Urteil des AG Bonn vom 03.11.2009

AG Bonn (fristlose kündigung, kündigung, wichtiger grund, treu und glauben, abberufung, nachbar, verhandlung, kenntnis, frist, durchführung)

Amtsgericht Bonn, 27 C 44/09
Datum:
03.11.2009
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
27. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
27 C 44/09
Schlagworte:
Verwaltervertrag, Kündigung
Normen:
WEG §§ 27 Abs. 1 Nr. 7, 43 Nr. 5, BGB § 314 III
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Tenor:
Der auf der Eigentümerversammlung vom 03.03.2009 zu TOP 3 gefasste
Beschluss wird für ungültig erklärt.
Es wird festgestellt, dass die Kündigung des Verwaltervertrages vom
03.03.2009 unwirksam ist.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 75 % und die
Beklagten zu 25%.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung
durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages geleistet hat.
T a t b e s t a n d:
1
Die Beklagten bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft Q1-Str. ## in ####1 C.
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Das Objekt der beklagten Eigentümer befindet sich unmittelbar neben dem Haus Q-Str.
##. Eine Giebelwand sowie Bereiche eines Anbaus grenzen unmittelbar an den Garten
des Objektes der Beklagten. Diese Giebelwand und die Mauer sowie der Anbau sind
mit wildem Wein und Efeu bewachsen.
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Ausweislich der Teilungserklärung (Anlage K 4, Bl. 79 ff d.A.) verfügen die Inhaber des
Sondereigentums Nr. 1 (Frau P) sowie die Inhaber des Sondereigentums Nr. 2 (Herr M)
über die Sondernutzungsrechte an der hinter dem Haus gelegenen gesamten
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Gartenfläche. Von dieser Gartenfläche aus wächst das Efeu auf das
Nachbargrundstück. Gemäß Teil B IV.Nr. 4 obliegt die Instandhaltung der Teile des
Grundstücks oder Gebäudes, an dem einem Wohnungseigentümer ein
Sondernutzungsrecht zusteht, dem jeweiligen Wohnungseigentümer, der auch die
Kosten der laufenden Unterhaltung zu tragen hat.
Im Jahre 2005 war der Bewuchs an der im Eigentum des Nachbarn stehenden
Giebelwand so stark geworden, dass sich dieser an die Beklagten wandte, um eine
vollständige Entfernung der Pflanzen zur Vermeidung von Schäden an dem Gebäude
zu erreichen. Es wurde ein Kompromiss dahingehend gefunden, dass der Nachbar
einer Beibehaltung des Efeubewuchses zustimmte unter der Voraussetzung, dass der
Pflanzenbewuchs von den Beklagten regelmäßig kontrolliert und falls notwendig,
zurückgeschnitten werde.
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In der Wohnungseigentümerversammlung vom 24.04.2006 wurde die Klägerin erstmals
für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.12.2008 zur Verwalterin bestellt.
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Nachdem in den folgenden zwei Jahren kein Rückschnitt des Efeubewuchs seitens der
Beklagten erfolgt war, wandte sich die Hausverwaltung des Nachbarn, die
Hausverwaltung I, mit Faxschreiben vom 02.06.2007 (Bl. 33 d.A.) an die Klägerin in
deren Funktion als Verwalterin der WEG und wies auf notwendigen Beischnitt hin.
Ferner wurde auf eine eintretende Schimmelbildung in dem Gebäude verwiesen. Mit
weiterem Faxschreiben vom 06.07.2007 (Bl. 34 d.A.) wandte sich die Hausverwaltung I
erneut an die Klägerin und setzte eine Frist zur Stellungnahme bis zum 13.07.2007.
Eine Reaktion der Klägerin auf dieses Schreiben erfolgte nicht.
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Daraufhin beauftragte der Nachbar eine Rechtsanwaltskanzlei, die mit Schreiben vom
09.04.2008 (Bl. 35 f. d.A.) die Klägerin erneut unter Fristsetzung zur Beseitigung des
Pflanzenbewuchses aufforderte. Ferner wurde mitgeteilt, dass aufgrund des
Efeubewuchses bereits erhebliche Schäden im Umfange von etwa 8.000,00 - 10.000,00
Euro entstanden seien. Die Klägerin wandte sich daraufhin mit Schreiben vom
30.04.2008 (Bl. 38 d.A.) an den Bevollmächtigten des Nachbarn und machte darauf
aufmerksam, dass eine Eigentümerversammlung im Juni 2008 stattfinden werde, auf der
ein Rückschnitt seitens der Wohnungseigentümer beschlossen werde. Dies sei indes
aufgrund der Vogelbrutzeit voraussichtlich erst ab Mitte August 2008 durchführbar.
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Auf der Eigentümerversammlung am 02.06.2008 wurde unter TOP 8 ein Beschluss über
den Rückschnitt des Efeus am Nachbarhaus gefasst. Im Protokoll (Anlage K 1, Bl. 3 ff.
d.A.) heißt es wie folgt:
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"Rückschnitt des Efeu: Herr P2 berichtet, dass sich der Nachbar über den Efeubewuchs
beschwert hat. Das Efeu ragt bereits auf das Dach und die Fassade des Nachbars.
Ferner vermutet der Nachbar, dass es bereits Schäden am Gebäude gibt, die vermutlich
durch das Efeu verursacht worden sind. Die Hausverwaltung hat ein Angebot für einen
Rückschnitt eingeholt. Die Kosten betragen 750,00 € (netto) für den Rückschnitt des
Efeus auf dem Nachbargebäude und ca. 3 m unterhalb der Dachkante. Die Kosten für
den Rückschnitt des Efeus bis zur Hälfte der Wand betragen 1.500,00 € (netto). Es wird
folgender Antrag gestellt: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt den
Rückschnitt des Efeus bis zur Hälfte der Wand. Es sollen zwei weitere Angebote
eingeholt werden. Die Finanzierung der Maßnahme erfolgt zu Lasten der
Instandhaltungsrücklage. Abstimmung: einstimmig angenommen".
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In der Eigentümerversammlung vom 02.06.2008 wurde ferner unter TOP 7 die Klägerin
vom 01.01.2009 bis einschließlich 31.12.2013 zur Verwalterin der WEG bestellt.
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Die Klägerin informierte weder den Nachbarn bzw. die Hausverwaltung I noch das
beauftragte Anwaltsbüro über die Beschlussfassung auf der Eigentümerversammlung
vom 02.06.2008.
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Am 12.07.2008 erhob der Nachbar Klage gegen die Beklagten auf Entfernung des
Pflanzenbewuchses sowie Schadensersatz (LG Bonn, AZ: 10 0 340/08). Die Klage
wurde der Klägerin für die Beklagten am 23.08.2008 zugestellt. Von der Zustellung
dieser Klage wurden die Beklagten nicht informiert. Am 03.11.2008 fand ein Termin zur
mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Bonn statt. Eine Mitteilung darüber an die
Beklagten erfolgte seitens der Klägerin ebenfalls nicht. In der mündlichen Verhandlung
wurde im Namen der Beklagten ein Teilanerkenntnis erklärt. Die Beklagten erfuhren von
dem Rechtsstreit erstmals im Zusammenhang mit der Übersendung des Protokolls der
Versammlung vom 02.06.2008 Mitte Dezember 2008.
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Daraufhin wurde seitens der Beklagten mit dem Nachbarn Kontakt aufgenommen.
Anschließend wurde seitens der Beklagten die Durchführung einer
Eigentümerversammlung begehrt. In der Eigentümerversammlung vom 02.02.2009
(Protokoll Anlage K 2, Bl. 8 ff. d.A.) wurden sodann folgende Beschlüsse gefasst.
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TOP 4: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt die fristlose Kündigung des
Verwaltervertrages."
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TOP 5: "Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt die fristlose Abberufung des
Verwalters."
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Auf der Eigentümerversammlung vom 03.03.2009 wurde zu TOP 3 die Firma N Q H zur
neuen Verwalterin der WEG vom 01.02.2009 bis zum 31.12.2009 bestellt. Zudem wurde
folgender Beschluss gefasst:
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"Gleichzeitig beschließt die Eigentümergemeinschaft Q1-Str. ## zur Sicherheit
nochmals die fristlose Abberufung der Hausverwaltung C1 zum 31.01.2009 sowie
ebenfalls die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages mit der C1 zum 31.01.2009".
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Die Klägerin ist der Auffassung, die fristlosen Kündigungen des Verwaltervertrages vom
02.02.2009 und 03.03.2009 seien unwirksam. Bereits auf der Eigentümerversammlung
vom 02.06.2008 sei unter TOP 8 auf die Problematik bezüglich des Efeus hingewiesen
worden. Im Übrigen seien allein die Sondernutzungsberechtigten für die
Beseitigungsansprüche des Grundstücksnachbarn zuständig gewesen. Ausweislich der
Teilungserklärung seien die Sondernutzungsberechtigten gemäß der Teilungserklärung
für die Pflege und die Instandsetzung des Gartens zuständig. Damit sei sie als WEG-
Verwalterin nicht verpflichtet gewesen tätig zu werden. Die Sondernutzungsberechtigten
seien über die Korrespondenz vom 02.06.2007 und 06.07.2007 auch informiert
gewesen. Die Schreiben vom 02.06.2007 und 06.07.2007 seien an die
Sondernutzungsberechtigten mit der Aufforderung weitergeleitet worden, tätig zu
werden. Dies sei indes nicht erfolgt.
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Die Klägerin ist zudem der Auffassung, dass man ihr hätte mitteilen müssen, dass es
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bereits im Jahre 2005 Auseinandersetzungen mit den Nachbarn wegen des
Efeubewuchses gegeben hätte. Da sie darauf nicht aufmerksam gemacht worden sei,
sei sie auch nicht verpflichtet gewesen sei, ein besonderes Augenmerk darauf zu
richten. Ihr könne auch im Übrigen keine Untätigkeit vorgeworfen werden. Zum
Zeitpunkt des Eingangs des Schreibens der Rechtsanwälte des Nachbarn im April 2008
sei es nicht möglich gewesen, tätig zu werden. Der Vogelschutz sei zu berücksichtigen
gewesen, weswegen in dem Zeitraum März bis September Entfernungen von Efeu
untersagt gewesen sei.
Die Klägerin ist zudem der Auffassung, dass die Beschlussfassungen vom 02.02.2009
und 03.03.2009 verfristet seien. Gemäß § 626 Abs. 2 BGB sei die fristlose Kündigung
innerhalb von zwei Wochen vorzunehmen. Die Frist habe hier mit den Zeitpunkt der
Eigentümerversammlung vom 02.06.2008 begonnen, da den Beklagten im Rahmen
dieser Eigentümerversammlung die maßgebenden Tatsachen bezüglich des
Efeubewuchses mitgeteilt worden seien.
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Nachdem die Klägerin die Klage in der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2009
teilweise zurückgenommen hat, beantragt sie nunmehr,
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1. den Beschluss vom 02.02.2009 unter TOP 5 als ungültig aufzuheben,
23
24
2. den Beschluss unter TOP 3 vom 03.03.2009 als ungültig aufzuheben,
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3. festzustellen, dass die Kündigungen des Verwaltervertrages vom 02.02.2009 und
03.03.2009 unwirksam sind und der Verwaltervertrag bis zum 31.12.2013
fortbesteht.
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28
Die Beklagten beantragen,
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die Klage abzuweisen.
30
Die Beklagten behaupten, dass die Klägerin sie im Rahmen der
Eigentümerversammlung vom 02.06.2008 nicht über die bereits geführte Korrespondenz
vom 02.06.2007, 06.07.2007, 09.04.2008 und 30.04.2008 informiert habe. Es sei
lediglich mitgeteilt worden, dass sich der Nachbar über den Efeubewuchs beschwert
habe und dass es vermutlich bereits Schäden gebe. Eine ausdrückliche Information
über die Dringlichkeit der Maßnahme sei indes nicht erfolgt. Ebenfalls sei die Höhe des
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Umfanges des vermeintlichen Schadens i.H.v. 10.000,00 € nicht mitgeteilt worden. Sie
sind der Auffassung, aufgrund des massiven Fehlverhaltens der Klägerin sei die
fristlose Kündigung des Verwaltervertrages berechtigt.
Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 24.09.2009 haben die Beklagten
vorgetragen, dass diejenigen Flächen im hinteren Gartenteil, von denen der Bewuchs
der Nachbarwand ausginge, nicht dem Sondernutzungsrecht der Sondereigentümer der
Wohnung 1) und 2) unterliege. Dieser Teil sei aus dem Sondernutzungsrecht
herausgenommen worden. Letzeres hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.10.2009
bestritten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 08.09.2009 (Bl.
114 ff. d.A.) sowie auf den Inhalt der beigezogenen Akte des Landgerichts Bonn zum
Aktenzeichen 10 0 240/08 verwiesen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
34
A)
35
Die zulässige Klage ist insoweit begründet, als der auf der Eigentümerversammlung
vom 03.03.2009 zu TOP 3 gefasste Beschluss über die Abberufung und Kündigung des
Verwaltervertrages aufzuheben und festzustellen war, dass die Kündigung des
Verwaltervertrages vom 03.03.2009 unwirksam ist. Im Übrigen war die Klage als
unbegründet abzuweisen.
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I.
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Die Klage war insoweit als unbegründet abzuweisen, als die Ungültigerklärung des auf
der Eigentümerversammlung vom 02.02.2009 zu TOP 5 gefassten Beschlusses über die
Abberufung der Klägerin als Verwalterin der WEG beantragt worden ist. Ebenso war die
Klage insoweit als unbegründet abzuweisen, als beantragt worden ist, festzustellen,
dass die Kündigung des Verwaltervertrages vom 02.02.2009 unwirksam ist und der
Verwaltervertrag bis zum 31.12.2013 fortbesteht.
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Der Abberufungsbeschluss entsprach ordnungsgemäßer Verwaltung. Die am
02.02.2009 ausgesprochene fristlose Kündigung des Verwaltervertrages ist wirksam.
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Es lag ein wichtiger Grund für die auf der Eigentümerversammlung am 02.02.2009
beschlossene außerordentliche Abberufung der Klägerin und die hiermit zugleich
ausgesprochene außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrages vor.
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Nach zutreffender allgemeiner Auffassung ist ein wichtiger Grund zur vorzeitigen
Abberufung eines Verwalters dann gegeben, wenn den Wohnungseigentümern unter
Beachtung aller - nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter - Umstände nach Treu
und Glauben eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr zuzumuten ist, insbesondere
durch diese Umstände das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (vgl. nur BGH,
Beschluss vom 20.06.2002, Az: 5 ZB 39/01 in NJW 2002, 3240). Die hier von den
Beklagten vorgebrachten Gründe reichen dabei vorliegend aus, um das Vertrauen der
Wohnungseigentümer in eine künftige pflichtgemäße Ausübung der Verwaltertätigkeit
durch die Klägerin grundlegend zu erschüttern.
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Es kann dahinstehen, ob das auf das Nachbargrundstück überwachsende Efeu allein
auf dem Sondernutzungsrecht der Sondereigentümer P und M steht. Ebenfalls kann
offen bleiben, ob dann, wenn dies so wäre, allein diese Sondernutzungsberechtigten
gegenüber dem Nachbarn handlungsverpflichtet gewesen wären und die Klägerin als
Verwalterin der WEG keinerlei Handlungspflicht getroffen hätte. Ferner kann
dahinstehen, ob die Klägerin die Sonderbenutzungsberechtigten von den Schreiben
des Nachbarn vom Juni und Juli 2007 in Kenntnis gesetzt hat und diese aufgefordert
hat, wegen der Dringlichkeit der Angelegenheit unmittelbar tätig zu werden.
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Auch ist nicht entscheidungserheblich, ob die Klägerin tatsächlich in dem erforderlichen
Umfange tätig geworden ist, d.h., ob ein Rückschnitt des Efeus aufgrund der
Vogelschutzzeit vor September 2008 ohnehin nicht hätte erfolgen können, so dass der
Rechtsstreit in jedem Falle anhängig geworden wäre. Ebenfalls ist nicht
entscheidungsrelevant, ob die Klägerin von Seiten der Beklagten über die bereits im
Jahre 2005 bestandene Auseinandersetzung zwischen den Nachbarn und den
Wohnungseigentümern hätte in Kenntnis gesetzt werden müssen.
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Diese hier zwischen den Parteien streitigen Fragen sind für die Frage der Feststellung
eines wichtigen Grundes zur Abberufung des Verwalters unerheblich.
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Unstreitig hat die Klägerin die Beklagten nicht von der gegen sie erhobene Klage des
Nachbarn vom 12.07 2008 in Kenntnis gesetzt. Ebenfalls hat die Klägerin es
unterlassen, die Beklagten von der Durchführung des Verhandlungstermins vor dem
Landgericht Bonn am 03.11.2008 zu informieren. Darin ist eine grobe Verletzung der der
Verwalterin obliegenden Pflichten gem. § 27 Abs. 1 Nr. 7 in Verbindung mit § 43 Nr. 5
WEG zu sehen.
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Gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG hat der Verwalter die Wohnungseigentümer unverzüglich
darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gemäß § 43 WEG anhängig ist. Unter § 43
Nr. 5 WEG fallen Klagen Dritter, die sich gegen die Gemeinschaft der
Wohnungseigentümer oder gegen Wohnungseigentümer richten und sich auf das
gemeinschaftliche Eigentum, seine Verwaltung oder das Sondereigentum beziehen. Um
eine solche Klage im Sinne des § 43 Nr. 5 WEG handelte es sich bei dem vor dem
Landgericht geführten Verfahren gegen die Beklagten zum Aktenzeichen 10 0 340/08. In
diesem Verfahren hat der Nachbar Klage gegen die Eigentümer der WEG erhoben und
Beseitigung des Efeubewuchses sowie Zahlung eines Schadensersatzes verlangt.
Darüber hätte die Klägerin die Beklagten gem. § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG aufklären
müssen, und zwar unverzüglich. Hier erfolgte die Information indes erst mit
Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 02.06.2008 Mitte
Dezember 2008, mithin bereits nach Durchführung der mündlichen Verhandlung und
Erklärung eines Teilanerkenntnisses. Darin ist eine gröbliche Verletzung der
Verwalterpflichten zu sehen, die einen wichtigen Grund zur Abberufung darstellt. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG nicht nur zu
Informationszwecken dient, sondern den Wohnungseigentümern ermöglichen soll, sich
frühzeitig an Rechtsstreitigkeiten zu beteiligen (Jennißen, WEG, 2008, § 27, Rdnr. 53).
Gerade dies war den Beklagten aufgrund der Untätigkeit der Klägerin nicht möglich.
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Der in der Eigentümerversammlung vom 02.02.2009 gefasste Abberufungsbeschluss
und die dort ausgesprochene Kündigung erfolgten auch fristgerecht. Die
Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist vorliegend nicht anwendbar. Zu prüfen ist
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allein, ob die Abberufung zeitnah im Sinne des § 314 Abs. 3 BGB betrieben worden ist
(vgl. Jennißen, WEG, 2008, § 26, Rdnr. 118).
Von einer Angemessenheit des Abberufungsbeschlusses im Sinne des § 314 Abs. 3
BGB ist vorliegend auszugehen. Die hier auf Seiten des Gerichts für die Beurteilung
eines wichtigen Grundes als maßgeblich erachteten Tatsachen, namentlich die
fehlende Information der Beklagten über die Anhängigkeit des Rechtsstreites und die
Durchführung der mündlichen Verhandlung am 03.11.2008, sind erst nach der
Wohnungseigentümerversammlung vom 02.06.2008 entstanden, so dass Fristbeginn
nicht in der Eigentümerversammlung vom 02.06.2008 zu sehen ist. Die
Wohnungseigentümer haben vielmehr unstreitig erst Mitte Dezember 2008 im Zuge der
Übersendung des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 02.06.2008 Kenntnis
von der Rechtshängigkeit eines Rechtsstreites gegen sie erlangt. Vor diesem
Hintergrund war der Abberufungsbeschluss vom 02.02.2009 fristgerecht im Sinne des §
314 Abs. 3 BGB. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es nicht möglich ist, innerhalb von
zwei Wochen eine neue Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen, allein schon
wegen der fristgerechten Ladung. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Eigentümer
sich im Laufe des Dezember und Januar 2009 zunächst noch mit dem Nachbarn in
Verbindung gesetzt haben, um weitere Informationen über den Rechtsstreit zu erlangen
und erst anschließend umfassend Kenntnis von den Umständen hatten. Bei der Frage
der Angemessenheit der Frist ist ferner zu berücksichtigen, dass die Information über die
Rechtshängigkeit des Rechtsstreites Mitte Dezember 2008 und mithin kurz bevor der
Weihnachtspause erfolgte. Die Organisation einer Eigentümerversammlung benötigt in
diesem Zeitraum eine längere Planungszeit. Bei Berücksichtigung aller Umstände
dieses Einzelfalles, war von der Angemessenheit der Frist im Sinne des § 314 Abs. 3
WEG auszugehen.
48
II.
49
Die Klage war indes insoweit unbegründet, als die Eigentümer auf der
Eigentümerversammlung vom 03.03.2009 zu TOP 3 beschlossen haben, dass die
Klägerin rückwirkend zum 31.01.2009 abberufen und rückwirkend zum 31.01.2009 der
Verwaltervertrag gekündigt werden soll. Bei diesem Beschluss handelt es sich, anders
als von Beklagtenseite dargestellt, nicht lediglich um einen den Erstbeschluss
wiederholenden Zweitbeschluss, sondern um einen eigenständigen Beschluss. Anders
als in dem am 02.02.2009 gefassten Abberufungsbeschlusses und der am 02.02.2009
ausgesprochenen Kündigung wurde am 03.03.2009 beschlossen, dass Abberufung und
Kündigung bereits zum 31.01.2009 erfolgen sollten, mithin die Verwalterstellung und der
Verwaltervertrag 2 Tage vorher enden sollten, als dies im Beschluss vom 02.02.2009
beschlossen wurde. Eine solche Beschlussfassung entspricht nicht ordnungsgemäßer
Verwaltung. Eine rückwirkende Abberufung und rückwirkende fristlose Kündigung des
Verwaltervertrages ist nicht möglich. Insoweit war der Beschluss vom 03.03.2009
aufzuheben und festzustellen, dass die Kündigung vom 03.03.2009 unwirksam ist.
50
B)
51
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen
Vollstreckbarkeit erfolgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
52
Streitwert: 9.000,00 EUR.
53