Urteil des AG Aachen vom 03.09.2009

AG Aachen (mieter, treu und glauben, kläger, vermieter, adresse, fristlose kündigung, wohnung, anschrift, auskunft, mietvertrag)

Amtsgericht Aachen, 112 C 51/09
Datum:
03.09.2009
Gericht:
Amtsgericht Aachen
Spruchkörper:
112. Abteilung des Amtsgerichts
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
112 C 51/09
Tenor:
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die ladungsfähige Anschrift der
Gesellschaft seiner Vermieterin auf Grund des Wohnungsmietvertrages
über die Wohnung T-straße 26 in B (2. OG) links zu benennen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gegen diese Entscheidung wird die Berufung wird zugelassen.
T a t b e s t a n d
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Der Kläger mietete zum 15.11.2008 die Wohnung im 2. Obergeschoss links, T-straße
276 in B. Die Vermieterin, eine "L GBR, B", wurde bei dem Vertragsabschluss durch den
Beklagten vertreten. Der Beklagte wurde von der L GbR als Hausverwalter beauftragt.
Es wird auf den Mietvertrag und den Hausverwaltungsvertrag vom 04.12.1997, Blatt 4 ff.
und 51 ff der Akte, Bezug genommen.
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Nachdem es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten hinsichtlich der
Installation/Entfernung einer Satellitenschüssel kam, forderte der Kläger mit Schreiben
seiner Prozessbevollmächtigten vom 06.02.2009 den Beklagten auf, ihm zur
Geltendmachung seiner prozessualen Rechte die Namen der Gesellschafter und die
ladungsfähige Anschrift der Vermieterin mitzuteilen.
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Der Beklagte verweigerte die Angabe der Adresse der Vermieterin mit der Begründung,
die L GbR wünsche keine unmittelbare Kontaktaufnahme mit den Mietern und wolle
ausschließlich über den mit der Wohnungs- und Hausverwaltung beauftragten Verein,
den Beklagten, mit ihren Mietern in Verbindung treten.
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Der Kläger ist der Ansicht, es bestehe eine Verpflichtung des Beklagten als
Hausverwalter, die Adresse des Vermieters mitzuteilen. Die Verweigerung dieser
Auskunft sei unredlich und treuwidrig, weil damit die Durchsetzung der Rechte des
Mieters erschwert würde. Es sei unbillig, den Mieter auf die Möglichkeit zu verweisen
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Mieters erschwert würde. Es sei unbillig, den Mieter auf die Möglichkeit zu verweisen
durch eine Mietminderung oder die Ausübung eines Zurückbehaltungsrecht Druck auf
den Vermieter auszuüben, denn damit müsse der Mieter in Kauf nehmen, dass eine
fristlose Kündigung ausgesprochen würde.
Der Kläger beantragt,
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den Beklagte zu verurteilen, ihm die ladungsfähige Anschrift der Gesellschaft
seiner Vermieterin auf Grund des Wohnungsmietvertrages über die Wohnung
T-straße 26 in B (2. OG) links zu benennen.
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hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, die ladungsfähige Anschrift und die
vollständige und korrekte Bezeichnung der Vermieterin auf Grund des
Wohnraummietvertrages über die Wohnung T-straße 26 in B (2. OG) links zu
benennen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte ist der Ansicht, der Kläger könne die Vermieterin "L GbR" über den
beklagten Verein ansprechen und gegebenenfalls verklagen. Er könne die Daten nicht
herausgeben, ohne seine Vertragspflichten zu verletzen, weil der Vermieter einer
Herausgabe der persönlichen Daten nicht zustimme. Weiterhin sei der Kläger nicht
darauf angewiesen, von dem Beklagten die vollständige korrekte Bezeichnung der
Vermieterin zum Mietvertrag über die Wohnung T-straße 26 in B zu erhalten. Diese
könne er durch die Grundbucheinsicht ermitteln.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Dem Kläger steht gegen den Beklagten ein Recht auf Erteilung einer Auskunft der
ladungsfähigen Anschrift des Vermieters jedenfalls nach den Grundsätzen von Treu und
Glauben gemäß § 242 BGB zu.
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Zwischen den Parteien besteht eine Sonderverbindung, die ein Auskunftsrecht des
Klägers als Mieter gegen den Hausverwalter begründet (vgl. hiezu auch OLG
Düsseldorf, BauR 2000, 1210-1212). Der Beklagte als Hausverwalter tritt im Verhältnis
zum Kläger als Vertreter des Vermieters auf. Er hat umfassende Regelungsbefugnis und
übt aufgrund der nicht bekannt gegebenen Identität und Adresse des Vermieters dessen
Rechte gegenüber dem Kläger im Wesentlichen aus. Abgeleitet aus dem
Vertragsverhältnis zwischen dem Kläger als Mieter und dem von dem Beklagten
vertretenen Vermieter ergeben sich auch für den Beklagten aufgrund seiner Position als
umfassender Vertreter Nebenpflichten aus dem Vertragsverhältnis seines Auftraggebers
gegenüber dem Mieter. Insoweit ist der hier zu entscheidende Fall auch nicht mit dem
Sachverhalt vergleichbar, der dem vom Beklagten angeführten Urteil des Landgerichts
Aachen vom 17.03.2009 (Az. 8 O 449/07; WuM 2009, 341 f.) zugrunde lag. Dort war
nämlich gar kein Mietvertrag zustandegekommen. Bei einem bestehenden Mietvertrag
ist dagegen eine Auskunftspflicht des Beklagten hinsichtlich der Adresse des
Vermieters aus Billigkeitsgründen jedenfalls dann gemäß § 242 BGB zu gewähren,
wenn die außergerichtlichen Verhandlungen gescheitert und nunmehr der Klageweg
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beschritten werden soll (vgl. etwa AG Recklingshausen WuM 1997, 485; AG Hamburg
NJW-RR 1989, 666; AG Berlin-Mitte, Urteil vom 14.01.1994, Az. 10 C 440/93; von einer
Auskunftspflicht des Hausverwalters gegenüber dem Werkunternehmer - OLG
Düsseldorf, BauR 2000, 1210-1212). Da in diesem Fall der Vermieter selbst als Partei in
Anspruch genommen werden muss, ist es auch geboten, dem Mieter die für die
Klageerhebung notwendigen Angaben, in diesem Fall zumindest die Adresse der "L
GbR", mitzuteilen. Diese Mitteilung ist erforderlich, damit die Parteibezeichnung – auch
für eine mögliche Vollstreckung – vollständig erfolgt. Die Nennung der Adresse des
Beklagten als zustellungsfähige Adresse bei einer Klage gegen den Vermieter bereitet
spätestens bei der Durchführung der Vollstreckung Schwierigkeiten, da eine
Vollstreckung sicherlich nicht bei dem Beklagten erfolgen kann.
Weiterhin ist es unbillig, den Mieter auf die Auskunft des Grundbuchamtes hinsichtlich
der genauen Angaben des Eigentümers zu verweisen, wenn er ernsthaft eine Klage
erheben will, worauf hier schon die Einschaltung eines Rechtsanwaltes hinweist. Die
Auskunft aus dem Grundbuchamt kann das Auskunftsbegehren des Mieters nicht in
jedem Fall erfüllen. Denkbar ist es nämlich auch, dass die im Grundbuch
ausgewiesenen Eigentümer nicht zwangsläufig auch die Vermieter sind.
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Zudem führt die durch die Zulassung des Auskunftsbegehrens erforderliche
Einschränkung der Interessen des Beklagten und des Vermieters an der Geheimhaltung
der Person und der Adresse des Vermieters nicht zu einer unbilligen Benachteiligung.
Der Wille des Vermieters, sich vor den Alltagsanfragen seiner Mieter zu schützen und
sich daher bei der Abwicklung dieser Fragen von dem Beklagten vertreten zu lassen, ist
grundsätzlich zu respektieren. Dieser ist jedoch aus Billigkeitsgründen dann
einzuschränken, wenn eine Regelung durch den Beklagten als Hausverwalter nicht
mehr erfolgen kann, weil der Klageweg beschritten werden muss, also die zu
verklagende Partei der Vermieter ist. Dann hat das Schutzbedürfnis des Vermieters
zurückzustehen. Schließlich wird die Adresse nicht irgendeinem Dritten, sondern dem
Mieter als Vertragspartner des Vermieters mitgeteilt. Der Vermieter hat sich den Mieter
als Vertragspartner ausgesucht, so dass er auch damit rechnen muss, sich
gegebenenfalls auch persönlich mit diesem im Prozess auseinander zu setzen. Zudem
erhält der Mieter bei einem gerichtlichen Verfahren Kenntnis von der Adresse des
Vermieters, ob nun gegebenenfalls durch Nachforschungen des Mieters beim
Grundbuchamt oder durch die Angaben des Beklagten als Hausverwalter. Der Schutz
des Vermieters durch den Vertrag mit dem Beklagten ist dadurch in jedem Fall bei
einem gerichtlichen Verfahren eingeschränkt. Wenn der Beklagte hierüber
hinausgehende vertragliche Verpflichtungen gegenüber dem Vermieter eingeht, können
diese bei einer Interessenabwägung nicht zum Nachteil des Mieters berücksichtigt
werden und dazu führen, dass der Mieter gegebenenfalls umfassende, eventuell sogar
erfolglose Nachforschungen bezüglich seines Vermieters vornehmen muss. Dies ist
dem Mieter nicht zumutbar.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711,
713 ZPO.
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Die Berufung war gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zuzulassen, denn der Rechtsstreit
hinsichtlich der Auskunftsverpflichtung eines Hausverwalters über den Vermieter ist von
grundsätzlicher Bedeutung.
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Streitwert: 300,- €
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Brantin
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Richterin am Amtsgericht
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