Urteil des AG Bonn vom 11.01.2010

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Amtsgericht Bonn, 116 C 27/09
Datum:
11.01.2010
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
116.. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
116 C 27/09
Schlagworte:
Reparaturkosten, markengebundene Fachwerkstatt
Normen:
BGB § 823 Abs. 1, § 249 Abs. 2 S. 1, § 254 Abs. 2; StVG § 7 Abs. 1, § 17
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 491,40 € nebst Zinsen in
Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
13.05.2009 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
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Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO
abgesehen.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und begründet.
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Dem Kläger stehen aufgrund des Unfallereignisses vom 01.04.2009 über den von der
Beklagten bereits regulierten Betrag hinaus ein weiterer Anspruch in Höhe von 491,40 €
aus §§ 823 Abs. 1 BGB, 7 Abs. 1, 17 StVG i.V.m. § 3 Abs. 1 PflVG zu.
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1. Dass die Beklagte gegenüber der Klägerin für die Folgen des Unfallereignisses in
vollem Umfang einzustehen hat ist unstreitig. Uneinigkeit besteht lediglich dahingehend,
ob die von der Beklagten vorgenommenen Abschläge auf die
Stundenverrechnungssätze für die Karosserie- und Lackierarbeiten sowie die
Verbringungskosten und die UPE-Aufschläge zu ersetzen sind.
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Der Geschädigte ist nach schadensrechtlichen Grundsätzen sowohl in der Wahl der
Mittel der Schadensbehebung als auch in der Verwendung des vom Schädiger zu
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leistenden Schadensersatzes frei. Dies gilt auch für fiktive Reparaturkosten.
Zwar ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht
gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der
Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung
aufzuwendenden Kosten beeinflussen könne (BGH, Urteil vom 29.04.2003, "Porsche-
Entscheidung", NJW 2003, 2086, 2087 mit Hinweis auf BGH NJW 1992, 302). Doch
genügt im allgemeinen, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm
eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern das Gutachten hinreichend
ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, dem konkreten Schadensfall vom
Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden. Rechnet
also der Geschädigte - konkret oder fiktiv - die Kosten der Instandsetzung als Schaden
ab und weist er die Erforderlichkeit der Mittel durch eine Reparaturkostenrechnung oder
durch ein ordnungsgemäßes Gutachten eines Sachverständigen nach, genügt er damit
bereits grundsätzlich dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB (BGH,
a.a.O.).
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Entsprechend diesen Grundsätzen hat der BGH in seiner Porsche-Entscheidung (NJW
2003, 2086) festgestellt, dass der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet,
der Schadensberechnung die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen
Fachwerkstatt zugrunde legen darf. Zwar hat der BGH in dieser Entscheidung auch
dargelegt, dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne weiteres zugängliche
günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit habe, sich auf diese verweisen
lassen müsse. Diese Grundsätze hat der BGH in seiner jüngsten Entscheidung vom
20.Oktober 2009 (Az. VI ZR 53/09) konkretisiert. Der BGH hat darin Grundsätze
aufgestellt, wonach es dem Geschädigten im Rahmen seiner
Schadensminderungspflicht im Sinne des §§ 254 Abs. 2 BGB bei der fiktiven
Schadensabrechnung zumutbar ist, sich auf eine kostengünstigere Reparatur in einer
nicht markengebunden Fachwerkstatt verweisen zu lassen. Die Zumutbarkeit für den
Geschädigten ist grundsätzlich nur gegeben, sofern technische Gleichwertigkeit der
Reparatur gegeben ist. Darüber hinaus hat der BGH aber auch ausgeführt, dass es
selbst unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit der Reparatur für den Geschädigten
in bestimmten Fällen unzumutbar sein kann, eine Reparaturmöglichkeit in einer freien
Werkstatt in Anspruch zu nehmen. Ein solcher Fall der Unzumutbarkeit soll
insbesondere bei Fahrzeugen bis zum Alter von drei Jahren vorliegen. Denn bei neuen
bzw. neuwertigen Kraftfahrzeugen muss sich der Geschädigte im Rahmen der
Schadensabrechnung grundsätzlich nicht auf Reparaturmöglichkeiten verweisen
lassen, die ihm bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer
Herstellergarantie und/oder von Kulanzleistungen Schwierigkeiten bereiten könnten.
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Darüber hinaus kann es auch dann für den Geschädigten unzumutbar sein, sich auf
alternative Reparaturmöglichkeiten außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt
verweisen zu lassen, wenn er konkret darlegt, dass er sein Kraftfahrzeug bisher stets in
der markengebundenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen (BGH, Urteil
vom 20.10.2009, Az. VI ZR/53/09, S. 8 f. des Entscheidungsausdrucks des
Bundesgerichtshofs).
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Bei den von der Beklagten benannten Fachwerkstätten handelt es sich nicht um
markgengebundene Werkstätten. Das Fahrzeug des Klägers war zum Zeitpunkt des
Unfalls auch schon knapp sieben Jahre alt (Erstzulassung: 17.07.2002). Die Frage der
Gleichwertigkeit der von der Beklagten benannten Werkstätten kann dennoch hier offen
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bleiben.
Der Kläger hat das Fahrzeug am 11.07.2007 erworben. Seit diesem Zeitpunkt hat er es
stets bei dem markengebundenen "Autohaus T & T1" in C warten lassen, nämlich am
25.07.2007 und am 15.06.2009. Dies hat der Kläger durch die Vorlage einer Kopie des
Serviceheftes belegt. Damit hat der Kläger dargelegt, dass für ihn die Verweisung auf
alternative Reparaturmöglichkeiten außerhalb einer markengebundenen Fachwerkstatt
im Sinne der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 20.10.2009, a.a.O.) unzumutbar ist.
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Die Geschädigte kann auch die (fiktiven) Verbringungskosten verlangen. Diese sind
notwendiger Bestandteil der (fiktiven) Reparatur in einer Markenwerkstatt, wie sie der
Geschädigten - hier der Klägerin - zuzubilligen ist. Dasselbe gilt auch für die UPE-
Aufschläge.
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2. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 280, 286 Abs. 1 und 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 Satz 2
BGB.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 710 ZPO.
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Streitwert: 491,40 €
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