Urteil des AG Bonn vom 08.03.2010

AG Bonn (kläger, höhe, unterhalt, widerklage, grund, verkäuferin, ehescheidung, abänderungsklage, zahlung, zpo)

Amtsgericht Bonn, 47 F 528/08
Datum:
08.03.2010
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
47. Familienabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
47 F 528/08
Schlagworte:
Abänderung, Unterhalt, Befristung, Begrenzung, lange Ehe
Normen:
ZPO § 323, BGB § 1578 b
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
1. Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers aus dem Unterhaltsvergleich
vom 14.1.1993 (AG Bonn, Az. 41 F 83/93) wird in folgendem Umfang
abgeändert:
Der Kläger ist verpflichtet, an die Beklagte ab Januar 2009 Unterhalt in
monatlicher Höhe von 300 Euro, ab Januar 2010 bis einschließlich
Dezember 2013 in monatlicher Höhe von 150 Euro zu zahlen.
Im Übrigen wird die Abänderungsklage abgewiesen. Die Widerklage
wird abgewiesen.
2. Die Kosten der Klage und der Widerklage werden gegeneinander
aufgehoben.
3. Das Urteil ist für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann
die Vollstreckung gegen Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 %
des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Tatbestand:
1
Die Parteien hatten am 20.5.1965 die Ehe miteinander geschlossen. Aus der Ehe sind
zwei Kinder hervorgegangen, die volljährig sind.
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Mit Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 14.12.1993 (Az. 41 F 83/93) wurde die Ehe der
Parteien geschieden. Im Wege des Versorgungsausgleichs wurden der
ausgleichsberechtigten Beklagten Rentenanwartschaften in Höhe von gerundet 1500
DM übertragen. Auf Grund der Scheidungsfolgenvereinbarung vom selben Tag war der
Kläger verpflichtet, an die Beklagte Aufstockungsunterhalt in Höhe von 1050 DM zu
zahlen. Wegen des Inhalts der Scheidungsfolgenvereinbarung wird auf Bl. 21 der Akte
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verwiesen.
Nach der Ehescheidung war der Kläger weiterhin als Bundesbeamter beschäftigt. Die
Beklagte war in Vollzeit als Verkäuferin berufstätig. Sie hatte vor der Ehe eine
Ausbildung zur Verkäuferin nicht abgeschlossen. Die Abschlussprüfung legte sie nicht
ab. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 8.3.2010 gab sie hierzu an, dass sie
wohl Prüfungsangst gehabt habe.
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Der Kläger ist im August 2008 in den Ruhestand getreten. Das ist der Grund für die von
ihm erhobene Abänderungsklage.
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Der Kläger hat Renten und Pensionseinkünfte in Höhe von 283 Euro und 1668 Euro.
Der Krankenversicherungsbeitrag beträgt 185 Euro. Ihm verbleiben monatlich gerundet
1760 Euro.
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Er ist Alleineigentümer eines lastenfreien Hauses unter seiner im Rubrum genannten
Adresse. Während der Ehezeit stand das Haus im Miteigentum der Beklagten. Nach der
Ehescheidung hat sie im Wege der Vermögensauseinandersetzung dem Kläger den
Miteigentumsanteil gegen Zahlung von gerundet 51.000 Euro übertragen.
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Die Beklagte ist seit 2004 Rentnerin. Nach Abzug von Krankenversicherungsbeiträgen
bezieht sie eine Rente von 1530 Euro. Hiervon sind weitere 150 Euro für eine
Zusatzversicherung (Kranken- und Pflegeversicherung) in Abzug zu bringen. Es
verbleiben 1380 Euro.
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Der Kläger ist der Auffassung, dass der Wohnwert der Immobilie unterhaltsrechtlich
nicht in voller Höhe relevant sei, da die Beklagte hieran bereits über den Zugewinn
partizipiert habe. Des Weiteren meint der Kläger, nicht mehr zur Zahlung von
Aufstockungsunterhalt verpflichtet zu sein. Daher sei auch die Widerklage der Beklagten
gerichtet auf Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse,
unabhängig davon, dass diese der Beklagten bekannt seien, abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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1.
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den zwischen den Parteien am 14.12.1993 beim Amtsgericht Bonn- Familiengericht
- unter der Geschäftsnummer 41 F 83/93 geschlossenen Unterhaltsvergleich
dahingehend abzuändern, dass der Kläger nicht mehr verpflichtet ist, Unterhalt an
die Beklagte zu zahlen.
12
2.
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die Widerklage abzuweisen.
14
Die Beklagte beantragt,
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1.
16
die Klage abzuweisen.
17
2.
18
widerklagend den Kläger zu verurteilen, Auskunft über seine
Einkommensverhältnisse im Zeitraum Januar bis Dezember 2009 zu erteilen und zu
belegen.
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Die Klage ist der Beklagten am 18.12.2008 zugestellt worden. Das Gericht hat über den
Wohnwert der von dem Kläger eigengenutzten Immobilie Beweis erhoben. Es wird auf
das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing X L vom 9.11.2009 verwiesen
(Bl. 125 der Akte).
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Entscheidungsgründe:
21
Die zulässige Abänderungsklage nach § 323 ZPO ist teilweise begründet. Der Kläger
kann in Abänderung des Unterhaltsvergleichs Herabsetzung des nachehelichen
Unterhalts im tenorierten Umfang beanspruchen.
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Nach § 1578 b Abs. 1 und 2 BGB kann der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt auf
den angemessenen Lebensbedarf des Anspruchsberechtigten herabgesetzt werden,
wenn eine an den ehelichen Verhältnissen ausgerichtete Unterhaltsbemessung auf
Dauer unbillig wäre.
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Die Voraussetzung für stufenweise Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs der
Beklagten auf den angemessenen eigenen Lebensbedarf sind gegeben.
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Zwar war die Ehe der Parteien von langer Dauer. Bis zur Ehescheidung hat sie über 28
Jahre angedauert. Während der Ehe hat die Beklagte die beiden Kinder betreut und
versorgt.
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Andererseits hat die Beklagte jedoch keine ehebedingten Erwerbsnachteile erlitten. Vor
der Ehe hat sie eine Ausbildung zur Verkäuferin nicht beendet, weil sie aus
persönlichen Gründen die Abschlussprüfung nicht abgelegt hat. Nach der Scheidung
war die Beklagte in Vollzeit als Verkäuferin beschäftigt. Hinzu kommt, dass der
Beklagten auf Grund des Versorgungsausgleichs Rentenanwartschaften im Wert von
gerundet 1500 DM zum Zeitpunkt der Ehescheidung übertragen wurden. Sie hat
nunmehr auf Grund der Versorgungen aus dem Versorgungsausgleich und eigenen
Rentenanwartschaften ein Renteneinkommen von netto 1530 Euro abzüglich einer
Krankenzusatzversicherung. Es ist davon auszugehen, dass sie hiermit mehr Rente
erhält als wenn sie ohne Eheschließung durchgehend als Verkäuferin ohne
Berufsabschluss gearbeitet und Rentenanwartschaften begründet hätte. Hinzu kommt,
dass die Beklagte anlässlich der Ehescheidung auch noch einen Vermögensausgleich
in Höhe von 51000 Euro erhalten hat.
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Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass der Kläger im Rahmen der
Scheidungsfolgenvereinbarung sich zu Unterhaltszahlungen an die damals bereits 27
jährige Tochter verpflichtet hat, jedoch später keine Unterhaltsleistungen vorgenommen
hat. Die Gründe sind zwischen den Parteien streitig. Die Tochter hat den Kläger jedoch
auch nicht im Wege einer Klage auf Unterhalt in Anspruch genommen.
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Nach Abwägung der beiderseitigen Interessen ist das Gericht der Auffassung, dass der
Aufstockungsunterhalt wie geschehen herabzusetzen.
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Der Kläger ist leistungsfähig. Sein Einkommen nach Abzug der Krankenversicherung
beträgt 1760 Euro. Hinzu kommt der Wohnwert, den der Sachverständige mit 638 Euro
bzw. 686 Euro nachvollziehbar ermittelt hat. Die Beklagte hat ein Einkommen in Höhe
von 1380 Euro. Unabhängig davon, ob der Wohnwert auf Seiten des Klägers in voller
Höhe oder nur teilweise anzurechnen ist, ist er in der Lage, Unterhalt in Höhe von 300
Euro bzw. 150 Euro zu zahlen.
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Der Unterhaltsanspruch ist auch zu befristen. Eine unbefristete Inanspruchnahme wäre,
da die Beklagte keine ehebedingten Erwerbs- und Vermögensnachteile erlitten hat,
unbillig. Bei Beendigung des Unterhalts mit Dezember 2013 wird der Kläger 20 Jahre
lang nachehelichen Unterhalt gezahlt haben.
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Die Widerklage war abzuweisen. Für einen Auskunftsanspruch besteht kein rechtliches
Interesse, da der Kläger bereits auf Grund der bekannten Einkommenssituation zur
Zahlung des Unterhalts in der Lage ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 708 Nr. 8, 711 ZPO.
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Gegenstandswert:
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Klage: 6442 Euro
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Widerklage: 600 Euro
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