Urteil des AG Bonn vom 05.06.2009

AG Bonn: mobiltelefon, gerät, fahrzeugführer, begriff, gewährleistung, wohnhaus, kabel, anwendungsbereich, gespräch, zukunft

Amtsgericht Bonn, 801 OWi -335 Js 457/09 OWi- 43/09
Datum:
05.06.2009
Gericht:
Amtsgericht Bonn
Spruchkörper:
801. Abteilung für Strafsachen
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
801 OWi -335 Js 457/09 OWi- 43/09
Schlagworte:
Mobiltelefon
Normen:
StVO §§ 23 Ia, 49; StVG § 24;
Sachgebiet:
Recht (allgemein - und (Rechts-) Wissenschaften
Leitsätze:
Das mobile Telefon (Mobilteil) einer Festnetzanlage ist ein Mobiltelefon
im Sinne des § 23 Abs. 1a StVO.
Tenor:
Der Betroffene wird wegen Nichtbeachtung des Telefonverbots zu einer
Geldbuße in Höhe von 40,00 Euro verurteilt.
Die Kosten des Verfahrens und seine notwendigen Auslagen trägt der
Betroffene.
§§ 23 Absatz 1a, 49 StVO, 24 StVG.
Gründe:
1
I.
2
Der 54 jährige Betroffene ist von Beruf Bauingenieur und verheiratet. Weitere
Erkenntnisse über die persönlichen- und wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen
liegen nicht vor. Straßenverkehrsrechtlich ist er bislang nicht in Erscheinung getreten.
3
II.
4
Nach der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des
glaubhaften Geständnisses des Betroffenen folgender Sachverhalt zu seinem Nachteil
fest:
5
Am 26.11.2008 um 12:21 Uhr befuhr der Betroffene mit seinem Fahrzeug der Marke Q,
amtliches Kennzeichen ##- ## ## in C die B-Allee in Fahrtrichtung G-F-Allee. Der
Betroffene führte zu dieser Zeit in seiner Jackentasche sein mobiles Telefon seiner
Hausfestnetzanlage U-D T ### L (schwarz- silber) mit sich. Dieses Telefon gab zum
Zeitpunkt der Tat einen Piepton ab, woraufhin der Betroffene es aus seiner
6
Jackentasche nahm, es ansah, an sein Ohr hielt, es nochmal ansah und wiederum an
sein Ohr hielt. Hierbei wurde der Betroffene von Polizeibeamten beobachtet, die eine
gezielte Handykontrolle durchführten. Der PKW des Betroffenen ist mit einer
Freisprecheinrichtung für Handys ausgerüstet. Bei der sich anschließenden Kontrolle
zeigte der Betroffene den Polizeibeamten das mobile Telefon seiner
Hausfestnetzanlage. Die Entfernung zwischen dem Tatort und dem Wohnort des
Betroffenen beträgt in etwa 3 Kilometer. Das Gericht unterstellte es aufgrund dieser
Entfernung für wahr, dass aus technischer Sicht kein Telefonat über den
Festnetzanschluss des Betroffenen geführt werden konnte.
III.
7
Nach den getroffenen Feststellungen hat sich der Betroffene einer Ordnungswidrigkeit
nach den §§ 23 Absatz 1a, 49 StVO, 24 StVG schuldig gemacht. Rechtsfertigungs- und
Schuldausschließungsgründe sind nicht ersichtlich.
8
Entgegen der vom Betroffenen geäußerten Rechtsansicht umfasst die Vorschrift des §
23 Absatz 1a StVO auch das von ihm aufgenommene und gehaltene mobile Telefon
einer Festnetztelefonanlage. Nach dem Wortlaut des § 23 Absatz 1a StVO ist dem
Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobil- oder Autotelefons untersagt, wenn er hierfür
das Mobil- oder Autotelefon aufnimmt oder hält. Der Begriff des Mobiltelefons ist
gesetzlich nicht definiert. Maßgebendes Merkmal eines Telefons ist es, den Benutzer
durch Übermittlung von Tönen in die Lage zu versetzten, mit einem anderen in Echtzeit
sprachlich zu kommunizieren (Vgl. Hentschel/König, StVG 39. Auflage 2007, § 23 StVO
Rn. 13a). Das Gerät muss nach Ausstattung, Funktion und Zweck generell und konkret
zum Führen von Telefonaten geeignet und bestimmt sein (Vgl. OLG Karlsruhe,
Beschluss vom 27.11.2006 - 3 Ss 219/05 = NJW 2007, 240). Nach dem Wortlaut ist ein
Mobiltelefon ein mobiles Telefon, d.h. ein schnurloses, nicht unmittelbar durch ein Kabel
mit einer Telefonleitung verbundenes Gerät, mit dem Telefonate geführt werden können.
Diese Voraussetzung erfüllt das von dem Betroffenen aufgenommene und gehaltene
mobile Telefon seiner Festnetzanlage. Die Tatsache, dass der Betroffene mit diesem an
der Tatörtlichkeit aufgrund der gegebenen Entfernung zu seinem Wohnhaus aus
technischen Gründen kein Telefonat über seinen Festnetzanschluss entgegennehmen
oder führen konnte, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung des Geräts als
Mobiltelefon im Sinne des § 23 Absatz 1a StVO. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 23
Absatz 1a StVO ist die Gewährleistung, dass der Fahrzeugführer während der
Benutzung beide Hände für die Bewältigung der Fahraufgabe frei hat (Vgl. BR-Drs.
599/00, Seite 18). Voraussetzung des Tatbestandes des § 23 Absatz 1a StVO ist nicht,
dass mit dem Gerät in der konkreten Tatsituation ein Telefonat geführt werden kann.
Auch ein nicht betriebsbereites Telefon, in Folge beispielsweise eines leeren Akkus
oder technischer Störungen, fällt unter den Anwendungsbereich dieser Vorschrift.
Darauf, dass das verwendete Gerät in der konkreten Situation technisch tatsächlich als
Telefon eingesetzt werden kann, um rechtlich unter den Begriff des Mobil- oder
Autotelefons im Sinne des § 23 Absatz 1a StVO subsumiert zu werden, kommt es nicht
an. Auch der Umstand der unterschiedlichen Frequenzbereiche des von dem
Betroffenen aufgenommenen und gehaltenen mobilen Telefons seiner Festnetzanlage
und dem eines Handys führt nicht zu einer anderen rechtlichen Einordnung des Geräts
als Mobiltelefon im Sinne des § 23 Absatz 1a StVO.
9
Die Grenzen verfassungskonformer richterlicher Auslegung des gesetzlich nicht
definierten Begriffs des Mobiltelefons werden durch die vorliegende Subsumierung nicht
10
überschritten. Das Risiko einer bußgeldrechtlichen Ahndung ist für den Normadressaten
bei der hier konkret gegebenen Fallkonstellation voraussehbar. Eine Überdehnung des
Wortlautes des § 23 Absatz 1a StVO zu Lasten des Betroffenen gemessen am
allgemeinen Sprachgebrauch und Sprachverständnis und damit einen Verstoß gegen
Artikel 103 Absatz 2 GG vermag das Gericht nicht zu erkennen.
Der Betroffene hat das Mobiltelefon seiner Festnetzanlage auch im Sinne des § 23
Absatz 1a StVO benutzt. Die Benutzung schließt neben dem Gespräch im öffentlichen
Fernsprechnetz sämtliche Bedienfunktionen ein (Vgl. BR-Drs. 599/00, Seite 18). Er
umfasst nicht nur das Telefonieren, sondern auch andere Formen der
bestimmungsgemäßen Verwendung (Vgl. OLG Köln, Beschluss vom 26.06.2008, 81 Ss
- OWi 49/08= NJW 2008, 3368 ff. (3369)). Dem Wortsinn der Vorschrift unterfällt es
danach, wenn der Fahrzeugführer das Gerät zwecks Vorbereitung eines Gesprächs
oder Abhörens eines Signaltons an das Ohr hält. Diese Betätigungen stehen in einem
unmittelbaren Zusammenhang mit der Nutzung des Mobiltelefons in seiner eigentlichen
Funktion als Instrument der Kommunikation (Vgl. OLG Köln, aaO). Eine sogenannte
funktionsneutrale Handhabung - wie etwa bei einer reinen Ortsverlagerung des Geräts
innerhalb des Fahrzeugs - ohne Bezug der Handhabung zu einer der vom Mobiltelefon
zur Verfügung gestellten Funktionen, ist vor diesem Hintergrund im vorliegenden Fall
nicht gegeben.
11
IV.
12
Für einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 23 Absatz 1a StVO sieht der
Bußgeldkatalog eine Regelbuße in Höhe von 40,00 Euro vor. Eine Abweichung von
dieser Regelbuße erschien dem Gericht auch unter Berücksichtigung der besonderen
Umstände dieses Einzelfalls nicht erforderlich. Die Höhe der Geldbuße ist tat- und
schuldangemessen, um dem Betroffenen das Unrecht seines Verhaltens vor Augen zu
führen und ihn in Zukunft zu einem ordnungsgemäßen Verhalten im Straßenverkehr
anzuhalten.
13
V.
14
Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 OWiG in Verbindung mit §§ 464, 465 StPO.
15
Tatbestandsnummer: 123 500
16