Urteil des AG Bonn vom 03.08.2010

AG Bonn (beratung, erstellung, antrag, antragsteller, beurteilung, auskunft, verfügung, beratungsleistung, freibetrag, verweis)

Amtsgericht Bonn, 94 II 675/10 BerH
Datum:
03.08.2010
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
Abt. 94 Beratungshilfe
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
94 II 675/10 BerH
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
wird auf die Erinnerung des Antragstellers vom 12.07.2010 gegen den
Beschluss des Amtsgerichts Bonn vom 05.07.2010 der angefochtene
Beschluss aufgehoben und die Rechtspflegerin angewiesen, dem
Antragsteller wegen der Angelegenheit Erstellung der
Einkommenssteuererklärung 2009 gem. Antrag vom 26.03.2010
Beratungshilfe zu bewilligen.
Gründe
1
Der Antrag wurde zu Unrecht mit der Begründung zurückgewiesen, die
Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 2 BerHG lägen nicht vor. Das Finanzamt hilft nicht
generell lückkenlos beim Ausfüllen der Erklärungen. Die Beratungs- und
Auskunftspflicht nach § 89 AO erfasst nur eine Beratung und Aufklärung zur formalen,
verfahrensrechtlichen und materialrechtlichen Fragen, wenn diese sich nachdem der
Finanzverwaltung vorliegenden Akteninhalt ergeben. Eine allgemeine und umfassende
Beratung über den Akteninhalt hinaus wird jedoch nicht gewährt. Bzgl. der hier konkret
vorliegenden Fragen der Zusammenveranlagung oder getrennten Veranlagung nach §
26 ESTG mit der damit verbundenen steuerlichen Zuordnung der Kinder nach Trennung
der Ehegatten sowie der Frage, welchem Elternteil der Freibetrag für Alleinerziehende
nach § 24 ESTG zusteht, wird das Finanzamt keine konkrete Auskunft erteilen, zumal
diese rechtlichen Fragen höchst umstritten sind. Aufgrund der hier gegebenen
Schwierigkeit und Komplexität des Sachverhalts und generellen Schwierigkeiten und
Komplexität des deutschen Steuerrechts handelt es sich auch bei der begehrten
Beratungshilfe nicht um eine bloße Ausfüllhilfe im Sinne einer allgemeinen Lebenshilfe.
Vielmehr geht es hier um die Beurteilung und Beantwortung rechtlich komplizierter
Fragen, für die dem Antragsteller keine andere Möglichkeit der Beratung zur Verfügung
steht. Insofern wäre auch ein Verweis auf die Beratungsleistung der Lohnsteuervereine
nicht weiter führend, da ein Vereinsmitgliedschaft wegen einmaligen Beratung in
Steuerangelegenheiten dem Rechtssuchenden nicht zuzumuten ist.
2
Dass auch im Bereich des Steuerrechts Beratungshilfe gewährt werden muss, ist seit
dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.10.2008 -1 BVR 20310/06-
unstreitig. Die Erstellung einer Einkommensteuererklärung gehört unstreitig zu den
Angelegenheiten des Steuerrechts.
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Nach allem war im konkreten Fall gemäß des Antrags Beratungshilfe zu gewähren.
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