Urteil des AG Bonn vom 11.07.2003
AG Bonn (eigentümer, antragsteller, abrechnung, antrag, geschäftsführer, lasten, ort, vorbehalt, zustimmung, zahlungsunfähigkeit)
Amtsgericht Bonn, 28 II 126/02 WEG
Datum:
11.07.2003
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
Abt. 28 WEG
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
28 II 126/02 WEG
Schlagworte:
Umlage von Zahlungsausfällen auf die Eigentümergemeinschaft.
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Rechtskraft:
Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Tenor:
Der Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 18. Juni
2002 zu TOP 2 (Jahresabrechnung 2001) wird bezüglich der
Gesamtjahresab-rechnung hinsichtlich der Position "ausgebuchte
Forderungen T" und hinsichtlich der Einzelabrechnungen insgesamt für
ungültig erklärt.
Der Beschluss der selben Eigentümerversammlung zu TOP 3 (Son-
derumlage) wird für ungültig erklärt.
Der Feststellungsantrag wird als unzulässig abgewiesen.
Von den Gerichtskosten tragen die Antragsteller 19 % und die Antrags-
gegner 81 %; außergerichtliche Kosten werden nicht erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 5.825,81 Euro festgesetzt.
Gründe:
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I.
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Die Beteiligten bilden die oben genannte Wohnungseigentümergemeinschaft. Die
Anlage besteht aus vier Wohnungen und 25 Garagen.
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Der Antragsgegner H befand sich im Juni 2002 mit 6.019,02 Euro im
Zahlungsrückstand. Es war nicht zu erwarten, dass dieser Betrag aus Vermietung oder
Verkauf der Wohnung alsbald gedeckt werden konnte.
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III 2.) der Teilungserklärung enthält folgende Regelung:
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"Soweit die laufenden Kosten und Lasten sowie die Kosten der Instandsetzung und
Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums nicht das Grundstück betreffen, sondern
auf die Gebäude entfallen oder diesen zuzuordnen sind, werden diese nach dem
Wohnhaus einerseits und den Garagen andererseits auf der Grundlage des
Verursacherprinzips getrennt ermittelt und abgerechnet."
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In der Versammlung vom 18. Juni 2002, an der für die Antragstellerin zu 1.) deren
Geschäftsführer teilnahm, beschloss die Gemeinschaft zu TOP 2 die Abrechnung 2001.
Die Abrechnung enthielt eine Position "ausgebuchte Forderungen T" in Höhe von
6.043,24 DM, die die Gemeinschaft auf die Eigentümer der vier Wohnungen umlegte.
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Zu TOP 3 beschlossen die Eigentümer, die uneinbringbaren Zahlungsrückstände des
Antragsgegners H zunächst i. H. v. 4.100,00 Euro auszubuchen. Die Finanzierung sollte
durch eine Sonderumlage i. H. v. 4.100,00 Euro, fällig zum 1. Oktober 2002 erfolgen.
Nach dem Protokoll wurde der Beschluss einstimmig gefasst.
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Die Antragsschrift ist am 17. Juli 2002 bei Gericht eingegangen.
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Die Antragsteller vertreten die Ansicht, der Beschluss zu TOP 2 verstoße gegen den
Kostenverteilerschlüssel der Teilungserklärung, soweit die Forderungen gegen den
Antragsgegner H nur auf die Wohnungseigentümer umgelegt worden sei.
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Der Beschluss zu TOP 3 sei für ungültig zu erklären, weil ein Kostenverteilerschlüssel
fehle.
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Zunächst haben sie Berichtigung des Protokolls bezüglich TOP 3 beantragt, diesen
Antrag jedoch später zurückgenommen. Zu diesem Antrag haben sie behauptet, der
Geschäftsführer der Antragstellerin zu 1.) habe die Zustimmung nur unter den Vorbehalt
erklärt, dass die gesamte Gemeinschaft die Kosten anteilig trage.
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Die Antragsteller beantragen nunmehr,
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1.) den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 18. Juni 2002 zu TOP
2 insofern für ungültig zu erklären, als die uneinbringliche Forderung auf
die vier Eigentümer des Wohnhauses als Untereinheit und nicht auf alle
Eigentümer nach Miteigentumsanteilen umgelegt wird;
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2.) den Beschluss zu TOP 3 für ungültig zu erklären;
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3.) festzustellen, dass die Sonderumlage gemäß TOP 3 auf alle
Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft umzulegen ist.
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Die weitere Beteiligte beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie vertritt die Auffassung, der Kostenverteilerschlüssel in TOP 2 treffe zu und behauptet
hierzu, zwei Notare hätten ihre Rechtsansicht vorab bestätigt.
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Hinsichtlich des Berichtigungsantrages haben sie die Ansicht vertreten, das
erforderliche Rechtsschutzbedürfnis fehle und behauptet, der Geschäftsführer der
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Antragstellerin zu 1.) habe seine Zustimmung vorbehaltlos erklärt.
II.
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Die Anträge sind nur teilweise zulässig und begründet.
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Die Anfechtungsanträge sind zulässig. Insbesondere haben die Antragsteller die
Monatsfrist gewahrt.
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Der Feststellungsantrag ist demgegenüber unzulässig. Wie die Zahlungsausfälle der
Antragsgegner H zu verteilen sind, können die Antragsteller bereits durch die
Anfechtungsanträge klären.
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Die Anfechtungsanträge sind begründet. Die Beschlüsse zu TOP 2 und 3 sind im
begehrten Umfang für ungültig zu erklären, weil sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Verwaltung nicht entsprechen.
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Hinsichtlich TOP 2 (Abrechnung) ergibt sich dies bereits daraus, dass die Abrechnung
lediglich alle Einnahmen und Ausgaben des laufenden Wirtschaftsjahres zu enthalten
hat. Zu beiden Kategorien gehören die Zahlungsrückstände des Antragsgegners H
nicht; hierbei handelt es sich vielmehr um Forderungen der Gemeinschaft gegen ihn.
Auf die Eigentümer umzulegen sind nur die Ausgaben der Gemeinschaft.
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Es kommt hinzu, dass die Gemeinschaft einen falschen Verteilerschlüssel gewählt hat.
Zahlungsausfälle sind nämlich, falls die Umlage beschlossen wird, auf alle Mitglieder
der Wohnungseigentümergemeinschaft - also auch die Teileigentümer der Garagen -
umzulegen.
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Etwas anderes folgt nicht aus III. 2.) der Teilungserklärung. Wie sich aus den obigen
Ausführungen ergeben, gehören Zahlungsausfälle nicht zu den laufenden Kosten und
Lasten des Gemeinschaftseigentums. Die Teilungserklärung regelt jedoch nur, wie
originär entstehende Kosten und Lasten zu verteilen sind. Bei Zahlungsausfällen geht
es nicht um diese Fragen, sondern darum, dass Forderungen, die der gesamten
Gemeinschaft zustehen, nicht einzutreiben sind. Dieses Risiko trifft die gesamte
Gemeinschaft. Das ergibt sich aus der personalen Verbundenheit der Mitglieder der
Wohnungseigentümergemeinschaft. Dass ein Miteigentümer seine Verbindlichkeiten
gegenüber der WEG nicht bezahlen kann, liegt an seiner persönlichen
Zahlungsunfähigkeit. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb ein Teileigentümer für diese
Zahlungsunfähigkeit nicht verantwortlich sein soll, nur weil die Verbindlichkeit ihren
Ursprung in dem Bereich einer Wohnung hat (in einem Parallelverfahren ebenso LG
Hamburg ZMR 2002, 787).
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Der Beschluss zu TOP 3 ist ebenfalls für ungültig zu erklären.
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Eine Sonderumlage ist zwar bei unvorhergesehenen Finanzbedarf zulässig und damit
auch bei Zahlungsausfällen (BGH MDR 1989, 898; Niedenführ/Schulze WEG, 3.
Auflage 1997, § 28 Randziffer 13; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 8. Auflage 2000, § 28
Randziffer 35).
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In vorliegenden Fall hätte der Beschluss jedoch den Kostenverteilerschlüssel angeben
müssen. Ob dies erforderlich ist, ist zwar streitig (dafür BGH am angegebenen Ort;
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Niedenführ/Schulze am angegebenen Ort; Bärmann/Pick/Merle, am angegebenen Ort, §
28 Randziffer 37; anderer Ansicht BayObLG WE 1993, 27; KG NJW - RR 1991, 912 -
Zahlungsantrag).
In vorliegenden Fall ist der Beschluss jedoch zu unbestimmt, weil der
Kostenverteilerschlüssel fehlt. Hierdurch wird er inhaltlich unklar und trägt den Keim zu
neuem Streit in sich. In der Gemeinschaft besteht Unsicherheit darüber, wie die Umlage
zu verteilen ist. Dies ergibt sich aus der Teilungserklärung, die hier für bestimmte
Positionen Untergemeinschaften bildet.
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Das Gericht hat gem. § 47 S. 1 WEG nach billigem Ermessen darüber zu entscheiden,
welche Beteiligten die Gerichtskosten tragen. Hinsichtlich der noch anhängigen
Verfahren entspricht es der Rechtsidee des § 92 Abs. 1 ZPO und damit billigem
Ermessen, die Kosten nach dem Grad des Obsiegens und Unterliegens zu verteilen.
Die auf den zurückgenommenen Antrag entfallenden Kosten hat das Gericht den
Antragstellern und den Antragsgegnern je zur Hälfte auferlegt. Diesbezüglich war offen,
wer obsiegen würde. Es wäre weiter zu klären gewesen, ob der Geschäftsführer der
Antragstellerin zu 1.) dem Beschluss zu TOP 3 nur unter Vorbehalt zugestimmt hat.
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Die Festsetzung des Geschäftswertes beruht auf § 48 Abs. 3 WEG. Für die
Anfechtungsanträge entspricht das Interesse der Gemeinschaft dem Kostenanteil, der
umzuverteilen ist. Den Feststellungsantrag hat das Gericht mit 1.000,00 Euro bemessen.
Einerseits ist zwar denkbar, dass eine weitere Sonderumlage erhoben wird.
Andererseits erreichen die Antragsteller die Klärung dieses Punktes jedoch bereits auf
andere Weise. Der Berichtigungsantrag ist mit 200,00 Euro angemessen bemessen. Er
ist von untergeordneter Bedeutung, weil der Beschluss zu TOP 3 angefochten wurde.
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