Urteil des AG Bochum vom 29.05.2008

AG Bochum: ortsübliche vergütung, haftpflichtversicherung, verbraucher, auflage, nebenpflicht, beratungspflicht, angemessenheit, vollstreckbarkeit, anmerkung, verbindlichkeit

Amtsgericht Bochum, 67 C 275/07
Datum:
29.05.2008
Gericht:
Amtsgericht Bochum
Spruchkörper:
67. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
67 C 275/07
Tenor:
hat das Amtsgericht Bochum
im schriftlichen Verfahren
nach § 495 a ZPO am 29.05.2008
durch den Richter am Amtsgericht
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithilfe
werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist nach dem Sachvortrag der Parteien und der Streithelferin
unbegründet.
Der Kläger hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt weitere
Zahlungsansprüche gegen den Beklagten über den durch die
Streithelferin bereits vorgerichtlich gezahlten Betrag hinaus.
Dem steht nicht entgegen, dass die Parteien am 21.08.2007 eine
bestimmte Vergütungsvereinbarung geschlossen haben.
Es kann zunächst dahinstehen, ob der Vertrag entsprechend der
Rechtsansicht des Beklagten bzw. der Streithelferin bereits deshalb
wegen der Vergütungsregelung unwirksam ist, weil eine bestimmte
Vergütung nicht vereinbart ist sondern von der Schadenshöhe abhängt,
die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannt ist.
Nach der noch aktuellen Rechtsprechung des BGH ist dies eher nicht
Fall ( vgl. BGH NJW 2007,208 ).
Entgegen der Rechtsansicht in dem von dem Kläger zitierten Urteil des
Amtsgerichts Velbert hat der Beklagte nämlich einen
Schadensersatzanspruch gegen den Kläger in Höhe der hier
gegebenen Klageforderung aus einer positiven Verletzung seiner
vertraglichen Pflichten gem. § 280 BGB.
Der Beklagte hat seine nebenvertragliche Beratungspflicht wegen der
Abrechnungsschwierigkeiten seiner Vergütung verletzt.
Sehr wohl hat nämlich der Sachverständige grundsätzlich die
vertragliche Pflicht, den Auftraggeber auf das ihm bekannte Risiko
hinzuweisen, dass die Haftpflichtversicherung des Schädigers wegen
der sehr streitigen Frage in Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich
der Höhe der Vergütungssätze unter Umständen lediglich die nach §
632 BGB ortsüblichen und angemessenen Kosten bzw. die in den
Tabellenwerken des BVSK oder DEKRA berechneten Werte erstattet.
Die in dem vom Kläger vorgebrachten Urteil des Amtsgerichts Velbert
zitierte Meinung, die Parteien lebten in einer Marktwirtschaft, in der
unterschiedliche Preise für unterschiedliche Leistungen üblich sind
überzeugt nicht. Dabei wird nämlich verkannt, dass die Abwicklung
eines Verkehrsunfalls in aller Regel standardisiert ist und in Fällen wie
diesem immer die Haftpflichtversicherung des Schädigers als
Kostenträger in Anspruch genommen wird. Es bedarf nicht der weiteren
Begründung, dass der Beklagte bei Beauftragung des Klägers davon
ausging, das Honorar des Klägers werde wegen der eindeutigen
Haftungsquote die Streithelferin zu 100% übernehmen. Dabei trägt er
ohne es zu wissen das alleinige Risiko, dass er ohne nähere
Erkundigungen einen Sachverständigen beauftragt, der sich später im
Prozess als zu teuer erweist ( vgl. BGH a.a.O. unter Hinweis auf den
vergleichbaren Fall in BGHZ 163,362 ff. )
Maßgeblich ist allein die Tatsache, dass bei standardisierten Werk- oder
Dienstleistungen ob durch Ärzte oder Sachverständige bei einem
bekannten Streit zwischen Kostenträger und Auftragnehmer Probleme
allein für den Auftraggeber entstehen.
Selbstverständlich besteht Vertragsfreiheit. Diese kann allerdings nicht
soweit gehen, dass der gutgläubige Verbraucher ohne Hinweis auf
Regulierungsschwierigkeiten mit dem Kostenträger das Risiko alleine
trägt die Mehrkosten selbst zu tragen.
Bei einem entsprechenden Hinweis könnte der Verbraucher nämlich
weitere Erkundigungen einholen, die zur Verminderung des Risikos
führen.
Nach dem Inhalt des Parteivorbringens auch des Klägers ist diesem
genau bekannt, dass es wegen der vereinbarten Vergütungsregelung
immer wieder Probleme mit Haftpflichtversicherungen von Schädigern
und besonders der Streithelferin kommt. Dies zeigt alleine die Tatsache,
dass er z.B. selbst ein Urteil vorlegt, welches in einer eigenen Sache
ergangen ist (AG Velbert).
Darüber hinaus zitiert er weitere Entscheidungen ohne diese näher zu
bezeichnen, was deutlich macht, dass dem Kläger die Problematik
geläufig ist. Bei dieser Sachlage hätte der Kläger den Beklagten
zumindest mündlich darauf hinweisen müssen, dass das Risiko einer
Eigenbeteiligung besteht.
Der Schadensersatzanspruch besteht hier in der Befreiung von der
Verbindlichkeit in Höhe der vom Kostenträger- hier der Streithelferin -
nicht übernommenen Höhe, weil sie nur infolge der Verletzung der
vertraglichen Nebenpflicht entstanden sind (vgl. Palandt-Sprau BGB 67.
Auflage § 632 Rdz. 12 mit weiteren Nachweisen). Der Beklagte ist
nämlich so zu stellen als hätte er einen Sachverständigen beauftragt, der
die angemessene und ortsübliche Vergütung z.B. nach der Tabelle des
BVSK vereinbart hätte.
In diesem Zusammenhang dürfte dem Kläger und der Streithelferin
zwischenzeitlich bekannt sein, dass der BGH wahrscheinlich die
Tabellenwerte des BVSK im Rahmen der Angemessenheit und
Üblichkeit zugrundelegen will, sonst hätte er nicht drei Verfahren an die
Instanzgerichte zurückverwiesen, die durch Sachverständige klären
sollen, ob dieses Tabellenwerk den Anforderungen des § 632 BGB
entspricht, weil er dann im Rahmen des § 249 BGB den Schadensersatz
des Geschädigten entsprechend begrenzen will (vgl. auch die
Anmerkung zum oben zitierten BGH-Urteil in NJW 2007,455,457ff. ).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 101 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §
708 Ziff. 11, 713 ZPO.
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