Urteil des AG Berlin-Mitte vom 14.03.2017

AG Berlin-Mitte: radiologische untersuchung, unfall, vollstreckung, link, quelle, sammlung, schmerzensgeld, halswirbelsäulenverletzung, haftpflicht, trauma

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Gericht:
AG Berlin-Mitte
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
109 C 3082/06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 249 BGB, § 286 ZPO
Haftung bei Auffahrunfall: HWS-Trauma bei
Geschwindigkeitsänderung unterhalb der Bagatellgrenze
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
11/10 des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 11/10 des
jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
Am 19. Oktober 2004 war die Klägerin Beifahrerin eines von Herrn K geführten Pkw. Der
bei der Beklagten Kraft-Haftpflicht versicherte Herr R verursachte in Schulzendorf in der
E-Straße Höhe Hausnummer ... einen Auffahrunfall, indem er auf das Kraftfahrzeug
auffuhr, in dem sich die Klägerin als Beifahrerin befand.
Die Klägerin behauptet, sie habe bei diesem Unfall eine Halswirbelsäulenverletzung,
nämlich ein Halswirbelsäulenschleudertrauma sowie eine Prellung der linken Schulter
und eine Lendenwirbelprellung erlitten. Sie sei in der Zeit vom 29. bis zum 31. Oktober
2004 zu 100 % arbeitsunfähig krank gewesen und habe unfallbedingt eine Zervikalstütze
tragen müssen. Die ihr angeblich unfallbedingt zustehenden Schadensersatzansprüche
beziffert die Klägerin wie folgt:
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.387,31 Euro sowie weitere 79,17 Euro jeweils
zzgl. 5 %-Punkte Zinsen über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Klagezustellung
(23. März 2006) zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte bestreitet ausdrücklich die angeblichen unfallbedingten Verletzungen der
Klägerin, da der Kraftwagen, in dem sich die Klägerin befunden habe, durch den
streitgegenständlichen Unfall allenfalls eine Geschwindigkeitsänderung von 6 km/h
erfahren habe und bei dieser geringfügigen Geschwindigkeitsänderung – so meint die
Beklagte – die von der Klägerin behaupteten Verletzungsfolgen nicht hätten eintreten
können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der
von ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Das Gericht hat Gemäß Beweisbeschluss vom 27. Oktober 2006 Beweis erhoben durch
Einholung eines biomechanischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses
der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des vom Gericht beauftragten
Sachverständigen Dipl.-Ing. D vom 27. März 2007 Bezug genommen.
Mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren haben sich die Parteien einverstanden
erklärt.
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Entscheidungsgründe
Die auf § 3 PflVG gestützte Klage ist unbegründet.
Die Klägerin ist nicht berechtigt, von der Beklagten Zahlung eines Schmerzensgeldes
und Ersatz vermeintlich unfallbedingt erforderlicher Heilbehandlungskosten aufgrund des
streitgegenständlichen Verkehrsunfalls zu verlangen, da dem Gericht nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme erhebliche Zweifel daran verbleiben, dass die Klägerin bei
dem Auffahrunfall in dem von ihr behaupteten Umfang verletzt worden ist.
Nach den gutachterlichen Ausführungen des vom Gericht beauftragten
Sachverständigen Dipl.-Ing. Devrient, an den zu zweifeln das Gericht keinen Anlass
gesehen hat, ist bereits aus biomechanischer Sicht eine Verletzung als unwahrscheinlich
anzusehen, da der Kraftwagen, in dem sich die Klägerin zur Unfallzeit befand, durch den
Anstoß eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von lediglich 5-8 km/h
erfahren hat.
Um bei den Insassen eines vorausfahrenden Kraftfahrzeuges ein
Halswirbelsäulenschleudertrauma zu erzeugen, ist ein Aufprall des auffahrenden
Kraftfahrzeuges mit einer Beschleunigungswirkung von über 10 km/h erforderlich (so
auch Landgericht Berlin, Beschluss vom 4. November 1999 – 59 T 18/99). Die
Feststellungen des vom Gericht beauftragten Sachverständigen erlauben lediglich den
sicheren Schluss auf eine Geschwindigkeitsänderung von 5h km/h, ein Wert, der deutlich
unterhalb der sog. Bagatellgrenze von 10 km/h liegt. Angesichts dieser Feststellung sind
erhebliche Zweifel begründet, dass die Klägerin in der behaupteten Art und Weise
überhaupt eine messbare körperliche Beeinträchtigung bei Unfall erfahren und die
angeblichen Verletzungen erlitten hat. Diese Zweifel gehen mit der Folge zu Lasten der
Klägerin, dass eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung eines auch nur anteiligen
Schmerzensgeldes ebenso wenig in Betracht kommt wie die Verurteilung zum Ersatz
etwaiger Heilbehandlungskosten.
Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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