Urteil des AG Aachen vom 27.07.2007
AG Aachen: mitgliedschaft, kündigung, verwaltungsgebühr, datum, leasing, geschäftsraummiete, vermieter, disposition, abhängigkeit, erwerbstätigkeit
Amtsgericht Aachen, 11 C 70/07
Datum:
27.07.2007
Gericht:
Amtsgericht Aachen
Spruchkörper:
Einzelrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 C 70/07
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des gegen sie zur Vollstre-ckung
kommenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher in
gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Tatbestand
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Die Klägerin betreibt ein Fitnessstudio. Die Beklagte schloss mit Datum vom 02.03.05
einen Vertrag über die Mitgliedschaft bei der Klägerin, in dem es wie folgt heißt:
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"Die Mitgliedschaft beginnt zum 06.04.05 ..... Die Mitgliedschaft kann bei Einhaltung der
Frist von 6 Wochen frühestens zum Ende von 24 zahlaktiven Monaten gekündigt
werden. Erfolgt keine schriftliche Kündigung, verlängert sich die Mitgliedschaft um
weitre 12 Monate!"
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Weiter heißt es wie folgt:
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"Der Mitgliedsbeitrag ist jeweils im Voraus zu entrichten. Gerät das Mitglied mit
mindestens 3 Teilbeträgen in Verzug, so werden die gesamten Beiträge zur sofortigen
Zahlung fällig."
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Vereinbart waren 14-tägige Beiträge von 19,99 Euro, eine Verwaltungsgebühr von
49,99 Euro, die zum Beginn der Mitgliedschaft zu zahlen war und – ab dem 3.
Mitgliedschaftsmonat – eine jährliche Servicepauschale von 29,99 Euro.
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Aufgrund von Rückenproblemen kündigte die Beklagte den Vertrag mit Schreiben vom
13.10.05. Diese Kündigung wurde von der Klägerin nur als fristgerechte Kündigung zum
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Ablauf der ab dem 06.04.05 beginnenden 2-Jahresfrist, also zum 05.04.07, akzeptiert,
wobei es in einem späteren Schreiben, nämlich vom 05.10.06, heißt, die Klägerin
bestätige das Ende der Mitgliedschaft zum 05.05.07.
Die Klägerin, die die von der Beklagten behauptete Sportunfähigkeit bestreitet, verlangt
mit der vorliegenden Klage 52 Mitgliedsbeiträge zu je 19,99 Euro, die
Verwaltungsgebühr von 29,99 Euro und 2 Servicepauschalen in Höhe von 29,99 Euro,
zusammen 1.149,45 Euro, wovon sie von der Beklagten geleisteten Zahlung von 406,62
Euro in Abzug bringt.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 750,35 Euro nebst Zinsen in Höhe von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 22.03.06 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hält den Vertrag im Hinblick auf die mehr als 2-jährige Laufzeitbindung für
unwirksam. Darüber hinaus ist sie der Auffassung, dass auch die Vorfälligkeitsklausel
unwirksam sei. Ihre ärztlich attestierte Erkrankung führe schon nach dem Vertrage
jedenfalls zum beitragsfreien Ruhen der Mitgliedschaft. Letztlich stelle ihre Kündigung
eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grunde dar, die durch das
Klauselvertragswerk nicht ausgeschlossen werden könne.
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Die Klägerin ist der Auffassung, dass der geschlossene Vertrag als Mietvertrag zu
qualifizieren ist und daher nicht unter die Laufzeitregelung des § 309 Ziffer 9 BGB falle.
Die Vertragsbindung sei ebenso wirksam wie die Vorfälligkeitsklausel, abgesehen
davon, dass zwischenzeitlich die vereinbarte Vertragslaufzeit abgelaufen sei. Die von
der Beklagten behauptete krankheitsbedingte Sportuntauglichkeit bestreitet die
Klägerin.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze und der von ihnen zur Akte gereichten Unterlagen ergänzend
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe
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´Die Klage ist nicht begründet.
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Nach Auffassung des Gerichts ist der Vertrag wegen der mehr als 2-jährigen
Laufzeitbindung nicht wirksam. Ein Vertrag, der wie hier, die Benutzung der Einrichtung
eines Sportstudios beinhaltet, ist nach Auffassung des Gerichts ein typengemischter
Vertrag. Der streitgegenständliche Vertrag ist ebenso Dienstvertrag, was sich nicht nur
aus den zu zahlenden "Servicepauschalen’" (in anderen Fitnessstudios
Trainingspauschalen bezeichnet, was jedoch nichts anderes bezeichnet) und eine von
der Beklagten vorgelegten Werbung der Kundschaft durch die Klägerin mit einer
Vielzahl von Trainings- und Betreuungsangeboten, die reinen Dienstcharakter haben.
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Daher unterscheidet sich der Vertrag mit einem Fitnessstudio auch eindeutig von den
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aus § 309 Ziffer 9 ausgenommenen Mietverträgen.
Das Gericht teilt auch nicht die Auffassung, dass bei typengemischten Verträgen § 309
Ziffer 9 BGB dann auszuscheiden habe, wenn der Mietvertragscharakter überwiegen
soll. Diese "Schwerpunkttheorie" wird der Intension des Gesetzgebers zu § 309 Ziffer 9
BGB und der Herausnahme von Mietverträgen aus dieser Vorschrift nicht gerecht. Der
Leitbedanke, der den Gesetzgeber seinerzeit dazu bewogen hatte,
Gebrauchsüberlassungsverträge von der Anwendung des § 309 Nr. 9 auszunehmen,
lag die Überlegung zu Grunde, dass es sich bei den Gebrauchsüberlassungsverträgen
häufig um Investitionsintensive Leasing- und Mietverträge handelte, für die eine längere
Laufzeit auch dann vereinbart können werden muss, wenn es sich bei dem jeweiligen
Mieter um einen Nichtkaufmann handelt (vgl. hierzu LG Kiel, Urteil vom 28.10.04, 1 S
141/04 m.w.N.). Anders als beispielsweise bei der Wohn- aber auch der
Geschäftsraummiete, bei der nicht nur der Vermieter, sondern auch der Mieter häufig ein
Interesse an einer langfristigen Disposition hat, da es sich bei den angemieteten
Objekten um die Grundlage seiner Erwerbstätigkeit oder seines persönlichen
Lebensraumes handelt, ist die Benutzung von Fitnessgeräten in einem Studio, wie es
die Klägerin betreibt, bei den Kunden des Fitnessstudios einem, beispielsweise auf
Grund der Abhängigkeit von momentanen persönlichen Neigungen, aber auch von
physischen oder pshysischen Konstitutionen nicht selten wandelunterworfen. Da
jedenfalls die Anleitung und Betreuung einen Teil der vertraglichen Leistung der
Klägerin ausmacht, ist nach Auffassung des Gerichts hier § 309 Ziffer 9 BGB unmittelbar
anzuwenden.
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Mit der Unterschrift unter dem Vertrag am 02.03.05 begann die vertragliche Bindung der
Beklagten, aus der sie sich nach dem Vertrage nicht lösen konnte. Da die eigentliche
Mitgliedschaft und damit die Beitragspflichtigkeit erst am 06.04.05 begann und nach
dem Vertrage frühestens zum Ende von 24 zahlaktiven Monaten gekündigt werden
konnte, war die Beklagte länger als 24 Monate an den Vertrag gebunden. Diese Klausel
ist nach der vorstehend herangezogenen Bestimmung unwirksam. Eine
geltungserhaltende Reduktion auf eine "angemessene" Laufzeit oder eine Laufzeit
unbestimmter Länge verbietet sich. Selbst wenn man aber Letzteres annehmen wollte,
wäre der Vertrag durch die Kündigung der Beklagten beendet worden.
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Nach alledem steht der Klägerin ein Anspruch auf Mitgliedsbeitrag nicht mehr zu, so
dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1 und 708 Nr. 11,
711 ZPO.
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Becker
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Richter am Amtsgericht
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