Urteil des AG Aachen vom 30.11.2007

AG Aachen: überwiegendes interesse, schutzwürdiges interesse, erlass, verfügung, mitmieter, fluchtweg, garage, hindernis, treppenhaus, stadt

Amtsgericht Aachen, 84 C 512-07
Datum:
30.11.2007
Gericht:
Amtsgericht Aachen
Spruchkörper:
Einzelrichter
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
84 C 512-07
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Verfügungskläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 S. 1
ZPO abgese-hen
Entscheidungsgründe
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Die zulässigen Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind nicht begründet.
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Die Voraussetzungen der §§ 935, 940 ZPO für den Erlass einer einstweiligen Verfügung
sind nicht erfüllt.
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Es besteht bereits kein Verfügungsanspruch des Verfügungsklägers auf Unterlassung
des Abstellens des Kinderwagens im Hausflur gegen die Verfügungsbeklagten.
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Ein solcher Anspruch kann sich zwar aus § 535 BGB ergeben. Dies ist jedoch nur dann
der Fall, soweit Mitbewohner in der Nutzung und Zweckbestimmung des Hausflures
unangemessen eingeschränkt werden oder kein schutzwürdiges Interesse des Mieters
besteht, den Kinderwagen im Hausflur abzustellen.
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Das schutzwürdige Interesse der Verfügungsbeklagten daran, den Kinderwagen im
Hausflur abzustellen, ergibt sich bereits daraus, dass es den Verfügungsbeklagten nicht
zumutbar ist, den Kinderwagen bei jedem Gebrauch die fünf Stufen zu ihrer Wohnung
hoch zu tragen. Dies ist für die Verfügungsbeklagte zu 1) insbesondere aufgrund ihrer
Rückenerkrankung, die sich durch Vorlage eines Attestes nachgewiesen hat, nicht
zumutbar. Eine andere ernsthaft in Betracht kommende Möglichkeit, den Kinderwagen
abzustellen, ist nicht ersichtlich. Sofern der Verfügungskläger der Ansicht ist, die
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Verfügungsbeklagten könnten den Wagen in ihrer Garage abzustellen, ist dem nicht zu
folgen. Eine Garage dient dem Abstellen von Kraftfahrzeugen und ist nicht zum
Abstellen von Kinderwagen gedacht.
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Nutzung und Zweckbestimmung des Hausflures
durch das Abstellen des Kinderwagens unangemessen eingeschränkt wird. Eine
Beeinträchtigung der Mitmieter dergestalt, dass diese nicht mehr an ihre Briefkästen
gelangen würden oder ähnliches, wird vom Verfügungskläger nicht behauptet. Der
Verfügungskläger kann sich auch diesbezüglich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass
der Fluchtweg im Treppenhaus durch das Abstellen des Kinderwagens eingeschränkt
sei. Auch unter Berücksichtigung der Vorschriften aus der Landesbauordnung des
Landes Nordrhein-Westfalen ist nicht ersichtlich, dass der Fluchtweg vorliegend derartig
eingeschränkt ist, dass dies ein überwiegendes Interesse des Verfügungsklägers
gegenüber dem Interesse der Verfügungsbeklagten rechtfertigen könnte. Auch unter
Zugrundelegung des Vortrags des Verfügungsklägers ist im Eingangsbereich an der
engsten Stelle noch Platz von 71 cm vorhanden. Dieser Platz ist ausreichend, damit
Personen im Gefahrenfall fliehen können. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass es
sich bei dem Kinderwagen nicht um ein starres Hindernis handelt, das auch leicht
wegzubewegen ist. Hinzu kommt, dass lediglich der Weg in den Keller und nicht der
Weg zu den übrigen Wohnungen beeinträchtigt ist. Eine im Keller befindliche Person
kann jedoch auch dann gefahrlos ins Freie gelangen, wenn ein Platz von 71 cm
vorhanden ist. An dieser Einschätzung vermag auch das Schreiben des
Oberbürgermeisters der Stadt B an den Verfügungskläger vom 12.11.2007 nichts zu
ändern. Hieraus ergibt sich zwar, dass die nutzbare Treppen- und Podestbreite 1 Meter
betragen muss. Ein Anlass für ein ordnungsbehördliches Einschreiten stellt die Anfrage
des Verfügungsklägers jedoch offensichtlich nicht dar.
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Dass das Abstellen des Kinderwagens darüber hinaus die Öffnung der
Hauseingangstüre beeinträchtigt, hat sich in der Beweisaufnahme nicht erwiesen.
Insofern bekundete die Zeugin X glaubhaft, dass die Beeinträchtigung allein darin liegt,
dass man fast gegen den Kinderwagen läuft, wenn man die Hauseingangstüre öffnet.
Eine weitergehende Beeinträchtigung dergestalt, dass sich die Türe nicht öffnen ließe,
verneinte die Zeugin eindeutig.
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Auch aus § 20 Ziff. 2 des MV ergibt sich kein Anspruch des Verfügungsklägers. Ob die
Klausel nach §§ 305 ff. BGB wirksam ist, kann dabei offen bleiben. Denn die Klausel
verbietet das Abstellen von Kinderwagen im Hausflur lediglich dann, wenn kein
besonderes Interesse des Mieters und eine Beeinträchtigung der Mitmieter vorliegt. Dies
bedeutet, dass eine Abwägung der Interessen zu erfolgen hat, die nach dem oben
gesagten zu dem Ergebnis kommt, dass das Interesse der Verfügungsbeklagten
überwiegt.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
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Streitwert: bis 600,- €.
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Schilling
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Richterin
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