn anzunehmen. Soweit die Staatsanwaltschaft davon ausging, der
Angeklagte habe einen Vorteil gefordert, konnte die Beweisaufnahme dies nicht
bestätigen. Zwar haben die Geschäftsführer der S objektiv in beiden Fällen die
Reisen bei den Vorlieferanten eingefordert, indem sie dort anriefen und jeweils um
eine Reise für den Aufsichtsrat und die Gesellschafterversammlung baten. Es
konnte jedoch nicht mit der für eine Verurteilung notwendigen Sicherheit
festgestellt werden, dass der Angeklagte alleine oder gemeinsam mit dem
Aufsichtsrat die Geschäftsführer mit dem Fordern eines Vorteils beauftragt hatten
oder hierüber konkrete Kenntnisse besaßen. Jedenfalls aber hat der Angeklagte in
zwei Fällen einen Vorteil angenommen im Sinne der 3. Alternative. Annehmen
bedeutet insoweit, dass der Täter den Vorteil entweder selbst tatsächlich
entgegennimmt oder ihn einem Dritten weitergibt (Müko-Korte, StGB Band 4, 2006,
§ 331 Rn. 56). Vorliegend haben der Angeklagte und seine Ehefrau die Brügge-
Reise durch den rein tatsächlichen Vorgang der Teilnahme angenommen. Dass
es sich dabei um einen Vorteil handelte, ist dem Angeklagten spätestens während
der Reise endgültig bewusst geworden. Nicht erforderlich ist, dass der Angeklagte
alle Umstände bereits vor Reiseantritt kannte. Da dem Angeklagten spätestens
während der Reise endgültig bewusst wurde, dass die Fahrt als Einladung zu
verstehen war, ist die spätestens dann erzielte Übereinkunft zwischen Amtsträger
und Zuwendendem ausreichend. Ausreichend ist zudem auch, dass Vorteile für
mehrere in einer "gemeinsamen Kasse" eingebracht werden. Dies hindert nicht,
dass jeder Einzelne dennoch einen Vorteil annimmt. Hier aber hat der Angeklagte
bereits die Reisen als solche angenommen. Zudem hat auch die Ehefrau des
Angeklagten die Brügge-Reise im Sinne eines Drittvorteils angenommen. Daher
kommt es nicht darauf an, dass im Falle der Brügge-Reise die Reisekosten
nachträglich insgesamt der S erstattet wurden. Die Norwegen-Reise nahm der
Angeklagte durch seine Teilnahme als Vorteil an.
204
205
5. Zwischen dem Angeklagten als Eingeladenem und den einladenden
Vorlieferanten lag auch eine jedenfalls stillschweigende Übereinkunft im Sinne
einer Unrechtsvereinbarung vor. Nach der Neufassung des § 331 Abs. 1 StGB ist
es ausreichend, dass der Angeklagte die Absicht der Einladenden erkennt, ihm
aufgrund seiner dienstlichen Stellung als Aufsichtsratsmitglied und damit in seiner
Funktion als Beamter und Interessenvertreter der Stadt G die Reisen im Sinne
einer allgemeinen "Klimapflege" zukommen zu lassen. Durch das
Korruptionsbekämpfungsgesetz aus dem Jahre 1997 hat der Gesetzgeber, um
korruptiven Strukturen entgegenzuwirken, die Tatbestände der Vorteilsgewährung
und Vorteilsannahme nicht nur in der Strafandrohung verschärft, sondern auch
erheblich erweitert. Nach der Neufassung sind auch Drittvorteile vom Tatbestand
umfasst. Zudem muss der Vorteil nicht mehr als Gegenleistung für eine bestimmte
oder zumindest hinreichend bestimmbare Diensthandlung des Amtsträgers
hingegeben oder versprochen werden. Vielmehr genügt es, wenn der Vorteil von
Vorteilsgeber und Vorteilsnehmer allgemein mit der Dienstausübung verknüpft
wird. Hierdurch sollten auch solche Vorteile in den Tatbestand einbezogen
werden, durch die nur das generelle Wohlwollen des Amtsträgers erkauft bzw.
"allgemeine Klimapflege" betrieben werden soll (Vgl. hierzu BGH – Kremendahl –
3 StR 301/03). Eine solche Unrechtsvereinbarung liegt hier vor. Dass die S4 AG
und die U GmbH die Mitglieder des Aufsichtsrates und der
Gesellschafterversammlung der S zu den Reisen eingeladen haben, wodurch
erhebliche Kosten entstanden sind, diente nicht altruistischer Freigiebigkeit,
sondern der im Rahmen der Pflege wirtschaftlicher Beziehungen in gewissem
Umfang durchaus üblichen Kundenpflege als Bestandteil der allgemeinen Klima-
und Stimmungspflege sowie einem durch die Vorlieferanten vorgegebenen,
zielgerichteten Informationsfluss. Dem Angeklagten war aufgrund einer Vielzahl
von Umständen und Indizien bekannt, dass die Reisen jedenfalls teilweise von der
S4 AG und der U GmbH finanziert wurden. Solche Einladungen sind im
vorgenannten Sinne zu verstehen, so dass die widerspruchslose Teilnahme an
der Reise von den Einladenden auch als stillschweigende Zustimmung aufgefasst
werden muss (Hierzu im Einzelnen unter 6.) Daher handelt es sich vorliegend um
eine zweiseitig konkludente Unrechtsvereinbarung.
206
207
Ein konkreter Zusammenhang etwa in Bezug auf später neu abzuschließende
Gaslieferungsverträge in der Form, dass die Vorteile gewährt wurden, damit es zu
einem erneuten Abschluss oder zu einem Abschluss mit bestimmten Konditionen
kommt, ist nicht erforderlich. Im Ergebnis kommt es für die Erfüllung des
Tatbestandes nicht darauf an, ob die Reisen fachlich veranlasst waren oder
überwiegend vergnügliche Aspekte aufwiesen. Maßgeblich ist, ob die Einladenden
den in der Einladung (zu fachlichen und/oder touristischen Reisen) liegenden
Vorteil mit der Dienstausübung des Angeklagten im Sinne eines
Gegenseitigkeitsverhältnisses verknüpfen wollten, wobei der Vorteil bereits dann
"für" die Dienstausübung gewährt wird, wenn eine allgemeine Verknüpfung mit der
208
Dienstausübung beabsichtigt ist (vgl. insoweit BGH 4 StR 99/07, BGHSt 49, 275;
BGH NStZ 2005, 334). Hier war offensichtlich, dass die Unternehmen U und S4 die
Einladungen zu Wochenendfahrten mit der Funktion des Angeklagten als
Aufsichtsratsmitglied des Abnehmers S verbanden, und zwar im Sinne einer
allgemeinen Klimapflege. So wurde der Vorteil "für" die Dienstausübung gewährt,
nämlich im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Angeklagten als
Aufsichtsratsmitglied, da der Aufsichtsrats grundsätzlich auch zu
Vergabeentscheidungen berufen ist, weil er die Geschäftsführung überwacht und
langfristigen Lieferverträgen zustimmen muss.
Einschränkung erfahren Vorteilsbegriff und Unrechtsvereinbarung durch den
Gesichtspunkt der Sozialadäquanz. Danach sind solche Leistungen und
Zuwendungen als zulässig anzusehen, die der Höflichkeit oder Gefälligkeit
entsprechen, sozial üblich sowie allgemein billigenswert sind. In die Abgrenzung
zwischen sozialadäquaten und nicht mehr zu billigenden Verhaltensweisen sind
die Stellung und der Inhalt der Dienstaufgaben des Amtsträgers, der Wert der
Zuwendung, die Nähe zwischen den dienstlichen Aufgaben und dem Anlass der
Vorteilszuwendung sowie die abstrakte Möglichkeit unlauterer Beeinflussung der
Amtsführung zu berücksichtigen. Dabei ist die gesetzgeberische Wertung zu
beachten, dass bereits dem bösen Anschein der Käuflichkeit entgegengewirkt
werden soll. Die Grenzen der Sozialadäquanz werden in der Rechtsprechung eng
gezogen. Allgemein gilt nach der Rechtsprechung (vgl. etwa BGH NStZ 2005, 334)
eine Grenze bereits bei gewohnheitsmäßig anerkannten, relativ geringwertigen
Zuwendungen, wobei auch hier eine Zuwendung anlassbezogen sein muss (z.B.
die Flasche Rotwein zum Geburtstag oder zum Dienstjubiläum des Amtsträgers).
Bewirtungen und Beherbergungen sind sozialadäquat, wenn sie nach Anlass und
Status der Beteiligten üblich sind und im Rahmen eines freundschaftlichen
Verhältnisses gleichwertigen Gegeneinladungen des Amtsträgers
gegenüberstehen. Jedoch sind solche Beherbergungen inadäquat, deren Aufwand
den gewöhnliche Lebenszuschnitt des Amtsträgers erkennbar überschreiten.
209
Nach diesen Grundsätzen ist im vorliegenden Fall eine Sozialadäquanz nicht
anzunehmen. Bei der Bewertung ist zunächst zu berücksichtigen, dass dem
Angeklagten als Mitglied des Aufsichtsrates der S keine Rolle im operativen
Geschäft zukommt, der Aufsichtsrat aber aufgrund seiner Überwachungsfunktion
eine nicht unbedeutende Rolle im Gesamtgefüge des Unternehmens einnimmt.
Inhaltlich sind die dienstlichen Aufgaben des Angeklagten als Mitglied eines
Überwachungsgremiums auf die Vertretung der Interessen der Stadt G und die
Wahrung der Wirtschaftlichkeit und Nützlichkeit der S gerichtet. Eine besondere
Nähe zwischen den dienstlichen Aufgaben des Angeklagten und den gewährten
Vorteilen besteht nicht. Die vergnüglichen Aspekte der Reisen überwogen die
informativen bei weitem. Dies gilt insbesondere für die Übernachtungen in teuren
Hotels, Essenseinladungen sowie Stadtführungen und Besichtigungen sowie den
Besuch der Bohrplattform. Es bestand keine zwingende dienstliche Veranlassung,
Vorträge gemeinsam mit den Ehefrauen in Brüssel zu verfolgen oder ohne
besondere Vorkenntnisse und Aufgaben im operativen Geschäft eine Bohrinsel zu
besuchen. Ein Zusammenhang zwischen den Aufgaben eines
Aufsichtsratsmitglieds bestand nicht und ist auch sonst nicht ersichtlich. Im
Gegenteil handelte es sich bei den Fahrten um die einzigen
"Fortbildungsveranstaltungen" der S in den letzten zehn Jahren. Insgesamt hatten
die Reisen eher den Charakter eines Kurzurlaubes und Abenteuerevents als den
210
Charakter einer Fortbildungsreise. Die Kosten der Reisen waren erheblich. So
verursachte die Brügge-Reise Kosten in Höhe von ca. 600,- € pro Person, die
Norwegen-Reise Kosten in Höhe von ca. 2.600,- € pro Person. Auch soweit man
einzelne Einladungen betrachtet, waren die Kosten für das Abendessen
beispielsweise im Restaurant in Silveren Pauw in Brügge mit 105,- € pro Person
und angesichts der konsumierten Speisen und Getränke (Champagner,
Langustinen etc.) gehoben und teuer. Insgesamt lagen die Kosten der Reisen
deutlich über dem, was der Angeklagte – auch als kommunaler Spitzenbeamter –
angesichts seiner Gehalts- und Familienstruktur regelmäßig für Wochenendfahrten
aufwenden würde. In einem Gegenseitigkeitsverhältnis allgemeiner Freundschaft
sowie Einladungen und Gegeneinladungen standen die Reisen auch nicht. Wohl
aber bestand eine besondere Nähe zum Zweck der Vorteilsgewährung und den
dienstlichen Aufgaben, nämlich der Überwachung der Geschäftsführung der S.
Wenn, wie im vorliegenden Fall, die gesamte Führung eines Unternehmens
(Geschäftsführer, Aufsichtsrat und Gesellschafterversammlung) betroffen ist, so
steht die Gefahr einer unlauteren Beeinflussung der Einladung gleichsam auf die
Stirn geschrieben. Soweit der Angeklagte anführt, Anlass der Reise nach Brügge
sei die ####2. Aufsichtsratssitzung gewesen und diese habe festlich gestaltet
werden sollen, kann dies die Bedenken im Hinblick auf die Sozialadäquanz der
Einladung nicht ausräumen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb ein Vorlieferant die
####2. Aufsichtsratssitzung der S finanzieren soll. Zwar wäre möglicherweise eine
kleine Aufmerksamkeit (etwa die auf dem Hotelzimmer befindlichen Pralinen) des
Vorlieferanten anlässlich der ####2. Aufsichtsratssitzung billigenswert und
sozialadäquat gewesen. Die Einladung zu einem Wochenende ist dies jedoch
nicht mehr. Eine auch in den Augen der Beteiligten gebührende Feier hätte von
den Mitgliedern oder der S selbst organisiert und finanziert werden müssen.
Schlussendlich hat eine Aufsichtsratssitzung in Brügge auch gar nicht
stattgefunden. Bei einer Gesamtbetrachtung aller vorstehend genannten
Erwägungen ist die Grenze der Sozialadäquanz deutlich überschritten. Die
Einladungen sind entgegen der Auffassung des Angeklagten auch nicht etwa
deswegen sozialadäquat, weil diese in den beteiligten Kreisen der
Energiewirtschaft möglicherweise Gang und Gäbe waren. Die Grenzen der
Sozialadäquanz sind zwar im Einzelfall festzulegen, orientieren sich aber an
abstrakten Werten. Handlungen des Angeklagten werden nicht deswegen
sozialadäquat oder straflos, weil eine Reihe von Personen sie ebenso vornehmen
wie der Angeklagte. Das Verhalten Dritter ist insoweit für die rechtliche Bewertung
des Tuns des Angeklagten ohne Bedeutung (OLG L, NStZ 2002, 35)
Soweit schließlich eingewandt wird, man hätte sich durch solche Einladungen
nicht beeinflussen lassen, ändert dies an der Unrechtsvereinbarung nichts, denn
hierdurch wird der Eindruck der Käuflichkeit dienstlichen Tätigwerdens und daher
die Beeinträchtigung der Schutzgüter des § 331 StGB - das Vertrauen der
Allgemeinheit in die Integrität der öffentlichen Verwaltung – nicht ausgeräumt (Vgl.
BGH - Kremendahl – 3 StR 301/03)
211
Bei einer Gesamtbewertung von Dienstausübung, Unrechtsvereinbarung und der
Stellung des Angeklagten, liegt hier insgesamt ein Vorteil vor, der zu einer
eindeutigen Besserstellung des Angeklagten geführt hat, und zwar in materieller
wie immaterieller Hinsicht.
212
Darüber hinaus werden von § 331 StGB nun auch solche Fälle erfasst, in denen
213
der Amtsträger den Vorteil zwar für eine Diensthandlung, aber zu Gunsten einer
Personenvereinigung annimmt oder sich versprechen lässt und damit der
Amtsträger jedenfalls mittelbar besser gestellt wird, da die geschützten Rechtsgüter
durch derartige Zuwendungen in gleicher Weise beeinträchtigt werden wie bei
Vorteilen, die dem Amtsträger unmittelbar zu Gute kommen (BGH – Kremendahl –
3 StR 301/03).
6. Der Tatbestand des § 331 StGB setzt voraus, dass der Annehmende mindestens
mit dolus eventualis handelt. Dolus eventualis setzt dabei zunächst voraus, dass
der Täter die Umstände kennt, die den objektiven Tatbestand bilden. Darüber
hinaus muss der Täter den Erfolg billigend in Kauf nehmen. Billigend in Kauf
nehmen bedeutet, dass der Täter den Erfolg als möglich und nicht ganz fern
liegend erkannt hat, wobei er sich - in Abgrenzung zu bewusster Fahrlässigkeit –
mit dem Erfolgseintritt abgefunden hat. Im Gegensatz dazu ist der bewusst
fahrlässig Handelnde, der auch die objektiven Tatumstände kennt, mit dem als
möglich erkannten Erfolg nicht einverstanden. Dass der bedingt vorsätzlich
handelnde Täter den Erfolg wünscht, ist nicht erforderlich. Vielmehr billigt der
Täter auch einen an sich unerwünschten, aber notwendigen Erfolg, wenn er sich
mit ihm um eines erstrebten Zieles Willen abfindet.
214
215
Der Angeklagte handelte vorliegend jedenfalls mit dolus eventualis in Bezug auf
den objektiven Tatbestand. Der Angeklagte war sich bewusst, dass er als
kommunaler Wahlbeamter Amtsträger war und im Aufsichtsrat der S die
Interessenvertretung der Stadt G wahrnahm. Weiterhin war der Angeklagte sich
auch darüber bewusst, dass die Aufsichtsratsfahrten im Zusammenhang mit seiner
Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied standen. Nach seiner Einlassung hielt der
Angeklagte die Fahrten sogar für dienstlich veranlasst. Schließlich war dem
Angeklagten bewusst, dass es sich um Einladungen der Vorlieferanten handelte.
Zwar bestreitet der Angeklagte, von der Kostentragung durch die Vorlieferanten
gewusst zu haben. Die Beweisaufnahme hat jedoch ergeben, dass dem
Angeklagten bekannt war und spätestens während der Brügge-Reise endgültig
bewusst wurde, dass es sich um eine Einladung des Vorlieferanten handelte.
Zumindest aber sprachen eine Reihe von Umständen und Indizien derart
offensichtlich für eine Einladung durch die Vorlieferanten, dass sich der Angeklagte
größte Mühe gegeben haben müsste, um sich diesen jedermann offenkundigen
Erkenntnissen zu verschließen. Zwar ist es für das Vorliegen von dolus eventualis
nicht ausreichend, dass sich ein bestimmter Gedanke dem Täter aufgedrängt
haben muss. Ausreichend ist aber, dass es offenbar nur dem Täter gelungen ist,
sich jedermann offenkundigen Erkenntnissen zu verschließen. Selbst wenn man
hier davon ausginge, dass der Angeklagte im Ergebnis nicht gewusst hat, dass es
sich bei den Reisen um Einladungen der Vorlieferanten gehandelt hat, so läge
dennoch dolus eventualis vor, denn die Einladungen lagen derart offensichtlich auf
der Hand, dass sie nicht zu übersehen waren. Insoweit war den Teilnehmern an
der Reise auch bewusst, dass diese nicht aus altruistischen Motiven heraus durch
die Vorlieferanten gesponsort wurden. Vielmehr war jedem klar, dass die
216
Vorlieferanten bestimmte Informationen vermitteln, zudem aber auch eine geneigte
Stimmung in den Gremien erzeugen wollten. Die für den Tatbestand erforderliche
Unrechtsvereinbarung kam daher durch die stillschweigende Teilnahme an den
Reisen zustande. Auch dies war dem Angeklagten bewusst, der entweder keine
Bedenken im Hinblick auf den entstandenen Eindruck der Käuflichkeit hegte oder
sich hiermit um der Reisen willen abgefunden hatte.
Soweit der Angeklagte darauf hinweist, dass insofern grundsätzlich eine
Ungleichbehandlung bei den Mitgliedern im Aufsichtsrat entstehe, da
unterschiedliche Regeln und Maßstäbe anzuwenden seien, je nachdem, ob
jemand Amtsträger oder kein Amtsträger sei, führt dies nicht zu einer anderen
Beurteilung. Zum einen spricht viel dafür, die Mitglieder des Aufsichtsrates, der
Gesellschafterversammlung sowie die Geschäftsführung der S insgesamt als
Amtsträger zu behandeln (vgl. zur Amtsträgerstellung des Geschäftsführers eines
privatrechtlich organisierten Unternehmens: BGH NStZ 2007, 211; BGH NJW
2004, 693; BGHSt 43, 370; zur Amtsträgerstellung des Aufsichtsratsvorsitzenden
eines privatrechtlich organisierten Unternehmens: BGH 3 StR 389/05; allgemein:
BGH 5 StR 453/05; BGH 5 StR 119/05). Zum anderen liegt eine
Ungleichbehandlung deshalb nicht vor, da sie – wenn überhaupt – Folge des
Umstandes ist, dass für bestimmte Mitglieder der Gesellschaftsorgane eben gerade
aufgrund ihrer Amtsträgereigenschaft und ihrer Entsendung in das Unternehmen
durch den Stadtrat besondere Pflichten entstehen. Wer die Interessen der
öffentlichen Hand in einem Gremium wahrnimmt, unterliegt eben anderen Regeln
als derjenige, der für einen Privaten in diesem Gremium sitzt.
217
Soweit der Angeklagte weiter einwendet, die Teilnahme an den Reisen stelle ein
sozialadäquates Verhalten dar, da diese Reisen Gang und Gäbe und allgemein
üblich seien, lässt dies den Vorsatz nicht entfallen. Zwar entfällt der Vorsatz dann,
wenn der Täter irrig tatsächliche Umstände annimmt, die unter dem Gesichtspunkt
der Sozialadäquanz zum Ausschluss des Tatbestandes führen. Gerade dies ist
aber nicht der Fall. Zum einen hat sich der Angeklagte nicht darüber geirrt, dass die
Reisen sozialadäquat waren, nach seiner Einlassung hat er sich hierüber
überhaupt keine Gedanken gemacht. Darüber hinaus waren die Reisen zur Tatzeit
in den Beteiligten Kreisen zwar Gang und Gäbe. Nichts desto trotz gingen sie
deutlich über das hinaus, was im Rahmen beamtenrechtlicher Vorschriften in den
Bereich sozialadäquater Zuwendungen viel. Die Sozialadäquanz wird nämlich
nicht durch das Verhalten bestimmter Personenkreise bestimmt. Die Frage, ob die
Grenzen der Sozialadäquanz berührt sind, ist schließlich keine Frage der
rechtlichen Bestimmung des Bereichs der Sozialadäquanz. Ein Irrtum über die
rechtlichen Grenzen ist aber Verbotsirrtum und lässt den Vorsatz nicht entfallen
(OLG L, NStZ 2002, 35).
218
7. Der Angeklagt handelte schließlich auch rechtswidrig und schuldhaft.
219
220
Soweit der Angeklagte meint, er sei zur Teilnahme an der Reise verpflichtet
221
gewesen, stellt dies unter keinem denkbaren Gesichtspunkt einen
Rechtfertigungsgrund für die Teilnahme an der Reise dar. Zum einen liegt objektiv
schon keine Verpflichtung zur Teilnahme vor. Diese ergibt sich bezüglich der
Brügge-Fahrt auch nicht etwa aus dem Umstand, dass ursprünglich eine
Aufsichtsratssitzung während der Fahrt hätte stattfinden sollen. Tatsächlich hat die
Aufsichtsratssitzung nicht stattgefunden, so dass der Verpflichtungsgrund schon
während der Busfahrt weggefallen ist. Es hätte genügend Gelegenheit bestanden,
die Fahrt abzubrechen oder jedenfalls deutlich zu machen, dass man mit der
Einladung durch den Vorlieferanten nicht einverstanden ist, so dass wenigstens
dem Anschein der Käuflichkeit deutlich entgegengetreten worden wäre. Darüber
hinaus kann niemand zu rechtswidrigen Handlungen gezwungen werden, auch
nicht durch das Gesellschaftsrecht. Zum anderen glaubt das Gericht nicht, dass der
Angeklagte irrtümlicher Weise von einer Verpflichtung zur Teilnahme ausging und
zudem auch noch der Meinung war, eine solche Verpflichtung stelle einen
Rechtfertigungsgrund dar. Der Angeklagte als damaliger kommunaler
Spitzenbeamter und studierter Jurist kennt die Grenzen des rechtlich Zulässigen.
Weiterhin unterlag der Angeklagte auch keinem Verbotsirrtum. Der Angeklagte als
Kämmerer und studierter Jurist hat die Grenzen des Sozialadäquaten nicht
verkannt, so dass objektiv schon kein Irrtum vorliegt. Der Angeklagte kann sich
nicht zum einen dahingehend einlassen, er habe die Kostentragung nicht gekannt,
zum anderen aber ausführen, die Reisen seien sozialadäquat, da sie Gang und
Gäbe und üblich seien. Hätte er die Grenzen jedoch tatsächlich verkannt, wäre
dieser Verbotsirrtum bei Anstrengung des Gewissens durchaus vermeidbar
gewesen. Dies wäre bei der vorliegenden Sachlage bereits einem durchschnittlich
gebildeten Menschen zuzutrauen gewesen. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus,
dass es sich bei dem Angeklagten um einen überdurchschnittlich gebildeten
Menschen handelt, der zu Tatzeit bereits jahrelang kommunaler Spitzenbeamter
und überdies Kämmerer der Stadt war. Der Angeklagte hatte daher Sonderwissen,
welches ihn erst recht in die Lage versetzt hätte, die Grenzen der Sozialadäquanz
zutreffend zu erkennen.
222
8. Die Tat ist insgesamt auch nicht etwa durch eine Genehmigung im Sinne des §
331 Abs. 3 StGB gerechtfertigt. Die vor der Annahme eines Vorteils erteilte
Zustimmung zur Vorteilsannahme lässt zwar nicht den Tatbestand des § 331 StGB
entfallen, stellt aber einen Rechtfertigungsgrund dar. § 331 Abs. 3 StGB sieht
darüber hinaus aber auch dann Straflosigkeit vor, wenn der Täter unverzüglich
nach der Annahme des Vorteils der zuständigen Behörde davon schriftlich oder
mündlich Anzeige macht und sie die Annahme genehmigt. Der Angeklagte hat
sich darauf berufen, die Reisen seien als Dienstreisen genehmigt worden.
Tatsächlich lagen aber objektiv schon keine Dienstreisegenehmigungen vor. Der
Bürgermeister konnte sich nicht daran erinnern, eine solche
Dienstreisegenehmigung erteilt zu haben. Schriftliche Genehmigungen konnte der
Angeklagte auch nicht vorlegen. Im Übrigen würde zur Straflosigkeit des
Angeklagten eine Dienstreisegenehmigung auch nicht ausreichen, da diese nicht
zugleich auch eine Genehmigung der Vorteilsannahme bedeutet. Die
Genehmigung der Vorteilsannahme muss gerade aufgrund solcher Normen
erfolgen, die die Verknüpfung von Vorteil und Dienstausübung regeln. Die
223
Erteilung einer Dienstreisegenehmigung beinhaltet gerade nicht die Genehmigung
der Vorteilsannahme, da beide Genehmigungen funktional verschieden sind.
Dienstreisegenehmigungen können nur dann die Genehmigung i.S. des § 331
Abs. 3 StGB einschließen, wenn der genehmigenden Behörde der
Zusammenhang mit dem Sichversprechenlassen bzw. der Annahme des Vorteils
offen gelegt worden ist (OLG Hamburg, StV 2001, 277). Soweit der Angeklagte in
diesem Zusammenhang meint, die Teilnahme des Bürgermeisters stelle eine
Genehmigung der Vorteilsannahme dar, kann dem nicht gefolgt werden. Der
Angeklagte hat sich selbst dahingehend eingelassen, die Kostentragung sei nicht
bekannt gewesen. Insofern kann diese auch nicht zur Grundlage einer
Genehmigung gemacht worden sein, wobei aber bereits grundlegende
Voraussetzung für eine Genehmigung wäre, dass sämtliche Zusammenhänge
gegenüber der genehmigenden Behörde offen gelegt worden sind. Darüber
hinaus wäre der Bürgermeister in dieser Konstellation nicht die zutreffende
Genehmigungsbehörde, da der Bürgermeister selbst an den Fahrten
teilgenommen hat und daher selbst als "Mittäter" einer Genehmigung bedurft hätte.
Es würde aber dem Grundsatz der Transparenz zuwiderlaufen, wenn der selbst in
die Vorgänge eingebundene eine Genehmigung erteilen könnte und somit die
Prüfung umgangen werden würde.
224
Eine Genehmigung liegt auch nicht bezüglich der Norwegen-Reise vor. Soweit der
Angeklagte meint, eine Genehmigung sei in der Unterredung mit dem
Bürgermeister vor der Reise zu sehen, während derer der Bürgermeister darauf
hinwies, dass ein Vertreter der Stadt G bei der Fahrt anwesend sein sollte, kann
dem nicht gefolgt werden. Zum einen handelt es sich bei dem selbst für die Fahrten
angemeldeten Bürgermeister nicht um den richtigen Genehmigenden. Zum
anderen ist während des Gesprächs nicht über eine Genehmigung sondern
lediglich über die Teilnahme gesprochen worden. Nach der Einlassung des
Angeklagten ging dieser zudem nicht von einer Einladung aus, so dass es nach
der Einlassung des Angeklagten einer Vorteilsgenehmigung überhaupt nicht
bedurft hätte. Die Aussage des Bürgermeisters kann darüber hinaus aber auch
dahin verstanden werden, dass ein Vertreter der Stadt G dabei sein sollte, um die
Beziehungen zu den Vorlieferanten aufrecht zu erhalten. Jedenfalls kann von einer
Genehmigung der Vorteilsannahme im Sinne der beamtenrechtlichen Vorschriften
nicht die Rede sein.
225
Soweit der Angeklagte zuletzt meint, er sei davon ausgegangen, dass
Genehmigungen vorgelegen hätten, so liegt nach Auffassung des Gerichts schon
objektiv kein Irrtum vor. Der Angeklagte war jahrelang kommunaler Spitzenbeamter
und als Kämmerer unmittelbar mit entsprechenden Vorgängen befasst. Der
Angeklagte kennt daher die verschiedenen Genehmigungen und ihre
Voraussetzungen. Dass der Angeklagte glaubt, der Bürgermeister genehmige
durch seine bloße Anwesenheit und durch den Hinweis, ein Vertreter der Stadt G
sollte anwesend sein, einen Vorteil, vermag das Gericht nicht ernsthaft in
Erwägung zu ziehen. Wer aber insoweit die rechtlichen Grenzen einer
Genehmigung verkennt, unterliegt einem Verbotsirrtum und nicht etwa einem
Erlaubnistatbestandsirrtum (OLG L, NStZ 2002, 35). Ein solcher Verbotsirrtum aber
wäre für den Angeklagten bei Anstrengung seines Gewissens und bei
226
Berücksichtigung seiner besonderen Stellung und seiner im Rahmen seiner
beruflichen Stellung als Beigeordneter üblicherweise bestehenden
Sorgfaltspflichten ohne weiteres vermeidbar gewesen. Gleiches gilt für die von dem
Angeklagten in Bezug genommene vermeintliche Genehmigung durch die
Aussage des Bürgermeisters, ein Vertreter der Stadt G sollte bei der Fahrt
anwesend sein.
Der Angeklagte hat sich daher durch die Teilnahme an den Fahrten nach Brügge
und Norwegen, die von der S4 AG bzw. der U GmbH finanziert wurden, wegen
Vorteilsannahme strafbar gemacht. Die beiden Fahrten, welche mit einer zeitlichen
Zäsur erfolgten und jeweils durch verschiedene Vorlieferanten finanziert wurden,
stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit im Sinne des § 53 StGB, so dass
sich der Angeklagte wegen Vorteilsannahme in zwei Fällen strafbar gemacht hat.
227
VI.
228
Bei der Strafzumessung war vom Strafrahmen des § 331 Abs. 1 StGB auszugehen,
der Freiheitsstrafe von einem Monat bis zu 3 Jahren oder Geldstrafe von 5 bis 360
Tagessätzen vorsieht. Für den Angeklagten sprach, dass sich dieser bisher straffrei
geführt hat und insoweit das Pensionsalter ohne strafrechtlich relevante
Zwischenfälle erreichte. In seiner langjährigen Zeit als kommunaler Wahlbeamter galt
der Angeklagte zudem als untadeliger Beamter, der im Kollegenkreis anerkannt war.
Der Angeklagte ist Familienvater, sozial gefestigt und integriert. Eine über den
familiären Kreis hinaus gehende soziale Integration des Angeklagten kann jedoch
nicht zu seinen Gunsten strafmildernd berücksichtigt werden, da gerade diese soziale
Integration Voraussetzung war, um überhaupt die Gelegenheit zu einer
Vorteilsannahme zu erhalten. Nur wer sich in sozialen Gefügen bewegt, in denen
entsprechende Klimapflege üblich und lohneswert ist, kommt überhaupt in den
Genuss der Vorteile solcher Klimapflege.
229
Strafmildernd war allerdings die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen; die erste
Tat war bereits im Jahr 2003 vollendet. Darüber hinaus war strafmildernd zu
berücksichtigen, dass der Angeklagte durch das Verfahren erheblichem öffentlichem
Interesse ausgesetzt war, welches auch die Familie des Angeklagten belastete.
Schließlich war zu berücksichtigen, dass die Teilnahme an den Reisen zwar
eindeutig nicht in den Bereich sozialadäquaten Verhaltens fiel, allerdings derartige
Einladungen in den beteiligten Kreisen Gang und Gäbe waren. Insofern wurde es
dem Angeklagten zum einen leicht gemacht, zum anderen befand sich der
Angeklagte während der Tat in Gesellschaft kommunaler Spitzenbeamter und
Ratsherren. Die spezialpräventiv strafmildernden Aspekte flächendeckender
Einladungspraxis sind jedoch insoweit zu relativieren, als seit den Änderungen des §
331 StGB durch das Korruptionsbekämpfungsgesetz im Jahre 1997 die Bekämpfung
der Unlauterkeit des öffentlichen Dienstes verstärkt in den Fokus der
Ermittlungsbehörden geraten ist. Der Bundesgerichtshof hatte bereits vor den hier
gegenständlichen Reisen eine Reihe von Verfahren zu entscheiden. Gerade im Jahre
2002 war bisher mit 1683 Verfahren im Bereich der Korruptionsdelikte ein Höhepunkt
erreicht (Müko-Korte, Band 4, 2006, § 331 Rn. 15). Zugleich fanden die anhängigen
Korruptionsverfahren auch ein erhebliches Medienecho, so dass spätestens seit dem
Jahre 2002 Anlass bestanden hätte, bestimmte Praktiken zu überdenken. Gerade die
betroffenen Kreise hätten durch die zunehmende Berichterstattung und Verfolgung
früher ignorierter Verhaltensweisen sensibilisiert sein müssen.
230
Schließlich spricht für den Angeklagten, dass die Reisen zwar nicht fachlich indiziert
allerdings auch nicht fachlich völlig nutzlos waren, so dass etwa Themen wie
"unbundling" auch im Anschluss an die Reisen noch Thema in den Sitzungen des
Aufsichtsrates waren. Zwar hätte eine Fortbildung in diesem Bereichen auch in L und
ohne Finanzierung durch Vorlieferanten erfolgen können, jedoch fanden die Themen
Niederschlag in nachfolgenden Veranstaltungen der S.
231
Gegen den Angeklagten sprach, dass der zugewandte Vorteil nicht gering war, also
die Grenze der Sozialadäquanz nicht nur knapp, sondern deutlich überschritten war.
Dass die Grenze der Sozialadäquanz überhaupt überschritten ist, ist zwar eine Frage
der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes. Sofern diese Grenze aber
besonders deutlich überschritten ist, kann dies zu Lasten des Angeklagten in die
Strafzumessung eingebunden werden. Schließlich spricht gegen den Angeklagten,
dass die Erfahrung der Käuflichkeit im Falle des Angeklagten, einen erheblichen
Verstoß darstellt, da ein großer Personenkreis hiervon "unmittelbar" betroffen ist.
Zwar ist die Unrechtsvereinbarung teil des Tatbestandes und die Lauterkeit des
öffentlichen Dienstes Schutzgut des § 331 StGB. Vorliegend ist durch das Verhalten
des Angeklagten aber ein besonders empfindlicher Verstoß gegen das Gebot der
Lauterkeit erfolgt. Der Angeklagte sollte als Vertreter der Stadt G die Interessen der
Stadt und damit auch die Interessen der Bürgerinnen und Bürger der Stadt G im
Rahmen der Daseinsvorsorge wahrnehmen. Die Erfahrung der Käuflichkeit führt aber
bei den Bürgern zu dem Eindruck, dass steigende Preise nicht auf objektiven
Begebenheiten beruhen, sondern Ergebnis luxuriöser Fahrten ihrer
Interessenvertreter sind. Hiervon ist ein erheblicher Personenkreis betroffen, so dass
hier die Unrechtsvereinbarung über die Erfüllung des Tatbestandes hinaus
besonders deutlich ist.
232
Nach Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält
das Gericht für die Brügge-Fahrt eine
233
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je ####2,- €
234
für tat- und schuldangemessen. Dabei war für die Brügge-Fahrt zu berücksichtigen,
dass die Fahrt deutlich mehr vergnügliche Aspekte aufwies als etwa die Norwegen-
Reise und zudem die Ehepartner an dieser Reise teilnahmen.
235
Unter Abwägung der für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände hält
das Gericht auch für die Norwegen-Reise eine
236
Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je ####2,- €
237
für tat- und schuldangemessen. Bei der Norwegen-Reise war insbesondere zu
berücksichtigen, dass diese im Vergleich zur Brügge-Reise mit ca. 2600,- € pro
Person für die einzelnen Reisenden erheblich höhere individuelle Kosten
verursachte.
238
Aus den genannten Einzelstrafen war gemäß § 54 StGB unter erneuter Würdigung
der Person des Angeklagten und der einzelnen Straftaten eine Gesamtgeldstrafe zu
bilden. Für den Angeklagten spricht in diesem Zusammenhang seine straffreie
Lebensführung. Zudem war hier zu berücksichtigen, dass die beiden Fälle der
239
Vorteilsannahme auf einer allgemeinen Einladungspraxis beruhten, die nicht nur der
Angeklagte sondern eine Vielzahl von Personen in Anspruch nahm. Das Gericht
erachtet daher nach nochmaliger Abwägung aller für und gegen den Angeklagten
sprechenden Umstände eine
Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen zu je ####2,- €
240
für tat- und schuldangemessen.
241
Bei der Tagessatzhöhe war vom Nettoeinkommen des Angeklagten auszugehen und
zu berücksichtigen, dass die Ehefrau des Angeklagten Hausfrau ohne eigenes
Einkommen ist. Zudem war zu berücksichtigen, dass der Angeklagte seinen Sohn
finanziell unterstützt.
242
VII.
243
Im Hinblick auf die erlangten Vorteile war gemäß § 73 StGB der Verfall anzuordnen.
Gemäß § 73 StGB ist im Hinblick auf das, was der Täter aus der Tat erlangt hat, der
Verfall anzuordnen, wobei nach dem Bruttoprinzip vorzugehen ist. Der Angeklagte
hat vorliegend aus der Tat die Reisen als Vorteile erlangt beziehungsweise die
hierfür ersparten Aufwendungen. Zwar ist die Anordnung des Verfalls dann
ausgeschlossen, wenn der Dienstherr des Angeklagten Verletzter im Sinne des § 73
Abs. 1 Satz 2 StGB ist. Dies kann auch der Fall sein, wenn dem Dienstherren ein
Ersatzanspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 678 Abs. 2, 681, 667 BGB
zusteht. Solche Ansprüche kompensieren das Interesse des Geschäftsherren und
unterfallen daher der Vorrangbestimmung des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB (BGH 5 StR
323/06). Aufgrund der formellen Beamtenstellung des Angeklagten war ein
Ersatzanspruch jedoch nicht gegeben. Die Ausschlussregelung des § 73 Abs. 1 Satz
2 StGB steht einer Verfallsanordnung deshalb nicht entgegen, weil der Dienstherr bei
der Bestechung eines Beamten nicht Verletzter i.S. dieser Vorschrift ist. Verletzter
nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB kann nur derjenige sein, dessen Individualinteressen
durch das vom Täter übertretene Strafgesetz geschützt werden sollen. Schutzgut der
§§ 331, 332 StGB ist aber nicht das Vermögensinteresse der
Anstellungskörperschaft, sondern das Vertrauen der Allgemeinheit in die Lauterkeit
des öffentlichen Dienstes (BGH NStZ 2000, 589, 590). Die erlangten Vorteile sind
daher herauszugeben. Dies ist jedoch aufgrund der Beschaffenheit des Erlangten nur
insoweit möglich, als Verfall von Wertersatz im Sinne des § 73a StGB anzuordnen
war. Die Reisen als solche können ebenso wenig wie die ersparten Aufwendungen
unmittelbar Gegenstand des Verfalls sein. Daher hat der Angeklagte den Wert der
Reisen herauszugeben, wobei der Wert der Reisen durch das Gericht geschätzt
werden kann, § 73b StGB.
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Bei der Brügge-Reise fielen Kosten in Höhe von ca. 600,- € pro Person an. Der
Angeklagte hat insoweit einen Vorteil für sich als auch für seine Ehefrau
entgegengenommen, so dass insgesamt von einem Vorteil in von ca. 1.200,- €
auszugehen ist. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass der Nachlass in Höhe von
20.000,- € gewährt wurde. Bei einer Teilnehmerzahl von 37 bedeutet dies einen Wert
der Reise als Zuwendung in Höhe von ca. 540,- € pro Person. Unter
Berücksichtigung gewisser Unwägbarkeiten (wie etwa Zugriff auf die Minibar und
anderen Umständen) kann von einem Reisewert in Höhe von 1.000,- € für den
Angeklagten und seine Ehefrau ausgegangen werden, der insoweit dem Verfall von
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Wertersatz unterliegt.
Für die Norwegen-Reise ist von einem Reisewert in Höhe von 2.600,- € pro Person
auszugehen. Die Reise verursachte Gesamtkosten von 39.000,- € bei 15
Teilnehmern. Diese Summe hält sich auch im Rahmen der Kostenfreigabe, die bei
50.000,- € lag. Aus den Unterlagen von U geht hervor, dass die Reise ohne den
Helikopterflug ca. 1.500,- € pro Person kostete. Da ein Helikopterflug aber nicht
kostenneutral zu erlangen ist, war dieser ebenfalls in die Schätzung einzubeziehen.
Als Schätzgrundlage konnte insoweit auf vergleichbare durch U organisierte Reisen
zurückgegriffen werden, bei denen der Helikopterflug jeweils ca. 16.700,- € kostete,
was bei 15 Teilnehmern zu einem Personenpreis von ca. 1.####2,- € führt. Insgesamt
war für die Norwegen-Reise von einem Wertvorteil in Höhe von ca. 2.600,- €
auszugehen, der dem Verfall von Wertersatz unterliegt.
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Insgesamt unterliegt daher ein Betrag in Höhe von 3.600,- € dem Verfall von
Wertersatz gemäß § 73a StGB. Nicht in die Kostenschätzung eingestellt wurde dabei,
dass dem Angeklagten und der S durch die Organisation durch Ruhgas und U
Organisationskosten erspart blieben.
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VIII.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.
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