Urteil des AG Aachen vom 15.06.2001

AG Aachen: fristlose kündigung, treu und glauben, grundstück, sperrfrist, wohnhaus, vermieter, realteilung, garage, mietvertrag, wohnung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Amtsgericht Aachen, 8 C 42/01
15.06.2001
Amtsgericht Aachen
Einzelrichter
Urteil
8 C 42/01
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung der
Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 DM
abwenden, wenn nicht die Be-klagten vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leisten. Den Parteien bleibt nachgelassen, eine
Sicherheitsleistung auch in Form einer Bürgschaft einer deutschen
Großbank oder Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand:
Die Beklagten mieteten mit Mietvertrag vom 08./18.07.1997 von dem Ehepaar Q/Q1 das
Doppelwohnhaus auf dem damals ungeteilten Grundstück H-Weg18 a in Gemarkung B mit
einer Größe von ca. 200 qm zum monatlichen Kaltmietzins von 2.500,00 DM an. Im
Mietvertrag wurde das Recht zur Gartenbenutzung nicht erwähnt. Dennoch nutzten die
Beklagten während des Mietverhältnisses den Garten mit. Im Schreiben vom 07.06.2000
untersagte Herr Q den Beklagten die Nutzung der Gartenfläche.
Im Rahmen der Scheidung der Eheleute Q/Q1 kam es zu einer
Vermögensauseinandersetzung und in diesem Zusammenhang zu einer Realteilung des
Grundstücks. Aus dem Grundstück H-Weg18 a entstand auch das Grundstück H-Weg18 b.
Der Kläger erwarb das Hausgrundstück H-Weg18 b und das Grundstück H-Weg, Grünland,
Waldfläche, Flur X Nr. xxxx von den früheren Eigentümern, das heißt den Eheleuten Q/Q1.
Am 09.10.2000 wurde der Kläger als Eigentümer bezüglich der oben genannten
Grundstücke im Grundbuch eingetragen. Nach Durchführung der Realteilung liegt das
Wohnhaus, das die Beklagten seinerzeit anmieteten, mit Ausnahme der Küche, des
Hauswirtschaftsraumes und der mit gemieteten Garage auf dem Grundstück H-Weg18 b
des Klägers. Die Küche, der Hauswirtschaftsraum und die des Herrn Q. Der T-Platz
befindet sich auf dem vom Kläger erworbenen Grünlandgrundstück.
Mit Schreiben vom 31.10.2000 sprachen der Kläger und Herr Q gegenüber den Beklagten
die Kündigung des Mietverhältnisses aus und zwar fristlos aus wichtigem Grund,
fristgerecht zum 31.01.2001 aufgrund schwerwiegender Vertragsverletzung und fristgerecht
zum 31.01.2001 wegen Eigenbedarf des Klägers.
Der Kläger ist der Ansicht, aufgrund dessen seien die Beklagten zur Räumung des
Wohnhauses verpflichtet, und er sei zur Geltendmachung dieses Anspruches auch
aktivlegitimiert. Er ist der Ansicht, die Gartennutzung durch die Beklagten, die plötzlich in
den Jahren #####/####begonnen habe, stelle einen Vertragsbruch dar, da der Garten nicht
mitvermietet sei. Es liege auch keine stillschweigende Gestattung hierfür vor, da die
Eheleute Q/Q1 vor Anmietung des Hauses die Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen
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hatten, dass der Garten nicht mitvermietet sei.
Ferner trägt der Kläger vor, die Beklagten würden den Innenhof für eigene und fremde
Kinder in Anspruch nehmen, ohne für eine genügende Beaufsichtigung zu sorgen. Die
Lärmbelästigung sei mehrmals von den übrigen Anwohnern gerügt worden. Der Beklagte
zu 2) hacke trotz Aufforderung des Herr Q, dies zu unterlassen, zu jeder Tages- und
Nachtzeit Brennholz im Innenhof und erzeuge eine erheblich Lärmbelästigung für sämtliche
Anwohner. Am 23.09.2000 habe sich der Beklagte zu 2) dann sogar zur Androhung
körperlicher Gewalt gegen Herrn Q verstiegen. Er habe Herrn Q mittels einer langstieligen
Axt in dessen Garage gedrängt.
Ferner liege beim Kläger Eigenbedarf vor. Der Kläger benötige das von ihm erworbene
Wohnhaus als Wohnung für sich. Er habe es gekauft, um dort selbst einziehen und wohnen
zu können. Sein Haus in der I-Straße in Gemarkung B habe er Ende Januar 2000 verkauft
und an die Käuferin übergeben. Derzeit wohne er zur Untermiete in der Wohnung eines
Freundes in der P-Allee in Gemarkung B. Etwa 60 bis 70 % seines Hausrates habe er bei
der Möbelspedition I & Söhne eingelagert. Dies sei für ihn eine unhaltbare Situation. Er
habe das Haus H-Weg18 b gerade zur Verbesserung seiner Wohnverhältnisse gekauft, da
dieses Haus in einer ruhigeren und landschaftlich schöneren M liege als sein früheres
Haus. Er ist der Ansicht, eine Sperrfrist für die Eigenbedarfskündigung sei von ihm nicht zu
beachten. Die Vorschrift des § 564 b II Nr. 2 Satz 2 bis 4 BGB sei hier auch nicht analog
anwendbar.
Im Laufe des Prozesses haben der Kläger sowie Herr Q gegenüber den Beklagten erneut
mit Datum vom 18.05.2001 eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses ausgesprochen
wegen rückständiger Mietzinsen für die Monate April und Mai 2001. Diese Mietzinsen sind
jedoch unstreitig bis 01.06.2001 nachgezahlt worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, das Wohnhaus H-Weg18 b, ####2
Gemarkung B (Gemarkung B, Flur X, Nr. 2183 – eingetragen im Grundbuch von
Gemarkung B Blatt ####) nebst den auf dem Grundstück H-WegGrünland, Waldfläche
(Gemarkung B, Flur X, Nr. xxxx – eingetragen im Grundbuch von Gemarkung B, Blatt ####)
befindlichen T-Platz , sowie die auf dem Grundstück H-Weg18 a, ####2 Gemarkung B
(Gemarkung B, Flur X, Nr. 2184) befindliche Küche, Hauswirtschaftsruam und mitgemietete
Garage zu räumen und in vertragsgerechtem Zustand an den Kläger und Herrn Q, H-
Weg18 a, ####2 Gemarkung B zur gesamten Hand herauszugeben.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, der Kläger sei nicht allein aktivlegitimiert zur Geltendmachung
eines Räumungsanspruches., Sie sind der Ansicht. Hierzu tragen sie vor, während der
gesamten bisherigen Mietzeit hätten sie den Gartenbereich intensiv genutzt. Sie seien auf
die Wohnung durch eine Anzeige in der Aachener Zeitung aufmerksam gemacht worden,
und in dieser Anzeige sei das Wohnhaus unter anderem auch mit Garten angeboten
worden. Niemals zuvor hätten die damaligen Vermieter behauptet, der Gartenbereich sei
nicht mitvermietet worden. Sie sind der Ansicht, die Grünfläche sei nach der
Verkehrsanschauung als Nebenfläche zum Mietraum zu werten und sei daher auch
mitvermietet. Es sei zutreffend, dass ab und zu im Innenhof Kinder spielen würden. Die
hiervon ausgehende Lärmbelästigung sei jedoch im Rahmen des üblichen. Auch habe der
Beklagte zu 2) im Jahr 2000 im Innenhof nur ca. sechsmal im Jahr Holz gehackt, jedoch
nicht zu jeder Tages- und Nachtzeit, sondern nur einmal um 18.00 Uhr und dann einmal um
22.00 Uhr. Nach Aufforderung habe er sofort jedwedes Holzhacken unterlassen. Auch
habe er am 23.09.2000 Herr Q nicht mit der Axt bedroht, sondern diese nur geschultert
gehabt.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Eigenbedarfskündigung sei ebenfalls nicht
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gerechtfertigt. Die Sperrfrist des § 564 b II Nr. 2 satz 2 bis 4 BGB sei hier zumindest analog
anwendbar. Auch habe der Kläger seinen Bedarf selbst verschuldet und selbst
herbeigeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Eine Prozeßstandschaft des Klägers für Herrn Q ist (soweit es einer solchen nach der
Abtretung, eingereicht mit Schriftsatz vom 01.06.2001, überhaupt noch bedarf) nach § 432
BGB jedenfalls zulässig, da nach dieser Vorschrift jeder Gläubiger Leistung an alle
Gläubiger fordern darf.
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Dem Kläger sowie auch Herrn Q steht gegen die
Beklagten kein Anspruch auf Räumung des im Antrag genannten Wohnhauses asu § 565 I
BGB zu. Weder die Kündigung vom 31.10.2000 noch die weitere Kündigung vom
18.05.2001 haben zu einer wirksamen Beendigung des Mietverhältnisses zwischen den
Parteien geführt.
Für die Kündigung vom 31.10.2000 fehlt es an einem wirksamen Kündigungsgrund. Eine
fristlose Kündigung gemäß §§ 554 a / 242 BGB wegen vertragswidrigem Verhaltens der
Beklagten ist nicht gerechtfertigt.
Zwar nutzen unstreitig die Beklagten den Garten mit, obwohl er gemäß dem Mietvertrag
nicht ausdrücklich mitvermietete ist. Ob hier letztlich der Garten als Nebenfläche zum
Mietraum stillschweigend doch mitvermietet ist oder ob die Nutzung einen vertragswidriges
Verhalten darstellt, kann dahinstehen. Denn selbst wenn letzteres der Fall sein sollte,
rechtfertigt dies nach Treu und Glauben keine fristlose Kündigung mehr. Denn das
Verhalten der Beklagten ist auch nach dem Vortrag des Klägers selber jedenfalls von den
Voreigentümern zu lange geduldet worden.
Die Beklagten haben hierzu vorgetragen, während der ganzen Mietzeit den Garten genutzt
zu haben. Dies würde bedeuten, dass die Voreigentümer über einen Zeitraum von 3 Jahren
die Benutzung des Gartens ohne Widerspruch geduldet haben.
Nach dem Vortrag des Klägers hat die Nutzung des Gartens erst im Jahr 1999 begonnen.
Da nach dem Vortrag des Klägers dies erstmals mit Schreiben vom 07.06.2000 gerügt
worden ist, würde aber auch nach diesem Vorbringen eine zu lange Duldung des
Verhaltens der Beklagten vorliegen, als das hierauf noch eine fristlose Kündigung des
Mietverhältnisses gestützt werden könnte. Denn nach § 242 BGB ist der Vermieter
verpflichtet, bei vertragswidrigem Verhalten zeitnahe eine fristlose Kündigung
auszusprechen. Anderenfalls darf der Mieter sich darauf verlassen, dass eine derartige
Rechtsfolge an sein Verhalten nicht mehr geknüpft wird.
Hinsichtlich des gerügten Kinderlärmes und Lärmes durch Holzhacken ist der Vortrag des
Klägers hinsichtlich der Vorfälle im einzelnen, was Häufigkeit und genaue Zeitpunkte
angeht, zu unsubstantiiert, um hierauf eine fristlose Kündigung stützen zu können.
Auch der Vorfall vom 23.09.2000, selbst wenn hier die vom Kläger behauptete Bedrohung
des Zeugen Q stattgefunden haben sollte, rechtfertigt keine fristlose Kündigung mehr. Das
oben Dargelegte gilt hier entsprechend. Bei derartigen Vorfällen ist eine fristlose
Kündigung zeitnah, das heißt in der Regel binnen 2 Wochen auszusprechen. Anderenfalls
ist das Recht zur fristlosen Kündigung nach § 242 BGB verwirkt. Im vorliegenden Fall
wurde die fristlose Kündigung jedoch erst am 31.10.2000, das heißt erst ca. 5 Wochen
nach dem Vorfall ausgesprochen. Zu diesem Zeitpunkt mussten die Beklagten hiermit nicht
mehr rechnen, zumal offenbar zwischenzeitlich sich keine weiteren derartigen Vorfälle
wiederholt hatten.
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Eine Kündigung nach § 564 b II Nr. 1 BGB scheidet aus denselben Gründen aus.
Es liegt auch keine wirksame Eigenbedarfskünsigung nach § 564 b II Nr. 2 BGB vor. Ob die
Kündigungserklärung selbst den hierfür erforderlichen Voraussetzungen entspricht, kann
nicht überprüft werden, da sie nicht zur Akte gereicht worden ist.
Dies kann letztlich aber auch dahinstehen. Denn jedenfalls ist die Sperrfrist nach § 564 b II
Nr. 2 Satz 2 BGB von 3 Jahren seit der Veräußerung nicht eingehalten worden. Diese
Vorschrift ist hierzu nicht direkt anzuwenden, weil kein Wohnungseigentum begründet
worden ist. Sie ist jedoch nach T und Zweck analog anzuwenden, da sie ansonsten durch
Realteilungen wie im vorliegenden Fall umgangen werden konnte. Eine analoge
Anwendung dieser Vorschrift ist, wie die Beklagten zutreffend darlegen, geboten, weil es
ihr Zweck ist, im Falle einer Umwandlung der typischen Gefahr zu begegnern, dass solche
Wohnräume zur Befriedigung eigenen Wohnbedarfs erworben werden. Dies ist im
vorliegenden Fall ebenfalls geschehen. Die Gefahr eines gesteigerten Eigenbedarfs wurde
durch die Realteilung erst geschaffen. Da die Sperrfrist von 3 Jahren hier nicht eingehalten
wurde, kann derzeit der Kläger durch eine Eigenbedarfskündigung das Mietverhältnis nicht
wirksam beenden.
Auch die im Laufe des Prozesses noch ausgesprochene Kündigung vom 18.05.2001 hat
das Mietverhältnis nicht wirksam beendet. Zwar lag zunächst Verzug mit zwei
Monatsmieten, das heißt mit den Mietzinsen für April und Mai 2001, im Sinne von § 554 I
Nr. 1 BGB vor. Jedoch hat der Kläger mit Schriftsatz vom 01.06.2001 mitgeteilt, die
Mietzahlungen bzw. Nutzungsentschädigungen für diese Monate seien zwischenzeitlich
auf seinem Konto eingegangen. Dies bedeutet, dass binnen der Monatsfrist nach § 554 II
Ziffer 2 BGB eine vollständige Befriedigung der Vermieter hinsichtlich der fälligen
Mietzinszahlungen eingetreten ist und somit die Kündigung vom 18.05.2001 unwirksam
geworden ist. Hierbei ist nicht etwa auf die Rechtshängigkeit der Räumungsklage vom
09.01.2001 abzustellen, da diese noch nicht auf den Mietzinsrückstand gestützt worden
war.
Die Klage war nach alldem abzuweisen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 12 x 2.500,00 DM = 30.000,00 DM
Hermanns
Richterin am Amtsgericht