Urteil des AG Bochum vom 20.01.2009

AG Bochum: veranstaltung, halle, familie, hochzeit, gefühl, wiedergabe, musik, veranstalter, öffentlich, gesellschaft

Amtsgericht Bochum, 65 C 403/08
Datum:
20.01.2009
Gericht:
Amtsgericht Bochum
Spruchkörper:
65. Abteilung des Amtsgerichts Bochum
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
65 C 403/08
Tenor:
hat das Amtsgericht Bochum
auf die mündliche Verhandlung vom 20.01.2009
durch den
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand (gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet.
Der Klägerin steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in
Höhe von 262,47 EUR wegen einer öffentlichen Musikwiedergabe mit
Musikern bei der Hochzeitsfeier des Sohnes des Beklagten am
27.05.2006 nicht zu.
Unstreitig hat der Beklagte an diesem Tag für die Hochzeitsfeier die G.-
Hallen in Dortmund angemietet und eine Lifeband hat während der
Veranstaltung Musik gespielt. Streitig ist, ob dies eine öffentliche
Wiedergabe darstellt.
Nach § 15 Abs. 3 UrhG ist eine Wiedergabe öffentlich, wenn sie für eine
Mehrzahl von Personen bestimmt ist, es ei denn, dass der Kreis dieser
Personen bestimmt abgegrenzt ist und sie durch gegenseitige
Beziehungen oder durch Beziehung zum Veranstalter persönlich
untereinander verbunden sind. Dabei ist der Begriff der persönlichen
Verbundenheit nicht eng im Sinne nur familiärer oder freundschaftlicher
Beziehungen zu verstehen. Entscheidend ist auf den engen
gegenseitigen Kontakt abzustellen, der bei den Beteiligten das
Bewusstsein hervorruft, persönlich miteinander verbunden zu sein, vgl.
LG Oldenburg, GRUR-RR 2006, 177f. Ob eine solche persönliche
Verbundenheit besteht, ist im wesentlichen eine Tatfrage, wobei
derjenige, der sich auf diesen Ausnahmetatbestand beruft, darlegungs-
und beweispflichtig ist, hier der Beklagte.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Gericht aufgrund der
Beweisaufnahme davon überzeugt, dass bei der Hochzeitsfeier vom
27.05.2006 Musik nicht öffentlich wiedergegeben worden ist.
Der Zeuge H. hat glaubhaft bekundet, dass an der Feier ca. 600 Gäste
teilgenommen haben. Die Hälfte sei von seiner Familie, die andere
Hälfte sei von der Familie der Braut eingeladen worden. Dabei habe es
sich um Verwandte und Freunde, aber auch etwa um Nachbarn
gehandelt. Jeder Gast habe zuvor eine schriftliche Einladung erhalten.
Bei der Veranstaltung selbst habe von jeder Familie eine Person die
eintreffenden Gäste in der Halle begrüßt und auf diese Weise auch die
Besucher kontrolliert. Nachdem sämtliche Gäste eingetroffen seien,
seien diese Kontrollen eingestellt worden. Außer den geladenen Gästen
habe niemand an der Feier teilgenommen, jedenfalls sei ihm nicht
bekannt, dass sich eine fremde Person in der Halle aufgehalten habe.
Der Zeuge N. hat letztlich keine abweichenden Angaben gemacht. Der
Zeuge konnte nur das wiedergeben, was in dem schriftlichen
Kontrollbericht enthalten ist, er hatte aber im Übrigen keine Erinnerung
mehr an die Kontrolle selbst. Insoweit stehen die Angaben des Zeugen
N. den Bekundungen des Zeugen H. nicht entgegen.
Wenn aber ausschließlich persönlich eingeladene Gäste an der
Veranstaltung teilgenommen haben, um mit dem Brautpaar deren
Hochzeit zu feiern, sind die Teilnehmer durch ihre jeweilige Beziehung
zum Veranstalter bzw. zum Brautpaar, persönlich untereinander
verbunden, und durch diese Verbundenheit und die Eigenart der
Veranstaltung wird unter sämtlichen Besuchern das Gefühl erzeugt, an
diesem Abend einer in sich geschlossenen Gesellschaft anzugehören.
Dieser Einordnung als nicht öffentliche Veranstaltung steht es nicht
entgegen, wenn keine strengen Einlasskontrollen unter Vorlage der
schriftlichen Einladung durchgeführt wurden und es dem Zeugen N.
ohne weiteres möglich war, die Halle zu betreten und die Feier für einige
Minuten vom Eingangsbereich aus zu beobachten. Denn für die
Einordnung als öffentliche oder nicht öffentliche Veranstaltung ist nicht
das Maß der Kontrollen entscheidend. Es kommt vielmehr auf die
persönliche Verbundenheit der Teilnehmer und ihr Gemeinschaftsgefühl
an, was nicht dadurch beeinträchtigt wird, dass sich einzelne, fremde
Personen unberechtigt Zutritt zu der Veranstaltung verschaffen oder
verschaffen können.
Auch die relativ hohe Zahl der geladenen Gäste rechtfertigt keine
abweichende Beurteilung. Wie die verschiedenen ähnlich gelagerten
Fälle, die bereits vor dem Amtsgericht Bochum anhängig waren, zeigen,
ist eine große Hochzeitsfeier mit hunderten geladenen Gästen im
türkischen Kulturkreis nicht unüblich, wobei auch weit entfernte
Verwandte und neben engen Freunden auch Bekannte und Nachbarn
eingeladen werden. Allein aus diesem Umstand kann aber nicht
gefolgert werden, dass unter den Gästen der Hochzeitsfeier nicht das
Gefühl und Bewusstsein der persönlichen Beziehung zum Brautpaar
besteht.
Im Ergebnis ist damit davon auszugehen, dass die türkische Hochzeit
vom 27.05.2006 eine nicht öffentliche Veranstaltung war, so dass für die
hierbei erfolgte Musikwiedergabe ein Gebührenanspruch der Klägerin
nicht entstanden ist.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus
§§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
(Hier Freitext: Tatbestand, Gründe etc.)
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