Urteil des AG Aachen vom 20.10.2008

AG Aachen: deckung, zahlungsunfähigkeit, absicht, druck, anfechtbarkeit, realisierung, datum, zwangsvollstreckung

Amtsgericht Aachen, 108 C 259/08
Datum:
20.10.2008
Gericht:
Amtsgericht Aachen
Spruchkörper:
108. Zivilabteilung
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
108 C 259/08
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Ohne Tatbestand gemäß § 313 a Abs.1 Satz 1 ZPO.
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Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unbegründet.
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Die von dem Kläger angefochtene Rechtshandlung, vorliegend die Realisierung von
Forderungen der Beklagten gegenüber dem Insolvenzschuldner im Wege der
Zwangsvollstreckung, führen nicht zu einem Rückerstattungsanspruch zur Masse.
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Geht man von einer sogenannten kongruenten Deckung aus, so käme als
Anfechtungstatbestand hier nur § 130 Abs. 1 Ziffer 1) InsO in Betracht. Hierzu ist jedoch
Voraussetzung, dass der Gläubiger, die Beklagte, zur Zeit der Vornahme der
Rechtshandlung die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kannte. Davon ist nicht
auszugehen, wird auch nicht substantiiert vorgetragen.
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Geht man von einer inkongruenten Deckung aus, so kommt § 131 Abs. 1 Ziffer 2 oder
Ziffer 3 InsO als Anfechtungstatbestand in Betracht. Ziffer 3 scheidet vorliegend deshalb
aus, weil die Kenntnis von der Insolvenzgläubigerbenachteiligung nicht behauptet wird.
Was Ziffer 2) angeht, so ist zu beachten, dass gemäß § 131 Abs. 1 die Anfechtbarkeit
einer bei Rechtshandlung bei inkongruenter Deckung nur dann gegeben ist, wenn eine
Befriedigung ermöglicht wird, die der Gläubiger nicht, nicht in der Art oder nicht zu der
Zeit, in der die Befriedigung stattgefunden hat, zu beanspruchen hatte. Davon kann aber
vorliegend nicht ausgegangen werden. Vielmehr hatte die Beklagte schon lange vor
dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen fälligen Anspruch, der auch
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vor der in § 131 Abs. 1 Ziffer 2 und 3) InsO statuierten Fristen längst tituliert war. Allein
der Umstand, dass der Schuldner in dem Zeitpunkt, in dem der Gläubiger Befriedigung
erlangt, zahlungsunfähig war, so dass die Voraussetzungen der Eröffnung des
Insolvenzverfahrens bzw. der Beantragung hierzu bereits vorlagen, führt nicht dazu,
dass es sich um eine Befriedigung handeln würde, die der Gläubiger "nicht zu dieser
Zeit" zu beanspruchen hatte. Würde man dieser Ansicht folgen, so ginge die Vorschrift
des § 131 InsO praktisch über die des § 130 InsO hinaus, was nicht Absicht des
Gesetzgebers war.
Soweit der Kläger die grundsätzliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom
18.12.03 (Aktenzeichen IX ZR 199/02) zitiert, so sei ihm entgegen gehalten, dass der
BGH in dieser Entscheidung eingangs feststellt, dass "Die Gewährung einer Deckung
..." nach § 131 Abs. 1 InsO als inkongruent anzusehen (ist), wenn sie zur Abwendung
eines von dem Gläubiger angedrohten Insolvenzverfahrens erfolgt!
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Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor. In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte die
Beklagte, die damalige Einzelgläubigerin, bereits angedroht, den Antrag auf Eröffnung
des Insolvenzverfahrens zu stellen. Daraus folgt zugleich, dass ihr die
Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt war. Zumindest rechnete sie damit und
setzte dem Schuldner so dem Druck des Insolvenzverfahrens aus.
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Alle diese Voraussetzungen liegen hier jedoch nicht vor, so dass Anfechtungsgründe
nicht gegeben sind.
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Die Klage war nach alledem abzuweisen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 und 708 Nr. 11
ZPO.
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Becker
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Richter am AG
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