Urteil des AG Aachen vom 26.08.2009

AG Aachen (kläger, fortsetzung des mietverhältnisses, wohnung, vermieter, kündigung, zustand, begründung, mieter, beendigung, verwertung)

Amtsgericht Aachen, 110 C 202/09
Datum:
26.08.2009
Gericht:
Amtsgericht Aachen
Spruchkörper:
Abteilung 110
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
110 C 202/09
Tenor:
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird für den Zeitraum bis zum 08.07.2009 auf 4.454,40 €
und für den Zeitraum danach auf bis 2.000,00 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1
Der Kläger hatte als Eigentümer der Eigentumswohnung in dem Haus H-Straße in I
diese Wohnung ab 01.09.2004 an die Beklagten vermietet, und zwar zu einem
Nettomietzins von 371,20 € monatlich. Mit Schreiben vom 13.03.2009 kündigte der
Kläger gegenüber den Beklagten das Mietverhältnis zum 30.06.2009, wobei das
Schreiben an die Eheleute C gerichtet war und folgenden Text enthält:
2
"Kündigung: Sehr geehrter Herr C, da ich die Wohnung verkaufe, dieses aber nur
leerstehend kann, kündige ich hiermit das bestehende Mietverhältnis zum 30.06.2009."
Der von den Beklagten beauftragte Mieterschutzverein bezeichnete die
Kündigungserklärung des Klägers diesem gegenüber als unwirksam.
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Der Kläger verkaufte die Wohnung, die die Beklagten angemietet hatten, wobei der
Kläger sich gegenüber dem Verkäufer verpflichtete, an diesen eine monatliche
Konventionalstrafe von 550,00 € zu zahlen, sofern die Wohnung nicht bis zum
30.06.2009 geräumt sein würde.
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Im vorliegenden Rechtsstreit begehrte der Kläger eine Verurteilung der Beklagten zur
geräumten Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung zum 30.06.2009. Im
vorliegenden Rechtsstreit stritten die Parteien insbesondere über die Wirksamkeit der
von dem Kläger ausgesprochenen Kündigung.
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Nachdem die Beklagten am 03.07.2009 die Wohnung geräumt an den Kläger
zurückgegeben hatten, haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der
Hauptsache für erledigt erklärt. Sie beantragen wechselseitig Kostenbelastung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
Bezug genommen.
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Nachdem das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist, hatte das Gericht nur noch über
die Kosten des Verfahrens zu entscheiden.
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Diese Entscheidung richtete sich nach § 91 a ZPO. Danach waren die Kosten des
Rechtsstreits dem Kläger aufzuerlegen. Denn unter Berücksichtigung des bisherigen
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Sach- und Streitstandes wäre der Kläger ohne das hauptsacherledigende Ereignis
voraussichtlich unterlegen in diesem Rechtsstreit.
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Die von dem Kläger ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses vom 13.03.2009
war formell unwirksam, weil eine ausreichende schriftliche Begründung des von dem
Kläger für sich in Anspruch genommenen Kündigungsgrundes in dem
Kündigungsschreiben nicht enthalten war.
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Der Kläger hatte als Vermieter die Kündigung schriftlich vorzunehmen, wobei die
Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters in dem Kündigungsschreiben
anzugeben waren, §§ 568 Abs. 1, 573 Abs. 3 Satz 1 BGB.
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Der Kläger hatte sich zur Begründung seines berechtigten Interesses an der
Beendigung des Mietverhältnisses auf den Kündigungsgrund des § 573 Abs. 3 Nr. 3
BGB berufen, nämlich dass der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses
an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert ist
und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde.
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Dieser Kündigungsgrund ist von dem Kläger in seinem extrem kurzen
Kündigungsschreiben nicht ansatzweise vernünftig und für die Beklagten als Mieter
nachvollziehbar begründet worden. Die gesetzlich vorgeschriebene Begründung des
berechtigten Interesses des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnis hat
insbesondere den Zweck, dem Mieter zum frühest möglichen Zeitpunkt Klarheit über
seine Rechtsposition zu verschaffen. Er soll damit in die Lage versetzt werden,
rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen. Der Mieter
hat ein besonderes Interesse daran, nicht schon dann weichen zu müssen, wenn der
Vermieter lediglich ein Räumungsbegehren an ihn richtet (vgl.
Bundesverfassungsgericht in WuM 1993, 233, 234). Deshalb ist bei einer Kündigung
wegen wirtschaftlicher Verwertung zwar keine Kalkulation notwendig, jedoch eine
nähere Darlegung, dass bzw. in welcher Höhe der Vermieter bei einer Veräußerung der
Wohnung in vermietetem Zustand einen geringeren Kaufpreis erzielen würde als im
unvermieteten Zustand. Insoweit hilft dem Vermieter auch nicht der Erfahrungssatz, dass
unbewohnte Wohnungen einfacher als vermietete zu verkaufen sind. Wenn auch keine
überzogenen Anforderungen an das Kündigungsschreiben gestellt werden können, so
sind doch nähere Angaben von dem Vermieter dazu zu machen, ob und mit welchem
Ergebnis er versucht hat, die betreffende Eigentumswohnung in vermietetem Zustand zu
verkaufen und welche Angebote ihm demgegenüber vorliegen hinsichtlich eines
Verkaufs in unvermietetem Zustand.
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Anderenfalls sind die notwendigen Tatsachen, auf die der Vermieter sein
Kündigungsrecht stützt, nicht ausreichend dargelegt in dem Kündigungsschreiben.
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Insoweit hilft dem Kläger auch nicht, dass er nach dem Kündigungsschreiben in dem
Schriftwechsel mit dem Mieterschutzverein Angaben dazu gemacht hat, dass der Käufer
der Wohnung diese nur in unvermietetem Zustand haben möchte und der Kläger
dementsprechend eine Konventionalstrafe bezahlen muss, sofern die Beklagten die
Wohnung nicht bis zum 30.06.2009 geräumt haben. Denn der Vermieter kann nicht mit
dem Verkauf der Wohnung mit entsprechend ausgehandelten Konditionen mit dem
Verkäufer die Beklagten vor vollendete Tatsachen stellen, um damit die gesetzlichen
Voraussetzungen des berechtigten Interesses im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB
begründen, denn dann könnte jeder Vermieter durch Abschluss eines entsprechenden
Vertrages die Voraussetzungen des Gesetzes zum Nachweis diese
Kündigungsgrundes umgehen.
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Somit lag keine ausreichend begründete Kündigungserklärung des Klägers vor, so dass
voraussichtlich seine Kündigungsklage keinen Erfolg gehabt hätte. Die bloße Tatsache,
dass die Beklagten freiwillig während des Rechtsstreites dem Räumungsbegehren des
Klägers nachgekommen sind, ändert daran nichts. Denn die Beklagten haben während
des gesamten Rechtsstreites ausdrücklich betont, dass sie die Wohnung nicht deshalb
räumen, weil sie die Kündigungserklärung des Klägers als wirksam ansehen, sondern
aus anderen Gründen, die mit der schwierigen Beziehung der Parteien zu tun hat. Das
aber entlastet den Kläger nicht.
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Schneiders
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