Urteil des AG Brandenburg vom 06.08.2008

AG Brandenburg: grundeigentum, grundsatz der freien beweiswürdigung, bestrittene forderung, hauswart, betriebskosten, abrechnung, vermieter, kontrolle, firma, mietvertrag

1
2
3
4
5
Gericht:
AG Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
31 C 210/09
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 556 Abs 1 S 3 BGB
Wohnraummiete: Anforderungen an die formelle
Ordnungsmäßigkeit einer Betriebskostenabrechnung und
Erläuterungsbedarf; Abgrenzung zwischen umlagefähigen und
nicht umlagefähigen Hauswartskosten und Herausrechnung
nicht umlagefähiger Kosten aus den Personalkosten
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12,64 Euro nebst 5 Prozentpunkte
Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 06.08.2008 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Eines Tatbestandes bedarf es in dieser Sache , da ein Rechtsmittel gegen dieses
Urteil unzweifelhaft zulässig ist (§ 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. § 495a ZPO
unter Beachtung von § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), die Rechtssache grundsätzliche
Bedeutung hat sowie die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und zudem die
Partei durch das Urteil mit mehr als 600,00 Euro beschwert ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet. Der Klägerin steht gegenüber der
Beklagten hier noch ein Anspruch auf Zahlung der offenen Betriebskosten aus der
Betriebskostenabrechnung vom 17.04.2008 für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2007
in Höhe von 12,64 Euro zu (§§ 535 Abs. 2 und §§ 556 f. BGB in Verbindung mit dem
Mietvertrag der Prozessparteien unter Beachtung von §§ 286 und 287 ZPO).
Ansprüche eines Vermieters auf Nachzahlung von Neben-/Betriebs-/Heizkosten werden
mit der Erteilung einer ordnungsgemäßen Abrechnung fällig, die eine zweckmäßige und
übersichtliche Aufgliederung in Abrechnungsposten enthält und den Mieter in die Lage
versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen. Die Fälligkeit einer Nachzahlung
setzt somit den fristgerechten Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung
die hier durch die Klägerseite an die Beklagte übersandte Betriebskostenabrechnung
vom 17.04.2008 - Anlage K 1 (Blatt 22 bis 25 der Akte) – aber nach Überzeugung des
Gerichts.
Als Mindestangaben in einer Betriebskostenabrechnung sind insoweit nämlich nur
erforderlich eine geordnete Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und
Erläuterung des Verteilungsschlüssels, die - nachvollziehbare und verständliche -
Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der Vorauszahlungen des Mieters.
Formell ordnungsgemäß ist eine Betriebskostenabrechnung somit bereits dann, wenn
sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete
Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Soweit keine besonderen
Abreden getroffen sind, sind in der Betriebskostenabrechnung dementsprechend auch
nur regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen:
- eine Zusammenstellung der Gesamtkosten,
6
7
8
9
10
11
12
- die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel,
- die Berechnung des Anteils des Mieters und
- der Abzug der Vorauszahlungen des Mieters
).
Ob und in welchem Umfang bereits die formelle Ordnungsmäßigkeit einer
Betriebskostenabrechnung eine Erläuterung erfordert, war bis zur Entscheidung des
) teilweise in der Rechtsprechung und im
Schrifttum noch umstritten. Der Bundesgerichtshof vertritt insofern seit dieser
Entscheidung vom 28.05.2008 jedoch nunmehr die Auffassung, dass, soweit der Senat
in der Vergangenheit einen zur formellen Ordnungsmäßigkeit einer
Betriebskostenabrechnung gehörenden Erläuterungsbedarf angenommen hat, es dabei
vor allem um Fallgestaltungen gegangen sei, bei denen entweder der Verteilerschlüssel
) oder bei denen vor Anwendung des Verteilerschlüssels die über ihn zu
verteilenden Gesamtkosten noch durch einen internen Rechenschritt um nicht
umlagefähige Kosten zu bereinigen waren, ohne dass dieser Rechenschritt offen gelegt
war und durch eine dadurch hergestellte Transparenz vom Mieter nachvollzogen werden
). Nur in diesen Fällen sei der Mieter also allein schon mangels Verständlichkeit des
Schlüssels oder Kenntnis der internen Rechenschritte, durch die die Gesamtkosten
außerhalb der dann erteilten Abrechnung vorab bereinigt worden sind, außerstande
gewesen, die getätigte Abrechnung aus sich heraus gedanklich und rechnerisch
). Ob die Klägerin als Vermieterin im vorliegenden Falle
einen Abzug wegen anteiliger Instandhaltungs- und/oder Verwaltungstätigkeiten des
Hauswarts/Hausmeisters hätte vornehmen müssen, betrifft somit hier nur die inhaltliche
Richtigkeit der Kostenumlegung, ist also nur eine Frage der materiellen Begründetheit (
Ordnungsmäßigkeit der Betriebskostenabrechnung.
Nach dem -Mietvertrag der Parteien sind die Kosten des Hausmeisters und
die Reinigungskosten sowie die Kosten der Straßenreinigung und Gartenpflege unstreitig
), soweit diese Kosten nicht ggf. zu anderen Betriebskostenarten gemäß § 2
).
Zu den insofern umlagefähigen Kosten für den Hauswart/Hausmeister gehören somit die
Vergütung, die Sozialbeiträge und alle geldwerten (z. B. also auch die Kosten einer
unentgeltlich oder zu einer geringeren Miete überlassenen Hausmeisterwohnung)
) bei einem -
13
14
15
16
17
18
) bei einem -
Mietvertrag die , , , ,
§ 2 Nr. 14 Halbsatz 1 der Betriebskostenverordnung).
einzelne Kostenbestandteile bezüglich seiner Arbeit auch in den Bereichen der
Instandhaltung, der Instandsetzung, der Erneuerung, der Reparatur, der
Schönheitsreparaturen oder der Haus-Verwaltung bzw. der Überwachung von
Reparaturfremdleistungen begründet sind, erfordert dies dann auch bei einer
ordnungsgemäßen Betriebskostenabrechnung die Angabe der Gesamtkosten der
die Organisation und die Bestellung von Lieferungen sowie die Ausführung von
), die Durchführung einer Zählerstand-Ablesungen (
), Kontaktpflege mit
Nicht anrechenbar sind auch so genannte gemischte Kosten, die Kostenteile enthalten,
die nicht zu den Betriebskosten gehören - wie z. B. Kosten der Verwaltung und der
Instandhaltung sowie der Instandsetzung und der Überwachung von
Reparaturfremdleistungen -, sie Teil der abgerechneten Hausmeistertätigkeit sind.
Um welchen Anteil die Gesamtkosten bei der Position "Hausmeister" dann bereinigt
werden, muss der Vermieter in der Betriebskostenabrechnung aber nur dann darstellen,
wenn derartig Kosten hinsichtlich der Kosten des Hausmeisters/Hauswarts
).
Die Kosten für die Überprüfung der Elektroanlagen, Gasgeräte und
brandschutztechnischer Einrichtungen sind insofern auch unter "Hauswartkosten"
).
Der Vermieter muss aus diesem Grunde die Personalkosten der umlagefähigen
Hauswartstätigkeit einerseits und die nicht umlagefähigen Verwaltungs-,
Instandhaltungs- und Instandsetzungspersonalkosten sowie Reparaturkosten
andererseits nachvollziehbar in einer Betriebskostenabrechnung einzeln aufschlüsseln,
wenn derartige, nicht umlagefähige Kosten auch tatsächlich Bestandteil der
"Hausmeisterkosten" sind, so dass in einem solchen Fall die nicht umlagefähigen Kosten
Die Darlegungs- und Beweislast trifft nach einhelliger Ansicht insofern auch die
18
19
20
21
22
Die Darlegungs- und Beweislast trifft nach einhelliger Ansicht insofern auch die
bilden nämlich auch dann Ausnahme von der Regel, weil die Tätigkeit des
Hauswarts von den vertraglichen Vereinbarungen und ihrer Handhabung im Einzelfall
abhängt. Entscheidend ist somit der tatsächliche Zeitaufwand des
). Die Leistungsbeschreibung im Vertrag des Vermieters mit dem
Hauswart ist insoweit auch nur ein Indiz für den Umfang der umlagefähigen und der nicht
).
Bei einem pauschalen Vorbringen der Vermieterseite darf sich die Mieterseite zudem
). Es kommt auch darauf an, ob das Bestreiten der Mieterseite
deshalb als unzureichend (§ 138 Abs. 2 ZPO) qualifiziert werden könnte, weil die
Beklagten-/Mieterseite ggf. nicht von ihrem Recht Gebrauch gemacht hat, Einsicht in
etwaige Abrechnungsbelege - wie Arbeitszettel, Stundenachweise oder Ähnliches - zu
Hauswarts/Hausmeisters entbindet die Klägerin als Vermieterin zudem auch von
).
Tätigkeiten des Hauswarts/Hausmeisters, wie die Annahme von Lieferungen vor Ort, die
Weiterleitungen von unmittelbaren Reparaturmeldungen der Mieter, Benachrichtigungen
von Störungen und sonstigen Unregelmäßigkeiten, sind aber typische
Hauswarttätigkeiten und betreffen Verwaltungs- und Instandsetzungsaufgaben (
). Auch Maßnahmen zur Einhaltung der Sicherheit und
), die Kontrolle und Zugänglichkeit von Rettungs- und Fluchtwegen, die
Kontrolle der Funktionsfähigkeit von Abflüssen und Druckleitungen im Keller und auf dem
Grundstück sowie die Kontrolle der Beleuchtung der Gemeinschaftsflächen und
Treppenhäuser, die Kontrolle des ordnungsgemäßen Zustandes der haustechnischen
auf Verschlechterung ihres Zustandes, die Pflege des Betriebsraumes der
Heizungsanlage nebst Überwachung und auch die Überwachung des Müllplatzes (
Betriebskostenabrechnung aber durchaus anrechenbare Tätigkeiten eines
).
Wenn nach dem Hauswart-/Hausmeisterdienstvertrag und auch nach den tatsächlich
erbrachten Dienstleistungen im Übrigen nur in einem sehr sehr geringem Umfang
Verwaltungs- oder Instandhaltungsaufgaben wahrzunehmen und wahrgenommen
worden sind, dass diese neben den regelmäßig vorzunehmenden Reinigungs- und
Hauswart- sowie Pflegearbeiten überhaupt nicht ins Gewicht fallen, wäre ein Abzug ggf.
).
Die Klägerin hat hier aber als Vermieterin nach dem Bestreiten durch die Beklagte die
jeweiligen Tätigkeiten des hiesigen Hauswarts/Hausmeisters ausreichend konkretisiert
und auch unter Beweis gestellt. Entsprechend dem Vortrag der Prozessparteien und
dem Ergebnis der Beweisaufnahme enthalten hier die Kosten für den
Hauswart/Hausmeister insofern aber Kostenteile, die - wie z. B. die Kosten der
23
24
25
Hauswart/Hausmeister insofern aber Kostenteile, die - wie z. B. die Kosten der
Instandhaltung und Instandsetzung sowie der Verwaltungstätigkeit - nicht zu den
Betriebskosten gehören, so dass die hier von der Klägerin als Vermieterin noch geltend
gemachten und von der Beklagten als Mieterin bestrittenen "Hausmeisterkosten" auch
in voller Höhe umlagefähig.
Der von der Klägerseite hierfür benannte Zeuge I… H… hat nämlich subjektiv aus seiner
Sicht widerspruchsfrei und konstant - insbesondere in Bezug auf das Kerngeschehen -,
im freien Bericht, homogen, in logischer Konsistenz, quantitativ detailreich und
individuell, jedoch auch unter Einräumung von unverstandenen Handlungen sowie
gewissen Erinnerungslücken und Unsicherheiten sowie Schilderungen von
nebensächlichen und ungewöhnliche bzw. überflüssigen Details, mit gewissen
Gedankensprüngen in ungeordneter Erzählweise mit spontanen Verbesserungen, unter
Verknüpfung von räumlichen und zeitlichen Bedingungen mit Querverbindungen zu
ähnlichen Vorgängen sowie dem Bericht von Handlungen als Wechselwirkung und der
Schilderung eigener und fremder psychischer Vorgängen sowie inhaltlichen
Verflechtungen unter Berücksichtigung seiner allgemeinen und sprachlichen
intellektuellen Leistungsfähigkeit und seiner Kenntnisse in Bezug auf diesen Bereich
auch unter Beachtung von etwaigen Motivationen erlebnisbezogen sowie sachgerecht,
ohne Neigung zu einer Dramatisierung, frei von inneren Widersprüchen und insoweit für
das erkennende Gericht - ohne dass dabei eine "Mathematisierung" der
) ausgesagt, dass ein separater Teil der Aufträge, die ihm von der Klägerseite
erteilt wurden, unter anderem auch die Hauswartstätigkeit sei, diese jedoch nur die
Überprüfung der technischen Anlagen, die sich in dem Haus befinden, beinhalten würde
(d. h. die Überprüfung der Heizung und der Beleuchtung sowie des Wasserfilters) und
den Winterdienst (das heißt, die Beräumung von Schnee und die Abstumpfung) sowie
das Herausstellen und wieder Hereinstellen der Mülltonnen. Auch sagte er glaubhaft aus,
dass die Wasseruhren von speziellen Ablesediensten abgelesen werden und seine Firma
dann nur die Türen aufschließt, damit der jeweilige Mitarbeiter des Ablesedienstes in den
Raum hinein kommt, er aber selbst bzw. meine Firma diesen Ablesedienst nicht
ausführen. Wenn im Übrigen eine Wohnung aufgegeben werde, wird die
Wohnungsabnahme durch einen Makler ausgeführt und nicht durch ihn.
Zwar gelten für das erkennende Gericht hinsichtlich der Glaubhaftigkeit dieser Aussage
nicht die strikten methodischen Vorgaben, die für den aussagepsychologischen
Sachverständigen und seine hypothesengeleitete Begutachtung als Standard gelten,
). Mitbestimmend hierfür sind indes
auch die in der Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Anforderungen, dass
insbesondere die Beweiswürdigung auch insoweit je nach der Beweislage erschöpfend zu
sein hat, so dass sie nicht den anerkannten Erfahrungssätzen der Aussagepsychologie
widerstreiten darf. Entsprechend diesen Rechtsgrundsätzen hat das Gericht hier aber
den persönlichen Eindruck gewonnen, dass der Zeuge I. H. über ein unmittelbar erlebtes
Geschehen berichtet hat. So wie dieser Zeuge anlässlich seiner Vernehmung wirkte, hält
das Gericht es für nahezu ausgeschlossen, dass sich der Zeuge die von ihm bekundeten
Tatsachen und Umstände nur zu Gunsten der Klägerin ausgedacht und/oder die
Unwahrheit gesagt hat. Seine Aussage war in sich schlüssig und nachvollziehbar und
entspricht auch im Wesentlichen der von der Klägerin eingereichten Abrechnung der
Firma des Zeugen. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände genügt diese Aussage
des Zeugen dementsprechend, um das Gericht von der Wahrheit der Behauptung der
Klägerin zu überzeugen. Eines Abzugs von den Gesamtkosten "Hausmeister inkl.
Reinigung" bedurfte es danach hier .
Da somit die Klägerseite ihre - zwar bestrittene - Forderung hier hinreichend dargelegt (§
138 Abs. 1 ZPO) und zudem auch bewiesen (§ 286 ZPO) hat, kann das Gericht den
), so dass die insofern hier noch geltend gemachte Betriebskosten
"Hausmeister" auch in vollem Umfang begründet sind, zumal das Gericht auch deren
Höhe hier unter Berücksichtigung der ausgeführten Tätigkeiten (Treppenhausreinigung
inkl. Keller, Hofreinigung, Bereitstellung der Mülltonnen, Hauswarttätigkeit und
Winterdienst) auch für angemessen hält (§ 287 ZPO; vgl. hierzu auch:
26
27
).
Der Klägerin steht daher als Vermieterin gegenüber der Beklagten hier nach wie vor
noch ein Anspruch auf Zahlung der noch offenen Betriebskosten für das Jahr 2007 in
Höhe von insgesamt 12,64 Euro zu.
Die Verurteilung hinsichtlich der Zinsen hat in den §§ 247, 286, 288 und daneben auch in
§ 291 BGB ihre Grundlage. Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf § 91 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 und
713 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum