Urteil des AG Bonn vom 14.10.2009

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Amtsgericht Bonn, 4 C 521/08
Datum:
14.10.2009
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
4. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 C 521/08
Schlagworte:
erhöhtes Beförderungsentgelt, Schwarzfahrt, minderjährig, beschränkt
geschäftsfähig
Normen:
BGB §§ 106,107
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Ein beschränkt Geschäftsfähiger schuldet auch dann keine Zahlung
eines erhöhten Beförderungsentgelts, wenn seine gesetzlichen Vertreter
in den Erwerb eines Zeittickets eingewilligt haben.
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
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Das Urteil bedarf keines Tatbestands, § 313a Abs. 1. S. 1 ZPO.
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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch steht der Klägerin
unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
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Der Beklagte schuldet keine Zahlung eines erhöhten Beförderungsentgelts auf der
Grundlage der Beförderungsbedingungen der Klägerin. Zwischen den Parteien ist
bezogen auf die nicht bestrittene und damit zugestandene Schwarzfahrt des Beklagten
kein Vertrag zustande gekommen, in den die Beförderungsbedingungen der Klägerin
einbezogen worden sind. Der Annahme eines Vertragsschlusses steht entgegen, dass
der Beklagte im Zeitpunkt der Schwarzfahrt lediglich beschränkt geschäftsfähig im
Sinne des § 106 BGB war, es sich bei der Nutzung der Dienstleistungen der Klägerin
nicht um ein rechtlich allein vorteilhaftes Geschäft im Sinne des § 107 BGB handelt und
eine Einwilligung der gesetzlichen Vertreter des Beklagten nicht vorlag. Soweit die
gesetzlichen Vertreter des Beklagten in den Erwerb eines Monatstickets und damit
prinzipiell in die Nutzung der Dienstleistungen der Klägerin eingewilligt haben, kann
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darin keine Einwilligung gesehen werden, die auch Schwarzfahrten abdecken würde
(vgl. AG Bonn, Urteil vom 08.07.2009, Az. 4 C 486/08; Jena NJW-RR 2001, 1469; AG
Bergheim NJW-RR 2000, 202; Palandt/Heinrichs, 66. Aufl., § 107 RdNr. 9;
Staudinger/Knothe, Neubearb. 2004, § 107 RdNr. 40 mwN.).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der VO über die
Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und O-Busverkehr sowie
den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen vom 27. 2. 1970 bzw. aus § 12 Abs 1 Buchst a
EVO. Beide vorgenannten Vorschriften setzen das Zustandekommen eines wirksamen
Beförderungsvertrags voraus (vgl. Staudinger/Knothe aaO.).
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Auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch (vgl. dazu BGH NJW 1971, 609;
Staudinger/Knothe aaO.) besteht nicht. Zwar wäre der Beklagte trotz seiner
Minderjährigkeit im Zeitpunkt der den Streit auslösenden Handlung grundsätzlich
verpflichtet, den Wert einer Bereicherung und damit in der Regel das übliche Entgelt
herauszugeben. Trotz eines entsprechenden richterlichen Hinweises mit dem
Beschluss vom 21.08.2009 hat die Klägerin jedoch nicht weiter zu einem solchen
Anspruch vorgetragen, insbesondere sich nicht zum Wert der Bereicherung bzw. zum
üblichen Entgelt der von dem Beklagten ohne Fahrausweis angetretenen Fahrt
geäußert.
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Für die Annahme eines deliktischen Anspruchs fehlt es an einem Sachvortrag der
Klägerin zu einem ihr entstandenen Schaden.
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Unerheblich für die vorgenannten rechtlichen Erwägungen ist, ob der Beklagte in der
Vergangenheit bereits mehrfach ohne gültigen Fahrausweis die Leistungen der Klägerin
in Anspruch genommen hat. Bedeutung könnte dem allein in strafrechtlicher Hinsicht
zukommen.
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Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsstreits beruht auf § 91 ZPO, diejenige
über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
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Streitwert: 40 Euro
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