Urteil des AG Bielefeld vom 05.06.2002

AG Bielefeld: eigenes verschulden, berechtigung, rechnungslegung, sorgfalt, datum, form, geschädigter, verkehrsunfall

Amtsgericht Bielefeld, 42 C 955/01
Datum:
05.06.2002
Gericht:
Amtsgericht Bielefeld
Spruchkörper:
Abteilung 42
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
42 C 955/01
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
(
Tatbestand + Entscheidungsgründe:
1
Dem Kläger stehen keine Ansprüche auf Ausgleich der von ihm behaupteten Zahlung
an den Sachverständigen M. zu. Zwar hat der Kläger - was zwischen den Parteien
unstreitig ist - einen Anspruch auf Ersatz sämtlicher Schäden aus dem Verkehrsunfall
vom 00.00.000 . Dieser Anspruch erstreckt sich aber deshalb nicht auf die Kosten des
Sachverständigen, weil die Begleichung der Rechnung des Sachverständigen einen
Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht des Klägers darstellt.
2
Es ist insoweit zunächst festzuhalten, dass der Kläger nicht verpflichtet war, die
Rechnung des Sachverständigen zu begleichen. Dem Sachverständigen stand nämlich
zumindest kein fälliger Anspruch auf Begleichung seiner Rechnung zu. Dies ergibt sich
daraus, dass die Rechnung bereits angesichts des sehr überschaubaren Umfangs des
Gutachtens als auffällig hoch erscheint und sie zum anderen in keiner Form nachprüfbar
ist. Es ist nicht einmal erkennbar, dass und in welcher Weise ein Zusammenhang
zwischen der Schadenshöhe und der Rechnung besteht. Auf einen solchen
Zusammenhang soll der Sachverständige aber mündlich abgestellt haben. Da nicht
einmal ein derartiger Bezug hergestellt ist, genügt es hier nur am Rande darauf
hinzuweisen, dass das Gericht einer solchen Berechnungsmethode auch mit
erheblicher Skepsis gegenübersteht. Es liegt auf der Hand, dass ein Zusammenhang
des Arbeitsaufwandes mit der Schadenshöhe nicht bestehen muss. Der Verweis auf die
Vergütungspauschalen im Anwaltsvergütungsrecht kann nicht zu einer anderen
Beurteilung führen. Die Vergütungspauschalen für Rechtsanwälte hat der Gesetzgeber
schließlich gerade deswegen festgesetzt, weil ohne eine derartige gesetzliche
Festsetzung gerade keine Pauschalen verlangt werden könnten. Demgemäß muss sich
die analoge Heranziehung derartiger gesetzlicher Regelungen für nicht gesetzlich
erfaßte Berufsgruppe verbieten.
3
Wenn demgemäß zunächst festzuhalten ist, dass der Kläger nicht zur Begleichung der
Rechnung des Sachverständigen verpflichtet war, so hat er sich weiterhin die dennoch
erfolgte Zahlung als Verstoß gegen seine aus § 254 BGB folgende
Schadensminderungspflicht zurechnen zu lassen. Da eine Zurechnung mangels
Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Sachverständigen nicht nach § 278 BGB erfolgen
kann, muss sich ein Geschädigter regelmäßig nur eigenes Verschulden zurechnen
lassen. Ein derartiger Fall eigenen Verschuldens liegt hier aber jedenfalls in der
Begleichung der Rechnung des Sachverständigen. Dabei ist dem Gericht bewußt, dass
es grundsätzlich nicht Sache eines Geschädigten sein kann, etwa detailliert
nachzuvollziehen, welche Positionen einer Gutachterrechnung ihre Berechtigung haben
und welche nicht. Ein derartiges Risiko muss grundsätzlich auf Seiten des für den
Gesamtvorgang schließlich zunächst verantwortlichen Schädigers liegen. Eine Grenze
hat diese Risikozuordnung aber jedenfalls in den Fällen zu finden, in denen sich auch
für den Laien sofort Zweifel an der Berechtigung der Rechnung ergeben müssen. Eine
derartige Konstellation liegt hier vor. Es soll dem Kläger ohne weiteres abgenommen
werden, dass er nicht über die Sachkunde verfügte, um zu beurteilen, wie eine
Gutachterrechnung auszusehen hätte und welche Höhe sie erreichen dürfte. Auch als
durchschnittlicher Autofahrer hätte er aber angesichts des Umfangs des Gutachtens, der
Höhe der Rechnung und der Art der Rechnungslegung auf einer genaueren bestehen
müssen. Es muss hier die Frage erlaubt sein, ob der Kläger auch derart widerspruchslos
gezahlt hätte, wie er es offensichtlich getan hat, wenn er nicht darauf vertraut hätte, dass
eine dritte Seite letztlich die Kosten übernimmt. Zweifel erscheinen angebracht.
4
Der Kläger hat demgemäß nicht die Sorgfalt, die von ihm in der Wahrnehmung eigener
Angelegenheiten zu erwarten gewesen wäre, an den Tag gelegt. Die dadurch
entstandene Schadensausweitung fällt in seine Sphäre, und nicht mehr in die des
Schädigers.
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Die Klage war demgemäß abzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11 ZPO.
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