Urteil des AG Borken vom 09.09.2002

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Amtsgericht Borken, 15 C 282/02
Datum:
09.09.2002
Gericht:
Amtsgericht Borken
Spruchkörper:
15. Abteilung für Zivilsachen
Entscheidungsart:
Anerkenntnisurteil
Aktenzeichen:
15 C 282/02
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 474,47 EUR nebst Zinsen in
Höhe von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.03.2002
zu zahlen abzüglich am 15.08.2002 gezahlter 474,74 EUR.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 b Abs. 1 ZPO abgesehen.
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Entscheidungsgründe:
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Soweit die Beklagte den mit Schriftsatz des Klägers vom 26.08.2002 geltend gemachten
Anspruch anerkannt hat, waren der Beklagten gemäß § 91 Abs.1 Satz 1 ZPO die Kosten
des Rechtsstreits aufzuerlegen.
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Da die Beklagte zunächst Verteidigungsbereitschaft angezeigt und Abweisung der
Klage beantragt hat, fehlt es an einem sofortigen Anerkenntnis, so dass eine
anderweitige Kostenentscheidung über § 93 ZPO nicht in Betracht kam.
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Soweit die Parteien den Rechtsstreit nach Ausgleich der Hauptforderung durch die
Beklagte übereinstimmend für erledigt erklärt haben, hatte das Gericht gemäß § 91 a
ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und
Streitstandes über die Kosten des Rechtsstreits zu entscheiden. Diese
Billigkeitsentscheidung führte ebenfalls zur Kostenlast der Beklagten.
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Der Kläger hätte in diesem Rechtsstreit obsiegt. Ihm stand gegen die Beklagte gemäß §
812 Abs.1 Satz 1, 1. Alt. BGB ein Anspruch auf Rückzahlung des aufgrund der
Vereinbarung vom 30.08.2001 entrichteten Honorars i. H. v. 474,47 EUR zu.
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Der Kläger hat den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag über die Vermittlung
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einer Schuldenregulierung widerrufen. Ein Widerrufsrecht stand dem Kläger gemäß §
361 a BGB zu, da das Zustandekommen des Vertrages als Haustürgeschäft zu werten
ist. Der Kläger ist von einem Mitarbeiter der Beklagten in dessen Wohnung aufgesucht
worden, woraufhin es zum Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarung
gekommen ist.
Dass der Kläger die zweiwöchige Widerrufsfrist nicht eingehalten hat, ist unschädlich.
Da es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung i. S. d. § 361 a Abs.1 Satz 3 und
4 BGB fehlt, ist die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt worden. Die Widerrufsbelehrung
ist deshalb mangelhaft, weil sie nicht i. S. v. § 361 a Abs.1 Satz 3 BGB deutlich
ausgestaltet ist. Vor der letzten Unterschriftszeile der Honorarvereinbarung sind zwei
Absätze aufgeführt, die sich einerseits mit dem Inhalt der Vereinbarung sowie der
Bestätigung des Erhalts einer Durchschrift der Vertrages und andererseits mit der
Möglichkeit des Widerrufs befassen. Diese Vermischung von Widerrufsbelehrung mit
anderen formellen und inhaltlichen Erklärungen führt dazu, dass die
Widerrufsmöglichkeit dem Kunden nicht hinreichend verdeutlicht wird und damit die
Aussagekraft der Belehrung leidet. Dieser Umstand wird noch dadurch verstärkt, dass
die Widerrufsbelehrung drucktechnisch in keiner Weise hervorgehoben ist. Die bloße
Absetzung der Widerrufsbelehrung vom weiteren Text ist nicht ausreichend.
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Schließlich ist die Widerrufsbelehrung auch deshalb zu beanstanden, weil diese von
dem Kläger nicht – wie in § 316 a Abs.1 Satz 4 BGB vorgesehen – gesondert
unterschrieben worden ist. Die Unterschrift des Kunden muss sich ausschließlich auf
die Widerrufsbelehrung beziehen. Entsteht aus dem Gesamtbild des Vertragsformulars
der Eindruck, die Unterschrift könne sich zusätzlich auf andere Teile des Vertrages
erstrecken, führt dies zur Unwirksamkeit der Belehrung. So liegt der Fall hier, da sich die
letzte Unterschrift des Kunden nicht allein auf die Widerrufsbelehrung bezieht, sondern
damit zugleich bestätigt wird, eine Durchschrift der Honorarvereinbarung erhalten zu
haben sowie über alle Richtlinien einer Schuldenregulierung informiert worden zu sein.
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Wegen wirksamen Widerrufs der Honorarvereinbarung konnte die Beklagte das bereits
erhaltene Entgelt nicht für sich beanspruchen. Ohne Erledigung des Rechtsstreits in der
Hauptsache hätte der Klage stattgegeben werden müssen, was die getroffene
Kostenentscheidung rechtfertigt.
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Das Gericht sah sich nicht veranlasst, aufgrund der Ausführungen der Beklagten in dem
Schriftsatz vom 14.08.2002 dem Kläger aus Billigkeitsgründen die Kosten des
Rechtsstreits aufzuerlegen. Die Berufung auf dem Verbraucherschutz dienende
Vorschriften sowie die damit in Zusammenhang stehende Rechtsprechung kann nicht
rechtsmissbräuchlich sein. Dass der Kläger die Dienstleistung der Beklagten in
Anspruch genommen, hat die Beklagte weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis
gestellt.
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Nach alledem waren der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.
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