Urteil des AG Bonn vom 25.06.2008

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Amtsgericht Bonn, 11 C 603/07
Datum:
25.06.2008
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
11. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 C 603/07
Schlagworte:
Reisevermittlung
Normen:
HGB § 87a Abs. 3
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Rechtskraft:
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.225,48 EUR nebst Zinsen
in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
22.09.2007 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
TATBESTAND:
1
Die Klägerin betreibt ein Reisebüro, das Reisen für die Beklagte vermittelt. Hierfür erhält
die Klägerin eine Provision in Höhe von 10 Prozent des jeweiligen Reisepreises und
eine Umsatzsteuererstattung. Die Klägerin vermittelte der Beklagten eine Reise mit dem
Kreuzfahrtschiff MS B w I für den Reisezeitraum 28.07.2007 bis 13.08.2007 für Herrn C
X.
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Die Beklagte zahlte die hierdurch angefallene Provision zunächst, vgl. Abrechnung vom
01.08.2007, Blatt 16 der Akte. Am 03.08.2007 buchte die Beklagte die Provision dann
wieder zurück, da die Reise abgesagt wurde, vgl. Abrechnung vom 03.08.2007, Blatt 17
d.A.
3
Hintergrund des Reiseausfalls war ein technischer Defekt der B w I in der Nacht des
27.07.2007. Auf dem Weg von I nach L, wo am 28.7.2007 die Einschiffung zu der hier
streitgegenständlichen Reise erfolgen sollte, wurde ein Defekt an der
Steuerbordschwanzwelle festgestellt. Aus diesem Grund fuhr die B w I zurück nach I, wo
sie in eine Werft kam und der Schaden beseitigt wurde.
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Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei für den Ausfall der Reise verantwortlich.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.225,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 22.09.2007 zu zahlen.
7
Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
9
Die Beklagte ist der Ansicht, für den Ausfall der Reise nicht verantwortlich zu sein. Sie
behauptet, das Schiff sei vor dem Auslaufen aus I überprüft worden. Die aufgetretenen
Schäden an der Steuerbordwelle seien für sie nicht vorhersehbar gewesen und
gehörten deshalb nicht zu den ihr zurechenbaren Risiken.
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Unstreitig befand das Schiff sich vor dem Auslaufen auf der Werft, um Schäden zu
beseitigen, die an der B w I im Zusammenhang mit der Rettung von schiffbrüchigen
Seglern am 27./28.06.2007 entstanden waren. Die Beklagte behauptet, im Zuge dieser
Reparatur seien weitere Kontrollen, Reparaturen und Überholungsarbeiten durchgeführt
worden. Sie legt hierzu diverse Reparaturberichte als Anlagen vor. Auf den Inhalt der
Anlagen 3 bis 10 zur Klageschrift (Blätter 36 – 51 der Akte) wird Bezug genommen.
11
Die Beklagte behauptet, es sei genau das später defekte Schwanzwellenlager
untersucht worden. Dies ergebe sich aus Seite 1 der Anlage 3 zur Klageschrift. Auch auf
den Inhalt dieser Anlage wird Bezug genommen (Blatt 36 d.A.).
12
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze
einschließlich Anlagen und das Sitzungsprotokoll vom 14.05.2008 verwiesen.
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ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
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Die zulässige Klage ist voll umfänglich begründet.
15
Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung von 1.225,48 EUR gegen die Beklagte
aus § 87a Abs. 3, 1 HGB. Die Klägerin ist Handelsvertreterin, die für die Beklagte ein
Geschäft vermittelt hat. Die Beklagte hat das vermittelte Geschäft nicht ausgeführt, da
sie die Reise mit der B w I vom 28.07.2007 bis 13.08.2007 abgesagt hat.
16
Der Anspruch der Klägerin entfällt nicht nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB. Die Beklagte
führte das vermittelte Geschäft nicht aus. Ihr ist es aber nicht gelungen, darzulegen und
zu beweisen, dass die Nichtausführung der Reise auf Umständen beruht, die sie nicht
zu vertreten hat.
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Nach § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB muss die Beklagte nachweisen, dass sie kein
Verschulden an der Nichtausführung der Reise trifft, und dass sich in dem Ausfall kein
ihr zurechenbares Risiko realisiert hat. Im Allgemeinen kommt Nichtvertretenmüssen
i.d.S. nur in Betracht bei Umständen, die auf Zufall oder höherer Gewalt beruhen oder
aus der Sphäre des Kunden stammen (Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 87 a)
Rn. 23).
18
Die Beklagte sagte die Reise aufgrund eines technischen Defekts und damit aufgrund
eines Umstandes aus ihrer Sphäre ab. Die Beklagte hat nicht substantiiert vorgetragen,
dass die eingetretene Beschädigung ihre Ursache in der Rettung der Segler im Juni
2007 hatte und damit auf höherer Gewalt basierte. Sie hat auch nicht substantiiert
vorgetragen, dass gerade das hier beschädigte Teil zuvor auf der Werft untersucht
wurde. Aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Seite 1 der Anlage 3 ergibt sich
nämlich entgegen ihrer Behauptung nicht, dass das später beschädigte
Schwanzwellenlager untersucht worden sei. Vielmehr ergibt sich aus dem
Servicebericht (Blatt 73 d.A.), dass die gesamte Dichtungsanlage mit feinem Sand
verschmutzt war und insgesamt an den betroffenen Dichtungen normale
Verschleißerscheinungen festgestellt wurden. Aus der deutschen Übersetzung des
Berichts Nr. 1 über die Besichtigung der B w I am 31. Juli 2007 (Blatt 81 d.A.) ergibt sich
ebenfalls, dass das vordere Wellenlager verschmiert war und das hintere Wellenlager
abgenutzt und von mitgerissenem Schutt verkratzt war. Aus dem Schreiben der Werft C
+ W an den Kapitän der B w I (Blatt 75 d.A.) ergibt sich, dass es sich bei der
Beschädigung vom 27.07.2007 um ein gegenüber der Beschädigung durch die Rettung
der Segler neues Problem handelte.
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Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin sowie die Beklagte
sind Kaufleute, so dass hier die Höhe der Zinsen gemäß § 288 Abs. 2 BGB 8
Prozentpunkte über dem Basiszinssatz beträgt. Die Beklagte befand sich mit der
Zahlung der hier eingeklagten Provision seit dem 22.09.2007 in Verzug. Die Klägerin
forderte die Beklagte mit Schreiben vom 16.08.2007 zur Zahlung der Provision unter
Fristsetzung von 2 Wochen seit Datum des Schreibens auf.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
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Streitwert: 1.225,48 EUR.
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